Gesten bzw. vorgestern kündigten sowohl Adobe Stock als auch Shutterstock neue Abo-Modelle an, bei denen Bildkäufer unter anderem unbeschränkte Downloads erhalten sollen.
Adobe Stock: Pro Edition for Creative Cloud for Teams and Enterprises Pro Edition (CCE/CCT Pro Edition)
Bei Adobe nennt sich das Programm „Pro Edition“ für Creative Cloud für Teams bzw. Enterprises, abgekürzt CCE bzw. CCT Pro Edition.
Screenshot der Adobe-Webseite mit der neuen „Creative Cloud Pro Edition“
Das Programm erlaubt unbegrenzte Downloads von Fotos, Illustrationen und Vektoren aus der Standard Collection (Videos und Premium-Inhalte sind also davon ausgenommen). Die Lieferanten erhalten 33% der Einnahmen vom Umsatz von Adobe Stock, welche proportional zu den Downloads der Lieferanten verteilt werden sollen.
Das erste Jahr der Pro Edition soll für Kunden kostenlos sein, die Lieferanten werden jedoch wie oben vergütet. „Normale“ Creative-Cloud-Kunden ohne „Teams/Enterprise“ können die Pro Edition aktuell nicht nutzen.
Im Gegensatz zu bisher gibt es jedoch keine Mindestvergütung, auch eine Opt-Out-Möglichkeit gibt es für die Lieferanten nicht.
Die „Pro Edition“ Downloads werden wie Enterprise-Downloads in der Abrechnung von Adobe Stock als „Custom“ gekennzeichnet.
Downloads in der Pro Edition der CCT finden unter der „Enhanced License“ von Adobe Stock statt, Downloads in der Pro Edition der CCE unter der „Extendes License“.
Shutterstock: Flex Plans
Bei der Bildagentur Shutterstock heißt das neue Programm „Flex Subscriptions“ und hat ein etwas anders Konzept.
Hier bekommt die Zielgruppe, kleine Teams mit bis zu zehn Benutzern, ein Gutschriftsystem, ohne sich vorher auf eine bestimmte Menge Bilder oder Medientypen festlegen zu müssen. Die monatlichen Kontingente der Gutschriften werden nicht auf den kommenden Monat übertragen und verfallen, wenn sie nicht genutzt werden.
Viel mehr Details sind da leider noch nicht bekannt.
Im Februar 2021 schon hatte Shutterstock ebenfalls ein „Unlimited“-Programm eingeführt.
Einschätzung
Wie so oft schreiben sowohl Adobe als auch Shutterstock, dass mit diesen neuen Abo-Modellen „neue Käuferschichten“ erschlossen werden sollen. Daran glaube ich ungefähr 0%. Wer bisher Bedarf an „unbegrenzten“ Bilderdownloads hatte, wird diesen Bedarf auch gedeckt haben. Nun gibt es eine billigere Lösung für einige dieser Kunden, was vermutlich dazu führen wird, dass Adobe-Lieferanten deutlich häufiger Beträge unter dem bisherigen Mindestbetrag von 33 US-Cent sehen werden.
Vermutlich ist Adobes Plan eine Reaktion auf den Unlimited-Plan von Shutterstock. Daher ist es zu vermuten, dass auch bei Adobe Premium-Inhalte sowie Videos in absehbarer Zeit im unbegrenzten Abo enthalten sein werden.
Langfristig bin ich deshalb eher pessimistisch, was die Verdienstmöglichkeiten für Fotografen und andere Content-Produzenten im Bereich der Stockfotografie angeht.
Gestern hat die größte Bildagentur der Welt, Getty Images, die Plattform Unsplash zu einem nicht näher benannten Betrag gekauft.
Unsplash ist eine Webseite, welche ca. 2,7 Mio kostenlose Bilder zum Download anbietet und damit über 100 Mio. Gratis-Downloads im Monat generiert.
„This is not one of those tech acquisitions where the company is bought to be shut down. Unsplash will continue to operate as a standalone brand and division of Getty Images. The entire Unsplash team will be staying and building Unsplash in the direction we have been. The main difference now is we have access to the resources and experience of Getty Images to help accelerate our plans to create the world’s most useful visual asset library.“
Mit anderen Worten: Getty Images soll Unsplash helfen, mehr Gratis-Bilder zu verteilen? Wer’s glaubt, wird selig. Aber halten wir uns an bekannte Fakten.
Zu welchem Zeitpunkt kam die Übernahme?
Wie in diesem Artikel vorgerechnet verbrennt Unsplash seit Jahren regelmäßig Geld und wird hauptsächlich durch Finanzinvestoren am Leben gehalten. Diese sind nach der Übernahme vermutlich mit Gewinn aus der Sache rausgekommen.
Während bisher die monatlichen Downloads bei Unsplash stiegen und stiegen, haben diese seit ca. einem halben Jahr ein Plateau erreicht und sinken wieder: Von ca. 113 Mio. Gratis-Downloads im November 2020 auf ca. 105 Mio. Downloads im März 2021. Das sind immer noch wahnsinnig hohe Zahlen, verglichen zum Beispiel mit den ca. 15 Mio. monatlichen bezahlten Downloads von Shutterstock im Jahr 2020. Trotzdem hat Unsplash einen Rückgang der Downloads um ca. 7% vorzuweisen, und damit eine negative Kennzahl, die Finanzinvestoren gar nicht mögen.
Positionierung von Getty Images durch die Unsplash-Übernahme
Die beiden größten Konkurrenten von Getty Images, Adobe Stock und Shutterstock, haben einige Vorteile, welche Getty bisher nicht gut ausgleichen konnte.
Bei Adobe Stock wäre das eine professionelle Kollektion von Gratis-Bildern, Shutterstock hat eine gut funktionierende und finanziell lukrative API (Datenbankanbindung an das Portfolio).
Mit der Unsplash-Übernahme hat Getty Images nun plötzlich ein deutlich größeres Angebot an Gratis-Bildern, mit denen Getty nun versuchen kann, durch Upselling neue Käuferschichten zu erschließen. Die Motivvielfalt ist zwar deutlich geringer als bei der kostenlosen Adobe Stock Kollektion, dafür muss Getty die Fotografen im Gegensatz zu Adobe auch nicht bezahlen. (Ironischerweise wurde sogar das ImageGrid Layout von Getty Images mit Unsplash-Bildern getestet.)
So ist es wohl auch kein Zufall, dass nur zwei Wochen vor der Übernahme durch Getty Images keine Unsplash-Fotos mehr via API in der Adobe App „Spark Post“ genutzt werden können.
Die API ist ja auch der deutlich spannendere Teil des Einkaufs: Mit einem Schlag hat Getty Images Zugriff auf über 11.000 API-Apps mit über 8,5 Milliarden (!) API-Zugriffen pro Monat.
Unter den Unsplash API-Nutzern sind so bekannte und finanzstarke Firmen wie Dropbox, BuzzFeed, Wix, WeTransfer, Zoom, Mailchimp und viele andere. Diese könnten sich durchaus auch einen bezahlten API-Zugriff leisten.
Dazu ein spannendes Rechenbeispiel: Würde Getty Images die API-Zugriffe monetarisieren und dabei 1) die Hälfte der API-Zugriffe verlieren (bleiben ca. 4,35 Mrd. Zugriffe) und nur ein Zehntel des günstigsten Shutterstock-Preises pro API-Abruf (0,182 USD statt 1,82 USD) verlangen, blieben pro Monat immer noch ca. 791 Mio. USD Umsatz.
Selbst wenn wir anders rechnen würden, und Getty für jeden API-Zugriff nur 1 US-Cent berechnen würde, wären das auch noch über 8,7 Mio. USD Umsatz pro Monat. Zum Vergleich: Shutterstock erzielt knapp 24 Mio. USD Umsatz pro Monat.
Welche Änderungen werden kommen?
Offiziell soll sich bei Unsplash nichts ändern, aber wer das glaubt, muss schon sehr naiv sein. Immerhin gab es schon mal die Übernahme einer Gratis-Bilderplattform durch Getty Images. 2009 übernahm Getty die HAAP Media Ltd. mit der Bildagentur Stockxpert sowie der Gratis-Plattoform Stock xchng, welche daraufhin schnell zu iStock weitergeleitet wurde. 2014 wurde Stockxchng zu freeimages.com umbenannt und fungiert als spärlich gepflegtes Lockmittel für neue Kunden.
Wer Unsplash bisher als Bildnutzer besucht hat, sollte sich einige wichtige Fragen stellen, welche die Bildbeschaffer hier aufgeführt haben.
Auch unter den Fotografen, welche Unsplash bisher beliefert haben, gibt es nicht nur Glückwünsche zur Übernahme, sondern auch kritischeStimmen, die mit ihren kostenlosen Fotos keine Firma wie Getty subventionieren wollen:
Unsplash selbst betont ständig, dass durch die Übernahme Bereiche wie „Unsplash Hire“, also eine Auftragsvermittlung für Fotografen, gestärkt werden könnten. Übersetzt wird das aber vermutlich nur heißen: Die besten Unsplash-Fotografen dürfen auch für Getty fotografieren.
Ich sehe das Engagement von Getty Images zwiegespalten: Einerseits hat Getty Images keinen gute Erfolgsbilanz, wenn es um die Umsätze von Fotografen geht. Andererseits hatte Unsplash das noch viel weniger, insofern finde ich dieses Zitat eines Getty-Fotografen sehr passend:
„Getty knows how to destroy things. Now they will destroy a bad thing.“
Weiter geht es heute mit einer neuen Folge von „Pimp My Stock“, wo ich Leser*innen-Fotos auf ihre Verkäuflichkeit hin bewerte. Diesmal schrieb mir Ruth aus Frankfurt folgende Mail:
„Lieber Herr Kneschke,
ich schreibe Sie wegen Pimp my Stock an und bitte sie um Rückmeldung zu meinen Fotos. Zum Verkauf von Fotos und Videos habe ich folgende Fragen:
1. Welche Motive empfehlen Sie Anfängern der Stock Fotografie wenn sie gezielt für den Verkauf bei Bildagenturen Fotos machen möchten?
2. Welche Videos sind gefragt und welche Themen eignen sich um in den Verkauf einzusteigen?
Viele Grüße un vielen Dank im Voraus aus Frankfurt am Main
Ruth“
Schauen wir uns mal die Bilder an, welche sie geschickt hat:
Beginnen wir mit dem Bild dieser Tanne im Winter. Hier muss ich kurz und knackig sagen, dass dieses Bild keine Verkaufschancen haben wird. Erstens ist die Tanne oben abgeschnitten, zweitens hat dieses Bild einen leichten Blaustich, drittens sieht die Tanne nicht ansprechend genug aus, viertens ist der Hintergrund zu unruhig und nicht naturbelassen genug und fünftens gibt es sehr viele, viel bessere Fotos dieser Art in den Bildagenturen.
Das zweite Bild mit zwei Skifahrern im Winter sieht schon besser aus. Wir setzen hier mal voraus, dass Model Releases für die Personen vorhanden sind, sonst werden viele Bildagenturen das Foto aus rechtlichen Gründen ablehnen. Weiterhin gehen wir davon aus, dass sämtliche Logos und Markennamen von der Ski-Ausrüstung retuschiert wurden, da das ebenfalls ein harter Ablehnungsgrund bei Bildagenturen ist. Davon abgesehen: „People“ verkauft sich immer, die Aktivität der beiden ist klar erkennbar und hier passt auch der Hintergrund. Ich überlege nur noch, ob der Skilift links mit der grünen Farbe einen netten Akzent bildet oder lieber entsättigt werden sollte, um weniger abzulenken. Was meint ihr?
Solche Stein-Strukturen sehen vielleicht nicht so spannend aus, aber es gibt immer Designer, die so etwas als Hintergrund brauchen. Insofern ist so ein Motiv prinzipiell gut für Stock geeignet, wenn auch die Konkurrenz in diesem Bereich sehr hoch ist. Hier im Speziellen ist auch der neue Mörtel in den Fugen gut erkennbar. Das kann einige Kunden abschrecken, andere suchen jedoch vielleicht genau das, weshalb das mit bei der Verschlagwortung berücksichtigt werden sollte.
Auf diesem Bild hält eine weibliche Hand ein fast leeres Sektglas. Generell ist das ein Motiv, welches für viele Zwecke verwendet werden kann und deshalb prinzipiell gut als Stockfoto funktioniert. Im Detail lenken jedoch die pinken Fingernägel sowie der Ehering zu sehr ab. Ohne diese Details wären die Verkaufschancen höher. Auch wäre ein volles Sektglas verkäuflicher, denn bei Food-Fotos (oder hier auch bei Getränken) sollen diese Appetit auf mehr machen, was mit vollen Tellern (oder Gläsern) besser funktioniert.
Hier sehen wir ein leeres Bierglas. Die Verkaufschancen würde ich sehr niedrig einstufen. Zum einen ist natürlich das erkennbare Logo ein No-Go. Aber selbst wenn das retuschiert werden würde, ist das Bild zu flau, um viele Verkäufe zu erzielen.
In diesem Bild haben wir eine (mir unbekannte) Blume vor einer blühenden Wiese. Das Bild ist technisch gesehen sehr gelungen, wenn auch solche generischen Blumenbilder haufenweise in Agenturen vorhanden sind und es deshalb allein wegen der großen Konkurrenz schwierig haben. Auf jeden Fall sollte die Blumenart korrekt verschlagwortet werden. Ich hätte hier auch die Wiese selbst noch mal einzeln scharf (und auch unscharf) fotografiert, diese hätte vermutlich sogar mehr Verkaufschancen als Konzept für „Frühling, Garten, Natur“ etc.
Auf diesem Foto sehen wir eine Wanderin beim Fotografieren. Oder eine Fotografin beim Wandern? Wie auch immer, diesem Foto würde ich, zusammen mit den Ski-Fahrern, die größten Verkaufschancen einräumen. Das Motiv ist klar erkennbar und der Vordergrund hebt sich gut vom Hintergrund ab. Ich hätte das Motiv oben vermutlich etwas enger beschnitten, sodass der Himmel nicht zu sehen wäre. Model-Release und Logo-Retusche sollten hier jedoch auch vorhanden sein, damit die Agenturen das Foto annehmen.
Als letztes Bild haben wir grüne Weintrauben im Weinberg. Die Komposition ist okay, es ist sogar unten links viel Textfreiraum vorhanden, aber auch hier wirkt das Bild etwas flau und der Weißabgleich ist etwas in Richtung Gelb verschoben. Das Foto ist akzeptabel, aber wie bei so vielen anderen Motiven ist die Konkurrenz hier mittlerweile derart hoch, dass ein Verkauf eher ein Glückstreffer wäre.
Zu den beiden Fragen in Ruth‘ Email:
Ich empfehle People-Fotos, also schnappt euch einen Verwandten, eine Freundin oder sonst wen und macht gute Fotos von der Person, lasst euch einen Model Release unterschreiben und entlohnt sie dafür. Aber generell gilt: Fotografiert das, was euch interessiert und macht es mindestens genau so gut wie die Fotos in den Agenturen. Logischerweise wird letzteres immer schwieriger, aber das ist leider die Realität.
Das Fotografieren der persönlichen Interessensgebiete ist ebenfalls sehr unterschiedlich lukrativ, wenn die eine Architektur mag und der andere nur Hosenknöpfe sammelt. Aber der Hosenknopf-Sammler hätte sicher auch wenig Spaß daran, Architekturfotos zu machen, was wir den Bildern dann ansehen würden.
Bei den Videos haben sich im letzten Jahr vor allem welche mit Corona-Bezug verkauft (Videokonferenzen, Leute mit Mundschutz etc.). Wenn Anfänger auch solche neuen Trends setzen, hat es den Vorteil, dass die gesamte Masse an verfügbarem Material deutlich geringer ist und sie damit besser wahrgenommen werden als mit einem „Handshake“-Video beispielsweise.
Falls ihr wissen wollt, wie sich eure Fotos schlagen, könnt ihr gerne ebenfalls kostenlos in einer „Pimp My Stock“-Folge mitmachen. Alle Details findet ihr hier.
Im Juli 2020 kündigte die Bildagentur Panthermedia an, dass sie kostenlose Bilder anbieten wollen, welche sich durch Werbung und andere Quer-Subventionierungen wie zum Beispiel Premium-Mitgliedschaften, Sponsoren und API-Partner-Gebühren finanzieren sollen.
Auf meiner Facebook-Seite habe ich bereits darauf hingewiesen (siehe Link oben) und es gab etliche Kommentare dazu, in denen sich auch der Panthermedia-Geschäftsführer Robert Walters zu Wort meldete.
KÖLN, September 2019: Große iPhones mit Spotify App auf der DMEXCO Messe (Foto: Robert Kneschke)
Er verteidigte sein Vorhaben hier mit diesen Argumenten:
„Märkte ändern sich und es sind die Firmen, die sich anpassen bzw. neue Modelle ermöglichen, die bestehen bleiben. Beispiel Musikindustrie. Gab es damals (zum Nachteil vieler Konsumenten) nur CDs zu kaufen, so bieten die Streaming-Dienste die Musik auch kostenlos an, finanziert durch Werbung oder Premium-Mitgliedschaftsgebühren. Diese Lizenzkette hat sich auch geändert. Ich finde zum Vorteil der Konsumenten. Auf Seiten der Künstler war es sicherlich für einige hart, andere wiederum entdeckten neue Möglichkeiten bekannt zu werden und/oder ihre Kunst zu monetisieren. Wichtig ist es nur, keine Interessensgruppe auszuschließen. Die Musiker werden über spotify/Musikgesellschaften bezahlt. Und wie schaut es da bei unsplash & Co aus?“
In einem weiteren Kommentar schrieb er hier noch:
„Nur wenige % der kostenlos-Downloader sind bereit für Premium-Mitgliedschaften etwas zu bezahlen. Privatleute wohl zu nahezu 100% nicht. Was ich aber zu der Kritik ergänzen möchte ist, dass es neue Wege der Monetarisierung geben wird bzw. schon gibt. Beispielsweise könnte ja die Werbeindustrie dafür bezahlen, ihre Fotos mit ihren Produkten hochzuladen und zu verbreiten (wird ja schon gemacht auf unsplash, z.B. Motorräder oder beauty Produkte). Das machen die Werbetreibenden aber nur auf Plattformen mit entsprechender Reichweite. Und wer hat geholfen die Reichweite aufzubauen? Richtig, die Fotografen. Insofern wäre es doch nur fair den Fotografen auch an den Einnahmen zu beteiligen, oder? Die klassische Lizenzierungskette funktioniert nicht bei Privatleuten. Aber besser als Bilder zu klauen ist es die Bilder legal und kostenlos anzubieten, geponsort durch Dritte. Außerdem finde ich es auch fair im Gegenzug für ein kostenloses Bild ein Werbevideo anzuschauen. Also: jeder verdiente Euro sollte an die Leute gehen, die das ermöglichen. Also neben dem Plattform-Betreiber auch die Content-Lieferanten. Dies ist bei den bisherigen Modellen aber nicht so. Insofern verstehe ich den Unmut einiger Fotografen kostenlose Bilder zur Verfügung zu stellen.“
Wer meinen Blog schon etwas länger verfolgt, weiß, dass ich mich sehr dafür interessiere, wie Firmen mit kostenlosen Inhalten Geld verdienen und habe mir z.B. im Foto-Bereich Angebote wie Unsplash oder Pixabay z.B. hier, hier, hier und hier genauer angeschaut.
Bisher kaum zur Sprache kam im Blog der branchenfremde Musikstreaming-Anbieter Spotify (nur ein Mal vor neun Jahren hier).
Da Herr Walters den direkten Vergleich zwischen dem Geschäftsmodell von Spotify sowie kostenlosen Fotos gezogen hat, wollen wir mal schauen, wo die Gemeinsamkeiten und Unterschiede liegen.
Erst einmal: Üblicherweise ist die komplette Geschäftsausrichtung eine ganz andere: Währen Spotify im „B2C“-Bereich (Business to Customer) tätig ist, arbeiten Bildagenturen in der Regel im „B2B“-Bereich (Business to Business), wenn auch Microstock das aufgrund der geringeren Preise etwas aufgeweicht hat.
B2C bedeutet, dass eine Firma vor allem Geld mit den Endnutzern, normalen Verbrauchern, verdient. B2B bedeutet, dass Firmen ihr Geld mit anderen Firmen (oder Behörden, Vereinen, Stiftungen, etc.) verdienen.
Das ist ein wichtiger Unterschied, weil es oft um andere Verwendungszwecke geht, die andere Preise rechtfertigen.
Aus Konsumenten-Sicht, also aus Sicht der Kunden, ist das Angebot von Spotify durchaus attraktiv: Mit einem kostenlosen Account kann man deren gesamtes Musikangebot hören, wird halt oft von Werbung unterbrochen und die Soundqualität ist geringer als beim bezahlpflichtigen Premium-Account.
Aus Künstler-Sicht sieht es schon weniger rosig aus. Laut diesem Artikel bekommen Musiker bei Spotify ca. $0,003 pro Aufruf, also ca. 1 US-Cent für 3 Aufrufe. Leider ist unklar, ob da schon der Anteil vom Label und Musikverlag abgezogen wurden, vermutlich noch nicht. Im Detail unterscheidet sich die Höhe der Kommissionen noch, je nachdem in welchem Land ein Song abgerufen wurde, ob mehr als die Hälfte vom Song gehört wurde und ob der Nutzer einen Premium-Account besitzt oder nicht.
Bei Nummer-1-Hits, welche viele Millionen Male abgespielt werden und in zahlreichen Playlists auftauchen, lohnt sich das. Für Nischen-Musiker mit einem kleinen Publikum reichen die Einnahmen nicht zum Leben. Der Großteil des Umsatzes wird da durch Konzerttickets und Merchandise wie T‑Shirts etc. verdient. Eine ausführliche Analyse seiner Streaming-Einnahmen bietet der Musiker Benn Jordan im verlinkten Video:
Für Spotify selbst rechnet sich das alles übrigens immer noch nicht. Im Jahr 2020, also noch 14 Jahre nach der Gründung erzielte Spotify pro Tag(!) ca. 2,2 Mio. USDVerlust.
Wie müsste das Angebot der Bilderbranche genutzt werden, damit der Vergleich zu Spotify gerechtfertigt wäre? Ich würde sagen, ähnlich wie bei Pinterest: Wenn dort nur private Nutzer wären, welche sich Bilder ansehen, in Galerien thematisch zusammenstellen und die Bilder anderer Nutzer ansehen etc., dann wäre ein Lizenzmodell analog zu Spotify vorstellbar: Die Gratis-Nutzer sähen dann zwischen den Bildern viel Werbung und die Bilder selbst würden stärker komprimiert als bei Premium-Kunden und die Möglichkeit der Galerie-Erstellung wäre ebenfalls eingeschränkt, wenn mensch keinen Premium-Account nutzt.
Ironischerweise wäre das alles für einen Anbieter wie Pinterest problemlos möglich, aber selbst das wird da nicht genutzt, um die Urheber angemessen zu vergüten. Stattdessen gibt es einige wenige Agenturen wie Getty Images, welche 2013 einen Deal mit Pinterest abschlossen. Dabei wird aber gar nicht die Bildnutzung als solche entlohnt, sondern Pinterest bezahlt Getty für die Metadaten zu den Bildern. Die Honorare für den Fotografen sind bei diesen Summen so gering, dass die Buchhaltungssoftware diese vielen Nullen vor und auch nach dem Komma einfach auf Null rundet und damit die Fotografen weiterhin leer ausgehen. Geld erhält nur die Bildagentur.
Üblicherweise werden Bilder jedoch von anderen Firmen genutzt, um Artikel zu illustrieren, Produkte und Dienstleistungen zu bewerben oder für Kunden attraktiver zu sein. Die Bilder bringen also einen Mehrwert. Warum diese Firmen also nun Bilder gratis erhalten sollten, um damit Geld zu verdienen, erschließt sich mir nicht.
Nun könnte jemand einwenden, dass private Nutzer durchaus gerne Bilder nutzen würden, wenn sie denn gratis verfügbar wären. Das Probem wäre jedoch, dass bisher bei keinem mir bekannten Geschäftsmodell dafür gesorgt wäre, dass Firmen darauf keinen Zugriff hätten. Außerdem gibt es kein Argument, Leuten Bilder zu schenken, nur weil sie nicht bereit sind, diese zu bezahlen. Wenn sie kein Geld für Bilder ausgeben wollen, sollen sie halt keine nutzen. Denn diejenigen, die für diesen schäbigen „Robin Hood“-Promo-Move zahlen sollen, werden letztendlich wie immer im kreativen Bereich die „Content Creators“ sein, hier also die Fotografen.
Robert Walters verglich auch Unsplash mit Spotify, die mit dem Unterschied agieren, dass Unsplash Fotografen einfach gar nicht bezahlt. Inwiefern dann für Konsumenten ein anderes Angebot mit Werbung und/oder Premium-Mitgliedschaften attraktiver als Unsplash sein sollte, ist mir ebenfalls unklar.
Wie in meinem Artikel beschrieben verbrennt auch Unsplash (wie Spotify) vor allem das Geld risikofreudiger Investoren und hat bisher kein tragfähiges Geschäftsmodell entwickelt. Ich bin mir ziemlich sicher, dass auch da intern schon Monetarisierungsmöglichkeiten wie Premium-Mitgliedschaften, bezahlten AUP-Anbindungen etc. diskutiert oder ausprobiert wurden.
Die oft so gepriesene „Werbeindustrie“ als Finanzierungsmöglichkeit kostenloser Inhalte wird allein wegen des Mediums „Bild“ deutlich schlechter funktionieren als in anderen Branchen.
YouTube mit seinen Videos eignet sich sehr gut, um kostenlose Inhalte durch Werbung zu finanzieren. Wer ein Video sehen will, muss halt die Werbespots über sich ergehen lassen. Wer hingegen in einer Zeitschrift eine Werbung sieht, kann sie einfach schnell überblättern. Selbst auf Webseiten sind die meisten Nutzer komplett blind für Werbebanner geworden, wenn sie nicht sogar gleich Werbeblocker einsetzen.
Die mangelnde Profitabilität von Spotify führt sogar dazu, dass die Firma etwas trickst, indem bei häufig gehörten Playlists mit wenig markanten Songs (zum Beispiel Playlists zum Einschlafen oder konzentrierten Arbeiten mit dahinplätschernder Piano-Musik) künstlich generierte Songs eingeflochten werden, für welche Spotify keine Tantiemen zahlen muss.
Wenn also Spotify als Paradebeispiel für kostenlose Angebote an Konsumenten dienen soll, sollten sich Fotografen und Illustratoren sehr vorsehen bei der Einführung von Gratis-Bilderdiensten.
Seit einigen Tagen mehren sich hier im Support-Forum von Adobe Stock die Stimmen wütender Bildkäufer, welche Bilder des Fotografen Rafael Classen bei Adobe Stock gekauft haben und nun von diesem eine Art „Abmahnung“ erhalten haben, konkreter gesagt, eine Aufforderung zur Nachzahlung in Höhe von 350 Euro.
Dem Schreiben zufolge – welches mir vorliegt – soll eine Verwendung der Adobe Stock Bilder – trotz gegenteiliger Aussage von Adobe – auf Social Media Webseiten wie z. B. Facebook oder Instagram gegen die Nutzungsbedingungen von Adobe Stock verstoßen, weil Facebook sich das Recht zur Weiterlizenzierung einräumt, was nicht gestattet sei:
„Was versteht man unter dem Begriff Social Media? Der Begriff Social-Media bezeichnet einen allgemeinen Begriff für digitale Technologien und Medien wie Weblogs, Wikis, soziale Netzwerke über die Nutzerinnen und Nutzer miteinander kommunizieren und Inhalte austauschen können. Damit ist nicht explizit „Facebook“ oder „Instagram“ gemeint, jede Plattform hat andere Nutzungsbedingungen. Die eine verlangt die unterlizenzierung, die andere Social-Media Plattform nicht.“
(Auszug aus dem Schreiben von Rafael Classen an die Bildnutzer; Fehler im Original)
Die von Rafael Classen angeschriebenen Bildkäufer werden aufgefordert, eine „Re-Lizenzierungslizenz“ in Höhe von 350 Euro brutto auf seiner eigenen Webseite „RCphotostock“ zu kaufen, um nicht vor Gericht wegen „Urheberrechtsverletzung“ verklagt zu werden:
„Es handelt sich bei der Re-Lizenzierungs Lizenz um eine von uns für Sie kalkulierte Pauschale von 350,- € bestehend aus Schadensersatz, Dokumentationskosten und Zinsen (Seit Beginn der Rechtsverletzung). Sie sparen sich durch die Nutzung des Re-Lizenzierungsangebot weitere kosten einer anwaltlichen Abmahnung die im vierstelligen Bereich liegt. Sollte diese Ihrerseits nicht erfolgen, müssten wir mit der gerichtlichen Geltendmachung von Unterlassungs- und Schadensersatzansprüchen, hinsichtlich der Urheberrechtsverletzung beginnen.“
(Auszug aus dem Schreiben von Rafael Classen an die Bildnutzer; Fehler im Original)
Der Preis für diese „Re-Lizenzierungslizenz“ wurde übrigens erst vor wenigen Wochen von 250 Euro auf 350 Euro erhöht.
Auch Abmahnung bei Shutterstock und iStock?
Der Fotograf ist seit einigen Monaten nicht mehr bei Adobe Stock aktiv bzw. wurde schon von Adobe gesperrt, weshalb er nicht befürchten muss, von Adobe wegen dieses Verhaltens herausgeschmissen zu werden.
Bei Shutterstock und iStock ist der Fotograf jedoch noch unter dem Nutzernamen „rclassenlayouts“ aktiv, insofern sollten Bildkäufer aufpassen, ob sie Bilder von Rafael Classen für Social Media Nutzungen verwenden wollen.
[Update 5.3.2021: Mittlerweile haben sich auch Bildkäufer bei mir gemeldet, welche Bilder bei iStock und Shutterstock gekauft hatten und nun von Rafael Classen angeschrieben werden, um eine Nachlizenzierung zu fordern.
Update 16.3.2021: Getty Images/iStock hat auf meine Anfrage folgende Stellungnahme abgegeben: „Wir haben das Vorgehen von Herrn Classen geprüft. Sollten unsere Kunden von Herrn Classen kontaktiert werden, raten wir ihnen, keine weiteren Zahlungen zu leisten und bitten sie, entsprechende Kommunikationen umgehend an uns weiterzuleiten. Bei den uns bisher bekannt gewordenen Fällen handelte es sich um typische Facebook-Nutzungen, die nach unserer Auffassung von unseren Lizenzen umfasst sind. Ferner enthalten unsere Lizenzverträge umfangreiche Freistellungsverpflichtungen für iStock, die unseren Kunden einen weitgehenden Schutz bieten.“ (Hervorhebung durch mich)]
Was tun?
Wer auch ein Schreiben von Rafael Classen mit der Forderung einer Nachlizenzierung erhalten hat, sollte dieses der verantwortlichen Abteilung von Adobe Stock weiterleiten an die Mailadresse „copyright-stock@adobe.com“, mit Angabe der betroffenen Bildnummer und dem Namen des Kundenaccounts (also in der Regel die Emailadresse, mit der sich bei Adobe Stock registriert wurde).
Es ist nicht empfehlenswert, auf die Forderungen einzugehen, ohne vorher mit Adobe gesprochen zu haben.
Sehr hilfreich ist die Freistellungspflicht von Adobe Stock (siehe Punkt 10.1. der Adobe Stock-Nutzungsbedingungen). Demnach übernimmt Adobe die Verteidigung gegen Forderungen oder Klagen, wenn Dritte unterstellen, dass Inhalte z.B. Urheberrechte, Markenrechte oder Persönlichkeitsrechte verletzt wurden. Dazu muss Adobe jedoch zeitnah über den Vorgang informiert werden (siehe oben).
UPDATE 12.04.2021: Mittlerweile haben sich auch andere Betroffene bei mir gemeldet, welche Bilder von Herr Classen bei Adobe Stock gekauft hatten und diese auf ihrer Webseite genutzt haben. Herr Classen bemängelt da zum Beispiel, dass „urheberrechtlich geschützte Schutzrechtshinweise der IPTC/Metadaten des original Bildmaterials“ gelöscht oder verändert wurden. Auch hier empfehle ich Betroffenen, sich direkt mit Adobe Stock in Verbindung zu setzen.
Full Disclosure: Ich habe aktuell mit Herrn Classen ebenfalls eine juristische Auseinandersetzung in einer anderen Sache.