Die deutsche Bildagentur Photocase hat kürzlich eine Kampagne für bezahlten Content gestartet unter dem Hashtag #NotForFree.
Auf der Kampagnen-Webseite der Bildagentur gibt es ca. 30 Bilder, welche Fotografinnen und Fotografen der Agentur zusammen mit dem oben genannten Hashtag zeigen.
Damit will die Bildagentur demonstrieren, dass auch kostenlose Fotos von Menschen erstellt werden, welche unter anderem ihre Miete und Lebensmittel bezahlen müssen, was nur mit Likes und Klicks leider noch nicht möglich ist.
So, toll die Grundidee ist, wirkt die Aktion doch sehr zahnlos. Außer paar netten Bildchen auf der Kampagnen-Webseite sind dort keine Inhalte, Argumente, Daten oder Fakten zu finden sind, um die Ziel-Aussage zu untermauern. Dabei gäbe es etliche Dinge über kostenlose Angebote zu berichten, wie ich es beispielsweise hier oder hier oder hier getan habe.
Dazu kommt, dass die Geschichte doppelt ironisch ist.
Zum einen sind die 30 Kampagnen-Fotos selbst kostenlos:
„Die Fotos in dieser Kollektion können kostenlos im Rahmen der #NotForFree-Kampagne verwendet werden, dürfen aber nicht verändert werden.“
Außerdem ist einer der beiden Geschäftsführer der Photocase Addicts GmbH, der Firma hinter der Bildagentur Photocase, Christopher Kraft. Dieser Herr ist unter anderem auch Geschäftsführer der Idenio GmbH, welche etliche dubiose Affiliate-Marketing-Webseiten zum Thema Stockfotos, Stockvideos und ähnlichen Themen betreibt.
Diese Webseite hat den gleichen Geschäftsführer wie Photocase
Herr Kraft ist auch Geschäftsführer der Stockphotos.com GmbH, welche die englischsprachige Webseite stockphotos.com betreibt. Auch da gibt es Artikel wie „32 Best Sites for Free Stock Photos – The Secret List!“.
Da scheint die rechte Hand nicht zu wissen, was die linke Hand macht. Oder Photocase hält Fotografinnen und Fotografen für etwas beschränkt?
Willkommen bei einer weiteren Folge von „Pimp My Stock!“, wo ich Bilder meiner Leser*innen auf Verkäuflichkeit hin beurteile.
Diesmal schrieb mir Christine:
„Lieber Robert,
ich hatte dein Blog letztes Jahr per Zufall entdeckt, ich meine aber dich schon mal irgendwo auf Facebook zum Thema „Print on Demand“ in einer Gruppe gesehen zu haben. Jedenfalls ist Print on Demand mein persönliches Hauptthema und Stockfotos sind irgendwann zum Nebenprodukt geworden.
Mein/Unser Künstlername ist Christine aka stine1 und zu 99% bin das ich (Christine) und die Fotos an sich kommen fast ausschließlich von meinem Mann. Er ist der stille Teil dieses Hobbies, er fotografiert sehr gerne (wir sind Amateure, keine Profis) und hat mit der Vermarktung wenig bis nichts am Hut. Er freut sich über die großen Einnahmen von Zazzle und Co. und versteht meine Freude über mickrige Centbeträge bei einem Fotoverkauf über EyeEm oder Getty Images nicht.
Ich habe dir 8 mittelmäßige Fotos angehängt, die sich alle aber schon mindestens ein mal verkauft haben. Ehrlichgesagt überraschen mich die meisten Verkäufe gerade auch bei diesen Beispielfotos sehr, da ich selbst die Qualität bis auf Foto 8 nicht berauschend finde. Aber bei EyeEm geht der Upload schnell und einfach und bei mir macht es dann eher die Masse statt Klasse.
Hier noch ein paar Erklärungen, um was es sich bei den Fotos handelt, soweit nicht unbedingt ersichtlich:
Foto 3 ist ein altes Foto der Wuppertaler Schwebebahn aus den 1950er Jahren aus dem Nachlass meines Schwiegeropas.
Foto 7 zeigt die Innenstadt von Angers in Frankreich.
Foto 8 zeigt einen Teil des Hafens von Kralendijk auf der Karibikinsel Bonaire.
Ich würde mich freuen, wenn ich irgendwann mal Gegenstand einer ehrlichen (und vermutlich vernichtenden) Kritik deinerseits werde. Du darfst gerne auf mein EyeEm Portfolio https://www.eyeem.com/u/stine1online oder mein Blog Zizzling Zazzle https://stine1.info verlinken.
Liebe Grüße, Christine“
Dann werfen wir mal einen Blick auf ihre Bilder. Es war natürlich ein unfairer Trick von Christine, mir nur Bilder zu schicken, die sich schon verkauft haben, weil ich dann wie ein Depp dastehe, wenn ich der Meinung bin, dass sich bestimmte Bilder eigentlich nicht verkaufen würden, aber wir versuchen es mal… 🙂
Langjährige Leser*innen des Blogs ahnen, welcher Kommentar bei dieser roten Blume kommt: Wichtig ist hier auf jeden Fall der lateinische Name und die korrekte Bezeichnung der Pflanze, damit überhaupt eine Verkaufschance besteht. Unabhängig davon sehe ich hier aber nur sehr geringe Verkaufschancen, weil Blumen nun mal der Bereich sind, in dem sich Hobbyfotografen am liebsten austoben.
Über diese fliegende Möwe als Silhouette bin ich fast geneigt, das Gleiche wie bei der Blume zu schreiben, aber es gibt einige Unterschiede, die zu mehr Verkäufen führen könnten. Erstens ist das Bild symbolischer stärker aufgeladen und kann besser konzeptionell genutzt werden und zweitens ist viel Textfreiraum vorhanden. Drittens lassen sich mit einigen Photoshop-Tricks noch Verbesserungen erzielen, indem z.B. der Vogel vor einen anderen Himmel gesetzt wird („Himmel austauschen“-Funktion in PS) oder die Möwe geklont und anders und/oder mehrmals angeordnet wird. Ach ja, der Staubfleck auf dem Sensor rechts am Rand muss natürlich weg.
Ich habe mir mal erlaubt, paar Minuten mit dem Bild rumzuspielen:
Bei der Gelegenheit kann ich auch noch mal auf meine kostenlose Sammlung von 25 Himmelsbildern verweisen, welche weiterhin hier gratis zum Download bereit steht.
Das dritte Bild zeigt die Wuppertaler Schwebebahn, nach Aussage von Christine aus den 1950er Jahren. Ist hier vermutlich die Rechteklärung der schwierigste Part, ansonsten ist das Bild redaktionell sicher für einige Kunden spannend, weil diese Ansicht eben auch nicht neu fotografiert werden kann. Wobei gehässige Zungen sagen, dass es heute dort nicht viel anders aussieht. Gefühlt würde ich noch sagen, dass das Bild minimal nach rechts gekippt werden könnte.
Hm. Hirsch im Wildgehege? Prinzipiell würde ich sagen, dass das Foto wenig Verkaufschancen hat, da Tiere in freier Wildbahn generell besser verkäuflich sind und natürlich mehr Fotografen auf die Tiere im Gehege Zugriff haben. Mir fehlt jedoch das fachliche Wissen, um einschätzen zu können, ob die weiße Färbung vom Hirsch selten ist. Wenn ja, würde das logischerweise einige Pluspunkte auf der Verkaufsskala bringen.
Hier sehen wir zwei Pferde im Stall. Das halte ich für gut verkäuflich, weil das vordere Pferd wirklich sehr archetypisch ist und gut getroffen ist. Falls die Möglichkeit besteht, noch mal an den Ort zu kommen, würde ich noch vorschlagen, die Spinnenwegen in der Ecke hinten zu entfernen vor einem erneuten Foto. Bei der RAW-Entwicklung würde ich auch zu einem wärmeren Weißabgleich tendieren, ansonsten ein gutes Stockfoto.
Außerdem bieten sich noch einige Bearbeitungsmöglichkeiten an, wenn das Pferd richtig freigestellt wird. Ich habe das (siehe oben) mal halbautomatisch in paar Sekunden mit dem „Motiv freistellen“-Befehl in Photoshop gemacht, eine neue Farbebene drunter gelegt und das Format geändert. Zack, noch mal verkäuflicher.
Grüner Rasen von oben? Andere würden die Nase ob des simplen Motivs rümpfen, erfahrene Stockfotografen wissen jedoch: Sowas geht! Grafiker brauchen alle möglichen Texturen und Hintergründe. Dass auf dieser Wise noch Klee und andere Wildkräuter wachsen, kann sowohl Vor- als auch Nachteil sein. Als „Fußballrasen“ kann das Bild nicht verkauft werden, aber andere Designer brauchen vielleicht genau diese „Wild“-Elemente im Rasen für ihr Projekt.
Bei diesem Bild von der Innenstadt in Angers, Frankreich, ist der dünne schwarze Rand beim Bild besonders erkennbar. Ich weiß nicht, ob der versehentlich durch einen Bearbeitungsschritt entstanden ist und in der Version für die Bildagenturen ebenfalls enthalten ist. Wenn ja, sollte dieser dringend entfernt werden. Das Bild selbst „kippt“ etwas nach hinten wegen der perspektivischen Verzerrung, welche aber mit Photoshop schnell geradegerückt werden kann. Insgesamt ist es vermutlich aber keine besonders repräsentative Ecke von Angers, da hat die Stadt mit ihren Burganlagen, Brücken und Altbauten schönere Ecken zu bieten. Insofern ist das Motiv als Stockfoto leider eher ungeeignet.
Das letzte Bild zeigt den Hafen von Kralendijk auf der Karibikinsel Bonaire. Auf den ersten Blick ist es ein eher unscheinbares Foto, was jedoch eindeutig universeller nutzbar ist als das von vorherige. Ich würde hier bei der Bearbeitung zu mehr Kontrast und Sättigung greifen und ggf. auch hier den Himmel noch optimieren oder ganz ersetzen. Dann ist es eine schöne Freizeitszene mit Textfreiraum, die für allgemeine Urlaubs- und Reisethemen Anwendung finden kann.
Wie seht ihr das? Habt ihr ggf. andere Hinweise für Christine?
Wer ebenfalls an einer kostenlosen Rezension seiner Bilder interessiert ist, findet hier alle Informationen zur Teilnahme.
Langsam bekomme ich Routine. Schon die 63. Folge von „Pimp My Stock“ gibt es heute, diesmal mit vielen Reisefotos von Christian. Er schreibt mir:
„Lieber Robert,
Ich lese Deinen Blog schon seit einer geraumen Weile und habe die konsequente Weiterentwicklung erlebt und immer wieder Interessantes erfahren oder dazugelernt. Die Rubrik Pimp my Stock finde ich auch immer wieder interessant und spannend, auch die Bandbreite an Qualität die sich dort präsentiert. Ich bin schon seit 2009 im Stockbereich tätig, allerdings liegt mein Hauptaugenmerk auf Video. Dank meiner beruflichen Reisen und aufgrund der Tatsache, dass meine Videokameras auch Fotos machen können (eigentlich ist es ja umgekehrt 😉 ), haben sich einige Fotos angesammelt, die ich in den letzten Jahren auch zunehmend auf den einschlägigen Seiten hochgeladen habe. Mit den Verkaufszahlen bin ich allerdings nicht sonderlich zufrieden und ich frage mich woran es liegt. Sind meine Bilder zu speziell? Zu bunt? Überkorrigiert? Oder ist der Markt an Reisebildern so gesättigt? Ein Tipp von Dir oder Deinen Followern wäre da sicher interessant. Eigenartigerweise ist das Bild aus Jerusalem mein Verkaufsschlager. Es hat sich eine lange Zeit fast täglich verkauft und dürfte bei einer Agentur schon an die 500 mal verkauft worden sein. Alle anderen Bilder haben bestenfalls fünf Verkäufe und das im Cent Bereich (wobei die Venedig-Bilder noch ganz frisch sind und natürlich mit langgedienten Bestsellern konkurrieren). Ist es das Motiv, die Qualität oder letztlich eine Glücksfrage, wer in der Suche oben ankommt und immer wieder gekauft wird? Die letzten Jahre war Shutterstock mein bevorzugter Verkäufer für Fotos, nach deren neuer unsäglichen Preisstruktur ist jetzt Adobe statt dessen an erste Stelle gerückt. Die besten Preise bekomme ich bei Alamy, aber dort verkaufen sich im Jahr aber auch nur um die 30 Bilder.
Mein Equipment hat sich im Laufe der Jahre gewandelt. Von der Nikon D90 über die Canon 5D II über die 1D C und GH5 Lumix jetzt zur Canon R5.
Würde mich freuen, wenn Du Zeit finden solltest ein paar meiner Fotos unter Deine strenge Lupe zu nehmen.
Herzliche Grüße, Christian“
Ich habe mir Christians Bilder schon angeschaut und bevor ich auf jedes einzelne Bild eingehe, will ich zwei generelle Bemerkungen vorweg schicken, weil diese auf fast jedes seiner Motive zutreffen.
Erstens sind auf vielen Motiven Gebäude, Sehenswürdigkeiten, Fahrzeuge oder andere markante Dinge im Bild erkennbar, die ggf. je nach Land oder Laune der Agentur einen Property Release erfordern könnten. Das kann ich im Einzelfall auf die Schnelle nicht prüfen, das kann aber ggf. zu Ablehnungen führen.
Damit zusammen hängt der zweite Punkt: Falls einige der Bilder durchgehen, werden sie nur als „redaktioneller Content“ akzeptiert werden, entweder wegen oben genannter Einschränkungen beim Property Release oder bei den Fotos mit erkennbaren Menschen im Bild auch wegen fehlender Model Releases. Beide Punkte sorgen natürlich für eine geringere Verkäuflichkeit, da sie die Vermarktbarkeit der Bilder erschweren.
Auf die beiden obigen Punkte werde ich bei meiner Bildbesprechung nur kurz eingehen, weil sich die Hinweise sonst stark wiederholen würden.
Typical market in the Amhara region near lake Tana
Beim ersten Foto sehen wir laut Bildunterschrift eine Marktszene in Äthiopien. Aus Microstock-Sicht fallen mir sofort das Logo auf der Nähmaschine sowie der Tüte und dem Eimer als Hocker auf. Die müssten retuschiert werden. Falls das Bild wegen fehlender Model Releases nur als redaktioneller Content angeboten werden sollte, finde ich die Sättigung hier in der Tat zu stark. Eine noch geringere Tiefenschärfe hätte auch besser dafür gesorgt, dass sich der Näher besser von dem schon sehr belebten Markt-Hintergrund abheben würde.
Unique monolithic rock-hewn Church of St. George (Bete Giyorgis), UNESCO World heritage
Ebenfalls in Äthiopien ist die „Church of Saint George“. Als UNESCO-Weltkulturerbe gibt es hier sicher einige Reiseführer als Käufer, wobei Äthiopien selbst sicher nicht zu den verkaufstärksten Ländern in der Reiseführer-Bücherbranche gelten dürfte. Die Komposition vom Bild finde ich passend, aber Sättigung und HDR-Effekt ebenfalls stark an der Grenze des Erträglichen.
Tourist Cruiseship on Chiemsee at a sunny day in summer
Der Chiemsee in Bayern wartet hier mit weniger satten Farben auf, leider auch mit einem etwas bewölkteren Himmel, was für die Postkarten- und Kalender-Branche sehr unpassend ist. Hier würde sich die „Himmel austauschen“-Funktion in Photoshop ideal anbieten, um einen etwas blaueren Himmel mit leichten Schäfchenwolken einzusetzen.
Château de Vaux-le-Vicomte at sunset. The place is famous for its candle nights
Das Foto vom Schloss Vaux-le-Vicomte in Frankreich kann mit einem perfekten Abendhimmel aufwarten. Dafür fehlt hier leider die Symmetrie, die mit einigen Schritten nach links vermutlich leicht zu erzielen gewesen wäre. Zumindest als zweite Variante wären einige Schritte nach vorne empfehlenswert gewesen (falls Christian das nicht eh schon gemacht hat), um eine Bildvariante ohne die Lampen im Vordergrund zu haben. So hätten Bildkäufer wahlweise mehr Textfreiraum ums Schloss gehabt.
Roque de los Muchachos Observatory located on the highest mountain of La Palma, Canary Islands, Spain
Dieses Foto einer Sternwarte auf den Kanarischen Inseln gefällt mir sehr gut. Von eventuellen PR-Problemen abgesehen ist die Sättigung hier passend, der Wolkenhintergrund betont die Kuppel der Sternwarte und die Sonne scheint genau von oben links ins Bild. Thematisch ist das Motiv aber schon etwas spezieller und wird wohl weniger potentielle Käufer erreichen als „klassische“ Urlaubsmotive, dafür kommen vielleicht einige Käufer aus dem Wissenschaftsbereich hinzu.
Das nächste Bild zeigt den Felsendom in Jerusalem. Das Bild könnte unten etwas enger beschnitten sein, ansonsten habe ich daran nichts auszusetzen. Das Bauwerk gehört jedoch zu den meistfotografierten in der Stadt, weshalb die Konkurrenz groß ist. Wenn ich mir die anderen Aufnahmen dazu bei Adobe Stock so ansehe, kann dieses Foto aber locker mitspielen.
Metal pipes against blue sky
Ich weiß nicht, zu welchem Kunstwerk oder zu welcher Sehenswürdigkeit diese Metallrohre gehören sollen. Ohne diese Information ist das Bild jedoch kaum brauchbar als Stockfoto, da ansonsten weder ein stimmiges Konzept oder eine Aussage erkennbar ist. Da hilft es auch nicht, wenn es korrekt belichtet und vor einem blauen Himmel fotografiert worden ist.
Foto enthusiasts from asia taking picture of a Burmese woman
Dieses Bild einer Fotosafari in Burma berührt mich sehr, weil es den „Exoten- oder Elendstourismus“ vieler Foto-Ausflüge gut darstellt. Problematisch wird es hier ironischerweise bestimmt mit den Persönlichkeitsrechten, aber als redaktionelles Bild ist es sehr gut auf den Punkt gebracht. Nur der Hund hätte gerne paar Schritte aus dem Bild gehen können. Also auf jeden Fall ein sehr taugliches Stockfoto, jedoch nicht für Microstock, sondern eher für spezialisierte Agenturen.
Dramatic Sky During Golden Hour in Venice
Dieses Foto von Gondeln in Venedig gibt die Stimmung in der Stadt gelungen wieder. Insgesamt finde ich es jedoch im unteren Bereich etwas zu dunkel, das könnte man in der Bildbearbeitung sicher noch etwas aufhellen. Auch einige der schwarzen Punkte/Flecken im Himmel hätte ich retuschiert. Davon abgesehen ein gelungenes Reise-Stockfoto.
Headstones at the Arlington National Cemetery near Washington DC
Das letzte Bild zeigt Grabsteine auf dem Nationalfriedhof Arlington in den USA. Auffällig ist, dass hier zwei Merkmale fehlen, die sonst typischerweise auf Stockfotos von diesem Friedhof vorhanden sind: Die Ausarbeitung der geometrischen Aufstellung der Grabsteine sowie die kleinen USA-Flaggen an jedem Grabstein zu besonderen Anlässen. Dafür ist hier der kleine Baum prominent ins Zentrum gerückt worden, was ähnlich nur auf wenigen anderen Fotos zu sehen ist. Insofern eine gelungene neue Variante von einem häufig fotografierten Motiv. Es bleiben aber Grabsteine, weshalb gilt: Tod und andere negative Themen sind generell als Stockfotos weniger verkäuflich wie positive Themen.
Insgesamt gelungene Motive, die sich auch auf dem gesättigten Markt der Reisefotos behaupten können. Eventuell sollte Christian zusätzlich versuchen, auf seinen Reisen etwas mehr generische und Konzept-Themen einzufangen, die sich abseits der touristischen Sehenswürdigkeiten vielleicht entdecken lassen.
Falls ihr ebenfalls wissen wollt, wie sich eure Fotos schlagen, könnt ihr gerne ebenfalls kostenlos in einer „Pimp My Stock“-Folge mitmachen. Alle Details findet ihr hier.
Nach einigen Monaten Abstinenz bin ich endlich wieder dazu gekommen, eine neue Folge von „Pimp My Stock!“ zu schreiben, bei der ich Leserfotos auf ihre Verkäuflichkeit hin beurteile.
Die folgende Mail schrieb mir Tom zu seinen Bildern:
„Hallo Robert,
ich bin auf deinen Blog aufmerksam geworden, den ich sehr interessant finde. Gerne würde ich an deiner „Pimp my Stock“ Serie teilnehmen. Du kannst, wenn Du magst daraus auch einen entsprechenden Blog-Beitrag entwerfen.
Ein paar Infos zu mir: Als Amateur-Fotograf habe ich mir kürzlich eine Vollformat Kamera (Nikon D600) mit den Objektiven Tamron AF ASPHERICAL 28–200mm 1:3.8–5.6, Nikon AF Nikor 50mm 1:1.8 und SIGMA 70–300mm 1:4–5.6 D ausgeliehen. Ich fotografiere seit 2013 und bin durch mein Studium der Medientechnik zur Fotografie gekommen. Zunächst mit einer Sony Alpha 77 Kamera und einer 35mm Festbrennweite.
Nach ein paar Tagen hatte ich einige Ideen mit der Kamera eingefangen. Natürlich würde mich interessieren, inwieweit diese Bilder Stockfoto tauglich oder noch verbesserungswürdig sind.
Danke für das Lesen.
Viele Grüße, Tom“
Schauen wir uns mal seine Bilder an:
Das erste Bild zeigt eine Schale mit Kaffeebohnen. Da Kaffee eine Droge ist, nach der viele Menschen süchtig sind und auch viele Cafés, Restaurants, Coffeeshops, Tankstellen, Supermärkte und so weiter mit einem schnell gebrühten Kaffee Geld verdienen wollen, bietet sich das Motiv als Stockfoto an.
An der Umsetzung lässt sich jedoch noch arbeiten. Zuerst hat das Bild einen merklichen Gelbstich. Auch ist unklar, warum die Bohnen in dieser eher unfotogenen Schale präsentiert werden. Ein rustikaler Holz-Untergrund oder ein Vintage Kaffeesack oder etwas ähnliches wäre passender gewesen. Generell wäre hier auch der Einsatz eines Makro-Objektivs vermutlich hilfreicher.
Laut Bildtitel soll dieses Vorhängeschloss auf einem Laptop das Konzept „Cyber-Security“ visualisieren. Die Idee ist natürlich passend, wenn auch nicht ganz neu. Bei der Umsetzung fällt als erstes auf, dass Kamera und Laptop nicht parallel zueinander ausgerichtet sind, weil das Monitorscharnier oben nicht parallel zum Bildrand läuft. Auch veraltet das Bild so schnell wie das Laptop-Modell, weshalb es sich nicht lange am Markt halten wird. Vermutlich wäre das Schloss stehend mit wenig Tiefenschärfe auch besser ins Bild gesetzt gewesen.
Verschiedene Küchenmesser liegen nebeneinander hier. Profis werden sofort erkennen, dass die Klingen der Messer leider nicht so sauber sind, wie sie hätten sein sollen. Auch die Reflexion auf dem Untergrund ist nicht optimal. Etwas unklar ist auch der Verwendungszweck: Soll das Motiv für ein Horrorfilm oder ‑buch sein oder Einsatzmöglichkeiten in der Küche bewerben? Beides passt hier nicht ganz. Für erstes hätte z.B. etwas Kunstblut geholfen und dramatischeres Licht, bei letzterem stören die Klingenflecken sowie das „Schwarz in Schwarz“.
Das nächste Bild zeigt eine Schale mit Müsli. Meine Kritikpunkte reihen sich leider in die schon erwähnten Mängel ein. Der Weißabgleich ist etwas zu gelblich, die Schale sowie der Löffel sind mit den störenden Mustern nicht stock-tauglich genug und das Müsli ist nicht dekorativ genug angerichtet.
Wer sich diese Bestseller-Müsli-Bilder anschaut, wird merken, dass hier ein klarer Bildaufbau mit einigen dekorativ angeordneten Früchten sehr positiv auf das Ergebnis auswirken. Es gibt im Internet auch etliche Tutorials, die zeigen, dass bei solchen Fotos meist ein Dummy-Untergrund eingesetzt wird, damit die Haferflocken und andere Zutaten trotz Milch oder Joghurt nicht absinken.
Das letzte Bild zeigt viele halbierte Orangen. Von allen heute gezeigten Bildern würde ich diesem noch am ehesten Verkaufschancen einräumen. Noch besser wären diese, wenn die Orange (vor allem unten rechts) gerader ausgerichtet wären. Außerdem hätte ich das Bild mit mehr Helligkeit, Sättigung und Kontrast bearbeitet, damit es nicht so flau wirkt.
Was sagt ihr? Würdet ihr meiner Meinung zustimmen oder was würdet ihr Tom raten?
Falls ihr wissen wollt, wie sich eure Fotos schlagen, könnt ihr gerne ebenfalls kostenlos in einer „Pimp My Stock“-Folge mitmachen. Alle Details findet ihr hier.
Vor einer Weile errichte mich diese Anfrage, welche ich heute in einer neuen Folge von „Frag den Fotograf“ beantworten will:
„Als Bildredakteur einer Tageszeitung suche ich manchmal Fotos, die sich als Symbol-Bebilderung für schwierige Themen eignen. Beispiele sind Depression, Armut, Alkoholexzesse bei Jugendlichen oderauch virtuelle Themen wie Überwachung, Missbrauch, Sicherheit usw.
Es geht dabei vor allem um Fotos, die eine bedrohliche, problemorientierte Gestaltung aufweisen. Ich arbeite mich bei der Suche in den großen Stockagenturen oft lange und genervt durch Massen an fröhlich-gestellten Bildern mit gesunden Menschen, die sich meist sehr ähneln und die ich komplett nicht gebrauchen kann.
Haben Sie einen Tipp, wo ich „düstere“ anspruchsvolle Symbolbilder finden kann?“
Diese Frage ist nicht so einfach zu beantworten, denn eine Agentur, die sich auf genau solche Bilder spezialisiert hat, gibt es nicht.
Einige Gründe dafür habe ich z.B. in diesem Blog-Artikel hier geschildert. Generell wird es so sein, dass sie solche Fotos eher bei den teureren oder den Gratis-Bildagenturen finden können, weil sich diese Themen für Microstock-Agenturen nicht oft genug verkaufen.
Bei teuren Agenturen wie Getty Images kann sich so ein Motiv auch durch wenige Verkäufe rentieren, bei den Gratis-Agenturen wie Unsplash oder freeimages.com geht es den Fotografen nicht darum, mit den Motiven Produktionskosten wieder einzuspielen.
Auch bei Webseiten wie DeviantArt finden sich etliche Künstlerinnen und Künstler, die sich „düsteren“ Themen verschrieben haben, aber das sind meist Illustrationen statt Fotos.
Aber auch auf der Medienseite selbst zu zu düstere, unangenehme Fotos selten erwünscht, im werblichen Bereich noch weniger. Die Leserinnen und Leser sollen ja ihr Frühstück noch verdauen können, wenn sie die Titelseite ihrer Tageszeitung in der Hand haben und viele Medien können nicht kontrollieren, von welchen Altersgruppen die Bilder gesehen werden, weshalb sie da lieber vorsichtig Bilder auswählen, die möglichst wenig Leuten verschrecken, auch bei negativen Themen.
Deshalb: Negative, dunkle Stockfotos werden auch weiterhin eine sehr kleine Nische auf dem Bildermarkt sein, da man gezielt mit entsprechendem Zeitaufwand suchen muss.