Neben den vielen zahlenden Kunden, die ihre Bilder legal erwerben, gibt es leider auch viel zu viele Leute, welche Bilder ohne die erforderlichen Nutzungsrechte einsetzen und damit Urheberrechtsverletzungen begehen.
Das Aufspüren und Nachverfolgen dieser illegalen Bildnutzungen kann zeit- und nervenraubend sein, weshalb es einige Dienstleister gibt, welche damit werben, dass sie automatisiert Bildnutzungen im Internet tracken und auch Bilderklau juristisch verfolgen können.
Einer dieser Anbieter ist die Berliner Firma Copytrack, welche von Marcus Schmitt gegründet und auch von ihm als CEO geleitet wird.
Wir haben ausführlich über seine Erfahrungen mit Rechtsverletzungen geredet, in welchen Ländern am meisten und am wenigsten Chancen auf Erfolg bestehen, welcher Bilderdiebstahl bisher am teuersten war, auf was Fotografen achten sollten und einiges mehr:
PORTFOLIO:
Ein Portfolio in dem Sinne gibt es bei dieser Folge logischerweise nicht, daher stattdessen einige anonymisierte Screenshots aus dem User-Backend von Copytrack:
das Dashboard von Copytrack
die Inbox von Copytrack mit den Suchergebnissen
einige System Tags, welche Copytrack automatisch vergeben kann
die Systematik der eingereichten Fälle bei Copytrack
Wer Journalismus nicht nur als Verlängerung der PR-Abteilung von großen Firmen oder ausgelagerte Marketing-Abteilung sieht, wird über branchenrelevante Themen auch manchmal kritisch berichten müssen.
So versuche ich das auch hier im Blog. Leider führt das logischerweise dazu, dass die Personen, welche kritisch beleuchtet werden, das Licht der Öffentlichkeit scheuen und versuchen, die Berichterstattung zu behindern oder gar zu verhindern.
Einige Wochen nach der Veröffentlichung flatterte mir nun eine Abmahnung der gleichen Anwaltskanzlei im Namen von Herr Classen ins Haus wegen angeblicher „Verletzung des Wettbewerbs- und Persönlichkeitsrechts“.
Die Abmahnung umfasst ganze 24 Seiten mit einem Gegenstandswert von 80.000 Euro und der Forderung nach Abgabe einer Unterlassungserklärung bis zum 30.08.2022 mit etlichen Unterpunkten, auf was ich alles verzichten solle.
Die Verletzung des Wettbewerbsrechts solle entstanden sein, weil ich (als direkter Konkurrent) mit angeblich unwahren Aussagen im Blogbeitrag die Tätigkeiten und persönlichen sowie geschäftlichen Verhältnisse des Mandanten herabsetzen und verunglimpfen würde.
Persönlichkeitsrechte würde ich deshalb verletzen, weil ich den Mandanten angeblich anprangernd in der Überschrift nenne, ihn im Blog fortwährend aufgreife und zum Gegenstand der Berichterstattung mache, obwohl das von mir kritisierte Verhalten branchenüblich und rechtlich zulässig sei.
Ich habe im Rahmen der journalistischen Sorgfaltspflicht sowohl darauf geachtet, alle genannten Fakten zu prüfen sowie dem Betroffenen eine Gelegenheit zur Stellungnahme zu bieten.
Daher sehe ich der Auseinandersetzung gelassen entgegen und bin zuversichtlich, dass ich einem Gericht schlüssig vermitteln kann, warum der Artikel so veröffentlicht wurde.
Da mich weiterhin regelmäßig Kontaktanfragen betroffener Bildkäufer erreichen und sich bei dem Thema einiges getan hat, gibt es heute ein kurzes Update.
Fehlende oder gelöschte IPTC-Metadaten
Betrafen die ersten „Abmahnungen“ von Rafael Classen hauptsächlich angebliche unpassende Social-Media-Nutzungen, ist er nun umgeschwenkt auf angeblich gelöschte IPTC-Metadaten.
Als Nachweis für die angeblich gelöschten IPTC-Metadaten führt er zwei Links bei Spiegel Online und dem Bundesumweltministerium an, die Bilder von Herr Classen nutzen. Diese Bilder enthalten zwar tatsächlich Urhebernachweise in den IPTC-Daten, jedoch sind diese laut IPTC-Daten bei EyemEm/Getty Images bzw. iStock gekauft worden. Daraus lässt sich nicht ableiten, dass seine Bilder bei Adobe Stock oder Fotolia Urhebernachweise enthielten.
Classen verweist in seinen Emails gerne ausführlich darauf, dass Adobe Stock in deren Lizenzbestimmungen „eine Entfernung der urheberrechtlich geschützten Schutzrechtshinweise in den IPTC-Metadaten in keiner Lizenz erlaubt“.
Er vergisst jedoch zu erwähnen, dass die Anbieter bei Adobe Stock spätestens seit Juli 2016 beim Upload von Bildern den Nutzungsbedingungen zugestimmt haben, in denen unter anderem steht:
„5.2 […] Des Weiteren dürfen Metadaten ohne Haftung durch uns, unsere Vertriebshändler oder unsere Benutzer geändert, entfernt oder erweitert werden.“
„7.1. […] Sie sind insbesondere damit einverstanden, dass Unternehmen der Adobe-Gruppe Urheberangaben, die in Metadaten enthalten sind, entfernen oder modifizieren und dies auch ihren Nutzern gestatten. Diese Befugnis ist beschränkt auf solche Fälle, in denen Metadaten infolge einer vertragsgemäßen Wahrnehmung von Nutzungs- und Bearbeitungsrechten durch Unternehmen der Adobe-Gruppe oder seine Nutzer (etwa bei Bearbeitung, Übertragung, Ergänzung, Kürzung, Kompilierung, Werkverbindung und Collagierung), z.B. infolge der Verwendung marktüblicher Bearbeitungssoftware, automatisiert entfernt werden.“
Ich vermute, dass die Aktivitäten von Herr Classen ein Grund für die Konkretisierung der Nutzungsbedingungen waren.
Die „marktübliche Bearbeitungssoftware“ agiert aktuell nämlich leider nicht so konsistent, wie normale Benutzer annehmen könnten. Werden Bilder im CMS WordPress für Webseiten mittels einem dort integrierten Bildgrößen-Preset verkleinert, bleiben die IPTC-Metadaten enthalten. Wird ein Bild dort jedoch mit einem manuell vergebenen Wert verkleinert, verschwinden die Metadaten. Da muss mensch erst mal drauf kommen…
Das ist relevant, weil der §95c UrhG eine wissentliche Handlung voraussetzt, die vermutlich nicht gegeben ist, wenn das CMS-Verhalten sich undokumentiert je nach Detaileinstellung unterscheidet.
Rückkehr zu Adobe Stock durch die Hintertür Wirestock
In seinen wirren Emails erklärt Herr Classen lang und breit, dass Adobe Stock ihm die Zusammenarbeit gekündigt habe. Darüber hinaus schreibt er:
„Es besteht keinerlei vertragliche Verbindung mehr zwischen mir und Adobe Stock/ Fotolia, die Firma Adobe Stock/ Fotolia ist hier auch nicht zuständig. Der guten Ordnung halber weise ich nochmals darauf hin, dass die Firma Adobe Stock/ Fotolia seit geraumer Zeit nicht mehr berechtigt ist, Nutzungsrechte an meinen Werken zu gewähren.“
[Update 10.11.2022: Satz aufgrund einer Einstweiligen Verfügung entfernt.] Wirestock ist ein Dienstleister, der es Fotografen erlaubt, die dort hochgeladenen Bilder im Namen von Wirestock an mehrere Microstock-Agenturen gleichzeitig zu verteilen; darunter auch Adobe Stock.
Da die Fotografen diese Auswahl selbst treffen müssen, ist es komisch, dass er weiterhin behauptet, dass Adobe keine Nutzungsrechte an seinen Werken vergeben dürfe.
Foto von Rafael Classen via Wirestock bei Adobe Stock
Da Rafael Classen bei Adobe Stock wegen seiner Aktivitäten zahlender Kunden gegenüber nicht gern gesehen ist, ist es sehr nützlich, dass die neuen Bilder von Rafael Classen nun nicht mehr unter seinem Namen dort angeboten werden, sondern im Namen von Wirestock (siehe Screenshot oben).
Woher ich dann weiß, dass obiges Foto tatsächlich von Herr Classen ist? Das gleiche Bild ist auch in seinem eigenen Webshop RC-Photo-Stock mit der Urheberangabe „rclassen“ erhältlich:
Ironischerweise enthalten die Bilder von Rafael Classen, welche via Wirestock bei Adobe Stock angeboten werden, nur den Urheberhinweis „Wirestock – stock.adobe.com“ in den IPTC-Metadaten. [Update 10.11.2022: Satz aufgrund einer Einstweiligen Verfügung entfernt.]
Wer als zahlender Kunde Streit mit Rafael Classen vermeiden möchte, sollte also auch bei Bildern von Wirestock (und Wirestock Creators) sehr aufpassen, ob das Bild eventuell von Herr Classen sein könnte und Metadaten enthält.
Wie Herr Classen angesichts seiner aktiven Bilder bei Adobe Stock zu der Annahme kommt, dass die Bildagentur keine Nutzungsrechte an seinen Werken einräumen dürfe, ist mir leider schleierhaft. Eine diesbezügliche Anfrage an Herr Classen beantworte dieser leider nur mit einem Verweis auf seine Anwaltskanzlei. Diese schrieb dann:
„Wie Ihrer Presseanfrage inhaltlich zu entnehmen ist, sind Sie mit den Anforderungen der Rechtsprechung an die Gewährung einer hinreichend substantiierten Gelegenheit zur Stellungnahme nicht vertraut. Insofern kann eine Stellungnahme unseres Mandanten nicht erfolgen.“
Am besten wäre es aus Sicht von Herr Classens Anwälten jedoch, wenn ich diese Berichterstattung ganz unterlassen würde:
„Wir mahnen insofern dringend zur Zurückhaltung und zur Einhaltung der erforderlichen Sorgfalt, besser zur Abstandnahme von dem geplanten Vorhaben, dessen Intention zuvörderst unlautere Ziele zum Gegenstand zu haben scheint.“
Abmahnung wegen fehlender Abmahnung
Die Allianz deutscher Designer AGD hatte letztes Jahr den Artikel „Abmahnung wegen der Löschung von Metadaten“ veröffentlicht, um deren Mitglieder vor den Praktiken von Herr Classen zu warnen. Unter anderem wegen der berichteten Abmahnungen mahnte Herr Classen die AGD ab, weil er angeblich keine Abmahnungen, sondern nur „Berechtigungsanfragen“ versenden würde. Blöd ist nur, dass Herr Classen doch richtige Abmahnungen verschickt hatte. Der Fall endete in einem Vergleich, der unter anderem enthielt, dass Herr Classen auf der Webseite der AGD die Möglichkeit bekam, seine Sicht der Dinge darzulegen.
Disclaimer/Full Disclosure: Ich habe aktuell mit Herrn Classen ebenfalls eine juristische Auseinandersetzung in einer anderen Sache.
Update 5.8.2022: Die Direktorin Kirsten Harris von Adobe Stock Content bat mich, folgendes zu aktualisieren: „Ich […] muss richtigstellen, dass Wirestock Content von Classen aus ihrem Adobe Stock Account entfernt hat. Die beiden Fotos, die Du als Beispiele angezeigt hast, gibt es nicht mehr auf Adobe Stock. Ich bitte Dich, Deinen Beitrag entsprechen upzudaten.“
Update 10.11.2022: Aufgrund einer Einstweiligen Verfügung, welche Herr Rafael Classen gegen mich erwirkt hat, darf ich zwei Sätze in diesem Artikel nicht mehr veröffentlichen. Der Behauptung der Gegenseite, dass dieser Artikel eine „unwahre Gesamtaussage“ enthalte, konnte das Gericht aber nicht folgen.
Es gibt etliche Tools und Firmen, die einem versprechen, die eigenen Bilder im Internet aufzuspüren. In der aktuellen Folge vom „Podcast eines Fotoproduzenten“ habe ich mit der Berliner Firma Lapixa geredet, die mir erklären, wie sie Bilder im Internet finden, welche Vorteile Fotografen davon haben und was man bei der Durchsetzung von Urheberrechtsverletzungen beachten muss.
Gesprächspartner sind diesmal der Lapixa-CEO Serge Licht (rechts im Bild unten) sowie Michael Lamberty (links im Bild) als Leiter der Rechtsabteilung von Lapixa.
Außerdem reden wir darüber, welchen möglichen Schadensersatz Fotografen für geklaute Bilder erzielen können, in welchen Ländern die Rechteverfolgung einfacher oder schwieriger ist und welche Bilder besonders gerne geklaut werden.
Wenn euch die Folge gefallen hat, hinterlasst bitte eine Bewertung. Ihr könnt den Podcast auch gerne abonnieren, um keine Folge mehr zu verpassen:
Nach langer Zeit gibt es wieder eine neue Folge von „Frag den Anwalt“. Diesmal ein Thema für die Autofotografen unter euch:
Foto: Alexey Testov
„Hallo Robert,
seit einiger Zeit Suche ich nach einer Antwort auf folgende Frage, bzw. Fragen:
Kann ich Fotos von Oldtimern veröffentlichen, die auf einem Oldtimertreffen gemacht wurden?
Manche Treffen haben ihre eigenen Bestimmungen, da ist es klar. Wie sieht es aber bei ungeregelten Veranstaltungen oder einem zufälligen Schnappschuß im öffentlichen Raum aus?
Sollte man das Kfz-Kennzeichen immer unkenntlich machen?
Die gleiche Frage stelle ich mir übrigens auch für Flugzeuge.
Ist es erlaubt Privatmaschinen (z.B. eine Cessna) auf einem „Planespotter“-Blog zu zeigen?
Vielleicht habe ich ja Glück und das wird ein Thema für die neue Rubrik!“
Bei der Erstellung von Fotos auf Oldtimertreffen – also außerhalb des öffentlichen Raums – gilt zunächst dasselbe, wie für jede andere Veranstaltung auch. Zunächst ist zu klären, ob der Veranstalter damit einverstanden ist, dass dort fotografiert wird. Dabei spielt es übrigens keine Rolle, ob das Ganze eine organisierte oder eine ungeregelte Veranstaltung ist. Das Recht zu regeln, ob und wie / wofür fotografiert werden darf, resultiert aus dem Hausrecht des Veranstalters, das auch dann besteht, wenn die Veranstaltung „ungeregelt“ ist, aber auf Privatgrund stattfindet.
Erfahrungsgemäß werden die meisten Veranstalter gegen private oder Fotos für ein Portfolio nichts haben. Dennoch empfiehlt es sich auch für Portfolionutzungen und allerspätestens sobald es aber zu einer Weitergabe oder irgendwie kommerziellen Verwertung der Aufnahmen kommt, eine Einwilligung des Veranstalters einzuholen, um jeglichem Ärger aus dem Weg zu gehen.
Daneben sind bei der Fotografie von Autos stets Rechte des Herstellers ein Thema. Hier kommen Urheberrechte für die Formgestaltung von Autos oder Autoteilen sowie Marken- und Designrechte hinsichtlich der Logos, Typbezeichnungen und ebenfalls Formgebungen der Fahrzeuge in Betracht. Oldtimer sind hier in der Regel nicht ganz so kritisch zu sehen, wie aktuelle Modelle, da Urheber- und Designrechte nach einer gewissen Zeit ablaufen und auch nicht verlängert werden können. Dennoch bleiben hier immer Restrisiken bestehen, sodass theoretisch die Einwilligung der Hersteller des jeweiligen Fahrzeuges zu fragen ist.
Die Antwort auf diese Frage lässt aber erfahrungsgemäß sehr lange auf sich warten oder bleibt völlig aus. Im öffentlichen Raum kann bei Fahrzeugen übrigens nicht auf die Panoramafreiheit zurückgegriffen werden, da diese nur für Objekte gilt, die sich dauerhaft im öffentlichen Raum befinden, was bei Autos gerade nicht der Fall ist.
Zudem stellt sich die Frage, ob auch der Halter des fotografierten Fahrzeuges zu fragen ist. Hier vorweg: Autos haben kein allgemeines Persönlichkeitsrecht und auch das Persönlichkeitsrecht des Halters schlägt in der Regel nicht auf das Fahrzeug durch. Daher muss bei der Fotografie von Autos grundsätzlich der Halter des Fahrzeuges nicht gefragt werden. Etwas anderes könnte gelten, wenn die Kennzeichen erkennbar sind, da diese dem Fahrzeug die Zuordenbarkeit zum Halter verleihen. Allerdings ist hier zu berücksichtigen, dass diese Zuordnung nicht ohne Weiteres möglich ist, sodass zumindest ich in diesem Streit die Auffassung vertrete, dass auch die Abbildung des Kennzeichens keine Rechtsverletzung darstellt. Dies gilt umso mehr, als sich in der konkreten Fragestellung der Halter mit seinem Fahrzeug in eine öffentliche Sphäre begibt, indem er an einer Veranstaltung teilnimmt. Die Thematik der rechtlichen Bedeutung der Abbildung von Kennzeichen ist allerdings umstritten, sodass die Anonymisierung des Kennzeichens (etwa durch Austausch mit Fantasiekennzeichen) sicherlich ratsam ist, um auf Nummer sicher zu gehen. Das Gleiche gilt für die Fotografie von Flugzeugen.
Zusammengefasst ist es gerade in diesem Bereich der Fotografie schwierig, alle rechtlich erforderlichen Einwilligungen einzuholen, da bei Autos sehr viele Rechte vereint sind. Gegebenenfalls sollte man hier, falls man sich im Graubereich bewegt, fragen, wie stark man in wessen Rechte eingreift und ob hier die Nachverfolgung einer potentiellen Rechtsverletzung nach deren Entdeckung wahrscheinlich erscheint.
Über den Autor: Sebastian Deubelli ist Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht in der Nähe von München.
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