Im Juli 2021 hatte die Bildagentur Shutterstock angekündigt, auch KI-Datensätze anzubieten, mit denen kommerzielle Anbieter ihre KI-Tools trainieren können.
Im Oktober 2022 führte Shutterstock dann in Zusammenarbeit mit den Firmen OpenAI und LG selbst die Möglichkeit ein, dass Kunden KI-generierte Bilder auf deren Webseite erstellen und lizenzieren können.
Für solche KI-Nutzungen des Bildmaterials sollen die Anbieter entschädigt werden.
Shutterstock selbst schreibt dazu im oben verlinkten FAQ:
„Wir haben einen Shutterstock Anbieter-Fonds eingerichtet, der Shutterstock Anbieter direkt vergütet, wenn ihr geistiges Eigentum bei der Entwicklung von KI-generativen Modellen wie dem OpenAI-Modell verwendet wurde, indem Daten aus dem Shutterstock Archiv lizenziert werden. Darüber hinaus wird Shutterstock die Anbieter weiterhin für die zukünftige Lizenzierung von KI-generiertem Content über das Shutterstock AI-Content-Generierungstool vergüten. Die Einnahmen aus den OpenAI-Datensätzen, auch bekannt als Datendeals, werden im 4. Quartal 2022 veröffentlicht.
[…]
Dies ist eine neue Einnahmequelle für Anbieter, die über Downloads und die Lizenzierung einzelner Assets für kommerzielle oder redaktionelle Zwecke hinausgeht. Wir sind fest entschlossen, unsere Anbieter als Partner auf diesem Weg einzubeziehen und sicherzustellen, dass sie einen Anteil an den Erlösen aus Computer-Vision-Datensätzen (auch bekannt als Datendeals) und generativen KI-Modellen erhalten, wenn ihre Inhalte bei der Erstellung dieser Technologien verwendet werden. Angesichts des kollektiven Charakters dieses Produkts haben wir ein Vergütungsmodell für Umsatzbeteiligungen entwickelt.
[…]
Die Anbieter erhalten einen Anteil am gesamten Vertragswert, der von den Plattform-Partnern bezahlt wird. Der Anteil, den einzelne Anbieter erhalten, steht im Verhältnis zum Umfang ihrer Inhalte und Metadaten, die in den erworbenen Datensätzen enthalten sind. Obwohl die Aufnahme in Datensätze nicht wie andere einzelne Downloads in der Ergebnisübersicht berücksichtigt wird, wie die Einnahmen aus anderen E‑Commerce-Produkten, unterhält Shutterstock eine interne Datenbank aller Assets, die in allen Datensätzen verwendet werden, die seit der Einführung dieses Produkts erstellt wurden, sodass wir unsere Anbieter entsprechend vergüten können.
Anbieter, deren Inhalte zum Trainieren eines der Modelle verwendet wurden, werden für die Rolle, die ihr geistiges Eigentum bei der Entwicklung der ursprünglichen Modelle gespielt hat, sowie durch Lizenzgebührenzahlungen vergütet, die an zukünftige generative Lizenzierungsaktivitäten gebunden sind. Wenn Ihre Inhalte in beiden verwendet wurden, erhalten Sie eine Zahlung, die Sie für die Aufnahme Ihrer Inhalte in beide Datensätze (auch bekannt als Datendeals) vergütet, und Sie haben Zugang zu mehr zukünftigen Umsatzmöglichkeiten, da Sie Anspruch auf eine Vergütung aus unserem Anbieter-Fonds für zukünftige Lizenzierungsereignisse der generativen Content-Entwicklung aus beiden Modellen haben.
[…]“
Alle sechs Monate werden laut Shutterstock die gesammelten Einnahmen an die Fotografen ausgeschüttet und in der Umsatzübersicht im Bereich „Anbieterfonds“ (auf englisch „Contributor Funds“) angezeigt.
So ganz scheint das nicht zu stimmen, da ich erstmalig eine solche Auszahlung Ende Dezember 2022 erhalten hatte und nun – wie viele andere Fotografen auch – Anfang Mai 2023 noch mal. Aber vielleicht pendelt sich das noch ein.
Analyse der Anbieterfonds-Umsätze
Da das eine ganz neue Einnahmekategorie für Fotografen ist, habe ich in auf meiner Facebook-Seite darum gebeten, dass meine Leser*innen ihre Umsätze aus den Anbieterfonds sowie ihre Portfolio-Größe nennen, damit ich die Durchschnitts- und Maximalwerte berechnen kann.
Es haben sich mit mir 58 Leute beteiligt, was die Ergebnisse ganz aussagekräftig macht, wie ich finde. Hier die visuelle Darstellung:
Im Durchschnitt betrug die Portfolio-Größe der Teilnehmer*innen 6343 Bilder. Da der Durchschnitt durch einige extreme Werte schnell verzehrt werden kann, ist der Median in der Regel aussagekräftiger. Dieser betrug 2112 Bilder.
Der durchschnittliche Erlös aus den Anbieterfonds pro Bild lag gerundet bei 0,0078 USD/Bild. Der Median lag bei 0,0069 USD/Bild. Mein eigener Wert lag übrigens zwischen diesen beiden Werten.
Als spannende Fußnote: Der höchste Wert betrug 0,0378 USD/Bild (bei einem eher kleinen Portfolio mit 1480 Bildern).
Die gesamte Auszahlung pro Portfolio der Teilnehmer*innen lag durchschnittlich bei 45,97 USD, der Median bei 18,49 USD.
Hochrechnung auf das gesamte Shutterstock-Portfolio
Für das erste Quartal 2023 hat das börsennotierte Unternehmen Shutterstock 615 Mio. Bilder im Portfolio gemeldet.
Wenn wir nun grob den Median von 0,0069 USD pro Bild auf die 615 Mio. Bilder im gesamten Portfolio umrechnen, erhalten wir einen Wert von ca. 4,24 Mio. USD an Auszahlungen als Schätzung für die Anbieterfonds allein für die Mai-Auszahlung.
Angesichts des gemeldeten Umsatzes von über 215 Mio. USD sowie einem Nettogewinn von über 32 Mio. USD ist das durchaus ein Wert, der nicht so ins Gewicht fällt für Shutterstock.
Perspektive
Sind ca. zwei Drittel eines US-Cents pro Bild im Portfolio zwei Mal im Jahr ausreichend und fair, um die KI-Nutzung der eigenen Bilder ausreichend zu kompensieren? Ich lehne mich mal weit aus dem Fenster und behaupte: Nein.
Allein mein Einnahmeverlust bei Shutterstock im letzten Monat war höher als ein Jahres-KI-Anbieterfonds-Erlös bei Shutterstock, weshalb meine Zweifel groß sind, dass diese Beträge motivierend genug für die Fotograf*innen sind, um weiterhin qualitativ hochwertige Inhalte zu produzieren.
Wie seht ihr das?