Archiv der Kategorie: Bildagenturen

iStockphoto ändert Preisstruktur

Vor paar Tagen hat die Microstock-​Bildagentur iStockphoto ange­kün­digt, ihre Preisstruktur kom­plett neu zu überarbeiten.

Bisher gab es vie­le ver­schie­de­ne Kollektionen (grob auf­stei­gend sor­tiert nach Preis):

  • Value Collection“ (ehe­mals „Dollar Bin“), Bilder, die sich lan­ge nicht ver­kauft haben und für nur einen sehr gerin­gen Preis ange­bo­ten werden
  • Main Collection“, in der die „nor­ma­len“, nicht­ex­klu­si­ven Bilder waren
  • Exklusiv“, also exklu­si­ve Fotos, die teu­rer als nor­ma­le Bilder waren
  • Photo+“, das waren Bilder nicht­ex­klu­si­ver Fotografen mit vie­len Verkäufen, die eben­falls etwas teu­rer ver­kauft wurden
  • E+“, bei der exklu­si­ve Fotografen einen Teil ihrer Bilder ein­rei­chen konn­ten zu einem noch etwas höhe­ren Preispunkt
  • Vetta“, Bilder mit einer beson­de­ren Bildsprache und außer­ge­wöhn­li­che­ren Motiven zu einem noch höhe­ren Preis
  • The Agency Collection“ mit Bildern ande­rer (Macrostock-)Bildagenturen, fast zu Macrostock-Preisen

Das führ­te einer­seits oft zu Verwirrung der Bildkäufer, weil die­se nicht auf Anhieb erken­nen konn­ten, wie teu­er ein Bild war und auch die Bildqualität ent­sprach oft nicht immer dem genann­ten Preis (vor allem bei E+ und The Agency Collection). Außerdem beschwer­ten sich manch­mal die exklu­si­ven Fotografen, weil iStockphoto einen Preisfilter hat­te, bei dem in den unte­ren Preisstufen logi­scher­wei­se kei­nen exklu­si­ven Fotos ange­zeigt wur­den, weil die­se durch die Bank weg teu­rer waren.

Deshalb hat iStockphoto nun ent­schie­den, die­se Preisstruktur zu ver­ein­fa­chen. Im Grunde ist das ein begrü­ßens­wer­ter Ansatz. Die geplan­te Struktur sieht so aus:

  • Main“, die nor­ma­len nicht­ex­klu­si­ven Bilder sowie exklu­si­ve Fotos ohne Downloads
  • Signature“, die nor­ma­len exklu­si­ven Dateien sowie gut lau­fen­de nicht­ex­klu­si­ve Bilder und E+-Dateien ohne Downloads
  • Signature+“, beson­de­re exklu­si­ve Files (E+) sowie sich sehr gut ver­kau­fen­de nicht­ex­klu­si­ve Bilder und Vetta-​Bilder ohne Downloads
  • Vetta“, die bis­he­ri­gen Bilder aus der Vetta- und der Agency-​Kollektion und aus E+, wenn letz­te­re sehr vie­le Verkäufe und eine pas­sen­de Bildsprache haben
  • Value Collection“, wird nicht mehr aktiv bewor­ben, scheint vor­erst aber erhal­ten zu bleiben

Was bedeu­tet das?

Die größ­te Änderung ist, dass die Preisgrenze zwi­schen exklu­si­ven und nicht­ex­klu­si­ven Bildern auf­ge­ho­ben wird. Damit kön­nen nicht­ex­klu­si­ve Bilder im Einzelfall teu­rer wer­den, aber ver­mut­lich öfter exklu­si­ve Dateien bil­li­ger wer­den, wenn sie nicht oft genug ver­kauft wer­den. Angesichts der Aufhebung des Upload-​Limits bei iStockphoto und der damit ein­her gehen­den Flut neu­er Bilder eine rea­lis­ti­sche Option. Außerdem kön­nen exklu­si­ve Fotografen kei­ne Bilder mehr für E+ einreichen.

Neben der Vereinfachung der Preisstruktur ist das Ziel von iStockphoto, die Preise stär­ker an die Bildqualität zu bin­den. Beide Ziele hal­te ich mit die­sen Mitteln nur teil­wei­se für umsetz­bar. Fangen wir mit der Vereinfachung an. 5 statt 7? Selbst wenn wir die aus­lau­fen­de Value Collection igno­rie­ren, haben wir 4 Preispunkte, genau so viel wie Fotolia übri­gens. Viel wich­ti­ger ist aber der Zusammenhang zwi­schen Preis und Qualität. Exklusive Bilder mit iden­ti­schen Downloadzahlen blei­ben im Vergleich zu nicht­ex­klu­si­ven Bildern trotz­dem teu­rer. Das hat für mich eine Berechtigung eben wegen der Exklusivität, aber mit Bildqualität hat das nichts zu tun, denn exklu­si­ve Fotografen machen nicht auto­ma­tisch bes­se­re Bilder.

Noch kras­ser fällt der Unterschied bei Fotos aus der Agency Collection aus. Salopp gespro­chen benut­zen eini­ge (nicht alle) Macrostock-​Agenturen das als „Abfalleimer“ für ihre alten Bilder, die sie selbst nicht mehr ver­kauft bekom­men und die nun ohne Qualitäts- oder Keyword-​Filter zu iStockphoto kom­men. Damit ver­stop­fen sie die Suchergebnisse mit hohen Preisen, aber eben­falls deut­lich schwan­ken­der Qualität und teil­wei­se einem hohen Bildalter, was bei People-​Bildern eben­falls einen Qualitätsunterschied durch einen ver­al­te­ten Look (Kleidung, Frisur, Requisiten) bedeu­tet. Ich weiß, sol­che Vergleiche sind immer bil­lig, aber trotz­dem: Rechtfertigt die Bildqualität die­ser bei­den Fotos hier und hier einen 15fachen Preisaufschlag? Auch die Zusammenführung von der Agency-​Kollektion mit Vetta führt zur Verwässerung, weil die letz­te­re eine streng kura­tier­te Kollektion war und sie ers­te nicht.

Ebenfalls ver­gleich­bar ist es, wenn wir an Motive den­ken, die im Überfluss vor­han­den sind: Nehmen wir den berüch­tig­ten „Apfel auf wei­ßem Hintergrund“. Ein Foto die­ses Apfel star­tet ganz unten in der Preiskette. Nach eini­gen Verkäufen wird das Bild hoch­ge­stuft und damit teu­rer. Die Kunden kau­fen dann eben eins der fast iden­tisch aus­se­hen­den, bil­li­ge­ren Apfel-​Bilder. Damit fällt nach einer Weile wie­der das teu­re­re Apfel-​Bild im Preis, das ande­re steigt auf und so wei­ter. Mit Qualität hat die­ser Mechanismus wenig zu tun, eher mit (Über)-Angebot und Nachfrage. Andererseits ist es eben auch sinn­voll, weil ein grü­ner Apfel nicht bes­ser wird, nur weil er exklu­siv ange­bo­ten wird und damit allein des­halb in der Vergangenheit teu­rer war.

Außerdem wird es für Fotografen schwe­rer, wel­che sehr künst­le­ri­sche Fotos mit außer­ge­wöhn­li­chen Motiven machen, die zwar optisch sehr ansehn­lich sind, aber wegen ihrer Extravaganz oder Seltenheit kei­ne Mainstream-​Ware sind und nur weni­ge Verkäufe erzie­len. Wenn jetzt Verkäufe der ein­zi­ge Faktor für die Preiseinstufung sind, loh­nen sich sol­che Motive noch weni­ger bei iStockphoto.

Was bedeu­tet das für exklu­si­ve iStock-Fotografen?

Wie vie­le ande­re Fotografen ver­mu­tet auch Michael Jay in sei­nem Blogartikel über die Änderung, dass haupt­säch­lich exklu­si­ve Fotografen die Risiken zu tra­gen haben wer­den. Im Grunde blei­ben nach die­ser Änderung nur zwei Vorteile für Exklusivfotografen: Die höhe­ren Prozentanteile und die Möglichkeit, den Vertrieb über das Partnerprogramm (Thinkstock, Photos.com etc.) zu unter­sa­gen. Ich bin mir nicht sicher, ob das Anreiz genug ist.

Früher dach­te ich immer, dass exklu­si­ve Bilder sehr wich­tig für eine Agentur wären, weil sie sich damit von ande­ren abhe­ben kann, aber es scheint, als bevor­zu­ge iStockphoto statt­des­sen die Strategie, lie­ber den Fotografen mög­lichst wenig aus­zu­be­zah­len. Da haben nicht­ex­klu­si­ve Fotografen mit ihren höchs­tens 20% den Vorteil gegen­über Exklusivfotografen, die 25–45% bekom­men Doch dazu bald mehr in einem ande­ren Blog-Artikel.

Was meint ihr? Was sind die Vor- und Nachteile der neu­en Preisstruktur bei iStockphoto?

Clipcanvas: Die ehrlichste Honorarkürzung der Welt

Am 22. April 2013 ver­schick­te die Video-​Agentur Clipcanvas eine lan­ge Email mit dem Titel „Some unwel­co­me chan­ges we’­re not so hap­py about“.

Bei so einem Betreff war klar, dass das, was fol­gen wür­de, kei­ne guten Nachrichten sein würden.

Ich grei­fe kurz vor­weg: Weil die­se Email die ehr­lichs­te Ankündigung einer Honorarkürzung ist, die ich je gele­sen habe, ohne den übli­chen „wir wol­len neue Vertriebskanäle auf­bau­en“ oder „wir müs­sen stär­ker Marketing betreiben“-Quatsch, möch­te ich sie in vol­ler Länge wiedergeben:

Hello [Vorname des Anbieters],

For us, the past year may be cha­rac­te­ri­sed by nice growth during last autumn, with incre­asing sales and an influx of more gre­at con­tent, while the past months have not been so gre­at. For tho­se of you who have been rely­ing on us for a long time, and given us your sup­port, we are grateful.

We find our­sel­ves in a posi­ti­on whe­re we eit­her have to pack it up or dig in and walk on to our final batt­les. The main reason for this rela­tes to i) a dif­fi­cult European mar­ket with fal­ling sales, ii) con­tin­ued but unsuc­cessful efforts in secu­ring suf­fi­ci­ent fun­ding for new deve­lo­p­ment initia­ti­ves and growth, and iii) increased cos­ts rela­ting to a gro­wing con­tent base. Video is not inex­pen­si­ve to hand­le and this has now drai­ned our resour­ces to the point whe­re we are unable to sol­ve our pre­di­ca­ment unless we take some dra­stic mea­su­res. For this, we are sor­ry. We have been working to get our heads abo­ve water for a long time now, and it is quite hor­ri­ble for us to find our­sel­ves in this position.

Given the cur­rent cir­cum­s­tances, we are sug­gest­ing to do the fol­lo­wing to increase our reve­nues and redu­ce our costs:
– redu­ce the royal­ty rate paid out to all pro­du­cers from 50% to 40% for the next 12 months, start­ing on April 30th;
– allow cer­tain pro­du­cers with a good track record to publish and mana­ge their own con­tent directly;
– clo­se cer­tain pro­du­cer accounts that eit­her do not repre­sent con­tent we think makes much sen­se, or tho­se accounts that con­tain a lot of very similar/​spammy/​crowding out type of con­tent, and sub­se­quent­ly dele­te tho­se clips and port­fo­li­os entirely;
– update our main design, user inter­face and SEO pro­fi­le to bet­ter repre­sent a modern look to attract more gene­ral inte­rest and to increase our con­ver­si­on rates and sales; AND
– inte­gra­te auto­ma­ti­on for pay­outs so you no lon­ger need to request your pay­ments in order to get paid.

Other and more posi­ti­ve chan­ges will be con­side­red as soon as we feel con­fi­dent the cur­rent and sug­gested chan­ges are having a posi­ti­ve effect. We still belie­ve we’­re in it for the long haul, so we’­re not hap­py about some of the chan­ges we need to make at this point either.

We do under­stand that we’­re com­ple­te­ly depen­dent on your con­tin­ued sup­port. If we don’t have your sup­port, then plea­se walk away now. We have fought for a long time to gene­ra­te more sales for all of us, and made our pro­ces­ses both lea­ner and more effi­ci­ent, but com­pe­ti­ti­on is beco­ming incre­asing­ly inten­se and we’­re afraid we might topp­le over if we don’t make the­se unpo­pu­lar decis­i­ons now. We think it would be real­ly sad to see eit­her you or us go, and we hope you feel the same.

The effect of the cur­rent and pro­po­sed chan­ges will secu­re our future exis­tence and hop­eful­ly estab­lish a plat­form from whe­re we can build a bet­ter and more sus­tainable mar­ket­place. The alter­na­ti­ve is clo­sing down shop or sel­ling out to someone who would pro­ba­b­ly deci­de to make tho­se chan­ges anyway…we pre­fer the first alternative.

We are not per­tai­ning to be idi­ots and we are not try­ing to screw you over. We have just ran out of other via­ble opti­ons. While we rea­li­se this is most unwel­co­me just now, or at any time ever pro­ba­b­ly, but we would still like to sug­gest that things may look enti­re­ly dif­fe­rent in 12 months time from now, and hope that you will give us your sup­port one final time. For tho­se of you fami­li­ar with run­ning a busi­ness, we hope you see the logic in the mea­su­res we are taking, under­stand the posi­ti­on we are in and what we are try­ing to achieve.

Finally, we belie­ve the­re is a good space for Clipcanvas in this indus­try. It makes sen­se to keep a mix of play­ers around and for them to deve­lop along­side each other. Some per­form excep­tio­nal­ly, while others need to work har­der to catch up. We hope you belie­ve we should be one of tho­se that per­form and deser­ve to be part of your main out­lets, and that you’ll con­sider the real alter­na­ti­ve loo­ming, befo­re you deci­de if life is bet­ter wit­hout us han­ging around. We will work har­der, if possible.

Sorry to bring you this news.

Kind regards,
Cato
CEO
Clipcanvas.com
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P.S. If anyo­ne would like to chat with me or talk on the pho­ne, plea­se cont­act sup­port direct­ly and we will arran­ge for this. I am not try­ing to hide the fact that part of the chan­ges sug­gested are real­ly unwel­co­me, and would wel­co­me your input if you want. Hopefully some good will come of this in the end.

Our mai­ling address is:
Clipcanvas
Martin Linges vei 15–25
Fornebu, Oslo 1364“

Ich war beein­druckt. Da redet jemand mit uns wie mit Menschen, nicht wie mit klei­nen Kindern, den man vor­gau­keln kön­ne, dass weni­ger Geld in der Tasche auch etwas Gutes sein kön­ne. Leider ändert das nichts an der Tatsache, dass die Honorare der Videografen um zehn Prozentpunkte gesenkt wurden.

Der Kernsatz der Email ist – über­setzt von mir – folgender:

Die Alternative [zur Honorarkürzung] ist, den Laden dicht zu machen oder ihn an jeman­den zu ver­kau­fen, der sich wahr­schein­lich zu den glei­chen Änderungen ent­schlie­ßen würde.“

Je län­ger ich dar­über nach­den­ke, des­to unfai­rer scheint mir die­ses Spiel.

Wenn Clipcanvas schlie­ßen wür­de, wür­den sich die Verkäufe auf ande­re Video-​Agenturen ver­tei­len. Das wäre kurz­fris­tig posi­tiv für die Fotografen, weil sie dort oft ihre 50% statt der dann 40$ bei Clipcanvas bekä­men. Langfristig wür­de es jedoch zu einer wei­te­ren Konzentration bei den Agenturen füh­ren, die wie bei einem Oligopol üblich, zu einem Preisdruck nach unten füh­ren kann. Das wäre eben­falls nicht im Interesse der Videografen. Aber immer­hin wür­de das erst viel­leicht und auch erst spä­ter statt sofort geschehen.

Wenn Clipcanvas jedoch an eine kon­kur­rie­ren­de Videoagentur ver­kau­fen wür­de, ist die Gefahr tat­säch­lich groß, dass die Honorare tat­säch­lich gekürzt wer­den müs­sen, um den Kaufpreis wie­der rein­zu­ho­len und hof­fent­lich pro­fi­ta­bel zu wirt­schaf­ten, denn mit der bestehen­den Honorarverteilung scheint es Clipcanvas selbst ja nicht zu schaffen.

Momentan redet Clipcanvas von einer Reduzierung der Honoraranteile auf 12 Monate. Was kommt danach? Entweder geht die Firma dann erst plei­te. Dann hät­te ich es bevor­zugt, wenn sich die Verkäufe in dem Jahr auf die ande­ren Videoagenturen auf­ge­teilt hät­ten, die 50% Honoraranteil zah­len. Oder Clipcanvas läuft sta­bil genug, um wei­ter zu exis­tie­ren. Perfekt und ehr­lich wäre eine Anhebung der gekürz­ten Honorare. Es wäre jedoch das ers­te Mal in der Branche und: Ich glau­be nicht daran.

Was denkt ihr darüber?

Vermutungen über die neue Fotolia-Suche

Vorgestern war es soweit: Der Tag, den vor allem exklu­si­ve Fotografen fürch­ten. Fotolia hat am Mittwoch kräf­tig an der Suchfunktion geschraubt und dabei die Ergebnisse kom­plett durch­ein­an­der gewirbelt.

Weil die Algorithmen, die hin­ter der Bildersuche ste­hen, bei jeder Bildagentur ein gro­ßes Geheimnis sind, kön­nen wir nur spe­ku­lie­ren. Nein, müs­sen wir sogar, denn die neue stan­dard­mä­ßig ein­ge­stell­te Relevanz-​Suche führ­te allein in den ers­ten bei­den Tagen zu gro­ßen Umsatzeinbrüchen, beson­ders stark bei exklu­si­ven Fotografen, die stär­ker als nicht­ex­klu­si­ve Fotografen auf das Einkommen ange­wie­sen sind. Fotografen berich­ten von Umsatzverlusten von ‑25 bis zu ‑60% in den letz­ten bei­den Tagen.

Mein Umsatzeinbruch der letz­ten Tage bei Fotolia

Das heißt in Euro umge­rech­net, wir reden hier von hohen drei­stel­li­gen bis nied­ri­gen vier­stel­li­gen Summen, die am Ende des Monats auf dem Konto fehlen.

Deshalb will ich ver­su­chen, die Suche etwas zu ana­ly­sie­ren, damit wir als Fotografen uns auf die neu­en Änderungen ein­stel­len kön­nen. Geholfen haben mir dabei die Diskussionsteilnehmer die­ses Threads im Stockfotografie-​Forum sowie eini­ge Fotografen per Mail, Chat und Telefon. Alles, was ich hier schrei­be, sind nur Vermutungen, die wir auf­grund unse­rer Erfahrung und eige­ner Testsuchen äußern.

Wer selbst eine Testsuche machen will, kann die Suchergebnisse der „Relevanz-​Suche“ mit den Ergebnissen der „Popularität-​Suche“ ver­glei­chen, weil die „Popularität-​Suche“ aktu­ell unge­fähr das zu sein scheint, was vor­her die Relevanz-​Suche war.

Warum ist die Relevanz-​Suche so wichtig?

Die meis­ten Bildeinkäufer sind bequem und wol­len schnell Ergebnisse sehen. Deshalb tip­pen sie ein­fach paar Wörter und das Suchfeld einer Bildagentur ein und schau­en sich die Ergebnisse an. Als Standard für die­se Suche ist die „Relevanz-​Suche“ vor­ein­ge­stellt. Nur wer sich bes­ser aus­kennt oder genau weiß, wie die Suchen sich von­ein­an­der unter­schei­den, kann die Sortierung nach „Datum, Downloads, Preis oder Popularität“ manu­ell umge­stellt wer­den. Das nut­zen aber nur weni­ge Bildsucher, wes­halb es für die Fotografen wich­tig ist, mit ihren Bildern auf der ers­ten Seite der Suchergebnisse der Relevanz-​Suche ange­zeigt zu wer­den. Das ist ver­gleich­bar mit Firmen, die unbe­dingt auf die ers­te Seite der Google-​Suche kom­men wol­len, weil nur weni­ge Leute auf die fol­gen­den Seiten klicken.

Zuerst gilt es, zwei Dinge von­ein­an­der zu tren­nen: Die Sortierung der Suchergebnisse bei der Relevanz-​Suche und die Suchbegriffe selbst. Das hängt zwar mit­ein­an­der zusam­men, ist aber nicht das Gleiche.

Die Wichtigkeit der Suchbegriffe

Fast noch wich­ti­ger als die Qualität eines Fotos ist die Qualität der Suchbegriffe, weil die vom Suchalgorithmus benutzt wer­den, um brauch­ba­re Ergebnisse zu lie­fern. Die Übersetzung bei Fotolia war lan­ge Zeit, gelin­de gesagt, sehr schlecht, was dazu führ­te, dass die Suchergebnisse auf der deut­schen Seite mit deut­schen Begriffen kom­plett anders aus­sa­hen als auf der eng­li­schen Seite mit den glei­chen eng­li­schen Begriffen. Für deut­sche Fotografen, die – wie ich – in deutsch ver­schlag­wor­ten, war das eine Art Heimvorteil, weil der deut­sche Markt nach USA und England einer der größ­ten Bildermärkte ist und wir als Muttersprachler die bes­se­ren Schlagworte hatten.

Das ist nun anders. Sowohl bei deut­schen oder eng­li­schen Begriffen auf der deut­schen Fotolia-​Seite als auch bei deut­schen oder eng­li­schen Begriffen auf der eng­li­schen Fotolia-​Seite wer­den fast die glei­chen Bilder ange­zeigt. Das weist auf eine Veränderung der Übersetzungsfunktion hin. Ein wei­te­res Indiz: Während frü­her bei der Suche nach „Geld“ auf der deut­schen Seite so gut wie nur Euro-​Scheine ange­zeigt wur­den, wer­den jetzt ca. 20% Dollar-​Scheine oder ande­re Währungen ange­zeigt. Außerdem bekla­gen Fotografen, wel­che seit jeher in eng­lisch ver­schlag­wor­ten, kei­nen merk­li­chen Rückgang

Gestern gab es auch – sicher nicht zufäl­lig – einen aus­führ­li­chen Newsletter von Fotolia, der wich­ti­ge Tipps für die Verschlagwortung gibt. An ers­ter Stelle wird betont, dass weni­ge Suchbegriffe (ca. 10–15) meist zur Beschreibung eines Bildes aus­rei­chen. Das lässt ver­mu­ten, dass auch des­halb ande­re Bilder ange­zeigt wer­den, eben jene, die weni­ger als mehr Wörter benut­zen. Das kann jedoch mit­tel­fris­tig dazu füh­ren, dass „exo­ti­sche­re“ Keywords, die Fotografen eher an das Ende ihrer Liste set­zen, nicht mehr berück­sich­tigt und eben auch von Käufern nicht mehr gefun­den wer­den (Stichwort „Long Tail“).

Im Newsletter wird eben­falls betont, dass die Suchbegriffe nach Relevanz sor­tiert wer­den, also die vor­de­ren Suchbegriffe in einem Foto ein stär­ke­res Gewicht haben als die hin­te­ren. Das ist ein Problem für alle, die ihre Keywords in den Fotos alpha­be­tisch haben. Zum Beispiel sor­tiert Adobe Lightroom die Suchbegriffe auto­ma­tisch nach dem Alphabet, wäh­rend Adobe Bridge die Reihenfolge beim Eintragen intakt lässt. Das war für mich schon immer ein wich­ti­ger Grund, Bridge statt Lightroom zu nut­zen. Immerhin erklärt der Newsletter auch gleich, wie die Reihenfolge bei Fotolia nach­träg­lich geän­dert wer­den kann.

Die Änderung der Relevanz

In Stockfotografie-​Forum hat ein User nach­ge­zählt: Bei der neu­en Sortierung ergibt sich ein durch­schnitt­li­cher Startpreis von 1,37 Credits pro Bild, bei der alten Sortierung waren es 1,62 Credits. Es wur­de für den Käufer also ca. 15% bil­li­ger. Das muss aber nicht hei­ßen, dass das Absicht ist. Es könn­te zum Beispiel auch ein Nebeneffekt der oben erwähn­ten Keyword-​Kürze sein, denn die pro­fes­sio­nel­len Fotografen rei­zen das 50-​Wörter-​Limit eher aus als die Hobby-​Fotografen in den „unte­ren Rängen“, die wie­der­um sel­te­ner die Startpreise hoch­set­zen kön­nen. Auch für Fotolia könn­te das lukra­tiv sein: Immerhin ver­die­nen sie an den unte­ren Rängen mehr Prozente als bei Verkäufen der Top-​Fotografen. Trotzdem glau­be ich, dass die geän­der­te Relevanz-​Sortierung vor allem auf den geän­der­ten Umgang mit den Keywords zurück­zu­füh­ren ist. Ein Sprecher von Fotolia Deutschland wies dar­auf hin, dass Fotolia der­zeit an der genau­en Einstellung der Suche arbei­tet und sich die Ergebnisse in den nächs­ten Tagen noch ändern können.

Was tun als Fotograf?

Wer als Fotograf von merk­li­chen Umsatzeinbußen betrof­fen ist, kann aktu­ell ver­schie­de­ne Dinge unter­neh­men: Ihr könnt eure Keywords nach Wichtigkeit sor­tie­ren, falls ihr es nicht sowie­so schon gemacht habt. Ihr könnt schau­en, ob ihr die Suchbegriffe etwas redu­zie­ren könnt und über­le­gen, in eng­lisch zu ver­schlag­wor­ten. Wer beson­ders komi­sche Ergebnisse bei Bildsuchen oder bestimm­ten Suchbegriffen fest­stellt, soll­te sich auch per Kontaktformular an Fotolia wenden.

Was tun als Bildkäufer?

Wer mit den Suchergebnissen bei der neu­en Relevanz-​Sortierung nicht zufrie­den ist, kann ver­su­chen, auf die „Popularität“-Sortierung umzu­schal­ten. Außerdem soll­ten ver­stärkt die Suchfilter auf der lin­ken Seite benutzt wer­den, mit denen z.B. nur nach Personenfotos, nur in bestimm­ten Kategorien, nach Farben und so wei­ter gesucht wer­den kann.

Was meint ihr? Welche Erfahrungen habt ihr mit der neu­en Fotolia-​Suche gemacht?
(Und auch falls ihr gera­de frus­triert seid: Bleibt bit­te sach­lich in euren Kommentaren.)

UPDATE 26.4.2013, 12:43 Uhr: Die Fotolia-​Suche wird anschei­nend gera­de aktualisiert.

MORALstock – Die neue Bildagentur mit ethischen Prinzipien

Kurz vor Ostern erreich­te mich eine Email einer neu­en Bildagentur. Das an sich ist nichts Neues, denn genau­so wie bestehen­de Bildagenturen rei­hen­wei­se ihre Pforten schlie­ßen, schie­ßen neue Agenturen ins Feld. Zuletzt gab es gro­ßen Medienrummel um Stocksy, der neu­en Agentur des iStockphoto-​Gründes Bruce Livingstone.


Diese neue Agentur könn­te es jedoch schaf­fen, die­sen Rummel noch zu über­tö­nen. MORALstock nennt sich die neue Agentur mit Sitz in Boston, Massachusetts und sie ver­spricht nichts ande­res als „100% ethisch“ zu sein.

Was bedeu­tet das im Klartext?

Ich über­set­ze ein­fach mal aus der Mail des Agenturgründers Johann Wesley:

[…] MORALstock hat sich zur Aufgabe gemacht, den Bildern ihren Wert wie­der­zu­ge­ben. Nicht nur finan­zi­ell, son­dern auch mora­lisch und spi­ri­tu­ell, kurz: 100% ethisch. Das bedeu­tet, dass bei uns kei­ne anony­men Models für Produkte oder Parteien wer­ben müs­sen, mit denen sie sich nicht iden­ti­fi­zie­ren kön­nen. Andersrum besteht für Bildkäufer kei­ne Gefahr, sich bei der Wahl eines Motivs zu bla­mie­ren, weil das gezeig­te Model nicht mit den mora­li­schen Standards der Firma mit­hal­ten kann. […]“

Wesley führt eini­ge rea­le Beispiele an wie Vegetarier, die ihr Gesicht auf einer Würstchenpackung wie­der­fan­den, Erotikstars, die neben­bei als Fotomodell arbei­ten und so plötz­lich auf dem Cover eines Business-​Magazins lan­den oder Griechen, die für tür­ki­schen Joghurt war­ben. Solche Fälle gab es (nicht nur) im Microstock-​Bereich immer wie­der. Das kann ent­we­der für die Models oder die Bildnutzer pein­lich bis ruf­schä­di­gend sein und sogar Schadensersatzklagen nach sich ziehen.

Wie funk­tio­niert das?

Kernstück ist ein aus­führ­li­cher Fragebogen zu jedem Model-​Vertrag, der bei den Personenbildern mit hoch­ge­la­den wer­den muss. Neben den übli­chen Angaben wie Alter, Land und Geschlecht wer­den auch, teil­wei­se frei­wil­lig, Angaben wie Bildungsabschluss, Ethnie, sexu­el­le Orientierung, Ernährungsgewohnheiten und eini­ges mehr abge­fragt. Diese Angaben sind jedoch nicht öffent­lich zu sehen. Kunden, die ganz gezielt bestimm­te Model-​Typen (zum Beispiel nur „Raucher aus den USA“ oder „les­bi­sche asia­ti­sche Vegetarierinnen“) suchen, müs­sen für die Anzeige der Suchergebnisse ein­ma­lig 10 US-​Dollar zah­len und bei der Nutzung des Bildes noch mal einen Aufschlag von 50% zum nor­ma­len Preis. Das nennt sich dann „moral search“.

Auch für ande­re Motive wie Landschaftsaufnahmen wer­den mehr Details als üblich abge­fragt, wie genau­er Aufnahmeort, Aufnahmedatum und so wei­ter, um geo­gra­fisch kor­rek­te Angaben machen zu kön­nen. GPS-​Daten wer­den aus­ge­le­sen, wenn sie in den Metadaten vor­han­den sind. Also nix mehr mit Fotos von Karibikstränden in den Reisekatalogen für die Spanienreise.

Was ist für die Fotografen drin?

Das „100% ethisch“ bezieht sich nicht nur auf die Models, son­dern soll auch den Fotografen zugu­te kom­men. Es wer­den aus­schließ­lich Rights Managed-​Lizenzen (RM) ver­kauft, um jedem Bildkunden auf bis­he­ri­ge – und even­tu­ell kon­flikt­träch­ti­ge – Verwendungen hin­wei­sen zu kön­nen. Das setzt logi­scher­wei­se exklu­si­ve Fotos vor­aus, für wel­che die Fotografen 65% des Verkaufspreises erhal­ten sol­len. Der Verkaufspreis rich­tet sich, wie bei RM-​Lizenzen üblich, nach Dauer der Verwendung, Auflagenhöhe und eini­gen ande­ren Faktoren. Einige test­wei­se von mir abge­frag­te Verwendungen erga­ben Preise, wel­che sich leicht über­halb der MFM-​Honorare bewe­gen – ohne die Zuschläge für die „moral search“.

Wer darf kaufen?

Wenn sich eine Bildagentur die Wörter „Moral“ und „ethisch“ so groß auf die Fahnen schreibt, stellt sich mir gleich die Frage, ob sie auch jeden Kunden neh­men wür­den, von der Atomindustrie bis zu Waffenfirmen? Wesley mein­te in einer wei­te­ren Mail zu mir: Ja, aber. Kunden, die bestimm­te mora­li­sche Standards und ethi­sche Prinzipien nicht ein­hal­ten, müs­sen auf die Bilder einen Aufschlag von 100% zah­len und sowohl Models als auch Fotografen müs­sen mit der geplan­ten Verwendung ein­ver­stan­den sein. Besonders „mora­lisch inte­ge­re“ Firmen wie gemein­nüt­zi­ge Organisationen, Bildungseinrichtungen und so wei­ter hin­ge­gen bekom­men auto­ma­tisch einen Rabatt von 50%.

Angesichts die­ser Informationen scheint mir, dass da eine neue Bildagentur auf den Markt gekom­men ist, wel­che nicht die Massen bedie­nen will, son­dern sich eine klei­ne, aber genau defi­nier­te Nische gesucht hat. Die ver­mut­lich eher weni­gen Verkäufe wer­den durch deut­lich höhe­re Honorare und Fotografenanteile als im Microstockbereich (teil­wei­se sogar höher als im Macrostock-​Bereich) und das „gute Gewissen“ abgefangen.

Das Konzept klingt teil­wei­se so absurd, dass es wie­der funk­tio­nie­ren könn­te. Find‘ ich gut.

Was meint ihr dazu? Würdet ihr Bilder liefern?

Geheimer Deal zwischen iStockphoto, Getty Images und Google regt Fotografen auf

Ich woll­te schon lan­ge wie­der etwas über die Bildagentur iStockphoto schreiben.

Themen gab und gibt es mehr als genug:

Mal war es deren fal­sche Berechnung von Fotografen-​Anteilen beim Fotoverkauf, dann die hohen Gebühren bei der Währungsumrechnung, eine unbrauch­ba­re Best-​Match-​Suche, die statt Bildqualität vor allem Exklusivität berück­sich­tigt, dann viel­leicht als Entschädigung ein neu­er Preisfilter, der exklu­si­ve Bilder aus­schließt, eine Fake-​Seite, wel­che iStock-​Fotos bil­li­ger anbie­tet, dann ein Deal mit Microsoft, der ca. 6000 exklu­si­ve iStock-​Bilder ver­schenkt, ohne den Fotografen etwas zu zah­len und so weiter.

Über jeden ein­zel­nen die­ser Punkte hät­te ich lan­ge Artikel schrei­ben kön­nen. Aber ehr­lich: Jedes Mal, wenn ich ange­fan­gen habe, kam ein neu­er Skandal aus dem Hause iStockphoto und ich wur­de über­rannt von den Ereignissen, bis der vori­ge Aufreger lächer­lich schien im Vergleich zum neus­ten Fehler, Patzer oder absicht­li­chen unvor­teil­haf­ten Geschäftsgebaren von iStockphoto. So auch dies­mal wie­der. Während ich noch nach Details zum Microsoft-​Deal recher­chier­te, platz­te die nächs­te Bombe:

Es scheint, als habe die Bildagentur Getty Images, von denen iStockphoto eine Tochterfirma ist, einen Deal mit Google geschlos­sen, der es Google erlaubt, über 11.700 Bilder kos­ten­los im Rahmen von deren Cloud-​Dienst Google Drive anzubieten.

Screenshot einer Auswahl der betrof­fe­nen Stockfotos bei Google Drive

Schauen wir uns eini­ge Details des Deals genau­er an.

Sind nur iStock-​Bilder sind betroffen?

Nein. Eine unvoll­stän­di­ge Auflistung der Stockfotos, die von Google Drive ange­bo­ten wer­den, fin­det sich hier. Schätzungsweise 2000 der Bilder besitzt Getty Images direkt, ca. 700 Bilder schei­nen von ca, 490-​iStock-​Fotografen zu kom­men, aber auch ande­re Macrostock-​Agenturen, die ihre Bilder über Getty Images ver­trei­ben, sind betrof­fen, zum Beispiel Blend Images, PhotoAlto, Image Source, Westend61, Zoonar, Tetra Images, Moodboard, Sodapix und so wei­ter. Es betrifft also nicht nur zweit­klas­si­ge „Ramschbilder“, son­dern in der Regel durch­weg hoch­wer­ti­ges Material, zum Beispiel auch über 140 Bilder aus der hoch­prei­si­gen Vetta-​Kollektion von iStockphoto.

Was haben die Fotografen bekommen?

Vermutlich (weder iStockphoto noch Getty Images äußern sich dazu) wur­den pro Bild ca. 30 bis 60 US-​Dollar gezahlt, davon gin­gen – je nach Vertrag – ca. 6 bis 12$ an den jewei­li­gen Fotografen. Die Bildhonorare wur­den über Getty Images im Oktober und November 2012 aus­ge­zahlt. Die Honorare sind unge­fähr in dem Bereich, den iStock-​Fotografen für einen nor­ma­len S‑Verkauf eines ihrer Vetta-​Bilder erhal­ten hät­ten. Für einen Verkauf! Die Erfahrungen aus dem eben­falls unsäg­lich unvor­teil­haf­ten Microsoft-​Deal (sie­he oben) haben gezeigt, dass die­se kos­ten­los ange­bo­te­nen Bilder sehr leicht zehn­tau­sen­de Downloads in kur­zer Zeit erzie­len, teil­wei­se sogar mil­lio­nen­fa­che Downloads und da Google Drive von über zehn Millionen Leuten genutzt wird, sind die­se Schätzungen sehr rea­lis­tisch. Dafür sind 6 bis 12 Dollar, selbst unter Berücksichtigung microstock-​üblicher Bedingungen, gelin­de gesagt eine Frechheit. In der Praxis wer­den die benutz­ten Bilder damit regel­recht ent­wer­tet, denn wer soll­te noch Geld aus­ge­ben für ein Foto, was einer­seits kos­ten­los zu haben ist und ande­rer­seits schon von unzäh­li­gen ande­ren – auch kom­mer­zi­ell – genutzt wurde?

Wofür dür­fen die Bilder in wel­cher Größe genutzt werden?

Sehr vie­le die­ser Bilder bei Google Drive sind in einer Auflösung von ca. 3200 x 2100 Pixel erhält­lich, also ca. 6,7 Megapixel. Das reicht locker für einen guten DinA4-​Druck, also auch für die Titelseite einer Zeitschrift, ein Poster oder für alle denk­ba­ren Web-​Anwendungen. Eine Verwendung der Bilder außer­halb der Google-​Anwendungen ist zwar offi­zi­ell nicht erlaubt, wird tech­nisch aber leicht ermög­licht und lässt sich in der Praxis kaum kon­trol­lie­ren. Während beim Deal mit Microsoft nur eine pri­va­te Nutzung erlaubt war, erlaubt Google aus­drück­lich die kom­mer­zi­el­le Nutzung der Bilder und eine Bearbeitung:

Wenn Sie die Funktion für die Google Bildsuche in Google Docs ver­wen­den, wer­den die Ergebnisse so gefil­tert, dass Bilder mit einer Lizenz ein­ge­schlos­sen wer­den, die das Kopieren des Bilds für kom­mer­zi­el­le Zwecke und das Ändern des Bilds gemäß den Angaben in der Lizenz zulässt.“ (Quelle)

Unklar ist jedoch, ob das rech­tens ist, denn eine Weitergabe z.B. von iStock-​Bildern unter solch weit­rei­chen­den Bedingungen sei­tens Getty Images ist weder durch die Standardlizenz noch die Erweiterte Lizenz bei iStockphoto abge­deckt. Auch ist kein kon­kre­ter Endbenutzer-​Lizenzvertrag (EULA) für die Bilder bei Google Drive ein­seh­bar, nur die oben ver­link­ten Lizenzbedingungen, die all­ge­mein für Google-​Dienste gelten.

Wie genau fin­de ich die Bilder bei Google Drive?

Wer sich mit sei­nem Google-​Account bei Google Drive ein­ge­loggt hat, fin­det links einen roten Knopf mit dem Titel „Erstellen“. Dort kann gewählt wer­den, ob man ein Textdokument, eine Präsentation, eine Tabelle oder etwas ähn­li­ches erstel­len will. Das neue Dokument wird geöff­net und oben in der Leiste wählt man „Einfügen“ und danach „Bild…“. Im neu geöff­ne­ten Fenster klickt man dann links unten auf „Suche“ und dann in der Mitte auf „Stockfotos“. Nun kön­nen im Suchfeld Begriffe ein­ge­ge­ben wer­den, wel­che die gewünsch­ten Bilder beschrei­ben (sie­he Screenshot oben).

Was regt die Fotografen an dem Deal außer­dem auf?

Zwei Dinge: Metadaten und dif­fa­mie­ren­de Nutzung. Bei der Nutzung der Bilder wer­den kei­ne Metadaten bei­be­hal­ten, die im Bild ent­hal­ten sind. Das heißt, weder der Fotograf noch die Bildagentur noch ande­re rele­van­te Copyright- oder Urheberrechtsinformationen blei­ben erhal­ten. Damit erhö­hen sich die Chancen stark, dass das Bild zu einem „ver­wais­ten Werk“ wird, wel­ches leicht den Urheberrechtsschutz ver­lie­ren kann. Hier habe ich als Beispiel ein Foto von Yuri Arcurs über Google Drive in einem Grafik-​Dokument abge­spei­chert. Wer will, könn­te das Bild unter „Datei/​Herunterladen als/​JPG“ auf sei­nem Rechner abspei­chern und sehen, dass kei­ne Metadaten ent­hal­ten sind. Das Original bei iStockphoto wür­de in der mitt­le­ren Größe min­des­tens 18 Euro kosten.

Das ande­re Dilemma: iStock-​Fotografen, wel­che deren Standard-​Model-​Release für ihre Fotos ver­wen­det haben, garan­tie­ren dar­in dem Model, dass die Bilder nicht für por­no­gra­fi­sche oder dif­fa­mie­ren­de Zwecke genutzt wer­den dürfen:

Gegen eine Vergütung, deren Erhalt hier­mit bestä­tigt wird, und durch die Unterzeichnung die­ser Freigabeerklärung (Model-​Release) ertei­le ich dem Fotografen/​Filmemacher und des­sen Rechtsnachfolgern das aus­schließ­li­che Recht, das Aufnahmematerial zu nut­zen und zu ver­wer­ten, ins­be­son­de­re es zu lizen­zie­ren und in belie­bi­gen Medien für belie­bi­ge Zwecke zu ver­wen­den (aus­ge­nom­men por­no­gra­fi­sche oder dif­fa­mie­ren­de Zwecke); dies schließt unter ande­rem Werbung, Werbeaktionen und Marketing für ein Produkt oder eine Dienstleistung sowie Produktverpackungen ein.“

Auch in den Lizenzbedingungen bei iStockphoto oder Getty Images gibt es die­se Einschränkung. Bei der Verwendung von Google Drive fin­det sich momen­tan kei­ne die­ser Einschränkungen, es wäre dem­nach mög­lich, die­se Bilder auf dif­fa­mie­ren­de Weise ein­zu­set­zen, ohne dass der Fotograf etwas dage­gen unter­neh­men könn­te. Das ist einer der Punkte, die auf jeden Fall von Getty Images nach­ver­han­delt wer­den müssen.

Wie reagie­ren die betrof­fe­nen Fotografen und Agenturen?

Bei den meis­ten Betroffenen steht noch der Mund weit offen vor Staunen über soviel Inkompetenz. Vor allem die Microstock-​Fotografen haben sich jedoch schon auf­ge­rap­pelt und über­le­gen ihre nächs­ten Schritte. Einige haben ihre Exklusivität bei iStockphoto auf­ge­ge­ben, weil para­do­xer­wei­se die­se stär­ker betrof­fen waren als nicht­ex­klu­si­ve Fotografen, obwohl die Exklusivität doch laut iStock-​Werbung die­se bei der Wahrung ihrer Interessen hel­fen sollte:

Durch das Exklusivitätsprogramm kön­nen wir unse­re Anbieter bes­ser schüt­zen. Wir kön­nen die Einhaltung ver­trag­li­cher Vereinbarungen bes­ser durch­set­zen, wenn wir wis­sen, dass ein Bild von unse­rer Website stammt und unse­rer Lizenzvereinbarung unter­liegt.“ (Zitat aus der iStock-​Werbung für deren Exklusivitätsprogramm)

Andere Fotografen keh­ren iStockphoto kom­plett den Rücken. Für den 2.2.2013 haben vie­le Fotografen einen „D‑Day“ (Deactivation-​Day) ange­kün­digt, an dem mas­sen­haft Bilder bei iStockphoto deak­ti­viert wer­den sol­len. Bisher wol­len Fotografen über 25.000 ihrer Bilder deak­ti­vie­ren und es wer­den täg­lich mehr. Sean Locke, der den Skandal auf­ge­deckt hat und in sei­nem Blog aus­führ­lich dar­über berich­tet, bie­tet als Service ein kos­ten­lo­ses Greasemonkey-​Skript an, mit dem sich vie­le Bilder leich­ter deak­ti­vie­ren las­sen. Einige Fotografen behal­ten sich auch recht­li­che Schritte vor.

Wenn eine Agentur ihre Fotografen so sehr ver­är­gert, wit­tern deren Konkurrenten eine Chance. Deshalb hat Shutterstock eine Art Hotline für exklu­si­ve Fotografen ein­ge­rich­tet, die zu Shutterstock wech­seln wol­len und auch Graphic Leftovers spart in deren Blogeintrag nicht mit Häme.

Wie reagiert iStockphoto?

Am 15. Januar schrieb Erin Sullivan, Vizepräsident für Content Development für Getty und iStock, im iStock-​Forum, dass zur Zeit mit Google am Fall gear­bei­tet wer­de. In der Zwischenzeit wer­den jedoch Fakten geschaf­fen und allein von Samstag auf Montag stieg die Zahl der Stockfotos bei Google Drive von 7000 um über 4500 auf über 11.700 Dateien. Außerdem gab Sullivan zu Protokoll, dass man beab­sich­ti­ge, in Zukunft noch mehr sol­cher Deals mit Google abzuschließen.

Kostenlos ist nicht gleich kostenlos

Es mag für Agenturen und Fotografen manch­mal gute Gründe geben, Fotos kos­ten­los abzu­ge­ben. Es macht aber einen Unterschied, ob das mit aus­ge­wähl­ten Dateien für einen kur­zen Zeitraum unter bestimm­ten Bedingungen oder in klei­ner Auflösung geschieht oder mas­sen­haft Bilder ohne nen­nens­wer­te Einschränkungen in vol­ler Größe ohne Namensnennung ver­schenkt wer­den. Eine mir bekann­te Fotografin war beim oben erwähn­ten Microsoft-​Deal mit meh­re­ren ihrer Bilder betrof­fen, die über eine Million kos­ten­lo­se Downloads erziel­ten. Ein Bild erreich­te allein über 650.000 Downloads, wur­de bei iStockphoto aber kein ein­zi­ges Mal ver­kauft. Der Werbeeffekt sol­cher Deals für die Fotografen ist prak­tisch nicht gegeben.

Die Demontage des eige­nen Geschäftsmodells

Es kommt sel­ten vor, dass eine Firma so kon­se­quent und ohne Not und Alternativen gegen ihre eige­nen Geschäftsinteressen han­delt. Noch kürz­lich hat iStockphoto damit gewor­ben, dass Grafikdesigner für ihre Präsentationen güns­ti­ge Bilder bei ihnen fin­den. Jetzt kön­nen sich die Grafikdesigner die glei­chen Bilder bei Google Drive in ihre Präsentation zie­hen – legal und kos­ten­los. Wo da der Mehrwert für die Agentur und die Fotografen lie­gen soll, ist unklar.

Meine Einschätzung und Zusammenfassung

Ich bin immer noch fas­sungs­los, was eine so erfah­re­ne Bildagentur wie Getty Images dazu bewo­gen haben muss, solch einem unvor­teil­haf­ten Deal zuzu­stim­men. Setzen da die neu­en Getty-​Eigentümer die Daumenschrauben an, um kurz­fris­tig so viel Kapitel wie mög­lich aus der Firma zu pres­sen, ohne Rücksicht auf lang­fris­ti­ge Geschäftsinteressen? Oder hat Google Details zur geplan­ten Nutzung der Bilder ver­schwie­gen? iStockphoto hat sich in der Vergangenheit (sie­he die lan­ge Liste oben) sehr vie­le Fehler geleis­tet, bei denen die Aufklärung oder Kommunikation man­gel­haft bis nicht vor­han­den war. Der Deal mit Google könn­te nun der end­gül­ti­ge Schubs sein, wel­cher der ers­ten Microstock-​Agentur der Welt das Genick bre­chen wird.

Was sagt ihr dazu? Wie wür­det ihr reagieren?