Wer meiner Facebook-Seite folgt, ist halbwegs über den aktuellen Stand des Insolvenzverfahrens gegen die Bildagentur EyeEm informiert gewesen.
Für den Rest hier eine kurze Zusammenfassung:
Die Bildagentur EyeEm hat Anfang April 2023 Insolvenz angemeldet und auch deren Mutterfirma Talenthouse geht es alles andere als rosig. Einige Wochen später gab es dann vom Insolvenzverwalter die Mitteilung, dass nach Investoren gesucht würde, welche die Firma übernehmen würden.
Am Dienstag wurde dann vor dem Amtsgericht Berlin-Charlottenburg über den Insolvenzplan abgestimmt. Im Rahmen des Gerichtsverfahren wurde auch klar, dass das wertvollste Kapitel von EyeEm die Kontakte zu den ganzen Fotografen seien.
Im Verfahren wurde beschlossen, dass Freepik die Firma EyeEm Mobile GmbH aufkauft und 2 Mio. Euro in die Insolvenzmasse einbringt. Damit sollen laut Insolvenzverwalter die Forderungen der auf der EyeEm-Plattform hochladenden Fotograf*innen zu 100% befriedigt werden können.
Andere Gläubiger (z.B. Vermieter etc.) erhalten deutlich weniger, die Rede war von 40% im Verfahren, aber diese Zahl kann sich noch ändern. Auf Nachfrage wurde gesagt, dass auch die Mission-Gewinner anscheinend nicht ihre vollen Honorare erhalten würden.
Nachdem EyeEm zwischenzeitlich führungslos war, konnte der Insolvenzverwalter den ehemaligen VP of Engineering bei EyeEm, Peter Willert, als neuen Geschäftsführer und CTO gewinnen.
Email von Freepik
Heute kam die erste Rundmail vom neuen Eigentümer Freepik an die Fotografen, welcher die Wogen der besorgten Fotograf*innen glätten soll:
Diese Nachricht enthält zwei wichtige Aussagen: Erstens wurde angeblich mit der Auszahlung der ausstehenden Honorare begonnen. Der gesamte Auszahlungsprozess solle angeblich Ende Oktober 2023 abgeschlossen werden sein. Meine seit November 2022 ausstehende Auszahlungsanforderung hat zwar heute immer noch den Status „Requested“, aber vielleicht bin ich nur zu ungeduldig (Update 12.10.2023: Beide Beträge wurden gerade von PayPal als bezahlt gemeldet):
Außerdem fehlen ja auch noch einige Monate, bei denen Partneragenturen Verkäufe an EyeEm gemeldet haben, die aber bisher nicht in der Verkaufshistorie der Fotograf*innen aufgetaucht sind.
Bilderverkauf über Freepik
Die zweite Aussage in der Email ist der Hinweis, dass die EyeEm-Bilder nun auch über FreePik vertrieben werden sollen, was die Möglichkeit gebe, „mehr Geld mit Ihrer kreativen Arbeit zu verdienen“. Da läuten bei mir einige Alarmglocken.
Laut den in obiger Email erwähnten FAQ werden die EyeEm-Bilder bei Freepik als „Premium“ markiert. Das heißt, nur zahlende Kunden können EyeEm-Bilder runterladen. Das aktuelle Preismodell von Freepik findet ihr hier:
Für nur 9 Euro pro Monat können Premium-Kunden mit Jahresabo unbegrenzt* Bilder runterladen. Tatsächlich gibt es im Kleingedruckten aber doch ein Limit, und zwar 100 Bilder pro Tag für Premium-Kunden.
Im schlimmsten Fall heißt das also, dass ein Premium-Kunde für 9 Euro 3100 Bilder erhalten kann, was einem Lizenzpreis von weniger als einem drittel Euro-Cent entspricht.
Okay, mal eine realistischere Annahme: Ein Grafikdesigner lädt jeden Montag bis Freitag im Monatsdurchschnitt ca. 20 Bilder täglich herunter. Das wären pro Monat dann „nur“ 400 Bilder, bei einem Einzelpreis von ca. 2,2 Cent pro Bild.
Davon bekommen die Contributoren dann 50% ab? Natürlich nicht, da Freepik ja ebenfalls etwas verdienen will, erhalten die Contributoren nicht die gesamte Summe durchgereicht. Wer es genau wissen will, findet hier die absichtlich komplizierte Formel zur Honorarberechnung.
Also bekommen die EyeEm-Lieferanten die Hälfte von den 50%?
Vielleicht, aber so genau ist das noch nicht klar. Meine Anfrage an den Freepik-Support ist raus.
Update 12.10.2023: Mein Stockfoto-Kollege Antonio Gravante hat in einem Kommentar erwähnt, dass in der Vergangenheit die Freepik-Kommissionen pro Bildverkauf bei ca. 6–12 Cent gelegen haben.
Vermutlich ist das der Grund, warum Freepik zwar von „extra Einnahmen“ spricht, aber den EyeEm-Fotografen bisher keine Details offen gelegt hat.
Was sagt ihr zu den neuen Entwicklungen?