Viele Leute schauen mich erstaunt an, wenn sie mich nach meinen letzten Shootings fragen und ich ihnen sage, dass ich viel seltener als früher fotografiere. Noch vor fünf Jahren habe ich wirklich alles alleine gemacht, aber mittlerweile manage ich ein Team aus verschiedenen Leuten und fungiere mehr als Art Director und Produzent denn als Fotograf.
Wie kam es dazu?
Ich erinnere mich noch genau an einen Moment bei der Microstock Expo in Berlin im November 2011. Ich saß neben meinem geschätzten Kollegen Arne Trautmann (aka „Kzenon“) und hörte mir den Vortrag von Pavel Orekhov von Pressfoto an. Auf dieser Powerpoint-Folie stellte er sein Team vor:
23 Leute Vollzeit, darunter sogar einen eigenen Fahrer (mein staunender Tweet diesbezüglich ist noch online). Arne und ich schauten uns an und er meinte sinngemäß, dass wir jetzt ungefähr die Spitze dessen erreicht haben, was wir beide jeweils alleine schaffen würden. Wenn wir zu den richtig großen Playern aufstoßen wollen, sollten wir überlegen, auch ein Team aufzuziehen.
Im Laufe der Veranstaltung stellten noch mehrere professionelle Stockproduzenten ihr Team vor. Das Team von Elnur Amikishiyev bestand aus 4 Leuten,
Jean-Marie Guyon (CandyBox Images) hatte auch ein Team, Josh Hodge arbeitete zu zweit und so weiter. Da war mir klar, ich muss auch expandieren. (Wer übrigens Interesse hat, kann die Vorträge hier kostenlos ansehen.)
Als erstes lagerte ich meine Buchhaltung an einen Steuerberater aus. Neben der Zeitersparnis fiel hier vor allem die Angst weg, irgendeinen dummen Fehler in den komplizierten Formularen zu machen. Außerdem war es eine gute Vorbereitung auf den zweiten Schritt.
Ich suchte mir eine Assistentin. Die Lohnbuchhaltung übernimmt komplett mein Steuerberater und jeden Monat, wenn ich die Abrechnung bekomme, bin ich froh, dass diese jemand anders erstellt.
Ich habe einige Anläufe benötigt, um die Person zu finden, die zu mir passt. Die erste Assistentin träumte von einem aufregenden Job mit Models, Shootings und Aufträgen und zog ernüchtert von dannen, als sie merkte, dass sie vor allem Fotos zu Bildagenturen hochladen und Modelverträge anhängen sollte. Die zweite Assistentin war super, aber ich hatte den Fehler gemacht, nicht auf ihre Bedürfnisse (in diesem Fall: mehr Arbeitsstunden) einzugehen, sodass sie sich eine Teilzeitstelle mit mehr Stunden suchte. Nach einigen Versuchen habe ich nun eine kompetente Kollegin, die nicht nur akribisch genug ist, stundenlang die korrekten Modelverträge an Gruppenshootings anzuhängen, sondern auch kreativ genug ist, um Fotomontagen zu erstellen, Videos zu schneiden und so weiter.
Auf dem Fußball-Workshop von Fotolia 2010 lernte ich einen Berliner 3D-Designer kennen, der unbedingt mit mir zusammenarbeiten wollte und nach sehr langer Bedenkzeit meinerseits sind wir nun ein eingespieltes Team und er ist für die coolen 3D-Renderings in meinem Portfolio verantwortlich:
Da diese Zusammenarbeit sehr gut läuft, fragte ich eins meiner Models, welches hauptberuflich als Illustrator arbeitet, ob er mich nicht mit Illustrationen beliefern will.
Da irgendwann der Output immer mehr wurde, suchte ich mir einen kompetenten Partner für die Verschlagwortung, den ich aktuell mit der Firma Dokfünf gefunden habe.
Für einige Retusche- und Freisteller-Aufgaben greife ich manchmal auf indische Dienstleister wie ProImageExperts zurück.
Viele statistische Auswertungen, die ich früher händisch in langen Excel-Tabellen gemacht habe, erledigt nun Stock Performer automatisch für mich.
Zusätzlich arbeite ich noch mit zwei Teams im Ausland zusammen, welche komplette Fotoproduktionen für mich stemmen, wenn ich selbst nicht zur Kamera greife.
Das geschieht leider immer seltener, weil die Koordination einer Handvoll Leute Zeit kostet und viel Papierkram erfordert, zum einen, um alles rechtlich dingfest zu machen und zum anderen, um das gegenüber den Agenturen auch nachzuweisen.
Bringt es was?
Unter dem Strich wollen alle diese Leute natürlich bezahlt werden. Aber wie ihr hier erkennen könnt, hatte ich als Einzelkämpfer ungefähr einen Upload von ca. 220 Bildern im Monat. Nach der schrittweisen Einführung meiner Team-Kollegen und dem Outsourcen einiger Arbeiten liege ich nun bei mindestens dem doppelten Wert.

Eigentlich liegt er sogar noch höher, weil ich nicht mehr alles sofort hochlade und auch bei einem Arbeitsausfall meinerseits die Uploads ohne mich einige Monate weitergehen könnten.
Außerdem ist die Vielfalt in meinem Portfolio deutlich größer geworden. Neben Fotos kann ich nun auch 3D-Renderings und Illustrationen abdecken und damit ganz andere Themenbereiche illustrieren und Kundenwünsche besser umsetzen.
Lob ans Team
Bisher habe ich fast ausschließlich meine eigenen Bilder in meinen Social Media Profilen etc. gezeigt, weil ich dachte, ihr, die Leser erwartet, dass alles, was ich zeige „original Kneschke“ ist. Mittlerweile denke ich aber, dass das Quatsch ist. Meine Profile sollen ja auch zeigen, was ich anbiete und da ist es nicht sinnvoll, nur den Teilbereich zu zeigen, den ich komplett selbst verantworte. Falls ich also in Zukunft mal Bilder oder Fotos zeige, müssen die nicht von mir sein. Und wenn jemand „Tolles Motiv“ kommentiert, gebe ich das Lob gerne ans Team weiter.
Interessanterweise läuft die Entwicklung anderswo ähnlich. Auch der oben erwähnte Arne Trautmann hat sich mittlerweile ein Team aufgebaut mit einem Retoucher, Fotografen in Jakarta, Indonesien und so weiter.
Wie hat sich das bei euch entwickelt?
Hochinteressantes Thema! Ich bin jetzt auch bei ca. 200 bis 250 monatlichen Fotos angelangt – mehr ist als Einzelkämpfer kaum drin.
Wie entlohnst du den Illustrator und den 3D-Designer? Ich nehme an, dass sie nicht prozentual an den Einnahmen ihrer Werke beteiligt werden, denn das wäre zu kompliziert. Erhalten sie somit pro Produktion einen bestimmten Betrag?
Das mit den zwei Teams im Ausland wäre fast schon einen eigenen Blog-Artikel wert. Verstehe ich das richtig, dass sie in deinem Namen Shootings durchführen? Wie läuft das ab? Du gibst ihnen ein Thema vor, sie liefern die Fotos und du gibst denen einen bestimmten Betrag dafür?
@Markus: Es gibt verschiedene Modelle, mit dem 3D-Designer und Illustrator habe ich individuelle Vereinbarungen, das lässt sich mit Stock Performer ganz gut auswerten.
Den Teams im Ausland gebe ich meist Themen und Briefings vor, aber vertragliche Details kann ich da leider nicht nennen.
Interessanter Artikel dazu passend im Stockperformer Blog
-> https://www.stockperformer.com/blog/are-you-uploading-enough-files-to-make-money-from-microstock/
Als Einzelkämpfer hat man da kaum mehr eine Chance gegen diese Bilderflut.
Danke für den Artikel. Wie sieht es denn mit den Rechten aus? Fotolia verlangt beispielsweise in ihrem Vertrag :
‚Sie erklären und gewährleisten, dass Sie alle Rechte, Rechtstitel und Ansprüche an dem Werk einschließlich sämtlicher Urheberrechte … besitzen oder über alle erforderlichen Rechte und Lizenzen verfügen, um uns die Lizenzen gemäß diesen Bedingungen zu erteilen‘.
Wenn andere für dich den Content erzeugen bist du nicht der Urheber sondern kannst nur die Nutzungsrechte erlangen. Und eigentlich kannst du auch nicht die Nutzungsrechte weitergeben, also erteilen.
Oder sehe ich da was falsch?
@Steph: Auf vertragliche Details kann ich leider nicht im Einzelnen eingehen, aber solche Dinge sind mit den Agenturen abgesprochen und juristisch geklärt.
Ok, bisher Einnahmen von dir € 7000,00 monatlich + X – als Einzelfotograf – gleichzeitig gibt der bisherige Star der Microstockfotografie – Yuri Artus – , der mit einem einem Team arbeitet, auf (es lohnte sich nicht für ihn, die Produktionskosten waren einfach zu hoch). Jetzt reichen Dir die Erträge nicht und Du arbeitest mit einem Team. Warum glaube ich das nicht.……und dann immer diese vorgeschobene Verschwiegenheit, die sicher nicht vertraglich vereinbart ist, oder auf welcher Rechtsgrundlage arbeitest Du mit deinen ausländischen Partnern.…..also welches Recht wird angewandt?
@Max: Das ist ja ein ziemliches Potopurri aus Spekulationen und Falschinformationen. Ich freue mich jedoch, dass Du mir soviel Können und Kreativität zugestehst, selbst 3D-Renderings und Illustrationen meisterhaft zu beherrschen. Verschwiegenheitsklauseln zu Betriebs- und Geschäftsabläufen sind übrigens gängiger Businessalltag, aber das musst Du mir auch nicht glauben. Kannst Du auch googlen.
@Max Ehrlich
Also Yuri macht sehr wohl weiter, mit noch viel mehr Leuten und Equipment ..
http://arcurs.com/2017/03/were-back/
Zum rechtlichen Umfeld: ein „Teamplayer“ muss mit allen Beteiligten Verträge abgeschlossen haben, die deren Rolle bei der Produktion genau beschreiben. Das gilt für Fotoassistenten, Models, Stylisten, Locationscouts, Postproduktion usw im gleichen Maße.
In Deutschland gehört dazu z.B. auch, für bestimmte Berufsgruppen entsprechende Zahlungen an die Künstlersozialkasse abzuführen (quasi als Arbeitgeberanteil an der Renten, Kranken-und Pflegeversicherung, liegt z.Z bei 4,8 % der gezahlten Entgelte).
Die Verträge müssen in jedem Fall die beabsichtigte Nutzung umfassen (für den Bereich Stock oder Microstock: möglichst weitreichend: weltweit, alle Medien Pint, Internet, Social Media) und im Zweifelsfall eventuelle Einschränkungen enthalten: z.B. keine politische Werbung oder kein Einsatz im Zusammenhang mit gesundheitlichen Themen ( ist individuell auszuhandeln).
Der Teamplayer, wie ihn Robert beschreibt, ist Produktioner, Artbuyer und Fotograf in einem – das muss er dann auch leisten: gute Bilder rechtssicher zur Verfügung stellen
Danke für den spannenden Artikel. Habe ich das richtig verstanden: mit der Vermarktung von gerenderten Grafiken und Illustrationen arbeitest du wie z.B. Imagebroker. Der Illustrator liefert dir die Grafiken und Du bzw. Dein Team kümmert sich um den Rest (Verschlagworten, Hochladen, Abrechnungen auswerten ‚…) Wenn das so ist können sich alle, die an Verträgen interessiert sind sich auch die Verträge von Agenturen ansehen.
Robert – könnte das ein neuer Trend werden dass man Produktionen zukauft, oder im Team arbeitet?
Mir fällt auf dass manche Microstock Fotografen extrem viel hochladen.
Unlängst auf Fotolia einen Food Fotografen entdeckt der im Jahr fast 40.000 Bilder hochgeladen hat.
Die Qualität ist manchmal nicht berauschend und viele Bilder sind zu ähnlich, oder fast Ausschuss.
Aber diese Bilder müssen auch bearbeitet, verschlagwortet und hochgeladen werden.
Ein immenser Aufwand.
Das können keine Einzelkämpfer sein, oder?
@max: Wie ich schon im Artikel schrieb, sind fast alle der großen Anbieter Teams, insofern ist das weniger Trend als Realität.