Was passiert eigentlich, wenn Urheber ihre Bilder aus den Trainingsdaten für die großen KI-Systeme entfernen wollen? Ich habe es ausprobiert und das Ergebnis gleicht einem Kafka-Roman.
Der deutsche Verein LAION e.V. hat verschiedene KI-Trainingssätze kostenlos ins Internet gestellt mit Links und Bildbeschreibungen und anderen Informationen zu teilweise über 5.8 Milliarden (größtenteils urheberrechtlich geschützten) Bildern.
Diese Trainingsdaten wurden u.a. von kommerziell agierenden Firmen wie Stability AI genutzt, um ihre Bildgenerierende KI „Stable Diffusion“ zu trainieren. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt, dass zufällig einer der Gründungsmitglieder des Vereins, Richard Vencu, bei der Firma Stability AI arbeitet. Das übrigens genau seit Februar 2022, also dem Zeitpunkt, als der Verein gegründet wurde.
Im Februar hatte ich hier berichtet, dass ich LAION e.V. darum gebeten hatte, meine urheberrechtlich geschützten Bilder aus den Trainingsdaten zu entfernen. Als Antwort kam ein arroganter Brief, der mit der Drohung endete, dass ich mit Schadensersatzansprüchen zu rechnen habe, sollte ich auf meiner angeblich unbegründeten Forderung bestehen.
Davon lasse ich mich natürlich nicht abschrecken und verschickte mit Hilfe meines Anwalts Ende März eine Unterlassungsforderung sowie eine Auskunftsanfrage, welche mit nach §§101 UrhG, 242 BGB zusteht.
Also im Klartext: Ich habe den Verein ausgefordert, meine Bilder aus dem Trainingssatz zu nehmen und mir Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang genau meine Werke verwendet wurden, wie lange, woher sie die Inhalte hatten und so weiter.
Das fand der Verein gar nicht lustig und antwortete am 11. April 2023:
„Eine Urheberrechtsverletzung liegt nicht vor. Die einzige Vervielfältigungshandlung die unsere Mandantin vorgenommen haben könnte, war vorübergehender Natur und ist von den Schrankenregelungen sowohl des § 44b UrhG als auch des noch weitergehenden § 60d UrhG gedeckt. Wie bereits gegenüber Ihrem Mandanten ausgeführt, speichert unsere Mandantin keine Vervielfältigungsstücke der Werke Ihres Mandanten, die gelöscht werden könnten oder über die Auskunft erteilt werden könnte. Unsere Mandantin hat lediglich zum initialen Trainieren eines selbstlernenden Algorithmus, unter Einsatz sog. Crawler, Bilddateien im Internet ausfindig gemacht und zur Informationsgewinnung kurzzeitig erfasst und ausgewertet.“
Interessant ist, dass hier ausdrücklich der Einsatz von Crawlern erwähnt wird, welcher in den Nutzungsbedingungen der meisten Bildagenturen ausdrücklich verboten ist. So auch bei den Bildern, welche ich beanstandet hatte.
Mal ganz abgesehen, dass wir auch sehr gespannt sind, wie LAION e.V. erklären will, woher der Verein Links zu Bild-Thumbnails haben will, deren Bilder schon vor der Vereinsgründung bei den Bildagenturen gelöscht worden waren.
Weiter heißt es dann im Text:
„Unsere Mandantin wird daher insbesondere keine Unterlassungserklärung gegenüber Ihrem Mandanten abgeben. Daneben hat Ihr Mandat selbstredend auch keinen Anspruch auf Auskunft durch unsere Mandantin. Selbst bei Bejahung einer rechtsverletzenden Vervielfältigungshandlung bestünde mangels eines Handelns im gewerblichen Ausmaß kein Auskunftsanspruch.“
Das heißt, salopp verkürzt formuliert: Wir werden die urheberrechtlich geschützten Werke weiterhin nutzen, auch wenn der Urheber dagegen ist. Außerdem verweigern wir die Auskunft, wo wir die Bilder genau herhaben und was wir damit gemacht haben und wie lange genau wir sie gespeichert haben. So selbstverständlich finden wir das nicht.
Dann heißt es:
„Unsere Mandantin hat grundsätzlich Verständnis dafür, dass Ihr Mandant ggf. auch eine vorübergehende Vervielfältigung seiner Werke nicht gern sieht. Nur ist diese eben ausdrücklich vom europäischen Gesetzgeber gestattet worden. Daher müssen wir Ihren Mandanten dazu auffordern, dass er erklärt, von den mit Schreiben vom 29.03.2023 geltend gemachten Ansprüchen Abstand zu nehmen.“
Um dem Ganzen dann die Krone aufzusetzen, fordert LAION e.V. dann Geld von mir:
„Mit Schreiben vom 14.02.2023 hatten wir Ihren Mandanten bereits darauf aufmerksam gemacht, dass unserer Mandantin im Falle einer unberechtigten Inanspruchnahme Schadenersatzansprüche gemäß § 97a Abs. 4 UrhG zustehen. Unsere Mandantin hatte seinerzeit noch davon abgesehen diesen Anspruch durchzusetzen, sieht sich nun aber außer Stande hier weiter Nachsicht walten zu lassen. Für die Verteidigung gegen die durch Sie ausgesprochene, offenkundig unberechtigte Abmahnung sind ihr Rechtsanwaltskosten entstanden, die unsere Mandantin nicht selbst tragen wird.“
Den Gegenstandswert beziffert die gegnerische Anwaltskanzlei auf 9.000 Euro, der geforderte Betrag beläuft sich auf 887,03 € (Aufschlüsselung siehe Bild oben).
Also noch mal das Ganze runtergebrochen: Der Verein nutzt massenhaft urheberrechtlich geschützte Werke, damit kommerziell agierende Firmen damit Profit machen können und wenn ich als Urheber darum bitte, meine Bilder aus den Trainingsdaten zu entfernen sowie mir den rechtlich zustehenden Auskunftsanspruch zu erfüllen, soll ich dem Verein Schadensersatz zahlen.
Da passt es ganz gut, dass die Kanzlei schon mal androht, dass sie „geneigt seien, die Angelegenheit einer gerichtlichen Klärung zuzuführen“. Wir sind genauso „geneigt“ und arbeiten schon an der Anspruchsbegründung für das Gericht.
Update 27.04.2023, 16:25 Uhr: Wir haben eben die Klage gegen LAION e.V. vor dem Landgericht Hamburg eingereicht.
Letzten Monat hatte ich in diesem Artikel erklärt, wie die Künstliche Intelligenz am Beispiel von Stable Diffusion funktioniert.
Darin kam der Verein LAION e.V. zur Sprache, welcher etliche riesige Datenpakete anbietet, mit welchen KIs trainiert werden. Eines dieser Pakete heißt z.B. LAION 5B, weil es ca. 5,85 Millarden („5,85 Billions“ im Englischen, daher 5B) Datensätze umfasst.
Ein Datensatz besteht zum Beispiel aus der URL zu einer Bilddatei, der dazugehörigen Bildbeschreibung, den Bildmaßen in Pixeln, der verwendeten Sprache sowie einiger anderer Faktoren.
Anfangs war wenigen Leuten bekannt, welche Bilder genau im Datenset enthalten waren. Aber die Künstler Mat Dryhurst, Holly Herndon und Jordan Meyer gründeten die Firma Spawning, welche wiederum die Webseite „Have I Been Trained?“ ins Leben riefen.
Dort können Leute – vereinfacht erklärt – die oben genannten Bildbeschreibungen durchsuchen, um zu sehen, welche Bilder in den KI-Trainingssets enthalten sind.
Viele Urheber nutzten die Webseite und fanden wenig überraschend viele Treffer. Auch aus meinem Portfolio konnte ich nach einer kurzen Stichprobe haufenweise Bilder finden, hauptsächlich mit Wasserzeichen aus den Bildagentur-Portfolios, aber auch von Kundenseiten oder Webseiten, die selbst illegal Bildersammlungen anbieten:
Haufenweise Links zu meinen Fotos aus meinem Shutterstock-Portfolio im LAION-Datensatz
In den Kommentaren eines meiner Social Media-Profile las ich den Hinweis eines Fotografen, dass der den Verein LAION gebeten hatte, seine Werke aus den Trainingsdaten zu nehmen und als Antwort mit Schadensersatzansprüchen bedroht wurde, sollte er auf seinem Anliegen beharren.
Das kam mir wie eine wilde Geschichte vor, bis ich die Fakten überprüfte. Ich nahm Einsicht in den Schriftsatz der Anwaltskanzlei und schickte am 13.02.2023 selbst eine Anfrage an LAION e.V. per Email mit der Bitte, meine Werke aus dem Trainingssatz zu entfernen.
Nur einen Tag später erhielt ich am 14.02.2023 tatsächlich Post („vorab per Email“) von der Hannover Anwaltskanzlei „Heidrich Rechtsanwälte“ im Auftrag von LAION e.V., übrigens fast wortgleich mit dem Schreiben, welches ich von dem anderen Fotografen weitergeleitet bekommen habe.
In dem Schreiben heißt es:
„Sehr geehrter Herr Kneschke,
hiermit zeigen wir an, dass wir die rechtlichen Interessen des LAION e.V., Herman-Lange-Weg 6, 21035 Hamburg, vertreten. Die ordnungsgemäße Bevollmächtigung wird anwaltlich versichert.
Grund unseres Schreibens ist Ihre E‑Mail vom 13. Februar 2023 an unsere Mandantin, welche uns diese zur Beantwortung vorgelegt hat.
Bei unserer Mandantin handelt es sich um einen im Vereinsregister eingetragenen, nicht-gewinnorientierten Verein, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, selbstlernende Algorithmen im Sinne künstlicher Intelligenz fortzuentwickeln und der breiten Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. Die Vereinsmitglieder sowie der Vorstand sind im Rahmen der Vereinsarbeit ehrenamtlich forschend tätig.
Unsere Mandantin hat bereits im Sommer 2022 umfangreich Rechtsrat zu verschiedenen Problemstellungen – insbesondere urheberrechtlichen Implikationen – im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit auf dem Gebiet der Erforschung von Kl-gestützten Bildgenerierungsmodellen eingeholt. Unserer Mandantin war es von Anfang an wichtig, dass im Rahmen ihrer Tätigkeit keine Rechte Dritter verletzt werden. Unsere Mandantin hält sich ausnahmslos an die bestehenden gesetzlichen Vorgaben, insbesondere aus dem Urheber- und Datenschutzrecht.
Unsere Mandantin unterhält lediglich eine Datenbank, die Links zu im Internet öffentlich abrufbaren Bilddateien enthält. Sie kann zwar nicht ausschließen, dass in der Datenbank auch Links zu Bildern enthalten sind, deren Urheber Sie sind. Da unsere Mandantin aber jedenfalls keine der von Ihnen monierten Fotografien speichert, besteht Ihrerseits auch kein Anspruch auf Löschung. Es existieren bei unserer Mandantin schlicht keine Bilder, die gelöscht werden könnten.
Das Bereitstellen von Links stellt nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung auch keine Verletzung von Urheberrechten dar. Das Bereitstellen eines Links dient lediglich dem Auffinden eines ohnehin im Internet abrufbaren Inhalts. Der hinter einem Link stehende Inhalt kann auch nur an der verlinkten Stelle und nicht andernorts abgerufen werden, sodass insbesondere keine Vervielfältigung im Sinne des Urheberrechts vorliegt. Unsere Mandantin trägt keine Verantwortung für die Inhalte auf anderen Websites.
Auf Nutzungen Ihrer Werke durch Dritte hat unsere Mandantin naturgemäß keinen Einfluss. Eine Nutzung durch Dritte wird aber ohnehin auch nicht erst durch unsere Mandantin ermöglicht. Die von unserer Mandantin verlinkten Bildinhalte sind frei im Internet abrufbar. Sofern Sie eine rechtsverletzende Nutzung durch Dritte feststellen, müssen Sie sich an diese Personen wenden.
Ihre Fristsetzung betrachten wir daher als gegenstandslos. Wir weisen außerdem darauf hin, dass unsere Mandantin gemäß§ 97a Abs. 4 UrhG Schadenersatzansprüche geltend machen kann, wenn diese unberechtigt urheberechtlich in Anspruch genommen wird.
Wir hoffen, dass wir Ihre Bedenken mit unseren Ausführungen ausräumen konnten und stehen Ihnen für Rückfragen gern zur Verfügung.“
Ja, ihr lest das vollkommen richtig. Urhebern, die nicht wollen, dass ihr Werke für Trainingszwecke benutzt werden, werden Schadensersatzansprüche angedroht.
Die restlichen Aussagen im Schreiben lassen einen ebenfalls etwas verwundert zurück. Die angebliche Gemeinnützigkeit eines Vereins, welcher unter anderem von einer Firma wie Stability AI mitfinanziert wird, welche wiederum von den Ergebnissen des Vereins kommerziell profitiert, hat mindestens ein „Geschmäckle“, was meiner Meinung nach danach riecht, hier absichtlich eine Konstruktion zu bauen, welche Haftungsfragen auslagern soll.
Auch das „ledigliche Unterhalten einer Datenbank“ ist hier meiner Meinung nach etwas zu kurz gegriffen, da neben den oben genannten Datenpunkten auch Daten wie „similarity“, „pwatermark“ oder „punsafe“ enthalten, welche nicht einfach ausgelesen, sondern erstellt werden müssen, was vermutlich zumindest eine temporare Speicherung der Bilddaten erfordert haben wird. Das legt auch diese Infografik nahe, in der erklärt wird, das die Bilder und Daten „heruntergeladen“ wurden:
Das sind im Detail aber auch Vermutungen, welche wahrscheinlich bei einem Gerichtsprozess geklärt werden müssen.
Genau so einen Prozess werde ich nun anstreben, um die Frage richterlich klären zu lassen, ob das Vorgehen tatsächlich rechtlich so einwandfrei ist, wie die Anwaltskanzlei behauptet.
Falls ihr als Urheber ebenfalls einige eurer Werke im Datensatz von LAION findet und vielleicht auch Post von obiger Anwaltskanzlei erhalten wollt, findet ihr die Emailadresse für eure Anfrage zur Datenlöschung hier im Impressum von LAION e.V..
In Kürze muss die Bundesregierung die europäischen Richtlinien zur Urheberrechtsreform in nationales Recht umsetzen. Dabei werden unter anderem so sinnvolle Dinge wie eine Plattformabgabe formuliert, damit Seitenbetreiber wie Facebook, YouTube oder Pinterest endlich Urhebern die ihr zustehenden Tantiemen zahlen müssen.
Aus irgendeinem Grund musste die Bundesregierung jedoch wieder eine Extrawurst braten und hat sich gedacht: „Was wäre eine Regelung ohne Ausnahmen?“ Also plant die Regierung nun, einige Ausnahmen in die Urheberrechtsreform einzubringen, über welche sich alle, die sich mit dem Thema auskennen, die Haare raufen. Zu Recht.
Als Ausnahmen sind unter anderem geplant:
Audio-Aufnahmen (Musik, etc.) bis 15 Sekunden, Texte bis 160 Zeichen oder Fotos bzw. Grafiken bis 125 Kilobyte sollen bei nichtkommerzieller Nutzung auf Online-Plattformen entgeltfrei sein.
Kilobyte? Da frage ich mich doch: Warum nicht auch gleich die Audio-Aufnahmen oder Texte in Kilobyte messen? Wäre digital ja kein Problem. Wäre zwar beides bescheuert, aber dann immerhin konsistent. Oder noch besser: Bilder einfach in Pixeln messen.
Denn seit wann sind überhaupt Kilobyte ein relevante Maßeinheit für Bilder? Eine Beschränkung der Pixelgröße wäre hier deutlich sinnvoller gewesen, denn je nach Stärke der Bildkompression können 125 Kilobyte schon ziemlich große Bilder sein. Das 800x450 Pixel große Artikelbild ist wie hier abgebildet komprimiert zum Beispiel nur 103 KB groß.
Auch der Passus der „nicht-kommerziellen“ Nutzung ist problematisch. Vor allem Influencer oder Meme-Webseiten sind geübt und findig daran, sich als nicht-kommerzielle Seite zu präsentieren, diese dann aber durch gezielte Links, mehr oder weniger unauffällige Produktplatzierungen, durch Workshops oder andere Produkte doch zu monetarisieren.
Auch die Plattformabgabe selbst ist problematisch und zu fragen bleibt, wie viel Geld davon wirklich bei welchen Künstlern ankommen wird. Wer zum Beispiel schon mal Formulare der VG Bild-Kunst ausfüllen musste, weiß, wie komplex und manchmal nahezu unerfüllbar deren Vorgaben sind.
In der sechsten Folge von „Frag den Anwalt“ widmet sich unser Anwalt diesmal einer Frage, die uns Melanie per Email geschickt hat:
Foto: Alexey Testov
„Wenn ich Fotos in Auftrag gebe:
Ich derjenige bin, der alles bezahlt und ich die Modelle bezahle.
Wer ist dann Urheber des Fotos? Spielt meine Anwesenheit beim Shooting eine Rolle? Was ist, wenn ich quasi einen Lieferanten für Fotos habe? Oder ist das ebenfalls mit einer Lizenz verbunden?
Die zweite Frage ist: Wie sieht es einem festen Arbeitsverhältnis aus?“
Grundsätzlich gilt zumindest in Deutschland, wer auf den Auslöser drückt, ist der Urheber der Aufnahme. Das ergibt sich aus § 7 UrhG, der die Urheberstellung an die Handlung des Schaffens eines Werkes knüpft.
„§ 7 Urheber
Urheber ist der Schöpfer des Werkes.“
Anders läuft dies übrigens im Land der unbegrenzten Möglichkeiten (USA). In den USA gibt es das sogenannte „work for hire“ Prinzip, bei dem vertraglich festgelegt werden kann, dass der Auftraggeber von Fotoaufnahmen und anderen urheberrechtlich relevanten Inhalten selbst der Urheber der Bilder wird. Dieses Prinzip ist dem deutschen Urheberrecht allerdings fremd.
Das bedeutet im Gegenzug, dass jeder, der nicht Urheber ist, ein Nutzungsrecht an den Aufnahmen benötigt, wenn er sie wirtschaftlich verwerten will. Darauf hat es zunächst auch erst einmal keine Auswirkung, ob Du alles (auch den Fotografen) bezahlst oder ob Du beim Shooting anwesend bist. Grundsätzlich gilt also auch hier, dass es zu empfehlen ist, eine Vereinbarung über die Einräumung von Nutzungsrechten mit dem Fotografen zu schließen.
Dass dies mitunter ein wenig umständlich ist, hat auch der Gesetzgeber erkannt und im § 43 UrhG geregelt:
„Die Vorschriften dieses Unterabschnitts sind auch anzuwenden, wenn der Urheber das Werk in Erfüllung seiner Verpflichtungen aus einem Arbeits- oder Dienstverhältnis geschaffen hat, soweit sich aus dem Inhalt oder dem Wesen des Arbeits- oder Dienstverhältnisses nichts anderes ergibt.“
Aber auch diese Vorschrift bedeutet keineswegs, dass sämtliche im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses (also eines Anstellungsverhältnisses und nicht der freien Mitarbeit) erstellten Aufnahmen automatisch hinsichtlich aller Nutzungsrechte an den Arbeitgeber übergehen. Vielmehr ist dies nur der Fall, wenn die Erstellung von Fotos eine arbeitsvertragliche Pflicht des Arbeitnehmers darstellt, was etwa bei angestellten Fotografen der Fall sein kann. Ist dies nicht der Fall, wird auch hier in der Regel die Übertragung von Nutzungsrechten ausdrücklich erfolgen müssen.
Zusammengefasst kann man die Frage daher so beantworten, dass es bei beiden Alternativen der Frage in jedem Fall sinnvoll ist, sich ausdrücklich Nutzungsrechte an den Fotos einräumen zu lassen.
Über den Autor: Sebastian Deubelli ist Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht in der Nähe von München.
Hast Du ebenfalls eine Frage an den Anwalt?
Hier findest Du mehr Infos.
Ab und zu kriege ich Anfragen von Fotografen, welche wissen wollen, was die VG Bild-Kunst ist und ob es sinnvoll ist, dort aktiv zu sein.
Deshalb schauen wir uns heute die VG Bild-Kunst genauer an.
Was ist die VG Bild-Kunst?
Das „VG“ steht für Verwertungsgesellschaft und ist eine Organisation, welche seit 1968 stellvertretend für Künstler und Urheber Rechte wahrnimmt. Überwacht wird die VG Bild-Kunst vom Deutschen Patent- und Markenamt.
Andere Verwertungsgesellschaften sind die VG Wort für Autoren und Journalisten oder die GEMA für Musiker, zusätzlich gibt es noch etliche kleinere Organisationen für spezielle Bereiche, zum Beispiel die Filmverwertungsgemeinschaft GÜFA.
Die VG Bild-Kunst hat über 54.000 Mitglieder und kümmert sich unter anderem um drei Aufgabenbereiche:
Sie zieht Forderungen von pauschalen Urheberrechtsabgaben (zum Beispiel der Privatkopievergütung) ein und verteilt diese an die Urheber.
Sie kümmert sich um die Lizenzierung von individuellen Urheberrechten, zum Beispiel den Reproduktionsrechten bildender Künstler.
Sie engagiert sich für die Stärkung und den Schutz des Urheberrechts, zum Beispiel durch politische Lobbyarbeit und Aufklärungsarbeit.
Die VG Bild-Kunst hat keine eigenen wirtschaftlichen Interessen, sondern verfolgt nur treuhänderisch die Rechte ihrer Mitglieder.
Kurzes Beispiel zur Veranschaulichung:
Meine Fotos sind im Internet zu sehen, wenn Kunden diese über Bildagenturen kaufen. Nun könnte jemand so ein Foto auf seiner Festplatte speichern und ausdrucken, um es an die Wand zu hängen. Dann fände eine Nutzung statt, die ich nicht mitbekomme und für die ich auch nicht honoriert werden würden.
Deswegen müssen Hersteller von Druckern und anderen Geräten, welche Vervielfältigungen erlauben (Festplatten, Scanner, etc.) eine Pauschale für jedes Gerät an die entsprechenden Verwertungsgemeinschaften abführen, welche dann unter allen Mitgliedern aufgeteilt wird. Auch aus anderen Quellen erhält die VG Bild-Kunst Geld und leitet es weiter.
Wer kann Mitglied in der VG Bild-Kunst werden?
Mitglied der VG Bild-Kunst kann jeder werden, der im visuellen Bereich tätig ist, zum Beispiel:
Bildende Künstler (Maler, Bildhauer, etc.)
Fotografen
Illustratoren
Kameraleute
Kostümbildner
Karikaturisten
usw.
Da dies sehr unterschiedliche Arten von Künstlern sind, gibt es in der VG Bild-Kunst drei Berufsgruppen. Berufsgruppe I sammelt die Bildenden Künste, Berufsgruppe II die Fotografen sowie Illustratoren etc. und Berufsgruppe III die filmischen Berufe.
Neben den oben genannten Urhebern können auch deren Erben sowie Bildagenturen und Fotoarchive Mitglied werden.
Um Mitglied zu werden, kann hier bei der VG Bild-Kunst ein Vertrag angefordert werden, welcher unterschrieben in doppelter Ausführung zusammen mit einer Kopie des Personalausweises (Vorder- und Rückseite, nicht relevante Daten, insbesondere die Berechtigungsnummer, sollten geschwärzt werden) zurückgeschickt werden muss. Die Mitgliedschaft ist kostenlos.
Nach ca. 4–6 Wochen erhalten sie ein Exemplar des Vertrags zurück sowie ihre Meldeunterlagen. Es ist empfehlenswert, auch die Email-Adresse anzugeben, weil sie dann auch den Login für die Online-Meldung erhalten. Dazu später mehr.
Wie schüttet die VG Bild-Kunst Geld aus?
Damit die VG Bild-Kunst den „Kuchen“ korrekt verteilen kann, ist sie auf die Meldungen ihrer Mitglieder angewiesen.
Wer Meldungen über veröffentlichte Werke in Papierform abgeben möchte, muss das für die Hauptausschüttung bis Ende Juni für das vorherige Jahr machen, ich empfehle jedoch die Online-Meldung, bei der man bis zum 31. Oktober Zeit hat.
Gemeldet werden können:
Veröffentlichungen in Büchern oder Kalendern (welche eine ISB-Nummer haben)
Veröffentlichungen in digitalen Medien, zum Beispiel Coverfotos für CDs, DVDs, aber auch Veröffentlichungen auf Webseiten
Netto-Nutzungshonorare, zum Beispiel für die Veröffentlichung in Zeitungen, Zeitschriften, aber auch TV-Standbilder oder die Nutzung über Bildagenturen und Fotoarchive
Beim Melden von Büchern ist die Angabe des Titels, des oder der Autoren, der ISBN, des Verlags sowie das Erscheinungsjahr notwendig. Berücksichtigt werden bei der Ausschüttung nur Bücher, welche nicht mehr als 5 Jahre vor dem aktuellen Jahr erschienen sind. „Print-On-Demand“-Bücher werden nur berücksichtigt, wenn mindestens 250 Verkäufe nachgewiesen werden können. Veröffentlichungen in E‑Books können leider nicht gemeldet werden.
Zusätzlich wird die Art des Buches abgefragt (Kinderbuch, Schulbuch, wissenschaftliches Werk, Sachbuch/Sonstiges) sowie die konkrete Anzahl an Fotos oder Illustrationen im Buch oder auf dem Titel oder Umschlag.
Es dürfen auch fremdsprachige Bücher gemeldet werden, der Anteil an der Ausschüttung ist hier jedoch noch deutlich geringer, bis die VG Bild-Kunst eine stärkere Zusammenarbeit mit den ausländischen Verwertungsgesellschaften etabliert hat.
Auch bei CD-/DVD-Veröffentlichungen werden nur die in den letzten fünf Jahren erschienenden Werke berücksichtigt. Dabei müssen Werke in digitaler Form auf der CD/DVD sowie im Booklet gedruckte Werke separat gemeldet werden.
Beispiel für ein Meldeformular der VG Bild-Kunst
Während Bücher und CDs/DVDs nur einmal gemeldet werden müssen, um in den nächsten (maximal fünf) Jahren wieder berücksichtigt zu werden, müssen Online-Nutzungen auf Webseiten jedes Jahr neu gemeldet werden.
Dafür können mehrere Bilder auf einer Domain zusammen gemeldet werden, gezählt werden jedoch höchstens 100 Bilder pro Domain. Dafür muss der Domainname angegeben werden und der Inhaber der Domain laut Impressum. Zusätzlich wird abgefragt, ob es die eigene, eine private Webseite oder ein gewerblicher oder institutioneller Internetauftritt ist. Zum Schluss wird die Anzahl der gezeigten Bilder in das Formular eingetragen, getrennt nach den Kategorien Kunst/Illustration/Foto.
Bilder in geschützten Bereichen (zum Beispiel durch Passwort-Sperre oder Privatsphäre-Filter bei Facebook) können nicht berücksichtigt werden, ebenso wie Suchmaschinen. Tauchen identische Bilder auf der Webseite mehrmals auf, ist das Bild nur einmal zu zählen.
Zwar ist es erlaubt, nur die Haupt-Domain zu melden ohne die konkrete Unterseite, aber da es die verstärkt stattfindenden Kontrollen der VG Bild-Kunst deutlich erleichtert, ist die Angabe der konkreten Seite (also z.B. www.beispiel.de/portfolio/portrait.html statt nur www.beispiel.de) erwünscht.
Es stimmt übrigens nicht, dass der Name des Urhebers im Impressum einer Webseite genannt zu werden, um Ansprüche als Fotograf bei der VG Bild-Kunst anzumelden. Diese Regelung betrifft nur Web-Designer, welche die Gestaltung einer Webseite selbst als Anspruch melden wollen.
Ausdrücklich ebenfalls gemeldet werden dürfen die Webseiten von Bildagenturen oder Galerien mit den eigenen Werken sowie Verkaufsplattformen, auf denen Publikationen von Werken, z.B. Bücher oder DVDs, angeboten werden.
Wichtiger Hinweis:
Wer nur „Online-Nutzungen“ meldet, muss weitere Einkünfte aus künstlerischer oder publizistischer Tätigkeit durch einen Steuerberater oder die Mitgliedschaft in der Künstlersozialkasse oder einem geeigneten Berufsverband (z.B. Freelens, DJV, BVPA, AGD o.ä.) nachweisen.
Die Meldung der Nutzungshonorare (netto) ist in sechs Bereiche unterteilt:
Gemeldet werden können nur Nutzungen in Deutschland und Auftraggeber, welche einen deutschen Firmensitz haben.
Als Beispiele für Firmen oder Bildagenturen mit einer ausschließlich redaktionellen Nutzung und einer hohen Verbreitung (Auflagen ab 300.000 Exemplaren) werden Nachrichtenagenturen oder Zeitschriften wie die DPA, Reuters, Imago, Action Press, Spigel, Stern, Zeit etc. genannt.
Medien mit ausschließlich redaktioneller Nutzung und normaler Verbreitung (Auflagen bis 300.000 Exemplaren) sind beispielsweise Tagesspiegel, Die Welt, Manager Magazin, usw.
Als überwiegend redaktionelle Nutzung zählt die Verwendung durch (Stock-)Bildagenturen oder kulturelle Auftraggeber wie Museen, als Beispiele nennt die VG Bild-Kunst hier laif, Mauritius, Look, iStock, Getty Images, Okapia, Corbis, ddp images, F1online, plainpicture, und ähnliche Agenturen.
Eine überwiegend werbliche Nutzung haben zum Beispiel Presseabteilungen von Direktkunden aus Industrie und Handel, Angehörige freier Berufe wie Architekten oder Verbände und andere öffentliche Auftraggeber.
Eine ausschließlich werbliche Nutzung findet beispielsweise in Werbeagenturen, Marketingabteilungen von Unternehmen oder Kundenmagazinen statt, beispielhaft genannt werden: Fotolia, Lufthansa-Magazin, DB Mobil, Apotheken-Umschau, kostenlose Wochenblätter und mehr.
Wichtiger Hinweis: Die VG Bild-Kunst behält sich eine Nachprüfung im Einzelfall vor. Sobald die Gesamtsumme der gemeldeten Honorare 30.000 Euro im Jahr übersteigt,wird eine Bestätigung durch einen Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer verlangt.
Dafür bietet die VG Bild-Kunst hier die Vorlage „Honorar Bestätigung Urheber“ an. Die Umsatzsteuer-Erklärung oder die Einnahmen-Überschussrechnung ist als Nachweis nicht ausreichend.
Die Auszahlung des Geldes erfolgt jeweils im Dezember für die Hauptausschüttung, gefolgt von der Nachausschüttung im darauf folgenden April.
Was heißt das konkret für Stockfotografen?
Stockfotografen können verschiedene Arten von Nutzungen melden:
So melde ich erstens meine Bilder auf den Webseiten der Bildagenturen sowie einige Domains, welche besonders viele Bilder von mir verwenden. Hier helfen Bildersuchmaschinen wie die Google Bildersuche oder auch komplexere Tools wie Pixray oder Plaghunter.
Außerdem melde ich die Bildnutzung in meinen eigenen Büchern sowie in anderen Büchern.
Beispiel für einen Treffer bei der Suche nach Fotografen-Namen bei Amazon.de
Letztere finde einfach, indem ich meinen vollen Namen (bzw. das Pseudonym, was ich bei den Bildagenturen verwende) bei Amazon.de oder der Google Büchersuche eingebe.
Beispiel für einen Suchtreffer in der Google Büchersuche
Bildverwendungen in Zeitschriften oder Kundenmagazinen können zum Beispiel mit Issuu gefunden werden.
Zu guter Letzt melde ich die Nutzungshonorare, welche ich von Bildagenturen erhalten habe, welche auch einen Firmensitz in Deutschland haben, zum Beispiel Westend61, Pitopia, Zoonar, aber auch iStock (Getty Images) oder Fotolia. Da diese Einnahmen über 30.000 Euro jährlich betragen, schicke ich eine Bescheinigung meines Steuerberaters mit.
Wie viel kann ich durch die VG Bild-Kunst verdienen?
Leider lässt sich nicht im Voraus pauschal sagen, wie viel ein gemeldetes Buch oder das Bild auf einer Webseite „wert“ ist.
Die Einnahmen der VG Bild-Kunst speisen sich aus diversen Rechte-Wahrnehmungen wie Bibliothekstantiemen, Geräteabgaben, Lesezirkelvergütungen und so weiter. Dieser „Topf“ ist jedes Jahr unterschiedlich prall gefüllt.
Aus diesem Topf erfolgt eine prozentuale Verteilung der Gelder an alle Urheber, welche Werksnutzungen für das betreffende Jahr gemeldet haben. Die konkrete, kompliziert anmutende Verteilung ist diesem Verteilungsplan zu entnehmen.
Da der Topf nicht voller wird, nur weil sich mehr Urheber bei der VG Bild-Kunst anmelden, sinkt mit jeder neuen Meldung der Verdienst anderer Urheber.
Als ganz grobe Schätzung kann von ca. 2 Euro pro Online-Nutzung eines Bildes ausgegangen werden. Fest verankert ist im Verteilungsschlüssel jedoch die „Obergrenze der Ausschüttung für einen einzelnen Berechtigten“. Diese beträgt 0,075% der Ausschüttungssumme, das wären grob ca. 11.000 Euro.
In den letzten Jahren habe regelmäßig jährlich einen mittleren dreistelligen bis niedrigen vierstelligen Eurobetrag von der VG Bild-Kunst erhalten, je nachdem, wie viel Mühe ich mir bei der Meldung gegeben habe und wie viele Verwendungen ich nachweisen konnte.
Welche Verwertungsgesellschaften gibt es für die Schweiz und Österreich?
Die VG Bild-Kunst ist nur für Deutschland und Urheber aus Deutschland zuständig. In der Schweiz gibt es dafür seit 1974 ProLitteris, in Österreich seit 1977 die Organisation Bildrecht.
Dürfen Stockfotografen Mitglied in der VG Bild-Kunst sein?
Ja, dürfen sie.
Die Frage rührt daher, dass etliche Audio-Agenturen keine Mitglieder der Verwertungsgesellschaft GEMA akzeptieren. Das liegt aber nicht daran, dass es verboten wäre, sondern daran, dass die GEMA bei der Musiknutzung umständliche Nachweisenpflichten einfordert, vor der sich viele Käufer scheuen. Es gibt jedoch auch Audio-Agenturen (zum Beispiel Pond5), welche auch Musik von GEMA-Mitgliedern anbieten.
Gibt es Nachteile für die Mitglieder, zum Beispiel weil Firmenkunden eines Fotografen von der VG Bild-Kunst zur Kasse gebeten werden? Nein, weil sich die Einnahmen sich nicht durch die Kunden der Fotografen generieren, sondern um Geräte- und Betreiberabgaben, die von den jeweiligen Nutzerverbänden wie Geräteherstellern, Copyshops, Bibliotheken etc. bezahlt werden.
Seid ihr auch in der VG Bild-Kunst? Was sind eure Erfahrungen?
Wichtiges Update 01.06.2017:
„Der alte Verteilungsplan 7, der auf die Meldungen von Bildern auf Websites abstellte, ist von der letzten Mitgliederversammlung schon für das Nutzungsjahr 2016 außer Kraft gesetzt worden. Fotografien, Illustrationen und Design auf Webseiten können somit nicht mehr gemeldet werden!“