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Der „Instant Pay Program“ Deal: Wirestock verscherbelt Bilder mit Einmalzahlung an Freepik

Seit weni­gen Monaten sind ver­mehrt Bilder von Wirestock bei Freepik zu sehen. Für alle, die nicht so tief in der Materie ste­cken, kurz zur Erklärung, was Wirestock und Freepik machen:

Wirestock ist eine Art „Upload-​Helfer“, wo Leute ihre Bilder hoch­la­den kön­nen, und die­se dort ver­schlag­wor­tet und zu ver­schie­de­nen Microstock-​Agenturen ver­teilt wer­den. Dafür nimmt die Plattform 15% Kommission auf den Fotografenanteil.

Freepik ist eine Seite, die kos­ten­lo­se Bilder „für den per­sön­li­chen und kom­mer­zi­el­len Gebrauch mit Namensnennung“ anbie­tet. Wer die Namensnennung umge­hen will, muss einen Premium-​Account für ca. 5–10 USD pro Monat buchen.

Seit eini­ger Zeit sind ver­mehrt Wirestock-​Bilder kos­ten­los bei Freepik zu fin­den, die natur­ge­mäß wegen Wirestocks Rolle als Distributionsplattform auch bei den zah­lungs­pflich­ti­gen Microstock-​Agenturen zu fin­den sind.

Screenshot vom 13.12.2020 um 19:30 Uhr

Aktuell sind ca. 25.000 Wirestock-​Bilder bei Freepik, wel­che ins­ge­samt ca. 2 Millionen Mal her­un­ter­ge­la­den wur­den. Das macht im Schnitt ca. 80 Downloads pro Bild (sie­he Screenshot oben).
Nachdem ich übri­gens knapp andert­halb Stunden am Sonntag, den 13.12.2020 an die­sem Artikel geschrie­ben habe, stiegt die Zahl der Wirestock-​Bilder bei Freepik um ca. 70 Bilder auf 25.070 Bilder und die Zahl der Downloads um 130.000 auf 2,13 Mio. Downloads. Das heißt also, dass auch an einem Sonntag im Schnitt jedes der Gratis-​Bilder ca. 3,5x pro Stunde her­un­ter­ge­la­den wird.

Screenshot vom 13.12.2020 um 20:52 Uhr

Doch wo kom­men die­se Bilder her? Wirestock wirbt auf deren Webseite nur damit, Bilder an sie­ben Bildagenturen zu lie­fern: Shutterstock, Adobe Stock, Depositphotos, Alamy, Dreamstime, 123RF und Pond5.

Die Antwort: Das „Instant Pay Program“.

Wirestock fragt seit eini­gen Wochen auto­ma­ti­siert Fotografen mit Mails wie die­ser an, ob sie ihre Fotos gegen eine gerin­ge Einmalzahlung fort­an ver­schen­ken wollen:

Dear _​_​_​_​_​_​_​_​_​_​_​_​_​_​,

We are hap­py to inform you that your port­fo­lio has been sel­ec­ted for the Instant Pay Program.

You have 12 pho­tos that have been lis­ted for more than 2 months and have not gene­ra­ted any ear­nings. We would like to impro­ve this and include the­se pho­tos in our Instant Pay Program. The pro­gram allows con­tri­bu­tors to recei­ve advan­ce pay­ments from our new part­ners – Freepik, as well as other Instant Pay part­ner marketplaces.

You will recei­ve a one-​time advan­ce pay­ment of $4–5/image from each agen­cy that sel­ects your images. This means that you can poten­ti­al­ly earn $40.8 (12*$3.40) and even more if mul­ti­ple agen­ci­es sel­ect your images. Please note that the images may be lis­ted for free down­load on the agen­ci­es that sel­ect them. Periodically, we will review your port­fo­lio and send more pho­tos with low sales for Instant Pay.

If you wish to opt out of the Instant Pay Program, plea­se email us by /​19 December 2020/.

Regards,
Wirestock Team“

(Hinweis: in ande­ren Emails sind 4 statt 2 Monate angegeben)

Der „Instant Pay Program“-Deal in Kurzform: Gegen die ein­ma­li­ge Zahlung von 4–5 USD pro Bild darf Wirestock das Bild ande­ren Bildagenturen anbie­ten, die dafür kei­ne Lizenzgebühren zah­len müs­sen und die Bilder auch gra­tis anbie­ten dür­fen. Namentlich genannt wird bis­her nur Freepik, in Aussicht wer­den aber auch ande­re Plattformen gestellt. Die Zahlung wird pro Agentur fäl­lig, wel­che das Bild akzeptiert.

Zur Auswahl stellt Wirestock die Bilder, wel­che min­des­tens zwei Monate online sind und bis­her noch kei­ne Verkäufe hat­ten. Außerdem müs­sen Fotografen sich aktiv dage­gen ent­schei­den, falls sie ihre Bilder nicht ver­schenkt sehen wollen.

Der „Instant Pay“-Deal in vol­ler Länge fin­det sich mit weni­ger Details, aber einer pikan­ten Fußnote in den Nutzungsbedingungen von Wirestock:

Instant Pay Program

Certain con­tent mar­ket­places pay an advan­ced fix rate per image rather than pay­ing per down­load (“Advanced Rate”). Wirestock refers to this as “Instant Pay” or the “Instant Pay Program.” Wirestock nego­tia­tes the Advanced Rate with each con­tent mar­ket­place that par­ti­ci­pa­tes in the Instant Pay Program. When you agree to upload your Content for Instant Pay, none of your rights chan­ge – you still own your Content and it is still dis­tri­bu­ted through the con­tent mar­ket­places. For each of your Content for which Wirestock recei­ves pay­ment from con­tent mar­ket­places that pay an Advanced Rate (the “Advanced Rate Payout”), you agree that Wirestock will pay you 85% of the Advanced Rate Payout, but will keep 15% of the Advanced Rate Payout.“

Das pikan­te Detail? Von den oben erwähn­ten 4–5 USD wer­den noch mal 15% abge­zo­gen, bevor das Geld beim Fotografen lan­det. Bleiben also ca. 3,60–4,25 USD. 

Die möglichen Folgen der Wirestock-Freepik-Allianz

Zuerst ein­mal: Wer sich als Stockfotograf auf so einen Deal ein­lässt, ist aus meh­re­ren Gründen blöd.

  1. Zwei Monate sind kei­ne Zeitspanne, in der sich eine rea­lis­ti­sche Einschätzung bil­den lässt, ob ein Bild ver­käuf­lich ist. Man den­ke nur an die sai­so­na­len Themenbilder zu Weihnachten, Ostern oder Halloween, wel­che sich erfah­rungs­ge­mäß nur weni­ge Wochen im Jahr verkaufen.
  2. Rechnen wir die oben ermit­tel­ten Downloadzahlen von Freepik um auf den erziel­ten Gesamterlös eines Bildes von 3,60–4,25 USD, wären das aktu­ell schon nur 4,5 bis 5,31 Cent pro Download. Je län­ger die Bilder online, des­to wei­ter wird die­ser fik­ti­ve Betrag sin­ken, weil der Erlös eine Einmalzahlung ist. Das ist noch deut­lich weni­ger als die bis­her schon gerin­gen Microstock-Honorare.
  3. Das Mißbrauchspotenzial ist sehr hoch, denn oft lan­den Bilder von den lega­len Gratis-​Plattformen schnell bei ille­ga­len Gratis-​Plattformen, wo sich selbst an die mini­ma­len EInschränkungen nie­mand hält. Und selbst die vor­han­de­nen Einschränkungen wer­den auf Gratis-​Plattformen weni­ger ernst genom­men, weil die Bilder ohne nament­li­che Registrierung für jeder­mann ver­füg­bar sind. Wer also Bilder mit Personen im Portfolio hat, soll­te beson­ders aufpassen.
  4. Die Gefahr ist groß, dass die Microstock-​Platzhirsche Adobe Stock und Shutterstock nicht lan­ge mit anse­hen wol­len, wie Freepik zig­tau­sen­de Bilder ver­schenkt, die sie ver­kau­fen wol­len. Für Fotografen steht also die reel­le Gefahr im Raum, bei den Bezahl-​Agenturen gesperrt zu wer­den, wenn man gleich­zei­tig kos­ten­lo­se Agenturen beliefert.
  5. Die 3–4 Euro pro Bild sind Beträge, die im lan­gen Leben eines Stockfotos in der Regel mehr­fach wie­der rein­kom­men. Ich hat­te schon Bilder, die jah­re­lang unver­kauft im digi­ta­len Regal von vie­len Bildagenturen lagen, bis plötz­lich ein zwei­stel­li­ger Verkauf reinkam.
  6. Die Rechenbeispiele in der Wirestock-​Email bezie­hen sich nur auf den Idealfall, dass Freepik alle der ange­bo­te­nen Bilder akzep­tiert. Aber ers­tens wird den Fotografen vor­ab gar nicht gesagt, um wel­che Bilder genau es sich han­delt und zwei­tens wird sich auch Freepik nur die Rosinen rauspicken.

Auch für Wirestock als Verteilungsplattform besteht das Risiko, dass ande­re Agenturen nicht mehr mit Bildern belie­fert wer­den wol­len, die in weni­gen Wochen woan­ders gra­tis zur Verfügung ste­hen. Sobald sich nur eine von den bei­den gro­ßen Microstock-​Agenturen wie Shutterstock oder Adobe Stock gegen die Zusammenarbeit sperrt, sieht die Zukunft für Wirestock mehr als düs­ter aus.

Auch für die Stockfotografie-​Branche ins­ge­samt wirkt es desta­bi­li­sie­rend, wenn iden­ti­sche Bilder sowohl kos­ten­los als auch gegen Bezahlung ange­bo­ten werden.

Meine kla­re Empfehlung des­halb an alle Wirestock-​Fotografen:
Macht unbe­dingt von der kur­zen Opt-​Out-​Frist (19.12.2020!) Gebrauch und wider­sprecht dem „Instant-Pay“-Programm, wenn ihr euch nicht lang­fris­tig von eurer Einkommensquelle abschnei­den wollt.

Was sagt ihr zu dem Deal?

Geheimer Deal zwischen iStockphoto, Getty Images und Google regt Fotografen auf

Ich woll­te schon lan­ge wie­der etwas über die Bildagentur iStockphoto schreiben.

Themen gab und gibt es mehr als genug:

Mal war es deren fal­sche Berechnung von Fotografen-​Anteilen beim Fotoverkauf, dann die hohen Gebühren bei der Währungsumrechnung, eine unbrauch­ba­re Best-​Match-​Suche, die statt Bildqualität vor allem Exklusivität berück­sich­tigt, dann viel­leicht als Entschädigung ein neu­er Preisfilter, der exklu­si­ve Bilder aus­schließt, eine Fake-​Seite, wel­che iStock-​Fotos bil­li­ger anbie­tet, dann ein Deal mit Microsoft, der ca. 6000 exklu­si­ve iStock-​Bilder ver­schenkt, ohne den Fotografen etwas zu zah­len und so weiter.

Über jeden ein­zel­nen die­ser Punkte hät­te ich lan­ge Artikel schrei­ben kön­nen. Aber ehr­lich: Jedes Mal, wenn ich ange­fan­gen habe, kam ein neu­er Skandal aus dem Hause iStockphoto und ich wur­de über­rannt von den Ereignissen, bis der vori­ge Aufreger lächer­lich schien im Vergleich zum neus­ten Fehler, Patzer oder absicht­li­chen unvor­teil­haf­ten Geschäftsgebaren von iStockphoto. So auch dies­mal wie­der. Während ich noch nach Details zum Microsoft-​Deal recher­chier­te, platz­te die nächs­te Bombe:

Es scheint, als habe die Bildagentur Getty Images, von denen iStockphoto eine Tochterfirma ist, einen Deal mit Google geschlos­sen, der es Google erlaubt, über 11.700 Bilder kos­ten­los im Rahmen von deren Cloud-​Dienst Google Drive anzubieten.

Screenshot einer Auswahl der betrof­fe­nen Stockfotos bei Google Drive

Schauen wir uns eini­ge Details des Deals genau­er an.

Sind nur iStock-​Bilder sind betroffen?

Nein. Eine unvoll­stän­di­ge Auflistung der Stockfotos, die von Google Drive ange­bo­ten wer­den, fin­det sich hier. Schätzungsweise 2000 der Bilder besitzt Getty Images direkt, ca. 700 Bilder schei­nen von ca, 490-​iStock-​Fotografen zu kom­men, aber auch ande­re Macrostock-​Agenturen, die ihre Bilder über Getty Images ver­trei­ben, sind betrof­fen, zum Beispiel Blend Images, PhotoAlto, Image Source, Westend61, Zoonar, Tetra Images, Moodboard, Sodapix und so wei­ter. Es betrifft also nicht nur zweit­klas­si­ge „Ramschbilder“, son­dern in der Regel durch­weg hoch­wer­ti­ges Material, zum Beispiel auch über 140 Bilder aus der hoch­prei­si­gen Vetta-​Kollektion von iStockphoto.

Was haben die Fotografen bekommen?

Vermutlich (weder iStockphoto noch Getty Images äußern sich dazu) wur­den pro Bild ca. 30 bis 60 US-​Dollar gezahlt, davon gin­gen – je nach Vertrag – ca. 6 bis 12$ an den jewei­li­gen Fotografen. Die Bildhonorare wur­den über Getty Images im Oktober und November 2012 aus­ge­zahlt. Die Honorare sind unge­fähr in dem Bereich, den iStock-​Fotografen für einen nor­ma­len S‑Verkauf eines ihrer Vetta-​Bilder erhal­ten hät­ten. Für einen Verkauf! Die Erfahrungen aus dem eben­falls unsäg­lich unvor­teil­haf­ten Microsoft-​Deal (sie­he oben) haben gezeigt, dass die­se kos­ten­los ange­bo­te­nen Bilder sehr leicht zehn­tau­sen­de Downloads in kur­zer Zeit erzie­len, teil­wei­se sogar mil­lio­nen­fa­che Downloads und da Google Drive von über zehn Millionen Leuten genutzt wird, sind die­se Schätzungen sehr rea­lis­tisch. Dafür sind 6 bis 12 Dollar, selbst unter Berücksichtigung microstock-​üblicher Bedingungen, gelin­de gesagt eine Frechheit. In der Praxis wer­den die benutz­ten Bilder damit regel­recht ent­wer­tet, denn wer soll­te noch Geld aus­ge­ben für ein Foto, was einer­seits kos­ten­los zu haben ist und ande­rer­seits schon von unzäh­li­gen ande­ren – auch kom­mer­zi­ell – genutzt wurde?

Wofür dür­fen die Bilder in wel­cher Größe genutzt werden?

Sehr vie­le die­ser Bilder bei Google Drive sind in einer Auflösung von ca. 3200 x 2100 Pixel erhält­lich, also ca. 6,7 Megapixel. Das reicht locker für einen guten DinA4-​Druck, also auch für die Titelseite einer Zeitschrift, ein Poster oder für alle denk­ba­ren Web-​Anwendungen. Eine Verwendung der Bilder außer­halb der Google-​Anwendungen ist zwar offi­zi­ell nicht erlaubt, wird tech­nisch aber leicht ermög­licht und lässt sich in der Praxis kaum kon­trol­lie­ren. Während beim Deal mit Microsoft nur eine pri­va­te Nutzung erlaubt war, erlaubt Google aus­drück­lich die kom­mer­zi­el­le Nutzung der Bilder und eine Bearbeitung:

Wenn Sie die Funktion für die Google Bildsuche in Google Docs ver­wen­den, wer­den die Ergebnisse so gefil­tert, dass Bilder mit einer Lizenz ein­ge­schlos­sen wer­den, die das Kopieren des Bilds für kom­mer­zi­el­le Zwecke und das Ändern des Bilds gemäß den Angaben in der Lizenz zulässt.“ (Quelle)

Unklar ist jedoch, ob das rech­tens ist, denn eine Weitergabe z.B. von iStock-​Bildern unter solch weit­rei­chen­den Bedingungen sei­tens Getty Images ist weder durch die Standardlizenz noch die Erweiterte Lizenz bei iStockphoto abge­deckt. Auch ist kein kon­kre­ter Endbenutzer-​Lizenzvertrag (EULA) für die Bilder bei Google Drive ein­seh­bar, nur die oben ver­link­ten Lizenzbedingungen, die all­ge­mein für Google-​Dienste gelten.

Wie genau fin­de ich die Bilder bei Google Drive?

Wer sich mit sei­nem Google-​Account bei Google Drive ein­ge­loggt hat, fin­det links einen roten Knopf mit dem Titel „Erstellen“. Dort kann gewählt wer­den, ob man ein Textdokument, eine Präsentation, eine Tabelle oder etwas ähn­li­ches erstel­len will. Das neue Dokument wird geöff­net und oben in der Leiste wählt man „Einfügen“ und danach „Bild…“. Im neu geöff­ne­ten Fenster klickt man dann links unten auf „Suche“ und dann in der Mitte auf „Stockfotos“. Nun kön­nen im Suchfeld Begriffe ein­ge­ge­ben wer­den, wel­che die gewünsch­ten Bilder beschrei­ben (sie­he Screenshot oben).

Was regt die Fotografen an dem Deal außer­dem auf?

Zwei Dinge: Metadaten und dif­fa­mie­ren­de Nutzung. Bei der Nutzung der Bilder wer­den kei­ne Metadaten bei­be­hal­ten, die im Bild ent­hal­ten sind. Das heißt, weder der Fotograf noch die Bildagentur noch ande­re rele­van­te Copyright- oder Urheberrechtsinformationen blei­ben erhal­ten. Damit erhö­hen sich die Chancen stark, dass das Bild zu einem „ver­wais­ten Werk“ wird, wel­ches leicht den Urheberrechtsschutz ver­lie­ren kann. Hier habe ich als Beispiel ein Foto von Yuri Arcurs über Google Drive in einem Grafik-​Dokument abge­spei­chert. Wer will, könn­te das Bild unter „Datei/​Herunterladen als/​JPG“ auf sei­nem Rechner abspei­chern und sehen, dass kei­ne Metadaten ent­hal­ten sind. Das Original bei iStockphoto wür­de in der mitt­le­ren Größe min­des­tens 18 Euro kosten.

Das ande­re Dilemma: iStock-​Fotografen, wel­che deren Standard-​Model-​Release für ihre Fotos ver­wen­det haben, garan­tie­ren dar­in dem Model, dass die Bilder nicht für por­no­gra­fi­sche oder dif­fa­mie­ren­de Zwecke genutzt wer­den dürfen:

Gegen eine Vergütung, deren Erhalt hier­mit bestä­tigt wird, und durch die Unterzeichnung die­ser Freigabeerklärung (Model-​Release) ertei­le ich dem Fotografen/​Filmemacher und des­sen Rechtsnachfolgern das aus­schließ­li­che Recht, das Aufnahmematerial zu nut­zen und zu ver­wer­ten, ins­be­son­de­re es zu lizen­zie­ren und in belie­bi­gen Medien für belie­bi­ge Zwecke zu ver­wen­den (aus­ge­nom­men por­no­gra­fi­sche oder dif­fa­mie­ren­de Zwecke); dies schließt unter ande­rem Werbung, Werbeaktionen und Marketing für ein Produkt oder eine Dienstleistung sowie Produktverpackungen ein.“

Auch in den Lizenzbedingungen bei iStockphoto oder Getty Images gibt es die­se Einschränkung. Bei der Verwendung von Google Drive fin­det sich momen­tan kei­ne die­ser Einschränkungen, es wäre dem­nach mög­lich, die­se Bilder auf dif­fa­mie­ren­de Weise ein­zu­set­zen, ohne dass der Fotograf etwas dage­gen unter­neh­men könn­te. Das ist einer der Punkte, die auf jeden Fall von Getty Images nach­ver­han­delt wer­den müssen.

Wie reagie­ren die betrof­fe­nen Fotografen und Agenturen?

Bei den meis­ten Betroffenen steht noch der Mund weit offen vor Staunen über soviel Inkompetenz. Vor allem die Microstock-​Fotografen haben sich jedoch schon auf­ge­rap­pelt und über­le­gen ihre nächs­ten Schritte. Einige haben ihre Exklusivität bei iStockphoto auf­ge­ge­ben, weil para­do­xer­wei­se die­se stär­ker betrof­fen waren als nicht­ex­klu­si­ve Fotografen, obwohl die Exklusivität doch laut iStock-​Werbung die­se bei der Wahrung ihrer Interessen hel­fen sollte:

Durch das Exklusivitätsprogramm kön­nen wir unse­re Anbieter bes­ser schüt­zen. Wir kön­nen die Einhaltung ver­trag­li­cher Vereinbarungen bes­ser durch­set­zen, wenn wir wis­sen, dass ein Bild von unse­rer Website stammt und unse­rer Lizenzvereinbarung unter­liegt.“ (Zitat aus der iStock-​Werbung für deren Exklusivitätsprogramm)

Andere Fotografen keh­ren iStockphoto kom­plett den Rücken. Für den 2.2.2013 haben vie­le Fotografen einen „D‑Day“ (Deactivation-​Day) ange­kün­digt, an dem mas­sen­haft Bilder bei iStockphoto deak­ti­viert wer­den sol­len. Bisher wol­len Fotografen über 25.000 ihrer Bilder deak­ti­vie­ren und es wer­den täg­lich mehr. Sean Locke, der den Skandal auf­ge­deckt hat und in sei­nem Blog aus­führ­lich dar­über berich­tet, bie­tet als Service ein kos­ten­lo­ses Greasemonkey-​Skript an, mit dem sich vie­le Bilder leich­ter deak­ti­vie­ren las­sen. Einige Fotografen behal­ten sich auch recht­li­che Schritte vor.

Wenn eine Agentur ihre Fotografen so sehr ver­är­gert, wit­tern deren Konkurrenten eine Chance. Deshalb hat Shutterstock eine Art Hotline für exklu­si­ve Fotografen ein­ge­rich­tet, die zu Shutterstock wech­seln wol­len und auch Graphic Leftovers spart in deren Blogeintrag nicht mit Häme.

Wie reagiert iStockphoto?

Am 15. Januar schrieb Erin Sullivan, Vizepräsident für Content Development für Getty und iStock, im iStock-​Forum, dass zur Zeit mit Google am Fall gear­bei­tet wer­de. In der Zwischenzeit wer­den jedoch Fakten geschaf­fen und allein von Samstag auf Montag stieg die Zahl der Stockfotos bei Google Drive von 7000 um über 4500 auf über 11.700 Dateien. Außerdem gab Sullivan zu Protokoll, dass man beab­sich­ti­ge, in Zukunft noch mehr sol­cher Deals mit Google abzuschließen.

Kostenlos ist nicht gleich kostenlos

Es mag für Agenturen und Fotografen manch­mal gute Gründe geben, Fotos kos­ten­los abzu­ge­ben. Es macht aber einen Unterschied, ob das mit aus­ge­wähl­ten Dateien für einen kur­zen Zeitraum unter bestimm­ten Bedingungen oder in klei­ner Auflösung geschieht oder mas­sen­haft Bilder ohne nen­nens­wer­te Einschränkungen in vol­ler Größe ohne Namensnennung ver­schenkt wer­den. Eine mir bekann­te Fotografin war beim oben erwähn­ten Microsoft-​Deal mit meh­re­ren ihrer Bilder betrof­fen, die über eine Million kos­ten­lo­se Downloads erziel­ten. Ein Bild erreich­te allein über 650.000 Downloads, wur­de bei iStockphoto aber kein ein­zi­ges Mal ver­kauft. Der Werbeeffekt sol­cher Deals für die Fotografen ist prak­tisch nicht gegeben.

Die Demontage des eige­nen Geschäftsmodells

Es kommt sel­ten vor, dass eine Firma so kon­se­quent und ohne Not und Alternativen gegen ihre eige­nen Geschäftsinteressen han­delt. Noch kürz­lich hat iStockphoto damit gewor­ben, dass Grafikdesigner für ihre Präsentationen güns­ti­ge Bilder bei ihnen fin­den. Jetzt kön­nen sich die Grafikdesigner die glei­chen Bilder bei Google Drive in ihre Präsentation zie­hen – legal und kos­ten­los. Wo da der Mehrwert für die Agentur und die Fotografen lie­gen soll, ist unklar.

Meine Einschätzung und Zusammenfassung

Ich bin immer noch fas­sungs­los, was eine so erfah­re­ne Bildagentur wie Getty Images dazu bewo­gen haben muss, solch einem unvor­teil­haf­ten Deal zuzu­stim­men. Setzen da die neu­en Getty-​Eigentümer die Daumenschrauben an, um kurz­fris­tig so viel Kapitel wie mög­lich aus der Firma zu pres­sen, ohne Rücksicht auf lang­fris­ti­ge Geschäftsinteressen? Oder hat Google Details zur geplan­ten Nutzung der Bilder ver­schwie­gen? iStockphoto hat sich in der Vergangenheit (sie­he die lan­ge Liste oben) sehr vie­le Fehler geleis­tet, bei denen die Aufklärung oder Kommunikation man­gel­haft bis nicht vor­han­den war. Der Deal mit Google könn­te nun der end­gül­ti­ge Schubs sein, wel­cher der ers­ten Microstock-​Agentur der Welt das Genick bre­chen wird.

Was sagt ihr dazu? Wie wür­det ihr reagieren?

Zu verschenken: Fotoagenturen und Bildarchive Booklet

Ich ver­schen­ke mein Heft „Fotoagenturen und Bildarchive Booklet“, Ausgabe 2005/​2006 mit 200 Seiten, auf denen sich über 110 Bildagenturen mit Text und natür­lich vie­len bun­ten Bildern vor­stel­len. Herausgeber ist die Presse Informations AG (PIAG).

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