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LAION e.V. macht ernst: Schadensersatzforderung an Urheber für KI-Trainingsdaten

Was pas­siert eigent­lich, wenn Urheber ihre Bilder aus den Trainingsdaten für die gro­ßen KI-​Systeme ent­fer­nen wol­len? Ich habe es aus­pro­biert und das Ergebnis gleicht einem Kafka-Roman.

Der deut­sche Verein LAION e.V. hat ver­schie­de­ne KI-​Trainingssätze kos­ten­los ins Internet gestellt mit Links und Bildbeschreibungen und ande­ren Informationen zu teil­wei­se über 5.8 Milliarden (größ­ten­teils urhe­ber­recht­lich geschütz­ten) Bildern.

Diese Trainingsdaten wur­den u.a. von kom­mer­zi­ell agie­ren­den Firmen wie Stability AI genutzt, um ihre Bildgenerierende KI „Stable Diffusion“ zu trai­nie­ren. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt, dass zufäl­lig einer der Gründungsmitglieder des Vereins, Richard Vencu, bei der Firma Stability AI arbei­tet. Das übri­gens genau seit Februar 2022, also dem Zeitpunkt, als der Verein gegrün­det wurde.

Im Februar hat­te ich hier berich­tet, dass ich LAION e.V. dar­um gebe­ten hat­te, mei­ne urhe­ber­recht­lich geschütz­ten Bilder aus den Trainingsdaten zu ent­fer­nen. Als Antwort kam ein arro­gan­ter Brief, der mit der Drohung ende­te, dass ich mit Schadensersatzansprüchen zu rech­nen habe, soll­te ich auf mei­ner angeb­lich unbe­grün­de­ten Forderung bestehen.

Davon las­se ich mich natür­lich nicht abschre­cken und ver­schick­te mit Hilfe mei­nes Anwalts Ende März eine Unterlassungsforderung sowie eine Auskunftsanfrage, wel­che mit nach §§101 UrhG, 242 BGB zusteht.

Also im Klartext: Ich habe den Verein aus­ge­for­dert, mei­ne Bilder aus dem Trainingssatz zu neh­men und mir Auskunft zu ertei­len, in wel­chem Umfang genau mei­ne Werke ver­wen­det wur­den, wie lan­ge, woher sie die Inhalte hat­ten und so weiter.

Das fand der Verein gar nicht lus­tig und ant­wor­te­te am 11. April 2023:

Eine Urheberrechtsverletzung liegt nicht vor. Die ein­zi­ge Vervielfältigungshandlung die unse­re Mandantin vor­ge­nom­men haben könn­te, war vor­über­ge­hen­der Natur und ist von den Schrankenregelungen sowohl des § 44b UrhG als auch des noch wei­ter­ge­hen­den § 60d UrhG gedeckt. Wie bereits gegen­über Ihrem Mandanten aus­ge­führt, spei­chert unse­re Mandantin kei­ne Vervielfältigungsstücke der Werke Ihres Mandanten, die gelöscht wer­den könn­ten oder über die Auskunft erteilt wer­den könn­te. Unsere Mandantin hat ledig­lich zum initia­len Trainieren eines selbst­ler­nen­den Algorithmus, unter Einsatz sog. Crawler, Bilddateien im Internet aus­fin­dig gemacht und zur Informationsgewinnung kurz­zei­tig erfasst und ausgewertet.“

Interessant ist, dass hier aus­drück­lich der Einsatz von Crawlern erwähnt wird, wel­cher in den Nutzungsbedingungen der meis­ten Bildagenturen aus­drück­lich ver­bo­ten ist. So auch bei den Bildern, wel­che ich bean­stan­det hatte.

Mal ganz abge­se­hen, dass wir auch sehr gespannt sind, wie LAION e.V. erklä­ren will, woher der Verein Links zu Bild-​Thumbnails haben will, deren Bilder schon vor der Vereinsgründung bei den Bildagenturen gelöscht wor­den waren.

Weiter heißt es dann im Text:

Unsere Mandantin wird daher ins­be­son­de­re kei­ne Unterlassungserklärung gegen­über Ihrem Mandanten abge­ben. Daneben hat Ihr Mandat selbst­re­dend auch kei­nen Anspruch auf Auskunft durch unse­re Mandantin. Selbst bei Bejahung einer rechts­ver­let­zen­den Vervielfältigungshandlung bestün­de man­gels eines Handelns im gewerb­li­chen Ausmaß kein Auskunftsanspruch.“

Das heißt, salopp ver­kürzt for­mu­liert: Wir wer­den die urhe­ber­recht­lich geschütz­ten Werke wei­ter­hin nut­zen, auch wenn der Urheber dage­gen ist. Außerdem ver­wei­gern wir die Auskunft, wo wir die Bilder genau her­ha­ben und was wir damit gemacht haben und wie lan­ge genau wir sie gespei­chert haben. So selbst­ver­ständ­lich fin­den wir das nicht.

Dann heißt es:

Unsere Mandantin hat grund­sätz­lich Verständnis dafür, dass Ihr Mandant ggf. auch eine vor­über­ge­hen­de Vervielfältigung sei­ner Werke nicht gern sieht. Nur ist die­se eben aus­drück­lich vom euro­päi­schen Gesetzgeber gestat­tet wor­den. Daher müs­sen wir Ihren Mandanten dazu auf­for­dern, dass er erklärt, von den mit Schreiben vom 29.03.2023 gel­tend gemach­ten Ansprüchen Abstand zu nehmen.“

Um dem Ganzen dann die Krone auf­zu­set­zen, for­dert LAION e.V. dann Geld von mir:

Mit Schreiben vom 14.02.2023 hat­ten wir Ihren Mandanten bereits dar­auf auf­merk­sam gemacht, dass unse­rer Mandantin im Falle einer unbe­rech­tig­ten Inanspruchnahme Schadenersatzansprüche gemäß § 97a Abs. 4 UrhG zuste­hen. Unsere Mandantin hat­te sei­ner­zeit noch davon abge­se­hen die­sen Anspruch durch­zu­set­zen, sieht sich nun aber außer Stande hier wei­ter Nachsicht wal­ten zu las­sen. Für die Verteidigung gegen die durch Sie aus­ge­spro­che­ne, offen­kun­dig unbe­rech­tig­te Abmahnung sind ihr Rechtsanwaltskosten ent­stan­den, die unse­re Mandantin nicht selbst tra­gen wird.“

Den Gegenstandswert bezif­fert die geg­ne­ri­sche Anwaltskanzlei auf 9.000 Euro, der gefor­der­te Betrag beläuft sich auf 887,03 € (Aufschlüsselung sie­he Bild oben).

Also noch mal das Ganze run­ter­ge­bro­chen: Der Verein nutzt mas­sen­haft urhe­ber­recht­lich geschütz­te Werke, damit kom­mer­zi­ell agie­ren­de Firmen damit Profit machen kön­nen und wenn ich als Urheber dar­um bit­te, mei­ne Bilder aus den Trainingsdaten zu ent­fer­nen sowie mir den recht­lich zuste­hen­den Auskunftsanspruch zu erfül­len, soll ich dem Verein Schadensersatz zah­len.

Da passt es ganz gut, dass die Kanzlei schon mal androht, dass sie „geneigt sei­en, die Angelegenheit einer gericht­li­chen Klärung zuzu­füh­ren“. Wir sind genau­so „geneigt“ und arbei­ten schon an der Anspruchsbegründung für das Gericht.

Update 27.04.2023, 16:25 Uhr:
Wir haben eben die Klage gegen LAION e.V. vor dem Landgericht Hamburg eingereicht.

Rafael Classen verliert Einstweilige Verfügung gegen mich wegen meiner Blogartikel zu 75%

Der Versuch des Fotografen Rafael Classen, mich wegen mei­ner Berichterstattung über sei­ne Aktivitäten „mund­tot“ zu machen, ist glück­li­cher­wei­se größ­ten­teils gescheitert.

Teil des Deckblatts des Urteils vom LG Berlin

Sein Antrag auf Erlass einer Einstweiligen Verfügung gegen mich vor dem Landgericht Berlin wur­de über­wie­gend zurück­ge­wie­sen (Aktenzeichen 15 O 342/​22).

Der Kern des Urteils ist wohl die­ser Satz:

Das Gericht hat kei­nen Zweifel dar­an, dass dem Blogeintrag des Antragsgegners in der Gesamtschau die ver­fah­rens­ge­gen­ständ­li­chen Aussagen zu ent­neh­men sind. Der Hauptantrag zu 1 schei­tert – wie soeben aus­ge­führt – viel­mehr dar­an, dass die­se Aussagen als wahr anzu­se­hen sind.“

Ich über­set­ze mal salopp: Es stimmt halt, was ich in die­sem Blogartikel geschrie­ben hat­te, daher darf ich es schreiben.

Konkreter schreibt das Gericht:

Die Aussage, „der Antragssteller behaup­te, Adobe habe kei­ne Berechtigung zur Vergabe von Nutzungsrechten des Antragsstellers, obwohl er über Wirestock Adobe die Berechtigung mit­tel­bar ein­räu­me und obwohl sei­ne Bilder bei Adobe online sei­en“, kann der Antragssteller dem Antragsgegner unter kei­nem recht­li­chen Gesichtspunkt verbieten.“

Antragsteller ist hier übri­gens Herr Classen, Antragsgegner bin ich.

Weiter heißt es:

Der Antragsstellerin [sic] hat zwar in Abrede gestellt, die Aussage, Adobe habe kei­ne Berechtigung zur Vergabe von Nutzungsrechten des Antragsstellers, getä­tigt zu haben. Damit hat er aber kei­nen Erfolg. Die Aussage ent­stammt sei­ner E‑Mail vom 14. Juli 2022, und der Antragssteller hat die­sen Inhalt auch nicht in Abrede gestellt. Weshalb es an der recht­li­chen Beurteilung etwas ändern soll­te, dass es sich um eine „Individualkommunikation“ han­delt (was zutrifft), sagt der Antragssteller nicht und ist auch nicht ersicht­lich. Er beruft sich vor allem dar­auf, dass sich sei­ne Aussage ledig­lich auf ein Bild bezo­gen habe, wel­ches er nicht über Wirestock zur Verfügung gestellt habe, also dass es sich nicht um eine gene­rel­le Aussage han­de­le. Eine sol­che Einschränkung ist sei­ner Mail vom 14. Juli 2022 aber nicht zu ent­neh­men; viel­mehr ver­hält sich die­se eben all­ge­mein zur Berechtigung von Adobe. Dies ist auch kei­nes­wegs unwe­sent­lich: Schon dann, wenn sich die Empfängerin der Mail an die Lizenzierung wei­te­rer Bilder des Antragsstellers den­ken soll­te, wäre sie durch die Aussage des Antragsstellerin [sic] unzu­tref­fend infor­miert. Und Gleiches gäl­te für Dritte, an die sie die Mail wei­ter­ge­lei­tet oder davon berich­tet haben könnte.“

Dem Gericht war es auch nicht ersicht­lich, war­um ich nicht iden­ti­fi­zie­rend über Herrn Classen berich­ten kön­nen sol­le. Weiterhin habe ich sei­ne Namensrechte nicht durch die blo­ße Nennung ver­letzt und auch eine „Prangerwirkung“ sieht das Gericht nicht:

Auch unter dem Gesichtspunkt einer „Prangerwirkung“ liegt inso­weit kei­ne Rechtsverletzung vor. Zwar stellt die Verbreitung einer ruf­schä­di­gen­den, aber wah­ren Tatsache einen rechts­wid­ri­gen Eingriff in das Recht am Gewerbebetrieb (§ 823 Abs. 1 BGB) dar, wenn sie zu einer Wettbewerbsverzerrung führt, weil aus einer Mehrzahl von Unternehmen, die sämt­lich Anlass zu der frag­li­chen Kritik geben, eines her­aus­ge­grif­fen und an den Pranger gestellt wird (MüKoBGB/​Wagner, 8. Aufl. 2020, BGB § 823 Rn. 392 mwN). Dass meh­re­re Fotografen unzu­tref­fen­de Angaben über die Berechtigung von Unternehmen wie Adobe gemacht hät­ten, behaup­tet der Antragssteller aber nicht ein­mal. Gerade damit beschäf­tigt sich der Blogbeitrag aber und nicht nur, wie der Antragssteller meint, all­ge­mein mit der Durchsetzung von Rechten in der Branche der Fotografen.“

Weiter schreibt das Landgericht Berlin im Urteil:

Im Übrigen gilt, dass selbst über­zo­ge­ne, her­ab­set­zen­de, unge­rech­te und aus­fäl­li­ge Äußerungen hin­zu­neh­men sind, solan­ge die Auseinandersetzung in der Sache im Vordergrund steht (MüKoBGB/​Wagner, 8. Aufl. 2020, BGB § 823 Rn. 390). Dies muss nach Auffassung des Gerichts auch für die Form gel­ten. Vor die­sem Hintergrund unter­liegt es kei­nen Bedenken, dass der Name des Antragstellers an den Beginn der Überschrift gestellt ist und im Text 26 mal erscheint sowie dass der Antragsgegner noch in wei­te­ren Beiträgen über den Antragssteller berich­tet („fort­wäh­ren­de Berichterstattung“) und die­se Beiträge unter einen sog. „Tag“ mit dem Namen des Antragsstellers in einem Archiv vereint.“

Warum nur 75% gewonnen?

Jetzt wird es span­nend. Der Antrag wur­de nicht kom­plett abge­wie­sen, weil Herr Classen neben etli­chen von mir nach­weis­ba­ren Tatsachen auch zwei Punkte bemän­gel­te, wel­che ich tat­säch­lich nicht bewei­sen konnte.

Ich darf jetzt nicht mehr schrei­ben, dass Herr Classen flei­ßig bei Wirestock hoch­la­den wür­de, weil im Laufe des Verfahren klar wur­de, dass Herr Classen schon seit dem 11. Februar 2022 bei Wirestock gesperrt und seit dem 5. Juli 2022 dort gekün­digt wor­den war.

Der zwei­te Punkt ist mei­ne Aussage, dass ich behaup­tet hat­te, Herr Classen wüss­te, dass sein Name nicht in den Metadaten ent­hal­ten sei, wenn Bilder bei Wirestock zu Adobe Stock geschickt würden.

Da ich nicht in sei­nen Kopf gucken kann, kann ich das nicht bewei­sen. Ich zitie­re hier mal den Anwalt von Herr Classen:

Richtig ist wei­ter, dass dem Antragsteller nicht bewusst war, dass bei der Unterlizenziening [sic] durch Wirestock sein Name aus den Metadaten gelöscht wer­den würde.“

Wie glaub­wür­dig das ist, muss jeder selbst ent­schei­den.
Aber dann hat selbst er als erfah­re­ner, pro­fes­sio­nel­ler Fotograf immer­hin was durch mei­nen Blogartikel gelernt. Ist ja auch was Schönes.

Wo wir gera­de dabei sind: Seine Bilder, die er – meist ohne sicht­ba­re Wasserzeichen – auf sei­nen Account „rcfo­to­stock“ bei Pinterest hoch­lädt, ent­hal­ten nur teil­wei­se sei­nen Namen in den Metadaten. Auch die Bilder, die er bei der Plattform pexels.com im Account „rcpho­tostock“ gra­tis anbie­tet, sind aktu­ell nach dem Runterladen nicht mit Metadaten versehen.

Vielleicht über­prüft ihr das mal, damit ich ein paar Zeugen habe, falls die Bilder zufäl­lig plötz­lich ver­schwin­den sollten?

Jedenfalls: Da das Gericht in den bei­den Punkten Herr Classen recht geben muss­te, soll ich von den Verfahrenskosten 25% tra­gen, die rest­li­chen 75% muss Herr Classen bezah­len. Das Urteil ist aktu­ell noch vor­läu­fig, es kann also noch Berufung ein­ge­legt werden.

Ich möch­te an die­ser Stelle noch mal allen Beteiligten dan­ken, die mir hin­ter den Kulissen dabei gehol­fen haben, mich gegen die Abmahnung und Einstweilige Verfügung zu ver­tei­di­gen. Vielen Dank euch allen!

Robert Kneschke: Abmahnung erhalten wegen kritischem Blogbeitrag

Wer Journalismus nicht nur als Verlängerung der PR-​Abteilung von gro­ßen Firmen oder aus­ge­la­ger­te Marketing-​Abteilung sieht, wird über bran­chen­re­le­van­te Themen auch manch­mal kri­tisch berich­ten müssen.

So ver­su­che ich das auch hier im Blog. Leider führt das logi­scher­wei­se dazu, dass die Personen, wel­che kri­tisch beleuch­tet wer­den, das Licht der Öffentlichkeit scheu­en und ver­su­chen, die Berichterstattung zu behin­dern oder gar zu verhindern.

So auch beim Blogartikel „Rafael Classen, Abmahnungen, feh­len­de IPTC-​Daten und Wirestock: Der aktu­el­le Stand“ vom 5.8.2022. Die Anwaltskanzlei von Herrn Classen hat­te mir schon vor der Berichterstattung nahe­ge­legt, dass ich lie­ber „Abstand von dem geplan­ten Vorhaben“ neh­men solle.

Einige Wochen nach der Veröffentlichung flat­ter­te mir nun eine Abmahnung der glei­chen Anwaltskanzlei im Namen von Herr Classen ins Haus wegen angeb­li­cher „Verletzung des Wettbewerbs- und Persönlichkeitsrechts“.

Die Abmahnung umfasst gan­ze 24 Seiten mit einem Gegenstandswert von 80.000 Euro und der Forderung nach Abgabe einer Unterlassungserklärung bis zum 30.08.2022 mit etli­chen Unterpunkten, auf was ich alles ver­zich­ten solle.

Die Verletzung des Wettbewerbsrechts sol­le ent­stan­den sein, weil ich (als direk­ter Konkurrent) mit angeb­lich unwah­ren Aussagen im Blogbeitrag die Tätigkeiten und per­sön­li­chen sowie geschäft­li­chen Verhältnisse des Mandanten her­ab­set­zen und ver­un­glimp­fen würde.

Persönlichkeitsrechte wür­de ich des­halb ver­let­zen, weil ich den Mandanten angeb­lich anpran­gernd in der Überschrift nen­ne, ihn im Blog fort­wäh­rend auf­grei­fe und zum Gegenstand der Berichterstattung mache, obwohl das von mir kri­ti­sier­te Verhalten bran­chen­üb­lich und recht­lich zuläs­sig sei.

Ich habe im Rahmen der jour­na­lis­ti­schen Sorgfaltspflicht sowohl dar­auf geach­tet, alle genann­ten Fakten zu prü­fen sowie dem Betroffenen eine Gelegenheit zur Stellungnahme zu bieten.

Daher sehe ich der Auseinandersetzung gelas­sen ent­ge­gen und bin zuver­sicht­lich, dass ich einem Gericht schlüs­sig ver­mit­teln kann, war­um der Artikel so ver­öf­fent­licht wurde.

Rafael Classen, Abmahnungen, fehlende IPTC-​Daten und Wirestock: Der aktuelle Stand

Einer mei­ner meist­ge­le­se­nen Artikel im Blog die­ses Jahr ist „Rafael Classen ver­schickt „Abmahnungen“ an Bildkäufer wegen Social Media Nutzung“ sowie der Folgeartikel „Zwickmühlen-​Falle: Neue „Abmahnungen“ durch Rafael Classen (RC Photostock) gegen Bildkäufer“.

Da mich wei­ter­hin regel­mä­ßig Kontaktanfragen betrof­fe­ner Bildkäufer errei­chen und sich bei dem Thema eini­ges getan hat, gibt es heu­te ein kur­zes Update.

Fehlende oder gelöschte IPTC-Metadaten

Betrafen die ers­ten „Abmahnungen“ von Rafael Classen haupt­säch­lich angeb­li­che unpas­sen­de Social-​Media-​Nutzungen, ist er nun umge­schwenkt auf angeb­lich gelösch­te IPTC-Metadaten.

Als Nachweis für die angeb­lich gelösch­ten IPTC-​Metadaten führt er zwei Links bei Spiegel Online und dem Bundesumweltministerium an, die Bilder von Herr Classen nut­zen. Diese Bilder ent­hal­ten zwar tat­säch­lich Urhebernachweise in den IPTC-​Daten, jedoch sind die­se laut IPTC-​Daten bei EyemEm/​Getty Images bzw. iStock gekauft wor­den. Daraus lässt sich nicht ablei­ten, dass sei­ne Bilder bei Adobe Stock oder Fotolia Urhebernachweise enthielten.

Classen ver­weist in sei­nen Emails ger­ne aus­führ­lich dar­auf, dass Adobe Stock in deren Lizenzbestimmungen „eine Entfernung der urhe­ber­recht­lich geschütz­ten Schutzrechtshinweise in den IPTC-​Metadaten in kei­ner Lizenz erlaubt“.

Er ver­gisst jedoch zu erwäh­nen, dass die Anbieter bei Adobe Stock spä­tes­tens seit Juli 2016 beim Upload von Bildern den Nutzungsbedingungen zuge­stimmt haben, in denen unter ande­rem steht:

5.2 […] Des Weiteren dür­fen Metadaten ohne Haftung durch uns, unse­re Vertriebshändler oder unse­re Benutzer geän­dert, ent­fernt oder erwei­tert werden.“

Am 1. März 2022 gab es eine Aktualisierung die­ser Nutzungsbedingungen, in denen nun kon­kre­ter steht:

7.1. […] Sie sind ins­be­son­de­re damit ein­ver­stan­den, dass Unternehmen der Adobe-​Gruppe Urheberangaben, die in Metadaten ent­hal­ten sind, ent­fer­nen oder modi­fi­zie­ren und dies auch ihren Nutzern gestat­ten. Diese Befugnis ist beschränkt auf sol­che Fälle, in denen Metadaten infol­ge einer ver­trags­ge­mä­ßen Wahrnehmung von Nutzungs- und Bearbeitungsrechten durch Unternehmen der Adobe-​Gruppe oder sei­ne Nutzer (etwa bei Bearbeitung, Übertragung, Ergänzung, Kürzung, Kompilierung, Werkverbindung und Collagierung), z.B. infol­ge der Verwendung markt­üb­li­cher Bearbeitungssoftware, auto­ma­ti­siert ent­fernt werden.“

Ich ver­mu­te, dass die Aktivitäten von Herr Classen ein Grund für die Konkretisierung der Nutzungsbedingungen waren.

Die „markt­üb­li­che Bearbeitungssoftware“ agiert aktu­ell näm­lich lei­der nicht so kon­sis­tent, wie nor­ma­le Benutzer anneh­men könn­ten. Werden Bilder im CMS WordPress für Webseiten mit­tels einem dort inte­grier­ten Bildgrößen-​Preset ver­klei­nert, blei­ben die IPTC-​Metadaten ent­hal­ten. Wird ein Bild dort jedoch mit einem manu­ell ver­ge­be­nen Wert ver­klei­nert, ver­schwin­den die Metadaten. Da muss mensch erst mal drauf kommen…

Das ist rele­vant, weil der §95c UrhG eine wis­sent­li­che Handlung vor­aus­setzt, die ver­mut­lich nicht gege­ben ist, wenn das CMS-​Verhalten sich undo­ku­men­tiert je nach Detaileinstellung unterscheidet.

Rückkehr zu Adobe Stock durch die Hintertür Wirestock

In sei­nen wir­ren Emails erklärt Herr Classen lang und breit, dass Adobe Stock ihm die Zusammenarbeit gekün­digt habe. Darüber hin­aus schreibt er:

Es besteht kei­ner­lei ver­trag­li­che Verbindung mehr zwi­schen mir und Adobe Stock/​ Fotolia, die Firma Adobe Stock/​ Fotolia ist hier auch nicht zustän­dig. Der guten Ordnung hal­ber wei­se ich noch­mals dar­auf hin, dass die Firma Adobe Stock/​ Fotolia seit gerau­mer Zeit nicht mehr berech­tigt ist, Nutzungsrechte an mei­nen Werken zu gewähren.“

[Update 10.11.2022: Satz auf­grund einer Einstweiligen Verfügung ent­fernt.] Wirestock ist ein Dienstleister, der es Fotografen erlaubt, die dort hoch­ge­la­de­nen Bilder im Namen von Wirestock an meh­re­re Microstock-​Agenturen gleich­zei­tig zu ver­tei­len; dar­un­ter auch Adobe Stock.

Da die Fotografen die­se Auswahl selbst tref­fen müs­sen, ist es komisch, dass er wei­ter­hin behaup­tet, dass Adobe kei­ne Nutzungsrechte an sei­nen Werken ver­ge­ben dürfe.

Foto von Rafael Classen via Wirestock bei Adobe Stock

Da Rafael Classen bei Adobe Stock wegen sei­ner Aktivitäten zah­len­der Kunden gegen­über nicht gern gese­hen ist, ist es sehr nütz­lich, dass die neu­en Bilder von Rafael Classen nun nicht mehr unter sei­nem Namen dort ange­bo­ten wer­den, son­dern im Namen von Wirestock (sie­he Screenshot oben).

Woher ich dann weiß, dass obi­ges Foto tat­säch­lich von Herr Classen ist?
Das glei­che Bild ist auch in sei­nem eige­nen Webshop RC-​Photo-​Stock mit der Urheberangabe „rclas­sen“ erhältlich:

Das glei­che Bild auf RC Photo Stock

Das ist kein Einzelfall, denn es betrifft etli­che Bilder, hier ein zwei­tes Beispiel, dies­mal aus dem „Wirestock Creators“-Account bei Adobe Stock:

Foto von Rafael Classen via Wirestock bei Adobe Stock

Als Nachweis wie­der das glei­che Bild in sei­nem eige­nen Bildershop:

Das glei­che Bild auf RC Photo Stock

Ironischerweise ent­hal­ten die Bilder von Rafael Classen, wel­che via Wirestock bei Adobe Stock ange­bo­ten wer­den, nur den Urheberhinweis „Wirestock – stock.adobe.com“ in den IPTC-​Metadaten. [Update 10.11.2022: Satz auf­grund einer Einstweiligen Verfügung entfernt.]

Wer als zah­len­der Kunde Streit mit Rafael Classen ver­mei­den möch­te, soll­te also auch bei Bildern von Wirestock (und Wirestock Creators) sehr auf­pas­sen, ob das Bild even­tu­ell von Herr Classen sein könn­te und Metadaten enthält.

Wie Herr Classen ange­sichts sei­ner akti­ven Bilder bei Adobe Stock zu der Annahme kommt, dass die Bildagentur kei­ne Nutzungsrechte an sei­nen Werken ein­räu­men dür­fe, ist mir lei­der schlei­er­haft. Eine dies­be­züg­li­che Anfrage an Herr Classen beant­wor­te die­ser lei­der nur mit einem Verweis auf sei­ne Anwaltskanzlei. Diese schrieb dann:

Wie Ihrer Presseanfrage inhalt­lich zu ent­neh­men ist, sind Sie mit den Anforderungen der Rechtsprechung an die Gewährung einer hin­rei­chend sub­stan­ti­ier­ten Gelegenheit zur Stellungnahme nicht ver­traut. Insofern kann eine Stellungnahme unse­res Mandanten nicht erfolgen.“

Am bes­ten wäre es aus Sicht von Herr Classens Anwälten jedoch, wenn ich die­se Berichterstattung ganz unter­las­sen würde:

„Wir mah­nen inso­fern drin­gend zur Zurückhaltung und zur Einhaltung der erfor­der­li­chen Sorgfalt, bes­ser zur Abstandnahme von dem geplan­ten Vorhaben, des­sen Intention zuvör­derst unlau­te­re Ziele zum Gegenstand zu haben scheint.“

Abmahnung wegen fehlender Abmahnung

Die Allianz deut­scher Designer AGD hat­te letz­tes Jahr den Artikel „Abmahnung wegen der Löschung von Metadaten“ ver­öf­fent­licht, um deren Mitglieder vor den Praktiken von Herr Classen zu war­nen. Unter ande­rem wegen der berich­te­ten Abmahnungen mahn­te Herr Classen die AGD ab, weil er angeb­lich kei­ne Abmahnungen, son­dern nur „Berechtigungsanfragen“ ver­sen­den wür­de. Blöd ist nur, dass Herr Classen doch rich­ti­ge Abmahnungen ver­schickt hat­te. Der Fall ende­te in einem Vergleich, der unter ande­rem ent­hielt, dass Herr Classen auf der Webseite der AGD die Möglichkeit bekam, sei­ne Sicht der Dinge darzulegen.

Das mach­te Herr Classen dann im Artikel „Rechteverfolgung wegen der Löschung von Foto-​Metadaten“.

Disclaimer/​Full Disclosure: Ich habe aktu­ell mit Herrn Classen eben­falls eine juris­ti­sche Auseinandersetzung in einer ande­ren Sache.

Update 5.8.2022:
Die Direktorin Kirsten Harris von Adobe Stock Content bat mich, fol­gen­des zu aktua­li­sie­ren: „Ich […] muss rich­tig­stel­len, dass Wirestock Content von Classen aus ihrem Adobe Stock Account ent­fernt hat. Die bei­den Fotos, die Du als Beispiele ange­zeigt hast, gibt es nicht mehr auf Adobe Stock. Ich bit­te Dich, Deinen Beitrag ent­spre­chen upzudaten.“

Update 10.11.2022:
Aufgrund einer Einstweiligen Verfügung, wel­che Herr Rafael Classen gegen mich erwirkt hat, darf ich zwei Sätze in die­sem Artikel nicht mehr ver­öf­fent­li­chen. Der Behauptung der Gegenseite, dass die­ser Artikel eine „unwah­re Gesamtaussage“ ent­hal­te, konn­te das Gericht aber nicht folgen.

Zwickmühlen-​Falle: Neue „Abmahnungen“ durch Rafael Classen (RC Photostock) gegen Bildkäufer

Vor fünf Monaten hat­te ich im Blog vom Fotografen Rafael Classen berich­tet, der eine Art „Abmahnung“ an Käufer sei­ner Bilder ver­schickt hat­te. Damals ging es haupt­säch­lich um die „Social Media“-Nutzung sei­ner Bilder.

Im Laufe der letz­ten Monate haben mich vie­le Emails von eben­falls Betroffenen erreicht und die Vorwürfe von Herr Classen (bzw. RCPhotostock, RC-​Photo-​Stock oder RCfotostock) haben eini­ge zusätz­li­che Varianten erhal­ten. Deshalb heu­te ein Update in die­sem Fall.

Rafael Classen wirft Löschung von IPTC-​Daten vor

Zuerst fragt er, ob der Bildnutzer über­haupt eine Bildlizenz nach­wei­sen kann. Fehlt die­ser Nachweis, wirft er eine Urheberrechtsverletzung vor. Soweit nach­voll­zieh­bar, das mache ich ähn­lich (wenn auch deut­lich freundlicher).

Eine wei­te­re Beschwerdequelle des Herrn Classen ist dann aber, dass er bei Bildnutzern bemän­gelt, dass die­se sei­ne „IPTC“-Metadaten aus den Bildern gelöscht hät­ten, die eben­falls urhe­ber­recht­lich schutz­fä­hig sei­en, auch wenn sie am Bild oder im Impressum die von Bildagenturen gefor­der­te Urheberangabe ange­bracht haben:

Ich möch­te Sie noch bei­läu­fig in die­sem Zusammenhang auf­for­dern, mir eine ent­spre­chen­de Lizenz nach­zu­wei­sen, die Sie berech­tigt die urhe­ber­recht­lich geschütz­ten Schutzrechtshinweise der IPTC/​Metadaten (Kurzform für International Press Telecommunications Council Information Interchange Model), die in das Original Bildmaterial durch die Bildagentur imple­men­tiert wer­den zur Urheberrechtsidentifizierung zu löschen oder zu ent­fer­nen. Diese Metadaten wer­den ins­be­son­de­re für genaue­re Informationen und zur Indexierung der Stockmediums genutzt. Diese Daten kön­nen von jeder Person aus­ge­le­sen wer­den, der das Stockmedium zur Verfügung steht. Dies gilt auch dann, wenn die Bilddatei im Internet auf­ge­fun­den wird.“

Auszug aus Emails des Herrn Classen

Um die Empfänger sei­ner Emails zu ver­un­si­chern, wirft er mit Paragraphen nur so um sich:

Neben der Verletzung von § 95c UrhG bestand in jedem Fall auch eine unli­zen­zier­te Nutzung, die die Folgen des § 97 UrhG aus­löst. Die Nutzung mei­nes Werks ist nach den Lizenzbestimmungen von Fotolia/​Adobe nur dann zuläs­sig, wenn dies mit den hin­ter­leg­ten IPTC-​Metadaten erfolgt. Eine Nutzung ohne IPTC-​Metadaten wird aus­drück­lich in den Lizenzbestimmungen unter­sagt. Die Nutzung ohne die­se Daten ist daher schon des­halb eine unli­zen­zier­te Nutzung, die die Ansprüche aus § 97 UrhG aus­löst. Ob neben dem Verstoß gegen die Lizenzbedingungen auch noch ein Verstoß gegen § 95c UrhG vor­liegt, kann hier des­halb dahinstehen.“

Spannender Hinweis am Rande: Seit eini­ger Zeit lädt Herr Classen sei­ne Werke selbst bei Pinterest und Facebook hoch: Dort scheint es ihn über­haupt nicht zu stö­ren, dass kei­ne Metadaten in sei­nen Bildern vor­han­den sind und das, obwohl er sie selbst dort hoch­ge­la­den hat.

Übrigens ist mir bis­lang auch noch nicht bekannt, dass er einen Nachweis erbrin­gen konn­te, dass sei­ne Bilder bei Fotolia oder Adobe Stock über­haupt IPTC-​Daten von ihm ent­hal­ten hätten.

Rafael Classen wirft Bildnutzern Erwähnung von Adobe Stock/​Fotolia in den Quellenangaben vor

Nun wird es aber noch span­nen­der. Wenn die Bildnutzer wie von Adobe Stock gewünscht eine Namensnennung des Fotografen im Impressum o.ä. anbrin­gen, wel­che neben dem Fotografennamen den Agenturnamen ent­hält, beschwert sich Herr Classen eben­falls mit die­sem Argument:

Ich bie­te Ihnen eine Einigung an, durch die Sie einen Rechtsstreit ver­mei­den kön­nen. Teil des Vergleichs ist die Erteilung einer neu­en Lizenz für das streit­ge­gen­ständ­li­che Bild mit kor­rek­ten IPTC Daten ohne irre­füh­ren­de Verweise auf Adobe. Dieses neue Bild mit kor­rek­ten Angaben zur Bezugsquelle kön­nen Sie anstel­le des alten verwenden.

Richtig ist, dass Adobe die Zusammenarbeit mit mir am 03.09.2020 – aus­drück­lich ohne Angabe von Gründen – been­det hat. Leider schmückt sich Adobe trotz der grund­lo­sen Kündigung wei­ter­hin mit mei­nen Werken. Dies ist – wie durch mich bereits dar­ge­legt wur­de – ein kla­rer Verstoß gegen das UWG. Spätestens mit der Beendigung der Zusammenarbeit von Adobe mit mir hät­ten Sie nach der zitier­ten Rechtsprechung den Verweis auf Fotolia/​Adobe been­den müs­sen. Soweit die Lizenzbestimmungen von Fotolia/​Adobe einen Verweis auf Fotolia/​Adobe ein­for­dern, gleich­wohl Adobe sich dazu ent­schie­den hat, die Bilder dort nicht mehr zu ver­trei­ben, sind die­se gem. § 134 BGB unwirksam.“

Hier wird als neu­es Geschütz das Gesetz gegen den unlau­te­ren Wettbewerb (UWG) auf­ge­fah­ren. Wie die Bildnutzer hät­ten erfah­ren sol­len, dass Adobe die Zusammenarbeit mit Rafael Classen been­det hat, ist unklar. Bei den lan­gen, mit Drohungen gespick­ten Emails, die er raus­schickt, habe ich jeden­falls eine Ahnung, war­um die Bildagentur ihn raus­ge­schmis­sen haben könn­te. Auch Getty Images hat sich das Treiben des Herrn Classen nicht lan­ge mit ange­se­hen, und sein Portfolio bei iStock gelöscht.

Interessanterweise bie­tet er – gegen die Zahlung einer drei­stel­li­gen Summe – an, den Rechtsstreit zu ver­mei­den und das neue Bild mit „kor­rek­ten Angaben zur Bezugsquelle“ wei­ter zu ver­wen­den. Da stellt sich mir natür­lich die Frage, war­um die Bildagentur plötz­lich nicht mehr die kor­rek­te Bezugsquelle gewe­sen sein soll, nur weil sie ihn raus­ge­schmis­sen hat?

Hier wird nun auch die im Titel erwähn­te Zwickmühle erkenn­bar: Werden die IPTC-​Metadaten gelöscht, ist das Herr Classen nicht recht und er for­dert eine teu­re Nachlizenzierung. Bleiben die Metadaten intakt, ist ihm das auch nicht recht, weil da ja noch Fotolia oder Adobe Stock erwähnt wer­den. Verändern dür­fen die Bildnutzer die IPTC-​Daten aber auch nicht, weil die­se urhe­ber­recht­lich geschützt seien.

Rafael Classen deutet einen Hinweisbeschluss des LG Köln falsch

Am 12. März 2021, nur weni­ge Tage nach mei­nem ers­ten Blogartikel in die­sem Fall, platz­te Adobe Stock die Hutschnur und die Bildagentur stell­te beim Landgericht Köln den Antrag auf eine Einstweilige Verfügung gegen Herr Classen (Aktenzeichen 14 O 144/​21). Da ging es noch um die Vorwürfe des Herrn Classen, die Social-​Media-​Nutzung der Adobe-​Bilder sei unrecht­mä­ßig. Am 10. Mai 2021 gab es einen Hinweisbeschluss des Landgerichts, wel­cher dazu führ­te, dass Adobe den Antrag zurück­nahm, weil das Gericht Zweifel anmel­de­te an der für so einen Antrag not­wen­di­gen Dringlichkeit.

Es erging aus­drück­lich kei­ne Sachentscheidung in die­sem Fall, wes­halb sol­che Hinweisbeschlüsse in der Rechtswissenschaft wegen ihres häu­fig vor­läu­fi­gen und nicht ver­bind­li­chen Charakters für das Gericht nur in sel­te­nen Ausnahmefällen publi­ziert werden.

Herr Classen ver­schickt die­sen Beschluss jedoch ger­ne als PDF, dick mit sei­nem Wasserzeichen ver­se­hen, in der Hoffnung, dass eini­ge Email-​Empfänger sich von den juris­ti­schen Ausführungen beein­dru­cken lassen:

In die­sem Kontext über­sen­den wir Ihnen einen Hinweisbeschluss des LG Köln aus einem einst­wei­li­gen Verfügungsverfahren der Firma Adobe gegen mich in einer ande­ren aktu­el­len Sache. Die dor­ti­gen Feststellungen des Gerichts führ­ten dazu, dass Adobe in jener Sache die Rechtsverfolgung gegen mich auf­ge­ge­ben hat. Wir gehen davon aus, dass Adobe auch in die­sem Thema in glei­chem Umfang dane­ben liegt.“

Wie miss­ver­ständ­lich sol­che Ausführungen sein kön­nen, ist an die­ser nega­ti­ven Rezension auf Trustpilot zur Webseite rcphotostock.com (der neu­en Webseite von Rafael Classen) sichtbar:

Weil wir ein Bild vor drei Jahren bei Fotolia gekauft haben (heu­te Adobe Stock) schick­te uns Herr Classen vor knapp 3 Monaten eine „Berechtigungsanfrage“ für eine Relzenzierung. Nachdem der Adobe Support uns anwies nicht auf die emails von Herrn Classen zu reagie­ren, dach­ten wir die Sache sei erle­digt…. Falsch gedacht!!!

Nun müs­sen wir 1800 EURO für eine Abmahnung zah­len, für knapp 3 Jahre Nutzung bei Facebook nach einer MFM-​Liste für Social Media!!!

Aber die ganz gro­ße Überraschung kommt noch… nun 3 Monate spä­ter kommt Herr Classen mit einer Gerichtsentscheidung um die Ecke!!!

Ja, rich­tig gele­sen einer GERICHTSENTSCHEIDUNG!

Der gute hat wohl eine Entscheidung (wur­de als PDF-​mitgeschickt) des LG Kölns aus einem ver­fah­ren gegen Adobe und dar­in wird nun bestä­tigt, dass eine „Social Media“ Nutzung von Adobe Stock Fotos auf Facebook nicht erlaubt ist!“

Herr Classen löst in sei­nem Kommentar zur Bewertung den Fehler nicht auf, dass es kei­ne Gerichtsentscheidung gab, son­dern nur einen Hinweisbeschluss, der die Sachlage nicht prüft:

Dies wur­de ja wie bereits gericht­lich bestä­tigt, das LG Köln stellt sich hier ein­deu­tig hin­ter unse­re Rechtsansicht.“

Es gibt eini­ge Anzeichen, dass die „Bewertung“ vom „Dieter“ nur ein Fake ist (fri­scher Account, kaum ande­re Bewertungen etc.), dazu passt, dass die­ses geschil­der­te Horrorszenario und der falsch inter­pre­tier­te „Gerichtsbeschluss“ geeig­net sein könn­te, ande­re Mitleser zu ent­mu­ti­gen und lie­ber gleich Classen zu bezahlen.

Rafael Classen versucht Kommunikation mit Bildagenturen zu erschweren

Die Emails von Herr Classen sind, lang, teil­wei­se wirr, mit juris­ti­schen Fachbegriffen und Paragraphen gespickt, mit vie­len Links und fett­ge­druck­ten Markierungen etc. ver­se­hen. Immer dick mar­kiert, manch­mal sogar zusätz­lich rot mar­kiert ist bei ihm der Absatz am Ende einer Mail:

Beachten Sie bit­te auch, dass jede Absprache mit mir, ein­schließ­lich des Inhalts die­ser oder vor­her­ge­gan­ge­ner Nachrichten (ein­schließ­lich etwa­iger bei­gefüg­ter Dateien), ver­trau­lich sind und nicht an Dritte, ein­schließ­lich Firmen oder deren Rechtsvertretung wei­ter­ge­ge­ben, offen­ge­legt oder ver­viel­fäl­tigt wer­den sollten.“

Damit will er ver­mut­lich ver­hin­dern, dass Betroffene sei­ne Emails direkt an die Rechtsabteilung von Adobe Stock wei­ter­lei­ten, wie es Adobe selbst an meh­re­ren Stellen emp­fiehlt. Ist natür­lich para­dox, dass er sich über das Vorgehen von Adobe beschwert, aber nicht will, dass Adobe davon etwas mit­be­kommt. Aber viel­leicht hält es ja eini­ge Leute vom Kontakt mit ihrer Bildagentur ab.

Außerdem wirft er meh­re­ren Leuten einen „unzu­läs­si­gen Boykottaufruf und eine Verleitung zur Vereitelung von Straftaten vor“ (Betonung in sei­nem Original), wenn die­se in Blogartikeln oder Forumsbeiträgen den Tipp geben, sei­ne Bilder zu löschen, bevor er sei­ne Emails ver­schi­cken kann. Hier blitzt das juris­ti­sche Halbwissen her­vor, denn logi­scher­wei­se soll kei­ne Straftat ver­ei­telt wer­den, son­dern die Strafe selbst.

Fast schon put­zig ist da der Versuch, den oben genann­ten Hinweisbeschluss des LG Köln mit sei­ner „Urheberschaft“ zu versehen:

Mit der Löschungsaufforderung grei­fen [Sie] unmit­tel­bar und rechts­wid­rig in die Verwertung mei­ner Werke ein. Ich möch­te Sie noch­mal bei­läu­fig auf mei­ne Urheberschaft am ange­häng­ten Beschluss hin­wei­sen, der als Produkt bezeich­net und Markenrechtlich geschützt ist. Nicht das wir hier noch ande­re Ansprüche gel­tend machen müs­sen. Sie ver­sto­ßen hier gegen mein Persönlichkeitsrecht und das Geheimhaltungsinteresse, auch wenn Sie mit mir kei­ner­lei „Vertragliche“ Bindung haben.“ 

Dass Herr Classen bei die­ser Geschichte ein Geheimhaltungsinteresse hat, ist nahe­lie­gend. Auf der ande­ren Seite haben jedoch alle Bildkäufer, wel­che in der Vergangenheit Bilder von Herr Classen gekauft haben, ver­mut­lich ein gestei­ger­tes Interesse dar­an, zu erfah­ren, wie Herr Classen mit gut­gläu­bi­gen Bildnutzern kommuniziert.

Rafael Classen verschickt Abmahnung, weil er keine Abmahnungen verschicke

Das Beste habe ich mir für den Schluss auf­ge­ho­ben. Wer auf­merk­sam mit­ge­le­sen hat, wird bemerkt haben, dass ich in mei­nem ers­ten und in die­sem zwei­ten Artikel das Wort „Abmahnung“ in Anführungszeichen gesetzt habe.

Das habe ich des­halb gemacht, weil die Emails, mit denen Herr Classen an die Bildnutzer her­an­tritt, recht­lich gese­hen nur eine „Berechtigungsanfrage“ sind. Die Emails mit dem Wust an zitier­ten Paragraphen und juris­ti­schen Fachbegriffen sol­len wie eine „Abmahnung“ wir­ken, sind es aber nicht.

Es gibt jedoch eini­ge Empfänger der Emails, die das gleich als Abmahnung wahr­ge­nom­men haben, wes­halb die Allianz Deutscher Designer (AGD) in die­sem Blogbeitrag zum Fall den fol­gen­den Satz for­mu­lier­te: „Wir erhal­ten Hinweise, dass der Fotograf Rafael Classen Nutzungen sei­ner Fotos anwalt­lich abmah­nen lässt.“

Wegen die­sem Satz erhielt die AGD eine anwalt­li­che Abmahnung inklu­si­ve Aufforderung Abgabe einer Unterlassungserklärung von Rafael Classen, weil es falsch sei, dass er Nutzungen sei­ner Fotos abmah­nen las­se. In dem Zusammenhang lässt er vor­brin­gen, dass er ledig­lich im eige­nen Namen „Berechtigungsfragen“ ver­schi­cke, mit denen er um den Nachweis zur Berichtigung der erfolg­ten Nutzung bit­tet und sich die Möglichkeit einer schrift­li­chen Abmahnung offenhalte.

Die AGD sieht das anders, zumal Herr Classen mit den Schreiben wohl nicht bloß die Nutzungsberechtigung anfragt, son­dern bereits von einer „Rechtsverletzung“ spricht, ver­schie­de­ne Ansprüche („Nachlizenzierung“, Schadensersatz, Dokumentationskosten und Zinsen) gel­tend macht und mit der gericht­li­chen Durchsetzung sei­ner Ansprüche droht.

Die Zwickmühle geht hier nun in umge­kehr­ter Richtung auf: Stellt sich her­aus, dass Herr Classen auch anwalt­li­che „Abmahnungen“ für Bildnutzungen ver­an­lasst hat, dann dürf­te das für die AGD hilf­reich sein. Bewahrheitet sich dage­gen, dass es bis­lang bei den „Berechtigungsanfragen“ geblie­ben ist, ist das für die Mehrheit betrof­fe­ner Bildnutzer sicher­lich auch eine inter­es­san­te Information.

Disclaimer:
Ich befin­de mich wei­ter­hin in einem Rechtsstreit mit Herr Classen wegen Urheberrechtsverletzungen.