Langjährige Blogleserinnen und ‑leser werden mitbekommen haben, dass ich mit der Kölner Fotografin Mareen Fischinger vor ca. fünf Jahren mal dieses Video-Interview am Rhein gemacht habe, was zwar inhaltlich sehr spannend war, aber optisch durch einen pumpenden Autofokus abgelenkt hatte.
Daher haben wir einen Berlin-Besuch von Mareen als Chance ergriffen, ein zweites Interview zu machen, diesmal als reine Audio-Aufnahme für den „Podcast eines Fotoproduzenten“.
Wir reden über ihren Werdegang, ihr Panografie-Projekt, was sich seit dem letzten Interview geändert hat, welche Auswirkungen der Corona-Lockdown hatte und warum sie Kinder einfacher zu fotografieren findet:
Heute kam die Meldung rein, dass die New Yorker Bildagentur Shutterstock die hauptsächlich auf Videos spezialisierte Agentur Pond5 aufgekauft habe.
Der Kaufpreis soll ca. 210 Millionen US-Dollar betragen. Das Portfolio von Pond 5 umfasst über 30 Millionen Videos, 1,6 Millionen Songs und über 1,7 Millionen Soundeffekte.
Shutterstock + POND5
Die Übernahme wird natürlich begleitet von den üblichen PR-Worthülsen wie der „Erschließung neuer Märkte und neuer Kunden“, was ich ehrlich gesagt aber für Quatsch halte. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein großer Medienkunde bisher nur bei Shutterstock oder Pond5 war, halte ich für sehr gering.
Für Shutterstock viel spannender hingegen wird vermutlich der größere Anteil von redaktionellen Videos sein, die unter anderem von den Pond5-Premium-Partnern wie Reuters, PA Media und British Movietone gekommen sind.
Videographen haben für den Videoverkauf bisher oft Pond5 gegenüber Shutterstock vorgezogen, weil sie dort ihre Preise selbst festlegen konnten und daher für gutes Material auch höhere Verkaufserlöse erzielen konnten.
Diesem FAQ bei Pond5 nach, sollten Anbieter weiterhin ihre Werke bei beiden Agenturen separat hochladen und angeblich würden die Honorare weiterhin unverändert bleiben.
Angesichts der Honoraränderungen sowohl bei Shutterstock als auch bei Pond5 in den letzten drei Jahren liegt jedoch einerseits die Vermutung nahe, dass sich die Bedingungen für die Video-Anbieter weiter verschlechtern werden. Auch die komplette Abwicklung von Pond5 als eigenständige Plattform ist möglich, immerhin ist ein großer Teil der nicht-exklusiven Videos (und wahrscheinlich auch Kunden) ohnehin auf beiden Plattformen identisch.
Beides wäre für Anbieter besonders bitter, da nach den Shutterstock-Honorarkürzungen 2020 Pond5 als sicherer Hafen schien, zu dem sich die Videografen retten konnten, welche ihre Zusammenarbeit mit Shutterstock beendet hatten.
Fast zeitgleich gab Shutterstock übrigens bekannt, dass sie einen neuen CEO zum 1. Juli 2022 ernannt haben. Paul Hennessey wird der neue CEO, welcher zuvor der Chef des großen Online-Gebrauchtwagenhändlers Vroom war. Expertise im Kreativbereich scheint also kein Einstellungskriterium gewesen zu sein.
Wie denkt ihr darüber? Habt ihr eine optimistischere Einschätzung?
Vor knapp 9 Jahren gab Yuri Arcurs, der wohl größte Microstock-Superstar, bekannt, dass er nur noch exklusiv mit Getty Images/iStock zusammenarbeiten würde. Für alle, die später dazugekommen sind und den Namen nicht kennen sollten: Yuri war einer der ersten, der Microstock professionell aufgezogen hatte und damit schnell zu dem meistverkaufendsten Fotografen weltweit wurde. Auch mit seiner Produktionsqualität setzte er neue Maßstäbe, an der sich bis heute seine Kollegen und Kolleginnen messen müssen.
Die „Exklusivität“ war zwar von Anfang an ein eher wackeliges Konstrukt, da er weiterhin unter seiner neuen Webseite peopleimages.com seine Bilder verkaufen durfte, aber von den großen Agenturen wie Shutterstock, Adobe Stock (damals noch Fotolia) Dreamstime usw. löschte er sein riesiges Portfolio von knapp 100.000 Top-Bildern. Die Chronologie von Yuris Karriere bis 2013 könnt ihr hier nachlesen.
Das Portfolio von peopleimages.com auf Adobe Stock
Ca. Anfang Dezember 2021 ist jedoch fast unbemerkt der neue Account mit der Benutzernummer „210716081″ und dem Benutzernamen „peopleimages.com“ hier bei Adobe Stock aufgetaucht. In den knapp vier Monaten wurden dort von seinem großen Fotograf*innen-Team über 41.000 neue Werke (ca. 40800 Bilder und 675 Videos) hochgeladen. Das älteste Bild im Portfolio, was ich gefunden habe, hat die Bildnummer 272773501 (was einem Upload um die erste Dezemberwoche entsprechen müsste, wenn ich das mit dem Upload meiner eigenen Bildnummern abgleiche).
[Update 25.03.2022: Auch bei Dreamstime hat er ein neues Portfolio mit über 51.000 Bildern und 233 Verkäufen seit dem 17.12.201.]
Zu sehen sind die altbekannten Microstock-Themen wie das erfolgreiche Business-Team, die sportliche junge Frau oder das Ärzte-Team, fotografiert in einer modernen Bildsprache mit deutlich mehr Model-Diversität als früher (siehe Screenshot), aber auch ganz alte Fotos wie der Klassiker „Frau mit Waage und Apfel“. Die Bilder sind allesamt in der Standard-Collection zu den üblichen Preisen.
Das ist aus verschiedenen Gründen überraschend. In seinem Blog arcurs.com hat sich Yuri Arcurs im Juli 2013 ausführlich über die Gründe für seine Exklusivität ausgelassen. Demnach sei Microstock nicht mehr profitabel, er sehe die Zukunft in der Smartphone-Fotografie, weshalb er 1,2 Mio. USD in die Firma Scoopshot investiert habe und der Aktienkurs von Shutterstock sei nach seinem Abgang um 12% in die Tiefe gerutscht (auf unter 54 USD pro Aktie). Im Oktober 2015 nach der Umstellung von Fotolia auf Adobe Stock trat Yuri noch mal gegen seine Ex-Agentur nach und bewertete die neue Adobe-Seite katastrophal und meinte in einem Kommentar, die 40%, die er bei iStock erhalte, seien viel besser als die 33% bei Adobe Stock:
„I am currently getting 40% at iStock and have my eyes on 45% in the near future. That is a heck of a lot better than 33%.“
Nun, Scoopshot dümpelt unbemerkt vor sich hin, deren App ist ungepflegt und die letzten Social Media Beiträge sind vom August 2015 (Instagram) oder Mai 2016 (Twitter), bei Facebook immerhin vom Mai 2020.
Der Aktienkurs von Shutterstock liegt aktuell bei über 95 USD/Aktie. Wer also damals Shutterstock-Aktien gekauft hätte, hätte bis heute jedes Jahr im Durchschnitt über 8% Rendite erwirtschaftet.
Auch die 33% Kommission scheinen ihn nicht mehr abzuschrecken, denn ich bezweifle stark, dass er in den letzten Monaten bessere Konditionen bei Adobe raushandeln konnte.
Was heißt das alles?
Ich muss gestehen, dass ich mir etwas Schadenfreude nicht verkneifen kann, weil Yuri damals mit großem Knall die Agenturen verlassen hat und dabei nicht nur freundliche Worte in alle Richtungen gefallen sind.
Dass allerdings Getty Images und iStock nicht gerade dabei sind, Shutterstock und Adobe Stock den Rang abzulaufen, ist kein Branchengeheimnis und wird auch durch (nicht-repräsentative) Umfragen sichtbar. Das Marktumfeld hat sich vielleicht einfach zu seinen Ungunsten geändert. Wahrscheinlich hatte Yuri in seinem Vertrag mit Getty Images auch einfach eine Sperrfrist von ca. neun Jahren drin, die nun ausgelaufen ist.
Yuris Entscheidung, die Exklusivität wieder aufzugeben, bestärkt mich immerhin in meiner Ansicht, dass sich diese langfristig nicht auszahlt. Sie bedeutet aber auch, dass mein und alle anderen Portfolios bei Adobe Stock wieder eine starke Konkurrenz bekommen.
Yuris Schritt zeigt auch, dass er trotz allem ein kühl kalkulierender Geschäftsmann ist, der sich nicht scheut, ungünstige Entscheidungen ggf. nach Jahren zu korrigieren. Und ich spüre Motivation, auch wieder mehr an meinem Business zu arbeiten, jetzt wo der unbestrittene Star wieder den Ring betreten hat.
Heute haben einige Bigstock-Anbieter etliche Emails erhalten, die nicht (nur) für sie bestimmt waren. Darin ging es um die Information, dass das eingereichte Steuerformular abgelaufen sei und erneuert werden müsse.
Das Besondere an der Email: Bigstock hat darauf verzichtet, jeden Anbieter einzeln anzuschreiben, sondern quasi eine Sammel-Email verfasst, in der in der „An:“-Zeile jeweils 125 Empfänger gleichzeitig angeschrieben wurden:
Hier ein Blick in die komplette Email mit einem anonymisierten Auszug der Emailadressen:
Warum ist das relevant und gefährlich?
Zum einen ist diese Aktion von Bigstock natürlich ein grober Verstoß gegen die Europäische Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), welche besagt, dass die Weitergabe von Email-Adressen nur zulässig ist, wenn eine Einwilligung erteilt wurde. Ich bezweifle stark, dass alle Anbieter angewilligt haben, dass ihre Emailadresse an hunderte andere Anbieter weitergegeben werden darf.
Zum anderen ist das unnötige Bekanntwerden einer Emailadresse ein potentielles Sicherheitsrisiko, weil es in den falschen Händen Verbrechern mindestens drei, eher mehr Informationen verrät:
Die Email-Adresse selbst
dass die Person hinter der Adresse Anbieter bei Bigstock ist
dass die Person ein abgelaufenes Steuerformular bei Bigstock hinterlegt hat
ggf. auch: den Namen der Person selbst, falls sich diese aus der Mailadresse ableitet oder im Impressum von selbst-gehosteten Domain verbirgt, dann meist sogar mit Adresse
ggf. auch: Dass die Person seit mindestens vier Jahren bei Bigstock aktiv ist, weil die Steuerformulare meist für ca. vier Jahre gültig sind
Mit dieser Kombination aus Informationen können zum Beispiel maßgeschneiderte Phishing-Angriffe versucht werden, die mit gefälschten Emails versuchen, die Empfänger zum Klick auf eine betrügerische Webseite zu bewegen.
Falls die Person die gleiche Kombination aus Email-Adressen und Passwörtern verwendet, werden auch Logins durch Hacker ermöglicht, wenn diese solche Daten aus früheren Passwort-Leaks haben. Ich erinnere da nur an die Passwort-Leaks bei EyeEm und 500px oder Adobe. Dann ist ggf. die Auszahlung vom Guthaben in Gefahr.
Zusätzlich zum Sicherheitsaspekt dieser Aktion waren die Emails von Bigstock auch sehr nervig, weil einige Betroffene teilweise bis zu über 140 Emails erhalten haben. Waren in der ersten Email noch ca. 100 Empfänger sichtbar, ist die Empfängerliste zum Schluss auf über 185 Empfänger angewachsen.
Was tun?
Falls ihr auch diese Emails von Bigstock empfangen habt, gelten die üblichen Regeln, um seine Identität im Internet zu schützen: Benutzt nie das gleiche Passwort für verschiedene Seiten. Solltet ihr euer Bigstock-Passwort auch auf anderen Seiten einsetzen, solltet ihr es schleunigst ändern.
Ideal wäre auch die Verwendung eigener Emailadressen für jede Webseite. So lassen sich bei Google Mail beispielsweise beliebige Varianten der eigenen Emailadresse hinzufügen, die alle im gleichen Postfach landen, wobei Google aus Datenschutzgründen auch nicht die erste Wahl für Emailadressen sein sollte.
[Der folgende Text wurde mir freundlicherweise vom Journalisten Pressebüro Peter Jobst zur Verfügung gestellt. Vielen Dank!]
Als freier (Text)journalist (Finanzen, Börse) hatte ich mich im Jahr 2006 entschieden, auch in das Agenturgeschäft einzusteigen. Denn mit der Zeit hatte sich manches Material angesammelt, insbesondere aus dem Finanzbereich.
Ich schloss Verträge mit Alamy, Panthermedia und den üblichen Billigpreis-Agenturen. Durchaus mit Erfolg, die Umsätze standen in einem angemessenen Verhältnis zum Aufwand. Zwar nicht so viel, dass man davon leben konnte, aber immerhin ein nettes Zubrot.
Doch mit fortschreitendem Alter und aufgrund gesundheitlicher Probleme entschloss ich mich im Jahr 2013, meine Berufstätigkeit herunterzufahren und auch kein neues Bildmaterial mehr zu produzieren und einzuliefern.
Mit Spannung blickte ich auf die weitere Umsatzentwicklung des eingelieferten Materials. Und schon hier gab es Überraschungen: Die Zahlen brachen keineswegs so abrupt ein wie oftmals prophezeit.
Nach drei Jahren war lediglich ein Rückgang um durchschnittlich 20 % vom Spitzenwert 2013 festzustellen, nach sechs Jahren (also 2019) flossen immer noch rund 50 % des Spitzenumsatzes. Erst 2021 war dann ein markanter Rückgang auf unter 20 % der früheren Spitzenhonorare zu verbuchen.
Nunmehr entschloss ich mich, einen Schlussstrich zu ziehen. Alle Agenturverträge wurden am 2. Februar 2022 per sofort, spätestens aber zum 30.6.2022 gekündigt und um Auszahlung des Restguthabens gebeten.
Bei manchen war dies problemlos, bei anderen nicht gerade einfach.
Hier nun mein Fazit über meine Erfahrungen mit der Kündigung bei Bildagenturen:
Alamy: Bereits am Tag der Kündigung bekam ich eine Mail des Bedauerns. Der Vertrag wird wunschgemäß per 30.6.2022 aufgelöst. Ich wurde aufgefordert, noch mal mein Zahlungskonto zu überprüfen, die Zahlung zum Auflösungstermin wurde angekündigt.
Zoonar: Auch hier lief alles recht geschmeidig. Mir wurde ein Link geschickt, über den ich den Vertrag kündigen konnte und seitdem werden die Bilder von den zahlreichen Partneragenturen zurückgerufen. Vertragsende ist der 2.8.2022, also nach sechs Monaten, was völlig okay ist. Verbunden war der Schriftwechsel mit einem Ausdruck des Bedauerns und guten Wünschen – sehr nett.
Panthermedia: Kurz nach meiner Mail kam die Bestätigung der Kontolöschung zum 3.8.2022, was vertraglich so festgelegt ist. Auch hier ein Dank für die Zusammenarbeit und gute Wünsche für die Zukunft.
Pitopia: Sehr nette Bestätigungsmail, die Kündigung wird entsprechend meinen Wünschen zum 30.6.2022 wirksam. Zu diesem Zeitpunkt soll alles noch mal bestätigt und das Restguthaben ausgezahlt werden.
Depositphotos: Kurze Bestätigung am Tag nach meiner Kündigung auf deutsch. Das Konto werde geschlossen und das Guthaben ausgezahlt – kurz und schmerzlos.
Dreamstime: Dass es auch anders gehen kann, hat Dreamstime bewiesen. Man könne dies nur machen, wenn alle Bilder von mir manuell einzeln gelöscht werden, Ausnahmen werden nicht gemacht. So war es meine Aufgabe (unterstützt von meiner Frau) die 3200 Bilder einzeln aufzurufen und zu löschen – eine stundenlange Beschäftigung. Gleichzeitig wurde mir mitgeteilt, dass Guthaben unterhalb der Auszahlungsgrenze von 100 $ ersatzlos verfallen („We do not make any exception regarding the account closure rules“). Ich verwies darauf, dass dies doch nicht angehen könne und ich dies rechtlich überprüfen lassen will. Recht rüde antwortete man mir, dass das Konto nunmehr durch Dreamstime geschlossen wurde. Zudem schrieb Dreamstime: „You are welcome to have your attorney view the terms“. Gut, es ging lediglich um 50 USD, aber recht eigenartig sind derartige Geschäftsmethoden schon. Sicherlich hätte ich das Konto bestehen lassen können, aber angesichts der letzten Umsätze hätte es wohl Jahre gedauert, bis die 100 $ erreicht gewesen wären.
123rf: Hier war zumindest der Umgangston freundlicher und die Bilder wurden von der Agentur (Antwortzeit auf jede Mail: ca. 1 Woche) selbstständig gelöscht. Wie bei Dreamstime jedoch: kein Geld, da Limit nicht erreicht. Hier sind es 20 $, die verlorengehen.
Fotolia/Adobe: Bei dieser Agentur herrschte wieder ein entgegenkommender Ton. Ich konnte wählen, ob die Auflösung per sofort oder zum 30.6.2022 erfolgen soll. Ich entschied mich für die schnelle Auflösung und ein paar Tage später war das Geld ausgezahlt.
Istock/Getty: Hier schrieb man mir ebenfalls sehr freundlich („We are sorry to see you go“). Die Löschung wurde umgehend vorgenommen und innerhalb von 90 Tagen soll das noch auflaufende Restguthaben ausgezahlt werden.
Shutterstock: Wiederum ein sehr positives Beispiel unter den Agenturen („We aim for your extreme satisfaction“). Der Kundendienst hat meine Bilder sofort aus dem Verkauf genommen und das Auszahlungslimit von sich aus auf 1 $ herabgesetzt. Sobald die Restzahlung im März erfolgt ist, soll ich den entsprechenden Kündigungsbutton aktivieren und die Geschäftsbeziehung ist beendet. Verbunden war die Mail mit guten Wünschen („I hope each new day brings you closer to a full and speedy recovery!”) – dankeschön.