Heute kam die Meldung rein, dass die New Yorker Bildagentur Shutterstock die hauptsächlich auf Videos spezialisierte Agentur Pond5 aufgekauft habe.
Der Kaufpreis soll ca. 210 Millionen US-Dollar betragen. Das Portfolio von Pond 5 umfasst über 30 Millionen Videos, 1,6 Millionen Songs und über 1,7 Millionen Soundeffekte.
Shutterstock + POND5
Die Übernahme wird natürlich begleitet von den üblichen PR-Worthülsen wie der „Erschließung neuer Märkte und neuer Kunden“, was ich ehrlich gesagt aber für Quatsch halte. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein großer Medienkunde bisher nur bei Shutterstock oder Pond5 war, halte ich für sehr gering.
Für Shutterstock viel spannender hingegen wird vermutlich der größere Anteil von redaktionellen Videos sein, die unter anderem von den Pond5-Premium-Partnern wie Reuters, PA Media und British Movietone gekommen sind.
Videographen haben für den Videoverkauf bisher oft Pond5 gegenüber Shutterstock vorgezogen, weil sie dort ihre Preise selbst festlegen konnten und daher für gutes Material auch höhere Verkaufserlöse erzielen konnten.
Diesem FAQ bei Pond5 nach, sollten Anbieter weiterhin ihre Werke bei beiden Agenturen separat hochladen und angeblich würden die Honorare weiterhin unverändert bleiben.
Angesichts der Honoraränderungen sowohl bei Shutterstock als auch bei Pond5 in den letzten drei Jahren liegt jedoch einerseits die Vermutung nahe, dass sich die Bedingungen für die Video-Anbieter weiter verschlechtern werden. Auch die komplette Abwicklung von Pond5 als eigenständige Plattform ist möglich, immerhin ist ein großer Teil der nicht-exklusiven Videos (und wahrscheinlich auch Kunden) ohnehin auf beiden Plattformen identisch.
Beides wäre für Anbieter besonders bitter, da nach den Shutterstock-Honorarkürzungen 2020 Pond5 als sicherer Hafen schien, zu dem sich die Videografen retten konnten, welche ihre Zusammenarbeit mit Shutterstock beendet hatten.
Fast zeitgleich gab Shutterstock übrigens bekannt, dass sie einen neuen CEO zum 1. Juli 2022 ernannt haben. Paul Hennessey wird der neue CEO, welcher zuvor der Chef des großen Online-Gebrauchtwagenhändlers Vroom war. Expertise im Kreativbereich scheint also kein Einstellungskriterium gewesen zu sein.
Wie denkt ihr darüber? Habt ihr eine optimistischere Einschätzung?
Vor knapp 9 Jahren gab Yuri Arcurs, der wohl größte Microstock-Superstar, bekannt, dass er nur noch exklusiv mit Getty Images/iStock zusammenarbeiten würde. Für alle, die später dazugekommen sind und den Namen nicht kennen sollten: Yuri war einer der ersten, der Microstock professionell aufgezogen hatte und damit schnell zu dem meistverkaufendsten Fotografen weltweit wurde. Auch mit seiner Produktionsqualität setzte er neue Maßstäbe, an der sich bis heute seine Kollegen und Kolleginnen messen müssen.
Die „Exklusivität“ war zwar von Anfang an ein eher wackeliges Konstrukt, da er weiterhin unter seiner neuen Webseite peopleimages.com seine Bilder verkaufen durfte, aber von den großen Agenturen wie Shutterstock, Adobe Stock (damals noch Fotolia) Dreamstime usw. löschte er sein riesiges Portfolio von knapp 100.000 Top-Bildern. Die Chronologie von Yuris Karriere bis 2013 könnt ihr hier nachlesen.
Das Portfolio von peopleimages.com auf Adobe Stock
Ca. Anfang Dezember 2021 ist jedoch fast unbemerkt der neue Account mit der Benutzernummer „210716081″ und dem Benutzernamen „peopleimages.com“ hier bei Adobe Stock aufgetaucht. In den knapp vier Monaten wurden dort von seinem großen Fotograf*innen-Team über 41.000 neue Werke (ca. 40800 Bilder und 675 Videos) hochgeladen. Das älteste Bild im Portfolio, was ich gefunden habe, hat die Bildnummer 272773501 (was einem Upload um die erste Dezemberwoche entsprechen müsste, wenn ich das mit dem Upload meiner eigenen Bildnummern abgleiche).
[Update 25.03.2022: Auch bei Dreamstime hat er ein neues Portfolio mit über 51.000 Bildern und 233 Verkäufen seit dem 17.12.201.]
Zu sehen sind die altbekannten Microstock-Themen wie das erfolgreiche Business-Team, die sportliche junge Frau oder das Ärzte-Team, fotografiert in einer modernen Bildsprache mit deutlich mehr Model-Diversität als früher (siehe Screenshot), aber auch ganz alte Fotos wie der Klassiker „Frau mit Waage und Apfel“. Die Bilder sind allesamt in der Standard-Collection zu den üblichen Preisen.
Das ist aus verschiedenen Gründen überraschend. In seinem Blog arcurs.com hat sich Yuri Arcurs im Juli 2013 ausführlich über die Gründe für seine Exklusivität ausgelassen. Demnach sei Microstock nicht mehr profitabel, er sehe die Zukunft in der Smartphone-Fotografie, weshalb er 1,2 Mio. USD in die Firma Scoopshot investiert habe und der Aktienkurs von Shutterstock sei nach seinem Abgang um 12% in die Tiefe gerutscht (auf unter 54 USD pro Aktie). Im Oktober 2015 nach der Umstellung von Fotolia auf Adobe Stock trat Yuri noch mal gegen seine Ex-Agentur nach und bewertete die neue Adobe-Seite katastrophal und meinte in einem Kommentar, die 40%, die er bei iStock erhalte, seien viel besser als die 33% bei Adobe Stock:
„I am currently getting 40% at iStock and have my eyes on 45% in the near future. That is a heck of a lot better than 33%.“
Nun, Scoopshot dümpelt unbemerkt vor sich hin, deren App ist ungepflegt und die letzten Social Media Beiträge sind vom August 2015 (Instagram) oder Mai 2016 (Twitter), bei Facebook immerhin vom Mai 2020.
Der Aktienkurs von Shutterstock liegt aktuell bei über 95 USD/Aktie. Wer also damals Shutterstock-Aktien gekauft hätte, hätte bis heute jedes Jahr im Durchschnitt über 8% Rendite erwirtschaftet.
Auch die 33% Kommission scheinen ihn nicht mehr abzuschrecken, denn ich bezweifle stark, dass er in den letzten Monaten bessere Konditionen bei Adobe raushandeln konnte.
Was heißt das alles?
Ich muss gestehen, dass ich mir etwas Schadenfreude nicht verkneifen kann, weil Yuri damals mit großem Knall die Agenturen verlassen hat und dabei nicht nur freundliche Worte in alle Richtungen gefallen sind.
Dass allerdings Getty Images und iStock nicht gerade dabei sind, Shutterstock und Adobe Stock den Rang abzulaufen, ist kein Branchengeheimnis und wird auch durch (nicht-repräsentative) Umfragen sichtbar. Das Marktumfeld hat sich vielleicht einfach zu seinen Ungunsten geändert. Wahrscheinlich hatte Yuri in seinem Vertrag mit Getty Images auch einfach eine Sperrfrist von ca. neun Jahren drin, die nun ausgelaufen ist.
Yuris Entscheidung, die Exklusivität wieder aufzugeben, bestärkt mich immerhin in meiner Ansicht, dass sich diese langfristig nicht auszahlt. Sie bedeutet aber auch, dass mein und alle anderen Portfolios bei Adobe Stock wieder eine starke Konkurrenz bekommen.
Yuris Schritt zeigt auch, dass er trotz allem ein kühl kalkulierender Geschäftsmann ist, der sich nicht scheut, ungünstige Entscheidungen ggf. nach Jahren zu korrigieren. Und ich spüre Motivation, auch wieder mehr an meinem Business zu arbeiten, jetzt wo der unbestrittene Star wieder den Ring betreten hat.
Heute haben einige Bigstock-Anbieter etliche Emails erhalten, die nicht (nur) für sie bestimmt waren. Darin ging es um die Information, dass das eingereichte Steuerformular abgelaufen sei und erneuert werden müsse.
Das Besondere an der Email: Bigstock hat darauf verzichtet, jeden Anbieter einzeln anzuschreiben, sondern quasi eine Sammel-Email verfasst, in der in der „An:“-Zeile jeweils 125 Empfänger gleichzeitig angeschrieben wurden:
Hier ein Blick in die komplette Email mit einem anonymisierten Auszug der Emailadressen:
Warum ist das relevant und gefährlich?
Zum einen ist diese Aktion von Bigstock natürlich ein grober Verstoß gegen die Europäische Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), welche besagt, dass die Weitergabe von Email-Adressen nur zulässig ist, wenn eine Einwilligung erteilt wurde. Ich bezweifle stark, dass alle Anbieter angewilligt haben, dass ihre Emailadresse an hunderte andere Anbieter weitergegeben werden darf.
Zum anderen ist das unnötige Bekanntwerden einer Emailadresse ein potentielles Sicherheitsrisiko, weil es in den falschen Händen Verbrechern mindestens drei, eher mehr Informationen verrät:
Die Email-Adresse selbst
dass die Person hinter der Adresse Anbieter bei Bigstock ist
dass die Person ein abgelaufenes Steuerformular bei Bigstock hinterlegt hat
ggf. auch: den Namen der Person selbst, falls sich diese aus der Mailadresse ableitet oder im Impressum von selbst-gehosteten Domain verbirgt, dann meist sogar mit Adresse
ggf. auch: Dass die Person seit mindestens vier Jahren bei Bigstock aktiv ist, weil die Steuerformulare meist für ca. vier Jahre gültig sind
Mit dieser Kombination aus Informationen können zum Beispiel maßgeschneiderte Phishing-Angriffe versucht werden, die mit gefälschten Emails versuchen, die Empfänger zum Klick auf eine betrügerische Webseite zu bewegen.
Falls die Person die gleiche Kombination aus Email-Adressen und Passwörtern verwendet, werden auch Logins durch Hacker ermöglicht, wenn diese solche Daten aus früheren Passwort-Leaks haben. Ich erinnere da nur an die Passwort-Leaks bei EyeEm und 500px oder Adobe. Dann ist ggf. die Auszahlung vom Guthaben in Gefahr.
Zusätzlich zum Sicherheitsaspekt dieser Aktion waren die Emails von Bigstock auch sehr nervig, weil einige Betroffene teilweise bis zu über 140 Emails erhalten haben. Waren in der ersten Email noch ca. 100 Empfänger sichtbar, ist die Empfängerliste zum Schluss auf über 185 Empfänger angewachsen.
Was tun?
Falls ihr auch diese Emails von Bigstock empfangen habt, gelten die üblichen Regeln, um seine Identität im Internet zu schützen: Benutzt nie das gleiche Passwort für verschiedene Seiten. Solltet ihr euer Bigstock-Passwort auch auf anderen Seiten einsetzen, solltet ihr es schleunigst ändern.
Ideal wäre auch die Verwendung eigener Emailadressen für jede Webseite. So lassen sich bei Google Mail beispielsweise beliebige Varianten der eigenen Emailadresse hinzufügen, die alle im gleichen Postfach landen, wobei Google aus Datenschutzgründen auch nicht die erste Wahl für Emailadressen sein sollte.
Die Bildagentur Adobe Stock hat heute eine Änderung für ihre Video-Verkäufe bekannt gegeben, welche ebenfalls seit heute in Kraft tritt.
HD-Videoclips sind nun als Teil von Adobe Stock-Abonnements (mit 25 Credits pro Monat oder mehr) verfügbar. Damit können Ado-Kunden mit ihren Credits nicht nur Bilder, Audio-Dateien oder 3D-Modelle runterladen, sondern eben auch Videos.
Bisher mussten Video-Kunden extra Credit-Pakete erwerben, wenn sie Videos bei Adobe Stock lizenzieren wollten, selbst wenn sie ein Abonnement hatten.
Es gibt weiterhin die 35% Kommission pro Verkauf, aber Adobe hat die Anbieter in der Ankündigungsemail schon mal vorgewarnt, dass die Preise trotzdem sinken könnten:
„Obwohl die Honoraranteile unverändert bleiben, werden Sie dennoch möglicherweise einen Rückgang der Vergütungen pro Video feststellen, da HD-Videos für Abonnementkunden (je nach Art des Abonnements) mit einer Reihe von Vergünstigungen verfügbar sein werden. So werden z.B. 4K-Videos für Abonnementkunden mit einem Rabatt von 20 % zur Verfügung stehen.“
Die „zum Beispiel“-Einschränkung im obigen Zitat lässt vermuten, dass es bald auch noch andere Rabatte geben könnte, welche die Videopreise senken.
Hier eine Auflistung der aktuellen Vergütungsstruktur für Videos bei Adobe Stock (Quelle)
Insgesamt ist die Erweiterung der Abonnements in Richtung Videos sicher ein geeigneter Schritt, um die Abos für mehr Kunden attraktiver zu machen.
Russische Kunden werden von dem Schritt aktuell jedoch weniger profitieren: Adobe stoppte wegen des russischen Angriffs auf die Ukraine und die dadurch erfolgten Staats-Sanktionen der USA und EU alle neuen Verkäufe von Adobe-Produkten und Dienstleistungen in Russland.
Wenn ich eine Vermutung in den Raum werfen darf, wird der nächste Schritt sicher sein, dass nach den HD-Videos auch die 4K-Videos im Abonnement erhältlich sein werden.
Die deutsche Bildagentur Photocase hat kürzlich eine Kampagne für bezahlten Content gestartet unter dem Hashtag #NotForFree.
Auf der Kampagnen-Webseite der Bildagentur gibt es ca. 30 Bilder, welche Fotografinnen und Fotografen der Agentur zusammen mit dem oben genannten Hashtag zeigen.
Damit will die Bildagentur demonstrieren, dass auch kostenlose Fotos von Menschen erstellt werden, welche unter anderem ihre Miete und Lebensmittel bezahlen müssen, was nur mit Likes und Klicks leider noch nicht möglich ist.
So, toll die Grundidee ist, wirkt die Aktion doch sehr zahnlos. Außer paar netten Bildchen auf der Kampagnen-Webseite sind dort keine Inhalte, Argumente, Daten oder Fakten zu finden sind, um die Ziel-Aussage zu untermauern. Dabei gäbe es etliche Dinge über kostenlose Angebote zu berichten, wie ich es beispielsweise hier oder hier oder hier getan habe.
Dazu kommt, dass die Geschichte doppelt ironisch ist.
Zum einen sind die 30 Kampagnen-Fotos selbst kostenlos:
„Die Fotos in dieser Kollektion können kostenlos im Rahmen der #NotForFree-Kampagne verwendet werden, dürfen aber nicht verändert werden.“
Außerdem ist einer der beiden Geschäftsführer der Photocase Addicts GmbH, der Firma hinter der Bildagentur Photocase, Christopher Kraft. Dieser Herr ist unter anderem auch Geschäftsführer der Idenio GmbH, welche etliche dubiose Affiliate-Marketing-Webseiten zum Thema Stockfotos, Stockvideos und ähnlichen Themen betreibt.
Diese Webseite hat den gleichen Geschäftsführer wie Photocase
Herr Kraft ist auch Geschäftsführer der Stockphotos.com GmbH, welche die englischsprachige Webseite stockphotos.com betreibt. Auch da gibt es Artikel wie „32 Best Sites for Free Stock Photos – The Secret List!“.
Da scheint die rechte Hand nicht zu wissen, was die linke Hand macht. Oder Photocase hält Fotografinnen und Fotografen für etwas beschränkt?