Gesten bzw. vorgestern kündigten sowohl Adobe Stock als auch Shutterstock neue Abo-Modelle an, bei denen Bildkäufer unter anderem unbeschränkte Downloads erhalten sollen.
Adobe Stock: Pro Edition for Creative Cloud for Teams and Enterprises Pro Edition (CCE/CCT Pro Edition)
Bei Adobe nennt sich das Programm „Pro Edition“ für Creative Cloud für Teams bzw. Enterprises, abgekürzt CCE bzw. CCT Pro Edition.
Screenshot der Adobe-Webseite mit der neuen „Creative Cloud Pro Edition“
Das Programm erlaubt unbegrenzte Downloads von Fotos, Illustrationen und Vektoren aus der Standard Collection (Videos und Premium-Inhalte sind also davon ausgenommen). Die Lieferanten erhalten 33% der Einnahmen vom Umsatz von Adobe Stock, welche proportional zu den Downloads der Lieferanten verteilt werden sollen.
Das erste Jahr der Pro Edition soll für Kunden kostenlos sein, die Lieferanten werden jedoch wie oben vergütet. „Normale“ Creative-Cloud-Kunden ohne „Teams/Enterprise“ können die Pro Edition aktuell nicht nutzen.
Im Gegensatz zu bisher gibt es jedoch keine Mindestvergütung, auch eine Opt-Out-Möglichkeit gibt es für die Lieferanten nicht.
Die „Pro Edition“ Downloads werden wie Enterprise-Downloads in der Abrechnung von Adobe Stock als „Custom“ gekennzeichnet.
Downloads in der Pro Edition der CCT finden unter der „Enhanced License“ von Adobe Stock statt, Downloads in der Pro Edition der CCE unter der „Extendes License“.
Shutterstock: Flex Plans
Bei der Bildagentur Shutterstock heißt das neue Programm „Flex Subscriptions“ und hat ein etwas anders Konzept.
Hier bekommt die Zielgruppe, kleine Teams mit bis zu zehn Benutzern, ein Gutschriftsystem, ohne sich vorher auf eine bestimmte Menge Bilder oder Medientypen festlegen zu müssen. Die monatlichen Kontingente der Gutschriften werden nicht auf den kommenden Monat übertragen und verfallen, wenn sie nicht genutzt werden.
Viel mehr Details sind da leider noch nicht bekannt.
Im Februar 2021 schon hatte Shutterstock ebenfalls ein „Unlimited“-Programm eingeführt.
Einschätzung
Wie so oft schreiben sowohl Adobe als auch Shutterstock, dass mit diesen neuen Abo-Modellen „neue Käuferschichten“ erschlossen werden sollen. Daran glaube ich ungefähr 0%. Wer bisher Bedarf an „unbegrenzten“ Bilderdownloads hatte, wird diesen Bedarf auch gedeckt haben. Nun gibt es eine billigere Lösung für einige dieser Kunden, was vermutlich dazu führen wird, dass Adobe-Lieferanten deutlich häufiger Beträge unter dem bisherigen Mindestbetrag von 33 US-Cent sehen werden.
Vermutlich ist Adobes Plan eine Reaktion auf den Unlimited-Plan von Shutterstock. Daher ist es zu vermuten, dass auch bei Adobe Premium-Inhalte sowie Videos in absehbarer Zeit im unbegrenzten Abo enthalten sein werden.
Langfristig bin ich deshalb eher pessimistisch, was die Verdienstmöglichkeiten für Fotografen und andere Content-Produzenten im Bereich der Stockfotografie angeht.
Nach meinem Artikel über den fragwürdigen Deal von Wirestock mit Freepik vor einigen Tagen habe ich einige Kommentare und Hinweise bekommen, die ich hier zusammenfassen will.
Wer genau steht hinter der Webseite wirestock.io?
Die Informationen dazu sind rar und widersprüchlich. Auf der Webseite wirestock.io selbst werden weder Anschrift noch Namen von Verantwortlichen genannt.
Es findet sich lediglich der Firmenname „Wirestock Inc.“ im Copyright-Hinweis am Ende jeder Seite und der Firmenname „Wirestock LLC“ in den Datenschutzbestimmungen. Da es zwischen einer Inc. und einer LLC Unterschiede zu geben scheint und eine Firma nicht gleichzeitig beides sein kann, wurden hier entweder zwei Firmen gegründet oder die Eigentümer scheren sich nicht um die Unterschiede.
Spannender wird es in den „Terms Of Use“. Dort steht zum Beispiel unter „Wirestock Trademarks“:
„All rights in and to Wirestock’s Trademarks not expressly granted to you hereunder are reserved by Shutterstock“
Auch an mindestens sechs anderen Stellen ist von Shutterstock die Rede. Das kann mehrere Gründe haben. Der naheliegendste Grund: Die faulen Eigentümer haben sich einfach beim Erstellen der Webseite beim Vertragstext von Shutterstock bedient und vergessen, den Agenturnamen überall auszutauschen.
Einige Shutterstock-Erwähnungen in den „Terms Of Use“ von Wirestock.io (Hervorhebung durch mich)
Eine zweite – unwahrscheinlichere – Möglichkeit wäre, dass Shutterstock erkannt hat, dass eh kaum jemand bei ihnen exklusiv hochlädt und sie auf diese Weise 15% an den Verkäufen bei anderen Bildagenturen mitverdienen wollen.
Wo ist Wirestock.io angesiedelt?
Auch hier gibt es widersprüchliche Informationen. Laut einer Who-Is-Abfrage wurde die Webseite im November 2018 in Dubai registriert.
Laut der Webseite tracxn.com soll die Firma seit 2017 existieren und in Kalkara, Malta ansässig sein.
Laut Linkedin sei Wirestock.io unter einer Adresse in Newark, Delaware, USA, zu erreichen. Unter der angegebenen Adresse wird Google jedoch nur bei einer anderen Firma mit ausschließlich armenischen Mitarbeitern fündig. Die Vermutung liegt also nah, dass es sich hier um eine Art Briefkasten handelt, um die für Unternehmen günstige Steuerpolitik in Delaware ausnutzen zu können. Laut dieser Webseite arbeitet der Co-Gründer und CEO von Wirestock, Mikhayel Khachatryan, von einem Büro in Malta aus, ebenfalls als Steuerparadies bekannt.
Wer steckt hinter Wirestock.io?
Laut Linkedin und einigen Interviews wurde die Firma von mehreren Personen gegründet. Bei Linkedin werden Mikayel Khachatryan (CEO), Vladimir Khoetsyan (CTO) und Seb Kiureghian, alle drei aus Armenien, sowie Ashot Mnatsakanyan aus den Vereinigen Arabischen Emiraten (dazu passt die Registrierung der Webseite in Dubai) als Co-Gründer genannt.
Wie finanziert sich Wirestock.io?
Laut Tracxn.com hat Wirestock am 4. Juli 2018 eine Seed-Finanzierungsrunde von ca. 40.000 USD erhalten haben, u.a. von einer Venture Capital Firma. Dieser Quelle nach soll es Ende 2019 eine weitere Finanzierungsrunde gegeben haben, u.a. durch die Firma HIVE Ventures, laut diesem Bericht über 25.000 USD.
Das Risiko von Fotografen bei Wirestock
Wie oben gezeigt haben wir mit Wirestock eine Firma, welche ihre AGB vermutlich bei Shutterstock geklaut hat und in mehreren Steueroasen weltweit aktiv ist. Die vier Gründer von Wirestock kommen alle eher aus dem Finanz- und Technikbereich und hatten keine Firmenbeteiligung mehr als wenige Jahre.
Die Vermutung liegt deshalb nahe, dass hier ein hippes Internet Start-Up aufgebaut werden soll, was in wenigen Jahren mit Gewinn verkauft werden soll. In diese Strategie passt es gut, dass Wirestock nicht an einer langfristigen Entwicklung des Bildermarktes interessiert ist, sondern gegen Einmalzahlungen Bilder verschenkt, um so kurzfristig die Bilanzen zu verschönern, um für potentielle Käufer attraktiver auszusehen.
Dazu passt, dass Fotografen, welche ihre Bilder bei Wirestock hochladen, weder sehen können, welche Agentur welche Bilder von ihnen angenommen haben. Die Fotografen agieren so in einer Blackbox, bei der sie darauf vertrauen müssen, dass die Inhaber in ihrem Interesse handeln.
Wer jedoch schon bei der Firmengründung bei anderen Bildagenturen so stümperhaft deren AGB klaut und keinerlei Firmeninformationen auf der eigenen Webseite nennen will, dem würde ich keinen Zentimeter weit trauen.
Update 18.12.2020: Kurz nach der Gründung von Wirestock wollte die Firma eigentlich die Blockchain und Smart Contracts nutzen, um den Bildermarkt zu revolutionieren, davon ist jedoch nichts mehr übrig geblieben.
Edit 18.12.2020: In der Erstfassung wurde erwähnt, dass Fotografen keinen Zugriff auf die Keywords hätten, das stimmt nicht, deshalb wurde der Teil entfernt.
Vor wenigen Tagen hat die Bildagentur Shutterstock ihre Quartalszahlen für das zweite Quartal 2020 vorgelegt.
Wie schon im letzten Bericht ist die Stagnation durchaus erkennbar: Die bezahlten Downloads sanken um 6% auf 44 Mio. Downloads. Der Erlös pro Download wuchs um 0,17 USD auf 3,61 USD. Der Umsatz sank um 2% auf 159,2 Mio. USD.
Eine weitere interessante Zahl ist, dass der durchschnittliche Shutterstock-Kunde ca. 326 USD ausgibt, ca. 0,2% mehr als im Vorjahreszeitraum. Das ist auch grob der Preis des kleinsten Bilder-Abos mit 10 Bildern im Monat.
Zwar brüstet sich Shutterstock mit einem 21%-Wachstum im Bilder-Bereich und einem 27%-Wachstum bei den Videos, aber die Proteste der Shutterstock-Lieferanten wegen der geänderten Honorarstruktur haben trotzdem ihre Wirkung gezeigt: Das absolute Wachstum des Portfolios betrug nur ca. 10 Mio. Bilder, das ist der schlechteste Wert seit dem ersten Quartal 2016:
Dem Börsenkurs scheinen solche Details egal zu sein, die Shutterstock-Aktie stieg in der letzten Woche um beachtliche 30%.
Das mag daran liegen, dass Shutterstock seit einigen Monaten eine Dividende zahlt und dass die Einkünfte aus dem operativen Geschäft von Shutterstock um beachtliche 19,5 Mio. USD auf 22,5 Mio USD gestiegen sind. Grund für diesen starken Anstieg sind laut Shutterstock deren „Initiativen zur Margenausweitung“, die die im zweiten Quartal 2020 zu „niedrigeren Betriebsausgaben“ geführt haben. Oder salopp übersetzt: „Wir müssen den Fotografen jetzt weniger zahlen“? Da diese Änderungen erst im Juni 2020 begonnen haben, ist eine weitere Steigerung im nächsten Quartal nicht abwegig.
Der Investment-Vertreter der Deutschen Bank sprach das Thema der Honoraränderungen auch explizit beim „Earnings Call“ an, erhielt aber nur eine sehr ausweichende Antwort vom Shutterstock-CEO:
Lloyd Walmsley (Deutsche Bank):
„Thanks. I have a couple. I guess, firstly, can you talk about changes to the royalty payouts to contributors? And did you have a full quarter benefit from that in gross margin? Or should we expect gross margins to increase in the second half around that? And I guess related to that, are there going to be seasonal variances in gross margin to account for kind of rising payouts over the course of the year to contributors? And then the second one on the Enterprise side. I know you guys have been doing some go-to-market changes on how you kind of source new customers. Can you talk about how that’s going and how critical is that to kind of getting the broader Enterprise segment back to growth? Thanks.“
Stan Pavlovsky (CEO Shutterstock)
„Yes, absolutely. So first on the gross margins and the contributor royalty change – one of the things that I really want to make sure is clear is that there are several things that are impacting gross margins including hosting costs of our data centers, content injection costs, credit card fees, royalties. A big part of a benefit that we experienced this quarter is actually due to lower download activity as well as the automation of the content ingestion process as compared to sort of doing it manually. So when we look at – there are several variables that are impacting gross margins some of which we expect will continue and others will vary based on what’s happening in the business the product mix et cetera. I’ll let Jarrod talk about kind of – I’ll let Jarrod talk about, sort of, the longer-term and the rest of the year and then I’ll take the Enterprise question.“
Zu erwähnen bleibt noch, dass der ehemalige Shutterstock-CEO und Firmengründer Jonathan Oringer wenig Vertrauen in die Zukunft seines aufgebauten Unternehmens zu haben scheint. Seit dem 1. Juni 2020, also dem Tag, an dem die Honoaränderungen in Kraft traten, hat Jon Oringer Aktienanteile im Wert von über 4,2 Mio. USD verkauft:
Der Artikel berichtet ausgewogen über das Thema, umso erstaunter waren etliche Facebook-Nutzer, dass Facebook den Link zu diesem Artikel blockiert, weil er angeblich „gegen die Gemeinschaftsstandards“ verstoßen würde.
Selbst das deutlich weniger öffentliche Teilen des Links in Privatnachrichten ist nicht möglich:
Wer Facebook auf englisch nutzt, bekommt eine etwas detaillierte Fehlermeldung beim Versuch, den Link zu teilen. Andere Facebook-Nutzer sollen den Beitrag als „beleidigend“ gemeldet haben:
„Your message couldn’t be sent because it includes content that other people on Facebook have reported as abusive.“
Meine Presse-Anfrage an Facebook mit der Bitte um Erklärung der Blockade blieb bis jetzt noch unbeantwortet (wird ggf. als Update nachgereicht).
Der Umgang mit Zensur ist sowohl Facebook auch Shutterstock selbst nicht fremd, da Shutterstock in China zahlreiche Suchbegriffe wie „Präsident Xi“, „Flagge Taiwans“, „Diktator“ und „Regenschirm“ sperrt, die dem chinesischen Präsidenten Xi unangenehm sein könnten.
Mittlerweile deaktivierte Facebook-Anzeige von Donald J. Trump mit einem irreführenden Shutterstock-Foto
Vielleicht gibt es einen Zusammenhang mit der Partnerschaft zwischen Facebook und Shutterstock, welche seit 2016 besteht? Seit Mai 2016 nutzt Facebook die Shutterstock-API, damit Kunden des Facebook Ad Manager Shutterstock-Bilder für ihre Werbeanzeigen nutzen können.
Stolz führt Shutterstock den Partner an erster Stelle bei ihren API-Nutzungen an:
Die Aktionen von Facebook zeigen, warum es weiterhin wichtig ist, die Kontrolle über seine Veröffentlichungen zu behalten und sich nicht ausschließlich in die Abhängigkeit einzelner privatwirtschaftlicher Firmen zu begeben.
Wer mehr zu den Protesten gegen die Honoraränderungen bei Shutterstock lesen will, findet neben dem eingangs erwähnten Artikel auch hier bei PetaPixel mehr Informationen.
Update 21.6.2020: Der Absatz über das blockierte Teilen der Pressemitteilung der SSC wurde entfernt, da er auf einem Mißverständnis beruhte.
Gestern abend erhielten alle Shutterstock-Lieferanten eine Email, in der die Bildagentur eine neue Honorarstruktur ab dem 1. Juni 2020 ankündigte.
Diese sieht wie folgt aus für Bilder (Fotos, Illustrationen, Vektoren):
Image Level
Verkaufte Lizenzen im Jahr
Auszahlungsrate
Level 1
weniger als 101
15%
Level 2
101 – 250
20%
Level 3
251 – 500
25%
Level 4
501 – 2,500
30%
Level 5
2,501 – 25,000
35%
Level 6
mehr als 25,000
40%
und so für Videos:
Image Level
Verkaufte Lizenzen im Jahr
Auszahlungsrate
Level 1
weniger als 11
15%
Level 2
11 – 50
20%
Level 3
51 – 250
25%
Level 4
251 – 5,000
30%
Level 5
5,001 – 25,000
35%
Level 6
mehr als 25,000
40%
Neu ist demnach, dass der Honoraranteil abhängig ist von der Menge der jeweiligen Verkäufe des aktuellen Jahres, statt wie bisher von den gesamten Verkäufen seit Beginn der Mitgliedschaft.
Am 1. Januar eines jeden Jahres wird jeder Anbieter auf Level 1 zurückgesetzt und muss sich durch viele Verkäufe in den Leveln hocharbeiten, um mehr Prozentpunkte zu erhalten.
Die Level für Bilder und Videos werden getrennt berechnet, können also unterschiedlich für den gleichen Anbieter ausfallen.
Was bedeuten diese Änderungen für die Anbieter?
Um einschätzen zu können, wie sich die Änderung an der Vergütungsstruktur auf die Anbieter auswirkt, müssen wir zuerst wissen, wie die Honorarverteilung aktuell geregelt wird.
Demnach erhalten Anbieter je nach bisherigem Gesamtumsatz 25–38 US-Cent pro Abo-Download, 0,81–2,85USD für On-Demand-Verkäufe je nach Größe und Umsatz und 20–30% für jede erweiterte Lizenz. Für Video-Verkäufe gibt es pauschal 30%.
Im Dezember 2019 hatte Shutterstock bekannt gegeben, wie viel Geld sie bisher an ihre Anbieter ausgeschüttet hatten. Mit deren öffentlichen Quartalszahlen kombiniert konnte man daraus die durchschnittliche Anbieter-Kommission errechnen. Diese liegt demnach bei ca. 25,5%. Da Videos mit deren 30%-Anteil sowie höherpreisige Dienste wie Offset schon mit eingerechnet sind, dürfte die durchschnittliche Anbieter-Kommission für Bilder darunter liegen, vermutlich bei ca. 20%.
Mit diesem Wissen lässt sich die Änderung besser einordnen. Wer es also schafft, das Level 3 zu erreichen, sollte vermutlich ähnlich viel Umsatz erzielen wie bisher. Wer es darüber hinaus schafft, vielleicht sogar mehr.
Nur für die Leute, die sich auf Videos spezialisiert haben, ist das eine sehr schlechte Nachricht, denn diese müssen erst (jedes Jahr!) 250 Videos verkaufen, bevor sie wieder in Level 4 auf ihren alten Prozentsatz kommen.
Leider gibt eine große Unsicherheit. Denn die festen Vergütungen für die Abo-Verkäufen fallen weg. Auch dort wird nun prozentual abgerechnet, es gibt aber ein minimale Vergütung von 10 US-Cent. Zum Vergleich: Die Minimalvergütung bei Adobe Stock beträgt 33 US-Cent!
Da sich die wenigsten vorstellen können, wie viel sie nun pro Verkauf erhalten werden, habe ich basierend auf dieser Vorlage von Dinesh Hukmani eine Liste über die potentiell möglichen Verkaufserlöse erstellt (Klicken zum Vergrößern):
Die roten Zahlen sind die Werte, die ohne die minimale Vergütungsgrenze von 10 US-Cent darunter liegen würden.
Darin wird deutlich, dass man selbst im höchsten Level 6 im schlimmsten Fall deutlich weniger bekommen kann als bisher, wenn man die 10.000 US „Lifetime-Earnings“ erreicht hatte, um 38-US-Cent pro Abo-Download zu erhalten.
Bei einem 750-Bilder-Paket mit jährlicher Zahlung bekäme man statt 38 US-Cent nur noch 10 US-Cent, also fast ein Viertel!
Auch aktive Anfänger erhalten in der Regel weniger. Wer noch nicht die erste Hürde von 500 US-Dollar Umsatz erreicht hat, bekam bisher 25 US-Cent pro Abo-Download, ab Juni werden es in sechs Fällen 10–24 US-Cent sein, nur bei zwei Abo-Modellen bekäme man mit 30 bzw. 38 US-Cent mehr.
Fast schon müßig zu erwähnen ist es, dass Shutterstock natürlich bei der Honorarberechnung davon ausgeht, dass ein Bildkunde alle Bilder seines Abos ausnutzt. Tut der das nicht, streicht Shutterstock – wie aber auch schon bisher – die Differenz ein.
Die Abo-Verkäufe machen entgegen der landläufigen Meinung jedoch nur einen Teil der Gesamtumsätze bei Shutterstock aus. Laut dem Analyse-Tool Stock Performer habe ich zum Beispiel in den letzten Jahren halbwegs konstant ca. 44% Abo-Umsätze gehabt, der Rest waren 30% On-Demand-Downloads, 20% Single&Other und 6% Erweiterte Lizenzen. Für einige dieser Lizenzen gibt es ggf. mehr Prozente, für andere wiederum weniger.
Das Rätselraten also bleibt, wie sich die Umsätze entwickeln. Die Vermutung ist jedoch, dass auch Shutterstock rechnen kann und die möglichen Folgen basierend auf deren konkreten Zahlen vorausgehen hat, um sicherzugehen, dass sie unter dem Schnitt weniger zahlen werden als bisher.
Die veränderte Honorarstruktur ist deshalb vermutlich als Reaktion auf die stagnierende Umsatzentwicklung des Unternehmens zu sehen, um weiterhin – für eine Weile zumindest – mehr Gewinn ausweisen zu können.
Da jeder Anbieter sich jedes Jahr aufs neue ein hohes Level erst erarbeiten muss, wird das erste Quartal eines jeden Jahres für Shutterstock nun besonders lukrativ werden. Vor allem diese Regel empfinden viele alteingesessene Anbieter als ein Schlag ins Gesicht, weil sie jedes Jahr aufs Neue wie Anfänger behandelt werden.
Weitere Honorarkürzungen durch die Hintertür möglich
iStock und 123rf haben es vorgemacht. Die Bindung der Anbieterkommissionen an jährliche Verkaufszahlen ist ein guter Weg (aus Agentursicht), um eher unauffällig Honorarkürzungen vornehmen zu können. So hatte 123rf im Februar 2018 leise einige Level ersatzlos gestrichen und so einigen Anbietern Honorarkürzungen von bis zu 14% beschert.
Der Vorreiter in dieser Hinsicht ist jedoch iStock. Diese haben schon 2010 die Anbieterhonorare pauschal auf 15% gesenkt, nur für die Exklusivfotografen wurde ein ähnliches Ranking-System eingeführt, wo jedoch die das erreichte Ranking des Vorjahres ins nächste Jahr mit übernommen wird. Erfahrungsgemäß schaffen es exklusive Anbieter bei iStock ganz gut, ihr Level zu halten, auch wenn iStock ab und zu die Downloadzahlen für die Level erhöht.
Auch Preissenkungen der Abo-Pakete wirken sich bei Shutterstock nun im Gegensatz zu vorher direkt auf die Anbieter aus.
Was belohnt das neue Level-System?
Bisher galt bei Shutterstock: Je länger du dabei bist, desto mehr verdienst Du. Ähnlich war die Vergütungsstruktur bei Fotolia, die Adobe Stock ebenfalls Schritt für Schritt zurückgefahren hatte.
Der Nachteil für die Agenturen bei solchen Modellen ist, dass alte Anbieter, die gar nicht mehr aktiv Material liefern, weiterhin eine hohe Bezahlung bekommen, während neue Anbieter, die noch kein großes Portfolio haben, aber regelmäßig produzieren, weniger erhalten.
Mit dem neuen Level-System, welches Aktivität belohnt und Loyalität ignoriert, ist die Motivation für Anfänger und alte Hasen gleich groß, neues Material zu produzieren. Außerdem spielt das neue System die Fotografen mehr gegeneinander aus, weil das gesamte Agentur-Portfolio immer größer wird, es für den einzelnen Fotografen allein rechnerisch jedes Jahr schwieriger wird, die festgelegte Downloadgrenze zu erreichen.
Persönlich verarscht komme ich mir aber vor, wenn Shutterstock mehrmals das Wort „fair“ in den Mund nimmt, um die neue Änderung zu begründen:
„We aim to provide an avenue for contributors to be fairly rewarded for content that is performing well at the current time. The adjustments are being made to align with changes we have been seeing in the global market for creative content. They also help to create fair opportunities for all our contributors, and reward performance with greater earnings potential.“
Es gibt Modelle wie „BlackBox“, bei der verschiedene Anbieter zusammen in einen großen Account hochladen. Dafür müssen sie einige Prozentpunkte an den Accountverwalter abgeben, profitieren aber durch das höhere Verkaufsvolumen des Accounts von einem schnelleren Aufstieg innerhalb des Level-Systems.
Ob sich das mit den fehlenden Prozentpunkten und dem Kontrollverlust über die eigenen Bilder ausgleicht, muss jeder selbst entscheiden.
Warten auf Zahlen
Ob sich das neue Shutterstock-Modell für den einzelnen Anbieter eine Verbesserung oder Verschlechterung ist, werden wir frühestens Anfang Juli sehen, wenn die die Juni-Verkäufe im neuen System ausgewertet werden können.
Bis dahin vermute ich jedoch, dass Shutterstock das Level-System als Chance sieht, sich auf Kosten der Anbieter Geld für deren Aktionäre zu sparen.