Drüben bei der Model-Kartei hat der Hobbyfotograf Bent Jessen ein kleines Tutorial veröffentlicht, welches den Umgang einer tragbaren Blitzanlage draußen (oder auch drinnen) erklärt. Das ist für den Einstieg ganz hilfreich, weshalb ich Bent gefragt habe, ob ich das mit meinen Lesern teilen darf. Am Ende des Artikels gibt es das Tutorial auch als PDF-Download. Ab jetzt schreibt Bent:
Ein portabler Blitz (auch „Porty“ genannt) ist schon eine feine Sache. Wir wollen schließlich nicht nur bei optimalem Wetter fotografieren. Aber wie setzt man den Porty eigentlich ein? Dazu habe ich diese kleine Anleitung geschrieben.
Was man braucht:
Eine Kamera (egal ob digital oder analog), in meinem Fall eine Nikon D90*, einen externen Belichtungsmesser (am besten digital) mit Blitz-Messfunktion, z. B. einen Gossen Digipro F* und natürlich den Porty, z. B. den Elinchrom anger Quadra*. Grundsätzlich funktioniert diese Anleitung aber auch mit anderen Blitzen, zum Beispiel entfesselten Speedlites.
Los geht’s:
Der erste Gedanke, den man sich machen muss, ist, die Verschlusszeit zu bestimmen. Dabei muss man zwei Dinge berücksichtigen.
Zuerst muss man wissen, welche Zeit die maximale Blitz-Synchronisationszeit der Kamera ist. Diese ist von Modell zu Modell verschieden. Ein Blick in die Bedienungsanleitung gibt hier Auskunft. Meine Kamera kann Blitze bis maximal 1/200 Sekunde synchronisieren. Das bedeutet – vereinfacht – folgendes: Bis zu diesem Zeitwert ist der Verschluss der Kamera vollständig geöffnet, wenn mit einem Blitz fotografiert wird. Wählt man eine schnellere Zeit (z. B. 1/250 Sekunde) ist die Kamera bereits im Begriff, den Verschluss zu schließen, während der Blitz noch das Bild belichtet. Das Ergebnis wäre, dass im Bild schwarze Balken auftauchen und Teile des Bildes verdecken. Und das wollen wir nicht…
Ein Zitat aus Wikipedia:
„Als Blitzsynchronzeit oder Synchronzeit (auch X‑Sync) bezeichnet man in der Fotografie die kürzeste wählbare Belichtungszeit (Verschlusszeit), bei der der Verschluss eines Fotoapparats kurzzeitig vollständig geöffnet ist und das Licht eines Blitzgerätes (Fotoblitz) somit das gesamte Filmbild bzw. den Bildsensor vollständig beleuchten kann. Die Blitzauslösung ist mit dem Verschluss derart synchronisiert, dass jener vollständig geöffnet ist, bevor der Blitz beginnt.“
Die zweite Sache, die man bei der Wahl der Verschlusszeit berücksichtigen muss, ist die Zeit, in der man die Kamera noch in der Hand halten kann, ohne zu verwackeln. Eine alte Formel besagt, dass diese Zeit ungefähr dem Kehrwert der Brennweite entspricht. Damals gab es noch kein „Anti- Shake“ und so. Demnach sollte man bei einer Brennweite von 50 mm einen Wert wählen, der ungefähr diesem Wert entspricht. Man nehme 1/60 Sekunde.
Wichtig ist auch, dass die ISO- Zahl gewählt wird. Als Beispiel ISO 200.
Die erste Messung:
Für die erste Messung müssen die gewählten Werte im Belichtungsmesser eingestellt werden. Dies geschieht in der „Dauerlicht“-Messfunktion. Nachdem die Taste gedrückt wurde, erhält man einen Messwert, der angibt, mit welchen Werten bei dem vorhandenen Licht ein korrekt belichtetes Foto entsteht. Bei den Aufnahmen ist dieser Messwert unsere „Hintergrund- Helligkeit“. Die Messung sollte in unmittelbarer Nähe eines Fensters (sofern Indoor) vorgenommen werden, da dies die Lichtquelle darstellt. Als Beispiel haben wir einen Wert von 8,0 für die Blende erhalten und merken uns diesen Wert.
Und nun?
Nun schaltet man den Belichtungsmesser in die „Blitz- Messfunktion“ und stellt die Werte ein, die man sich am Anfang überlegt hat (t= 1/60 Sekunde, ISO 200). Drückt man nun den Schalter am Belichtungsmesser, „wartet“ dieser auf einen Blitz, sofern der Blitz nicht mit Kabel direkt ausgelöst wird. Nun erhält man den zweiten Wert, z. B 11,5 (der Wert hängt natürlich von der eingestellten Blitz-Leistung ab). Aus diesem Wert ergibt sich, ob die Leistung des Blitzes hoch oder herunter geregelt werden muss, um auf den zuvor gemessenen Wert „ohne Blitz“ zu kommen.
Wichtig: Nach jedem Griff zum Leistungsregler muss entweder einmal der Blitz manuell ausgelöst werden um die Kondensatoren zu entladen oder – sofern der Porty eine Automatik hat – es muss das Bereitschaftssignal der Blitzanlage abgewartet werden.
Wird nun fotografiert, erhält man ein Foto mit ausbalanciertem Vorder- und Hintergrundlicht.
Kreatives Blitzen – Variante 1: Ausblenden durch Überbelichtung
Möchte man z. B. bei einem Indoor- Shooting (hierfür ist dies Variante besonders geeignet) etwas mehr Schwung in die Fotos bringen, kann man „gleißendes Sonnenlicht“ simulieren, indem der Hintergrund überbelichtet wird.
Hierzu muss die Verschlusszeit manuell verlängert werden. Dabei entspricht eine Verdoppelung der Zeit (also von 1/60 auf 1/30 Sekunde) einer Blendenstufe. Bei eingeschaltetem „Anti- Shake“ kann man das auch noch halten, ohne zu verwackeln.
Der Effekt im Foto zeigt sich dadurch, dass der Hintergrund überstrahlt dargestellt wird.
Kreatives Blitzen – Variante 2: Abdunkeln des Hintergrundes
Diese Variante eignet sich besonders bei Outdoor- Shootings, wo man einen „dramatischen“ Effekt zaubern möchte. Dazu wird das Hintergundlicht reduziert und der Blitz dient zur Aufhellung des Hauptmotivs.
Hierzu muss die Verschlusszeit manuell verkürzt werden. Dabei entspricht eine Verkürzung der Zeit von 1/60 auf 1/125 Sekunde einer Blendenstufe. Um das Hintergrundlicht noch weiter zu reduzieren, kann man die Zeit noch weiter verkürzen, jedoch nur bis zur maximalen Blitz- Synchronisationszeit (merken!).
Das Foto auf dieser Seite wurde mit den Werten t= 1/125 Sekunde & Blende 8 aufgenommen. Achten sie besonders auf die Helligkeit des Laubwerks im Hintergrund im Vergleich zu Bild 2 und Bild 3.
Man kann zum Ausprobieren auch andere Werte als Basis nehmen. Wenn man statt 1/60 Sek. nun 1/30 Sek. als Ausgangswert nimmt („Anti- Shake“ sei dank ist das durchaus machbar) hat man bei einer max. Synchronisationszeit von 1/200 Sek. die Möglichkeit, das Hintergrundlicht um ganze 3 Blendenstufen abzudunkeln.
Viel Spaß beim Ausprobieren.
Noch ein Hinweis:
Die Fotos in diesem Tutorial sind direkt aus der Kamera und nur gerichtet und beschnitten. Ich hätte gerne ein „richtiges“ Modell gehabt, aber die Suche war in der kurzen Zeit leider erfolglos, deshalb musste ich improvisieren.
Meine Erfahrungsberichte von Shootings scheinen recht beliebt zu sein. Heute gibt es aber mal einen Erfahrungsbericht der anderen Art, da ich den Fotoassistent meines letzten Shootings gefragt habe, ob er nicht mal ein Shooting aus seiner Schild schildern will. Los geht’s:
Mein Name ist Markus Mainka und ich wohne in der Nähe von Stuttgart. Ich bin gelernter Verkehrsplaner und eines meiner Hobbys ist schon seit vielen Jahren Planespotting bzw. die Flugzeugfotografie. Meine Bilder kann man unter anderem hier betrachten. In den letzten Monaten habe ich auch vermehrt Fotos bei Microstock-Agenturen (vor allem Reise- und Food-Bilder) hochgeladen. Da die Anforderungen dort sich jedoch erheblich von der Flugzeugfotografie unterscheiden und ich mich auch an die People-Fotografie wagen will, habe ich Robert gefragt, ob ich ihm bei einem seiner Shootings assistieren darf, um einen Einblick in seine Arbeitsweise zu erhalten. Vor einigen Wochen war seine Assistentin verhindert und so sprang ich kurzfristig ein.
Die Location
Thema des Shootings war „Supermarkt“ und der Treffpunkt war um 6:30 Uhr vor einer bekannten Kölner Supermarktkette und zwar an einem Wochentag, so dass normaler Kundenverkehr herrschen würde und wir den Supermarkt somit nicht für uns alleine hatten, was aber erstaunlicherweise nur wenige Probleme mit sich brachte. Der frühe Beginn war wichtig, da unter der Woche morgens noch kein großer Andrang herrschte. Vor allem am späten Vormittag wurde es jedoch spürbar lebhafter.
Obwohl der Supermarkt sehr zentral liegt, ist er recht großzügig angelegt, mit Treppen, die ins untere Geschoss führen, so dass sich die Kunden einigermaßen verteilt haben. Vor allem der Eingangsbereich mit der Obst- und Gemüseabteilung bot sehr viel Platz zwischen den Regalen. So konnte man die Ausrüstung aufstellen und die Kunden konnten dennoch problemlos an uns vorbeikommen. Zudem gab es eine Drogerieabteilung, die auch in anderen Märkten normalerweise eher weniger frequentiert wird. Hier konnte man Bilder vor hohen Regalen schießen.
Die Teilnehmer
Am Shooting nahmen insgesamt vier Models teil, wobei Robert mit zwei von ihnen bereits zusammengearbeitet hat und ich sie von seinen früheren Bildern kannte. Mehr waren nicht nötig und bei den meisten Einstellungen kamen ohnehin nur jeweils zwei Models zum Einsatz. Lediglich bei den Bildern an der Kasse (Warteschlange) sind alle vier gleichzeitig zu sehen. Zudem war ein Art Director anwesend. Die Filialleitung erlaubte uns, den Mitarbeiterraum mitzubenutzen, so dass wir das nicht benötigte Equipment dort lassen konnten. Außerdem konnten sich die Models dort umziehen. Bevor es losging, wurde die von den Models mitgebrachte Kleidung für das Shooting ausgewählt und der Körperschmuck abgelegt.
Was mir sofort auffiel, war die Professionalität der Models, obwohl für alle das Modeln nur ein Hobby ist und sie hauptberuflich einer anderen Beschäftigung nachgehen bzw. studieren. So war es für sie kein Problem, auf Ansage zu lächeln oder eine andere Anweisung von Robert zu befolgen. Dadurch verlief das Shooting recht zügig und der Spaß kam dennoch nicht zu kurz.
Der Ablauf
Nach dem Aufbau der Ausrüstung und dem Umziehen der Models ging es direkt in den Verkaufsraum, wo wir nach dem Einstellen des Lichts und des Weißabgleichs sofort loslegten. Da – wie erwähnt – die Räumlichkeiten recht großzügig waren, gab es kaum Probleme mit dem normalen Kundenbetrieb. Und wenn ein Kunde doch mal genau dahin musste, wo wir gerade standen, war es auch kein Problem, das Shooting für ein paar Sekunden zu unterbrechen: der Supermarktkunde hat natürlich immer Vorrang vor unserem Shooting!
Ich hätte erwartet, dass uns mehr Einkäufer ansprechen würden, was wir da tun würden oder uns von weitem beobachten würden. Doch die meisten haben uns kaum beachtet, was sicherlich daran lag, dass sie lediglich schnell ihre Einkäufe erledigen wollten oder weil in der Medienstadt Köln Film- und Fotoaufnahmen keine Seltenheit sind. Ich bin mir sicher, dass dies in Stuttgart anders sein würde.
Als der Kundenstrom es zuließ, haben wir einige Szenen an der Kasse geschossen. Auch wenn es bei Stockbildern immer sehr schwierig ist, es vorher einzuschätzen, so meine ich, dass diese Fotos sich am besten vom ganzen Shooting verkaufen werden (zusammen mit dem Foto, das einen Marktleiter symbolisieren soll). Lustigerweise dachten einige Kunden, dass diese Kasse tatsächlich geöffnet war und stellten sich hinten an, obwohl eigentlich offensichtlich war, dass wir dort unsere Fotos schießen. Manche ließen sich selbst nach einem Hinweis nicht davon abbringen, weiter in der künstlichen Schlange zu stehen.
Ohne Pause haben wir eine Szene nach der anderen bis kurz vor 13 Uhr umgesetzt. Anschließend wurde der Papierkram (Model- und Property-Releases) erledigt und die Models bekamen ihr Honorar.
Die Requisiten
Es gab nur wenige Requisiten, die speziell für dieses Shooting besorgt wurden. Im Prinzip waren es lediglich die roten Kittel, die zum Einsatz kamen und eine Schiefertafel. Alle anderen hatten wir sowieso zur Hand, wie zum Beispiel Smartphones oder Geldscheine und EC-Karten.
Der Einsatz des Canon Speedlite 580 EX II-Blitzes* an der großen Lastolite Ezybox* sorgte für einen minimalen Platzbedarf und ersparte uns die Suche nach einer Steckdose bei einem Locationwechsel. Hätten wir Studioblitze mit Netzanschluss benutzt, so bestünde zudem die Gefahr, dass Kunden über die Kabel stolpern. Von der anderen Seite wurden die Models mit dem Mini-Reflektor* von California Sunbounce aufgehellt. Zudem war selbstverständlich die Deckenbeleuchtung des Supermarktes eingeschaltet.
Die gerade geschossenen Bilder wurden an ein iPad* gesendet. So konnte man in Sekundenschnelle das Foto in großer Auflösung betrachten, die Schärfe kontrollieren und mögliche Fehler erkennen bzw. Verbesserungspotentiale sofort umsetzen.
Die Nachbereitung
Den größten Zeitaufwand wird wohl die Retusche der Markennamen und geschützten Logos in Anspruch nehmen – weniger in der Gemüseabteilung, dafür mehr bei den Drogeriefotos, auch wenn sich Robert durch die stark geöffnete Blende viel Retuschearbeit erspart hat. Im Bereich der Kasse gab es viel großformatige Werbung mit dem Logo des Marktes.
Das Fazit
Insgesamt hat Robert 800 bis 900 Fotos geschossen, von denen wohl so um die 100 in die verschiedenen Agenturen hochgeladen werden. Ich war erstaunt, wie man mit letztendlich einfachen Mitteln erstaunliche Ergebnisse abliefern kann. Doch in meinen Augen ist eigentlich nicht nur das Technische oder das Shooting-Thema hauptsächlich für den Erfolg verantwortlich, sondern es sind auch die Models. Wenn man Roberts Fotos von vor ein paar Jahren mit den heutigen vergleicht, so kann man – meine ich – auch eine deutliche Entwicklung bei der Auswahl der Models feststellen und dieser Eindruck hat sich vor Ort bestätigt. Bei der großen Auswahl an ähnlichen Motiven in den Datenbanken der Agenturen entscheidet wohl oft die Ausstrahlung eines Models darüber, warum sich ein Kunde für ein bestimmtes Foto entscheidet.
[Kleine Ergänzung von Robert: Die fertigen Bilder gibt es entweder einzeln über Westend61 zu kaufen oder gebündelt auf der VCD „At The Supermarket“.]
Heute habe ich eine besondere Urlaubslektüre für Euch. Dieser Artikel kann wahrscheinlich den Anspruch erheben, der längste in der Geschichte dieses Blogs zu sein. Es ist aber auch einer der sehr wenigen Analysen, die versuchen, den Microstock-Bildermarkt betriebswirtschaftlich zu betrachten. Da das jedem, der professionell Stockfotografie betreibt, interessieren sollte, habe ich mich entschlossen, euch diese geballte Ladung Informationen am Stück zu servieren.
Der Text ist dankenswerterweise ein Gastbeitrag von Florian Loebermann, Fotograf und Doktorand an der LMU München. Ab hier schreibt jetzt Florian:
Heute habe ich das Vergnügen euch mit einem längeren Artikel über Microstock zu beschäftigen. Zunächst ein paar Worte zu meiner Person: Mein Name ist Florian, und ich bin unter anderem selbständiger Fotograf in München. Meine Bilder können über die Agenturen plainpicture und Westend61 lizensiert werden.
Alle reden von Microstock. Sogar die Bildzeitung schreibt, wie leicht es ist, damit Geld zu verdienen. Man braucht nur eine knips-knaps Kamera, lädt die Schnappschüsse bei den Agenturen hoch und schon rollt der Rubel. Es gibt auch zahlreiche Beispiele von sehr erfolgreichen Fotografen, die sich auf Microstock spezialisiert haben. Yuri Arcurs ist Millionär geworden. Eine wahre Goldgrube also!
Doch wenn man ein bisschen an der Oberfläche kratzt merkt man schnell, dass es doch nicht so einfach ist, davon zu leben und daß diese Aussage vielleicht einmal gestimmt hat, sich der Markt aber rasant weiterentwickelt hat. Der Weg zum Erfolg ist doch steiniger und beschwerlicher als die Bildzeitung einen glauben machen will. Deswegen habe ich mir die theoretische Frage gestellt:
„Was ist eigentlich der Microstock-Markt und wie ist es um ihn bestellt? Wo entwickelt er sich hin und in welcher Situation befinden sich die Microstockfotografen tatsächlich?“
Alle reden zwar darüber, aber ich habe bisher noch keine Analyse gefunden, welche die bisher durchgemachten Entwicklungen untersucht und festgestellt hat, welchen Gesetzmäßigkeiten die Marktdynamik unterworfen ist. Zunächst jedoch erstmal eine Einschränkung: Ich habe mich dieser Thematik von einem sehr theoretischen Ausgangspunkt genähert. Alle Facetten können hierbei nicht beleuchtet werden. Was der Leser aus dieser Analyse mitnimmt, bleibt jedem selbst überlassen. Ich nehme auch nicht für mich in Anspruch, dass dies der Wahrheit letzter Schluss ist – vielmehr soll dieser Artikel als Diskussionsgrundlage dienen.
Bevor es zur Sache geht, möchte ich auf ein paar einfach makroökonomische Zusammenhänge eingehen, die nötig sind, um den Markt zu analysieren. Der versierte Leser kann diese oberflächliche Einführung überspringen. Wer sich mit diesem Thema im Selbststudium intensiver auseinander setzen möchte, dem lege ich das hervorragende Lehrbuch der Makro- und Mikroökonomie* von Samuelson und Nordhaus ans Herz. Es muss bei der Lektüre berücksichtigt werden, dass die hier vorgestellten volkswirtschaftlichen Modelle immer eine Vereinfachung der Realität darstellen, diese deshalb selten exakt beschreiben.
Angebot- und Nachfragekurven
Jeder hat sicher schon einmal gehört, dass das Zusammenspiel aus Angebot und Nachfrage den Preis bestimmt. Betrachten wir zunächst den Einfluss des Preises auf die Nachfrage. Die Nachfragekurve gibt die Beziehung zwischen Marktpreis und nachgefragter Menge wieder. Für die Nachfragefunktion gilt daher: je niedriger der Marktpreis eines Gutes, desto größere Stückzahlen werden durch die Konsumenten nachgefragt.[1]
Die Nachfrage nach einem Gut wird wesentlich von demographischen Faktoren (durschnittliches Einkommen, Bevölkerungszahl), Preise verwandter Güter (Folgekosten durch Nutzung des Gutes), persönlicher und gesellschaftlicher Vorlieben (z.B. gesteigerte Nachfrage nach Autos) sowie von sogenannten speziellen Einflüssen (Angebot von Ersatzprodukten, Produkteigenschaften) geprägt. Ändert sich nun einer oder mehrere dieser Einflussfaktoren, so folgt daraus eine Verschiebung der Nachfragekurve D (Demand).[1]
In Abbildung 1 ist die Verschiebung einer Nachfragefunktion nach rechts aufgetragen. Das heißt durch Änderung der Einflussfaktoren (in diesem Fall wäre eine Erhöhung des durchschnittlichen Einkommens eine denkbare Erklärung) wird bei gleichem Preis eine größere Menge des Guts nachgefragt.
Umgekehrt beschreibt die Angebotsfunktion S (Supply) das Verhältnis zwischen Marktpreis und der zu diesem Preis angebotene Menge. Daher gilt: Je höher der Marktpreis für ein nachgefragtes Gut, desto größere Mengen stellen die Produzenten bereit. Ähnlich wie die Nachfragekurve ist die Angebotskurve das Ergebnis vom Zusammenspiel der bestimmenden Faktoren. Die verfügbaren Technologien, sowie die Faktorpreise (Arbeitslöhne und Rohstoffkosten) bestimmen entscheidend, zu welchen Kosten und in welchen Stückzahlen produziert werden kann. Preise von verwandten Gütern, wirtschaftspolitische Entwicklungen (z.B. Import- und Exportzölle), sowie spezielle Einflüsse (z.B. neue Vertriebswege) bestimmen zusätzlich in welcher Menge das Gut auf den jeweiligen Markt gebracht werden kann.[1]
In Abbildung 2 ist illustriert, was passiert, wenn durch eine entscheidende Veränderung der Produktionsbedingungen zum gleichen Marktpreis eine größere Menge eines Guts angeboten wird. Die gesamte Angebotskurve ist nach rechts verschoben, was beispielsweise durch eine technologische Revolution zu erklären wäre. Bei diesen Überlegungen ist es wichtig, eine Verschiebung der gesamten Kurve, bzw. eine Verschiebung auf der Kurve durch eine Preisänderung sauber zu unterscheiden. Der Preis, welcher sich im sogenannten Marktgleichgewicht einstellt, wird als Gleichgewichtspreis bezeichnet. Graphisch wird dieser Preis als Schnittpunkt aus Angebots- und Nachfragekurve dargestellt. Da in diesem Punkt die Bedürfnisse von Konsumenten und Produzenten im gleichen Maße befriedigt werden, stellt sich bei freiem Wettbewerb das Marktgleichgewicht automatisch ein.[1]
Ein sehr wichtige Frage aus Anbietersicht ist, wie stark die Konsumenten auf eine Preiserhöhung reagieren. Der Einfluss auf die nachgefragte Menge durch eine Preisänderung lässt sich aus der Preiselastizität der Nachfrage ablesen. Ändert sich die Nachfrage bei einer 1% Preisänderung um mehr als einen Prozentpunkt, so handelt es sich um eine preiselastische Nachfrage. Von einer preisunelastischen Nachfrage spricht man, wenn sich die Nachfrage entsprechend um weniger als einen Prozentpunkt ändert. Analog gilt das Gleiche für die Preiselastizität des Angebots.
Graphisch lässt sich die Preiselastizität aus der Steigung der Angebots- bzw. Nachfragekurve ablesen. Je steiler die Steigung der Kurven, desto unelastischer die Preiselastizität (Grenzfall Senkrechte) und je flacher die Steigung, desto elastischer ist die Preiselastizität (Grenzfall Waagerechte). Ein sehr gutes Beispiel für ein Produkt mit einer sehr unelastischen Preiselastizität sind lebensnotwendige Medikamente oder Benzin. Sehr elastische Preiselastizitäten finden wir beispielsweise bei Luxugütern. Verschiedene Kundensegmente können unterschiedliche Nachfrageelastiziäten aufweisen. Bei Kenntnis der Nachfrageelastizität können Lieferanten dieses Wissen zur Preisdiskriminierung nutzen.[1] Mit diesen einfachen Analysetools lassen sich Entwicklungen in Märkten leicht qualitativ beschreiben und bei Kenntnis der marktspezifischen Hintergründe bewerten.
Vollkommener und unvollkommener Wettbewerb
Um die Wettbewerbssituation, die auf einem bestimmten Markt herrscht analysieren zu können, muss man sich zu Beginn mit dem Konzept des vollkommenen und unvollkommenen Wettbewerbs auseinander setzen.
Es wird in der Volkswirtschaftslehre zwischen vollständigem und unvollständigem Wettbewerb unterschieden. Dabei spricht man im vollständigem Wettbewerb von einem Polypol. Am Markt existieren also viele Anbieter und Nachfrager. Die Anbieter sind im Vergleich zum Gesamtmarkt so klein, dass sie keinen Einfluss auf den Marktpreis nehmen können und bieten ein homogenes Produkt an, was bei vollkommener Markttransparenz zu einem Preis gehandelt wird.
Unternehmen im vollkommenem Wettbewerb haben also keine Verhandlungsmacht, da die Nachfrage perfekt elastisch ist. Daher werden Anbieter in vollkommenen Märkten auch als Preisnehmer bezeichnet. Der maximale Output der Produzenten hängt, wie in Abbildung 4 gezeigt, von den Grenzkosten MC (das sind die Kosten, die für die zusätzliche Produktion einer weiteren Mengeneinheit anfallen).[1] Das bedeutet, dass sich bei veränderlichen Marktpreisen der Output der Unternehmung entlang der Grenzkostenkurve bewegt. Durch Innovationen im Produktionsprozess oder andere Änderung der Kostenstruktur kann sich die Grenzkostenkurve MC nach rechts verschieben; damit steigt auch der optimale Output des Unternehmens.
Unvollständiger Wettbewerb herrscht immer dann, wenn einzelne Anbieter zu einem gewissen Grad Einfluss auf den Marktpreis des von ihnen angebotenen Produktes nehmen können. Es wird zwischen Monopolen (nur ein Anbieter, freie Bestimmung von Preis und Menge), Oligopolen (wenige Anbieter, strategisches Verhalten) und monopolistischer Konkurrenz (viele Anbieter, differenzierte Produkte, keine strategische Preis- und Outputgestaltung) unterschieden.
Unvollkommene Märkte treten vor allem dann auf, wenn potentielle Konkurrenten durch Marktschranken (Markteintritts- und Marktaustrittsbarrieren) am Marktein- oder austritt gehindert werden.[2] Auch unternehmensspezifische Wettbewerbsvorteile, wie absolute Kostenvorteile oder Differenzierungsvorteile, wirken als Markteintrittsbarriere. Nach Schumpeter sind kapitalistische Märkte prinzipiell im Ungleichgewicht. Dieses Ungleichgewicht wird auf die Innovationskraft von Unternehmen, welche sich am Markt durchsetzen wollen, zurückgeführt: innovative Unternehmen können zunächst einen Monopolgewinn erzielen, bis durch Nachahmer der zusätzliche Gewinn durch den Wettbewerb aufgefressen wird.[3]
Im monopolistischen Wettbewerb spielen die Opportunitätskosten und die Produktqualität (Verarbeitung, Service) eine wichtige Rolle.[4] Auch positive Skaleneffekte (economies of scale) können zu einer Monopolisierung eines Marktes führen. Das heißt, eine große Firma kann effektiver wirtschaften als zwei Firmen mit je halber Größe. Das führt bei hinreichend großer Skalierbarkeit schließlich dazu, dass sich der Markt immer weiter konzentriert und somit der Wettbewerb abgeschwächt wird.
Jetzt haben wir die nötigen Grundlagen gelegt, um uns dem Stockfotomarkt zu nähern.
Anwendung auf den Bildermarkt
Die Fotografie hat im Laufe ihrer Geschichte mehrere technologische Revolutionen durchgemacht. Ab den 1990er Jahren begann die digitale Revolution, welche die Fotografie beeinflusste wie kein anderer technologischer Fortschritt zuvor. Fotos waren plötzlich sofort verfügbar. Der Fotograf kann auf einem Display das Resultat sofort überprüfen und eventuelle Fehler noch vor Ort korrigieren. Die Kosten für Filmmaterial und Entwicklung fielen plötzlich weg. Auch Laien können nun über trial and error gute oder auch manchmal sehr gute Bilder machen.
Im Jahr 2005 haben die Deutschen allein mit 20 Mio Digitalkameras 460 Bilder pro Kopf geschossen.[5] Diese starke Durchdringung der Gesellschaft mit visuellen Reizen hat nicht nur die Angebotskurve von Fotos verschoben, sondern auch zu einer stark erhöhten Nachfrage nach Bildern geführt. Insbesondere das Internet hat dazu geführt, dass Fotografien nicht mehr auf einen Träger gebunden sind, sondern global frei verfügbar sind. Durch die neuen Medien ist der Bedarf an Bildmaterial zwar explodiert, aber wegen der größeren Masse an Bildern hat das Einzelbild einen anderen Stellenwert als noch vor 20 Jahren.[5]
Was hat das Ganze nun mit Microstock zu tun?
Zu Beginn des neuen Jahrtausends tauchte im Internet ein neues Phänomen auf, was von vielen Professionellen aus der Bilderbranche belächelt oder lange Zeit sogar ignoriert wurde. Allerdings wuchs dieses Phänomen binnen kürzester Zeit rasant und konnte den Etablierten relevante Marktanteile abnehmen, bevor diese überhaupt verstanden, was da passiert ist. Die Rede ist von sogenannten Microstockagenturen, welche von neuen Marktteilnehmern gegründet wurden, die mit dem klassischen Geschäft der Bildagenturen keine Berührungspunkte hatten und sich auch so nicht an marktübliche Konventionen hielten.[6]
Diese Agenturen vertreiben Bildlizenzen konsequent als Massenware. Eine RF-Bildlizenz mit fast uneingeschränkten Nutzungsrechten ist schon für einen Euro zu haben – im Vergleich dazu kostete eine RM-Lizenz mit eingeschränkter Nutzung bei einer klassischen Agentur wie Getty Images ab 100 EUR. Die bekannteste Microstockagentur iStockphoto wurde von Bruce Livingston im Jahr 2000 in Calgary, Kanada gegründet und mittlerweile von Getty Images für 50 Mio $ aufgekauft.
iStockphoto begann als Fotocommunity, wo Amateure Bilder hochladen und tauschen konnten. Aus dem sogenannten User Generated Content (UGC) entwickelte sich ein profitables Geschäftsmodel. Die hohen Markteintrittsbarrieren für Fotografen in die etablierten Bildagenturen existieren hier nicht. Jeder kann sich anmelden und Fotos hochladen. Die Anforderungen an Bildqualität und Kamera sind weniger streng als bei Getty und Co. (in diesem Zusammenhang auch oft als Macrostock bezeichnet). Das heisst, um als Marktteilnehmer auf dem Microstockmarkt aktiv zu werden, müssen relativ geringe Markteintrittsbarrieren überwunden werden. Man braucht lediglich eine digitale Kamera und etwas Zeit. Auch der Marktaustritt ist mit sehr geringen Kosten verbunden.
Die zu Beginn qualitativ schlechten Amateurbilder wurden relativ bald durch zunehmend professionelles Bildmaterial verdrängt. Die Art der Fotos in den Microstockagenturen ist im Gegensatz zu den Macrostockagenturen allerdings ziemlich homogen, da Microstockagenturen exklusives Bildmaterial nicht voraussetzen und so viele Fotografen ihr Bildmaterial über alle verfügbaren Agenturen streuen. Durch den geringen Preis konnten trotz zu Beginn massiver qualitativer Mängel und einer einfachen Bildsprache schnell neue Käuferschichten mobilisiert werden, z.B. private Blogger. Dieses neue Geschäftsmodell hat eine im Vergleich zum Macrostock stark nach rechts verschobene und wesentlich flachere Angebotskurve. Das bedeutet, dass sich Microstock und Macrostock immer der prinzipiell gleichen Nachfragekurve nach Bildmaterial gegenüber sehen. Kunden von Microstockagenturen sind also bereit, für den geringen Preis eine wesentlich größere Menge an Bildern zu konsumieren.
Warum ist diese Erkenntnis so wichtig? Aus Abbildung 5 lässt sich die Marktsituation von Microstock leicht ablesen. Wenn wir uns an den Abschnitt über die Preiselastizität erinnern, dann merken wir an der extrem flachen Nachfragekurve, der sich Microstockfotografen ausgesetzt sehen, dass die Nachfrage sehr elastisch auf eine Preisänderung reagiert (extremfall: waagerechte Nachfragekurve).
Dies ist ein sehr wichtiges Kriterium, über den ein Markt mit vollkommenen Wettbewerb charakterisiert wird. Es sprechen aber noch andere Kriterien dafür, dass sich die Fotografen auf dem Microstockmarkt einem vollkommenen Wettbewerb ausgesetzt sehen:
Die Anbieter haben keine Marktmacht
Der einzelne Fotograf mit seinen kleinen Portfolios kann gegenüber den Agenturen keine Forderungen durchsetzen. Er muss sogar Kommissionskürzungen kompromisslos hinnehmen, wenn er nicht aus dem Markt aussteigen möchte.
Vollkommene Markttransparenz
Man kann in den Bildagenturen sehr genau analysieren, welches Bild wie oft und zu welchem Preis gekauft oder angeklickt wurde etc. Bestseller lassen sich leicht identifizieren. Für Anbieter ist es langfristig unmöglich, sich durch Innovation einen nachhaltigen Wettbewerbsvorteil zu erzielen.
Alle Marktteilnehmer reagieren schnell auf Änderungen
Diese Voraussetzung ist am schlechtesten erfüllt, da jeder natürliche Markt per se eine gewisse Trägheit aufweist. Jedoch passt das auch hier ganz gut: Kürzt iStock die Kommissionen, zieht Fotolia bald nach.
Die angebotenen Güter sind gleich
Durch die Transparenz lassen sich die Bestseller identifizieren und diese werden dann bald 100fach kopiert. Hinzu kommt, dass auf dem Microstockmarkt eine flache, synthetische Bildsprache herrscht (alles vor weißem Hintergrund, gestellte Szenen etc…).
Den Kunden ist egal, wo sie einkaufen
Hauptsache, der Preis stimmt – das Material ist austauschbar. Daher ist es den Kunden auch egal, von welcher Agentur sie ihre Bilder beziehen.
Was sind die Folgen aus einem vollkommenen Wettbewerb?
Zunächst einmal bedeutet das für die Fotografen, dass sie prinzipiell keinerlei Marktmacht ausüben können. Sie sind dem vollkommenen Markt hilflos ausgeliefert und müssen jede Preis- und Kommissionssenkung schlucken. Deswegen kann man sie auch als Preisnehmer bezeichnen. Ein Beleg dafür bietet die Entwicklung der Fotografenbeteiligung bei Fotolia. Der nicht-exklusive Fotograf musste je nach Fotografenumsatz in den letzten fünf Jahren Kommissionskürzungen von mehr als 50% hinnehmen (Abbildung 6).
Microstockfotografen können nur so lange Bilder mit Gewinn produzieren, bis der Preis der Bilder dem Schnittpunkt aus Grenzkosten- und Durchschnittskostenkurve entspricht (siehe Abbildung 4). Sinkt der Marktpreis weiter, dann werden die Fotografen mit einer ungünstigen Kostenstruktur schnell aus dem Markt gedrängt. Oder anders formuliert: Wwer zu teuer produziert, wird sich nicht lange halten können. All diese Dinge sind mehr oder weniger Fakten, die sich auch wegdiskutieren lassen.
Was sind mögliche Strategien von Microstockfotografen, um sich am Markt durchzusetzen?
Aus der Erkenntnis heraus, dass man sich in einem nahezu vollkommenen Markt bewegt, lassen sich einige Strategien ableiten, wie man als Microstockfotograf dennoch erfolgreich sein kann. Hierzu können alle Voraussetzungen, die zu einem vollkommenen Markt führen, als Ansatzpunkt für die Entwicklung der eigenen Strategien sein. Man muss seine Position so verändern, dass man nicht mehr dem vollkommenen Wettbewerb ausgesetzt ist.
Zunächst einmal der vermutlich wichtigste Punkt ist das kontinuierliche Senken der Produktionskosten. Diese Strategie ist auch für unvollkommene Märkte immer gültig. Ein großes Problem der Stockfotografie ist, dass dem Markt nicht nur Profis ihre Produkte anbieten, sondern diese durch Amateure immer stärkere Konkurrenz bekommen haben.
Warum ist das im Zusammenhang mit den Kosten ein Problem? Der rein profitorientierte Fotograf wird bei konstanten Kosten, wie vorhin dargelegt, nur solange Bilder anbieten können bis der Preis unter die Gewinnschwelle fällt. Für Amateure gilt dieses Verhalten nur bedingt. Da die Fotografie als Hobby ausgeübt wird, muss man bei dieser Betrachtung den emotionalen Wert berücksichtigen, den ein Fotograf einem Verkauf beimisst. Die Verkäufe sind in etwa so zu werten, wie ein positiver Kommentar in der Fotocummunity (oder Flickr, oder 500px etc.…). Da sich beim Microstock relativ leicht, schnell und häufig der Verkaufserfolg einstellt, bleiben diese Fotografen natürlich entsprechend motiviert. Der Gesamtwert einer verkauften Lizenz für den Fotografen setzt sich also aus der emotionalen Komponente (Belohnung, Zustimmung, Anerkennung etc.) und der finanziellen Komponente zusammen. Gegen diese „Kostenstruktur“ kann ein Profi nicht konkurrieren.
Wie die Grenzkosten für die Fotoproduktion effizient gesenkt werden können, haben erfolgreiche Microstockfotografen wie Yuri Arcurs vorgemacht. Sie nutzen die sogennanten economies of scale – also den Kostenvorteil, der sich durch eine Massenproduktion von Gütern ergibt. Um die economies of scale nutzen zu können, wird es wohl immer mehr Produktionsfirmen oder Zusammenschlüsse von Fotografen zu Gemeinschaften geben, da diese einen höheren Output bei geringeren Grenzkosten haben. Ein weiterer Vorteil von großen Produktionsfirmen wie Yuri Arcurs Productions oder Monkey Business Images ist die neue Marktmacht, die sich daraus ergibt.
Durch die Größe des einzelnen Anbieters ergibt sich nun eine Position der Stärke, so dass Forderungen gegenüber den Nachfragern (hier Agenturen) durchgesetzt werden können. Der erste Punkt für die Erfüllung eines vollkommenen Marktes wird also erfolgreich außer Kraft gesetzt. Die Tatsache, dass sich economies of scale auf Anbieterseite realisieren lassen, wird auf lange Sicht zu einer weiteren Konzentration der Anbieter führen. Das Bildangebot wird in der Zukunft noch stärker von wenigen Großproduzenten dominiert werden.
Die Gleichheit der Produkte lässt sich durch einen kreativen fotografischen Ansatz umgehen. Konzepte ungewöhnlich und neu umgesetzt oder das Bearbeiten von Nischen führt zu einer Differenzierung des eigenen Bildmaterials. Allerdings kann man der fast vollkommenen Markttransparenz eigentlich nicht entkommen. Die Bestseller sind für alle sichtbar und werden immer kopiert werden. Der Vorteil durch eine kreative Bildsprache wird meist von kurzer Dauer sein und bald vom Wettbewerb aufgeholt werden. Eine Ausnahme bilden hier Motive, die sehr schwierig oder teuer zu kopieren sind – allerdings ist hier auch das finanzielle Risiko ungleich höher einzuschätzen.
Eine mögliche Strategie, um den Kunden möglichst an sich zu binden, ist die Entwicklung einer eigenen Bildsprache in Kombination mit einem großen Portfolio, welches viele relevante Themen abbildet. Auch hier sind die großen Produktionsfirmen wieder im Vorteil, da diese eben auch ein sehr breites Spektrum abbilden können.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Microstockfotografen ihren Output erhöhen und gleichzeitig ihre Grenzkosten senken müssen, um in diesem Markt bestehen zu können. Dies kann beispielsweise durch den Zusammenschluss mehrerer Fotografen oder das Gründen von großen Produktionsfirmen erreicht werden. Kleinere, unabhängige Anbieter können sich auf Dauer wohl nur durch eine ungewöhnliche Bildsprache, die schwer zu kopieren ist, differenzieren. Das Bearbeiten von Nischen ist ebenfalls eine erfolgsversprechende Strategie.
Man darf dabei natürlich nie aus den Augen verlieren, dass der Markt immer dynamisch ist und auf Veränderungen reagiert. Egal welche Strategie man einschlägt, man darf sich nie zu lange auf dem Erfolg ausruhen, sonst wird man schnell von der Realität überholt.
Wohin wird sich der Microstockfotomarkt vermutlich entwickeln?
Neben der Konzentration der Fotografen wird es vermutlich zu einer Konzentration auf dem Markt der Microstockagenturen kommen. Der Markt für Microstock ist lange Zeit schnell gewachsen. Nun hat er jedoch einen Punkt der Reife erreicht, in dem es zum Zusammenschluss von Agenturen kommen wird. Einen ähnlichen Prozess haben unter anderem auch die klassischen Makrostockagenturen durchgemacht.
Durch die gesteigerte Rechenleistung von Computern war es Anfang der 1990er Jahre möglich, große Datenbestände digital zu verwalten und über das Internet zugänglich zu machen. In seinem Buch Der Weg nach vorn. Die Zukunft der Informationsgesellschaft* beschreibt Bill Gates das Potential des Informationszeitalters mit folgenden Worten:
„Der Information Highway wird den elektronischen Markt ausweiten und ihn zum entscheidenden Mittler, zum allgegenwärtigen Makler machen. Damit werden wir in eine neue Wirtschaftswelt eintreten, einen Kapitalismus mit geringer Reibung und niedrigen Gemeinkosten, mit einem überreichen Angebot an Marktinformationen und bescheidenen Transaktionskosten. Es wird ein Paradies für Konsumenten sein.“[7]
Entsprechend früh erkannte Gates das Potential von digitalen Bilddatenbanken und gründete 1989 die Firma Corbis. Mark Getty, etablierte ab 1995 die Firma Getty Images als zweiten globalen Player auf dem Bildermarkt. Beide Konzerne kauften auf dem bis dahin stark fragmentierten Markt der Bildagenturen zahlreiche Bildarchive auf und begannen das analoge Bildmaterial zu digitalisieren.[8] Da durch den Ausbau von Online-Diensten das Bildmaterial in hoher Qualität immer und überall verfügbar war, konnten die Bilder zu geringeren Kosten an den Markt gebracht werden. Der umständliche und teure Versand von Katalogen und originalen Bildträgern entfiel plötzlich. Bis zur Digitalisierung hatten die Bildarchive durch den hohen Verwaltungsaufwand des analogen Materials eine gewisse Grenze bis zu welcher sie wirtschaftlich arbeiten konnten.
Das Geschäftsmodell der digitalen Bilddatenbanken war durch Standardisierung und Vereinfachung der Vertriebswege plötzlich leicht auf globalem Maßstab skalierbar. Diese durch technologischen Fortschritt getriebenen Konzentrationsprozesse führten zu einer nachhaltigen Veränderung der gesamten Marktstruktur. Der Bildermarkt ist mittlerweile stark von dem Duopol Corbis und Getty Images geprägt. Diese Marktmacht bekommen nicht nur die Kunden und Konkurrenten aber auch vor allem die Lieferanten der beiden Bildgiganten zu spüren. Zum einen wurden Verträge mit Fotografen gekündigt, zum anderen wurde das Verhältnis in dem die Einnahmen geteilt werden zu ihren Ungunsten beschnitten. Aber nicht nur die finanzielle Freiheit wurde eingeschränkt, den Lieferanten wurde auch für den kreativen Prozess über agenturinterne Richtlinien genaue Vorgaben über das zu produzierende Bildmaterial gemacht. Diese Größenvorteile und die Finanzmacht schrecken neue Bildagenturen vor einem Markteintritt zunehmend ab, was die Monopolisierung der Bildvermarktung weiter voran treibt.[9]
Diese positiven Skaleneffekte können analog auch bei Microstockagenturen realisiert werden. Es wird außerdem der Punkt kommen, in dem die Microstockagenturen Marktanteile nicht alleine durch ein wachsendes Bildarchiv gewinnen können, sondern nur durch gezielte Übernahme von Konkurrenten. Ein sehr starker Hinweis, dass in diesen Prozess bald mehr Dynamik kommen wird, ist die Tatsache, dass sich beispielsweise Fotolia und Shutterstock mit frischem Kapital versorgt haben. Durch die niedrigen Marktein- und austrittsbarrieren können natürlich immer wieder neue Agenturen in den Markt treten. Allerdings werden diese es schwer haben, sich gegen die enorme Marktmacht eines Oligopols durchzusetzen.
Eine weitere Konzentration des Microstockmarktes wird zwangsläufig zu einer Verschlechterung der Position von kleinen Produzenten und der Kunden führen. Vermutlich werden die Preise für Microstockbilder weiter steigen, die Beteiligung der Fotografen höchst wahrscheinlich nicht.
Heute gibt es wieder einen Gastbeitrag, auf den ich mich besonders freue. Manchmal wird ja behauptet, in diesem Blog käme ja fast nur Microstock vor und ich würde das „schönreden“. Aber ich kann nur über Dinge schreiben, von denen ich Ahnung habe. Deshalb ergab es sich ganz gut, dass Gerald Staufer Interesse daran hatte, einen Artikel zu schreiben. Gerald ist Gründer und CEO der 2003 gestarteten Münchener Macrostock-Bildagentur Westend61, die mittlerweile nach Eigenaussage einer der größten unabhängigen „Royalty Free Brands“ in Europa ist.
Genug der Vorrede, ab hier überlasse ich Gerald Staufer den Artikel.
Try Macrostock!
Kürzlich habe ich mich länger mit Robert über Macro- und Microstock unterhalten. Ich habe ihm vorgehalten, er würde in seinem Blog teilweise ein etwas falsches Bild von Macrostock zeichnen, vor allem was den Zugang zu Macrostockagenturen und die Perspektiven dort anbelangt. Deshalb bin ich dankbar, dass er mir die Gelegenheit gibt, einiges richtig zu stellen bzw. Denkanstöße für eingefleischte Microstocker unter seinen Lesern zu liefern.
Vorneweg möchte ich noch sagen, dass ich die Arbeit von Robert sehr schätze und ich bewundere, was er erreicht hat. Er beweist großen Unternehmergeist und Mut, es ist nur schade, dass er sich dabei ausschließlich auf Microstock konzentriert. Unter anderem deshalb, weil er dachte, dass Agenturen wie Westend61 an seinem Material nicht interessiert wären, was nicht stimmt. Ich behaupte einfach einmal selbstbewusst, bei uns würde er mit seinen 7.000 Bildern auch nicht weniger, wenn nicht mehr verdienen.
Da wären wir schon beim ersten Punkt. Entgegen landläufiger Meinungen ist meines Erachtens der Zugang zu Macrostockagenturen nicht schwieriger als zu Microstockagenturen. Hier wie dort zählt das verkäufliche Bild. Auch Macrostockagenturen nehmen gute Amateure auf, das ist kein Privileg der Micros. Auch Macrostockagenturen verkaufen Bilder, die man eher in Microstcok ansiedeln würde wie Freisteller oder Stills, wenn auch nicht in diesen Massen. Die hohen Massen sind aber weniger von Interesse, schließlich sind die Preise um ein Vielfaches höher. Viele denken, wir wären bei der Auswahl der Bilder viel wählerischer. Das kann ich nicht beurteilen, aber nach fast zehnjähriger Erfahrung in dem Geschäft weiß ich eines ganz genau: Es kommt nicht auf die Menge an, sondern die Qualität.
Warum werden da wie dort ähnliche Bilder verkauft?
Ganz einfach. Die Nachfragestruktur ist in beiden Märkten sehr ähnlich. Die Kunden suchen hier wie dort nach den immer gleichen Themen wie Business, Family, Beauty usw.. Die weit verbreitete Meinung, man müsse für Macrostock hochwertiger produzieren stimmt nur zum Teil. Sicherlich erwartet der Kunde von Macrostock oft ein sehr hochwertiges Bild mit toller Location, schönen Models, perfektem Styling und außergewöhnlichem Licht. Dafür ist er bereit, mehr zu bezahlen als einen Minipreis. Auf der anderen Seite verkaufen wir noch jede Menge Freisteller und generische Bilder, wenn die Gesichter stimmen oder bei Stills die technische Umsetzung perfekt ist. Der Kunde will oft für seine Produktwerbung genau das eine Gesicht oder ein Bild, das nicht schon einige tausendmal von fast jedem Kunden oder Privatblog dieser Welt verwendet wurde. Da kommt es dann nicht darauf an, ob es komplex oder einfach produziert wurde.
Umgekehrt stimmt aber auch, dass das vielen Kunden völlig egal ist. Dazu eine kleine Geschichte: Kürzlich war ich im Lidl und habe auf einem Werbeplakat ein sehr bekanntes Microstock-Bild, auf dem eine glückliche Familie abgebildet ist, gesehen. Eine Stunde später musste ich in ein großes Einkaufszentrum. Im Eingangsbereich überdimensional das gleiche Bild. Ein paar Tage später bekomme ich ein Flugblatt von irgendeinem esoterischen Verein in die Hand. Wieder dieses Bild. Das ist einfach langweilig. Und: Der Lidl und das Einkaufszentrum hätten sicher mehr als 20–25 Euro übrig gehabt für die Bildrechte. Der kleine Verein eher nicht, hier haben Microstock und kleine Preise ihre Berechtigung.
Die Belieferung von Microstockagenturen kann zu einem aufwendigen Zeitfresser werden. Fertig bearbeiten, hochladen, betiteln, verschlagworten und eventuell Modellfreigaben zuordnen. Das dann meist nicht nur für eine Agentur, sondern für mehrere. Bei uns zum Beispiel lädt man zunächst Low-Res-Dateien hoch. Nur die ausgewählten Bilder müssen fertig bearbeitet und betitelt werden. Die Verschlagwortung übernimmt die Agentur. Nach etwa zwei bis drei Monaten steht das Bild unserem internationalen Netzwerk mit 200 Partnern zur Verfügung. Die Fotografen müssen nur eine Agentur beliefern und können sich auf das Wesentliche konzentrieren: Das Fotografieren.
Für Macrostock zu fotografieren bedeutet mehr Freiheit für den Fotografen. Auch Macrostock kennt normierte Bildkonzepte und eine gewisse allgemein verkäufliche Bildsprache. Aber glücklicherweise nicht in dem Ausmaß wie es bei Microstock der Fall ist. Macrostock will verschiedene Bildsprachen, nimmt auch authentische, eher künstlerische Bilder, bedient Spezialkunden, die auf sehr genaue Verschlagwortung Wert legen.
Bei Microstock orientieren sich alle an den Bildern mit den höchsten Downloadzahlen und produzieren wiederum ähnliche Bilder. Denn je mehr Downloads ein Fotograf mit den Bildern erzielt, desto höher wird sein Anteil. Scheint zunächst einmal sehr gerecht und motivationsfördernd. Perfide aber ist: In regelmäßigen Abständen werden die notwendigen Downloadzahlen von den Agenturen erhöht. Der Fotograf gerät in eine Art Hamsterrad. Er muss produzieren, produzieren, produzieren, um mehr zu verdienen und kaum hat er es geschafft, werden die Downloadzahlen erhöht oder die Prozente gesenkt und das Ganze fängt irgendwie von vorne an. Mir wäre das offen gestanden zu blöde und ich höre nicht auf, mich darüber zu wundern, wie viele Menschen sich daran freiwillig beteiligen. Aber ich weiß, die Agenturen nutzen gewisse Abhängigkeiten aus, die sie mittlerweile geschaffen haben. Da freie Fotografen aus aller Herren Länder keine Gewerkschaft bilden können oder wollen, geht so etwas auch.
Hier ist Macrostock seriöser. Man bekommt entweder einen festen Anteil, der für immer gilt oder man fängt wie bei Westend61 bei 40% an und landet dann nach einem gewissen Umsatz, den die Bilder erwirtschaftet haben und der nicht utopisch ist, bei 50%. Warum? Weil aus unserer Sicht der Fotograf unser bester Geschäftspartner ist, der im Zentrum der Agentur steht. Viele Verkäufe sind in unser aller Interesse, aber der Wert eines Fotografen bemisst sich nicht alleine an den Verkäufen, sondern auch an seiner Bildsprache. Fotografieren soll Spaß machen und kreative Freiheit bedeuten. Dazu gehört die Sicherheit, dass einem nicht ständig die Prozente vorne- oder hinten herum gekürzt werden.
Warum muss ein DAX Konzern nicht mehr Geld zahlen als ein kleine Bäcker?
Ein gängiges Argument von Microstockern ist, dass kleine Preise besser sind als große, weil man das Bild dadurch sehr sehr oft verkaufen kann und zu guten Einnahmen pro Bild kommt. Die hohen Downloadzahlen der Topseller würden das beweisen. Oberflächlich betrachtet stimmt das. Geht man in die Tiefe, verhält sich die Sache ganz anders. Gibt man bei Fotolia zum Beispiel das Stichwort Familie ein, bekommt man sage und schreibe mehr als 413.000 Bilder angezeigt. Der Topseller (das Bild, das Lidl etc. zur Zeit benutzen) hat über 10.500 Downloads. Nehmen wir an, der Fotograf erhält ca. 1,50 Euro pro Download, dann kommt in der Tat eine beträchtliche Summe zustande.
Aber wie viele Fotos erreichen das schon? Wie viel Geld setzt ein Bild um, das eigentlich erfolgreich ist und 99% der Bilder hinter sich lässt? Bei oben genanntem Stichwort hat Bild 4100 bei Fotolia immerhin noch 71 Downloads, also mehr als die 409.000 nachfolgenden Bilder. Der Fotograf erhält vielleicht 100 Euro, obwohl es dem obersten Prozent der Verkäufe angehört. In Macrostock erwirtschaftet man mit einem einzigen Bildverkauf oft mehr und hat einen fairen Preis erzielt. An dieser Stelle eine grundsätzliche Frage: Warum muss ein DAX-Konzern nicht mehr Geld in die Hand nehmen als der kleine Bäcker von nebenan? Das ist die Crux im Bildermarkt. Mehr als 100.000 Fotografen, die sich andauernd in den Prozenten drücken lassen mit ihren Millionen von Bildern ermöglichen das. Werbeetats im mehrstelligen Bereich, aber nur ein paar Euro für die Bildrechte.
Sicher, Macrostockagenturen haben den Bedarf an Bildern im Web verschlafen. Dort gibt es aber mittlerweile eine Anpassung nach unten. Einige Macrostockagenturen verkaufen die Miniwebbilder bereits ab 10 Euro. So kann sich auch ein kleiner Existenzgründer ein Bild für seine Webseite leisten. Für Druckbilder wird man aber hochpreisig bleiben, denn hohe Werbeetats lassen das zu und viele Kunden wollen ein etwas exklusiveres Material, das nicht jeder nutzt.
Ein paar Worte zu den Zukunftsaussichten
Wohin wird das alles führen? Ich bin sicher, in nicht allzu langer Zeit werden die Einnahmen für Microstock-Fotografen in einem beträchtlichen Ausmaß einbrechen. Das liegt in der Natur der Sache. Die Nachfrage steigt nicht unendlich, aber das Angebot wächst und wächst. Bisher hat Microstock sinkende Verkaufszahlen mit ständigen Preiserhöhungen abgefangen. Da man mit den Preisen sehr weit unten begonnen hat, war ja eine Steigerung von 1 auf 2 Euro schon fast inflationär. Aber die Kunden haben sich an niedrige Preise gewöhnt, weshalb schon jetzt wohl nicht mehr viel Luft nach oben ist. Ist das Ende der Fahnenstange einmal erreicht, ist logisch, dass bei gleich bleibender Nachfrage und ständig steigendem Angebot der einzelne Fotograf weniger verkaufen und umsetzen wird. Dieses Schicksal hat Macrostock ereilt und auch Microstock wird davon nicht verschont bleiben. Von daher amüsiert es mich schon sehr, wenn ich bei verschiedenen Bloggern immer wieder lese, ich produziere jetzt bis dann und dann 1.000 neue Bilder, um mein Einkommen bis zu dem und jenen Punkt zu steigern. Manche glauben sogar, sich eine Art Rente zu erwirtschaften und bedenken nicht, dass die Bilder inhaltlich älter werden, andere sie besser kopieren oder sie so langsam in den Bilderfluten verschwinden. Nein, man muss immer und stetig nachlegen, um sein Einkommen zu sichern.
Nach der Weltwirtschaftskrise 2009 haben viele Macrostockagenturen unter stark sinkenden Umsätzen zu leiden gehabt. Als Folge haben viele Agenturen und Fotografen aufgehört, hochwertig zu produzieren. Mittlerweile gibt es Kunden, die sich über immer weniger gutes, kreatives Material beklagen. Ich denke, die Nachfrage nach hochwertigem, aber auch authentischem Bildmaterial wird wieder steigen. Irgendwann kann niemand mehr die extrem normierten Bilder sehen. Zumindest die Business-Kunden werden sich umorientieren und sich wieder mehr in Macrostock bedienen. Deshalb und wegen gewisser ökonomischer Gesetzmäßigkeiten rate ich jedem Fotografen, über seine zu den Zukunftsaussichten. in der Stockfotografie nachzudenken. Microstock ist da und hat seine Berechtigung, aber seine Eier auch in andere Nester zu verteilen, ist bestimmt nicht falsch.
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Das war’s von Gerald Staufer.
Ich freue mich auf eure Diskussionen hier im Blog. Gerald wird gerne mitdiskutieren, wenn der Ton sachlich bleibt.
Die eigene Bildagentur kann sich für viele Fotografen lohnen, die in ganz unterschiedlichen Bereichen arbeiten: ob Hochzeitsfotografen, Foodfotografen oder Portraitfotografen.
Wichtig sind dabei bereits im Vorfeld einige Überlegungen. Wer ist meine Zielgrupe, wer soll die Bilder kaufen und was soll damit gemacht werden? Braucht z.B. mein Kunde eine hochauflösende digitale Fotodatei, beispielsweise ein 16Bit TIFF, oder möchte mein Kunde sich eine Leinwand oder einen Papierabzug von meinen Bildern bestellen?
Ist es mein Ziel, dass ich als Stockfotograf meine Fotos Werbeagenturen zur Verfügung stellen möchte, dann muss ich an die eigene Bildagentur technisch gesehen ganz andere Anforderungen stellen, als wenn ich meine Fotografien als Hochzeitsfotograf dem Brautpaar und den dazugehörigen Hochzeits-Gästen als zusätzlichen Service bereitstellen möchte.
Es gibt auf dem Markt ganz unterschiedliche Anbieter, die man grob in zwei Kategorien einteilen kann.
Eine Shopsoftware, die ich kaufe und auf meinem Server installieren kann. Diese Lösung lässt mir die volle Serverfreiheit, ich zahle eine einmalige Lizenzgebühr, keine monatliche Nutzungsgebühr und keine Provisionen an den Anbieter. Dafür bin ich jedoch in puncto ordentlicher Betrieb des Shops voll verantwortlich. Diese Art des Shops ist für Stockfotografen sehr interessant, die hochauflösende Bilddaten verkaufen. Anbieter sind beispielsweise Adpic Solutions, Ktools, Imagefolio, Pixtacy oder StockboxPhoto. Hier ein Beispiel der Foodfotografin Corinna Gissemann, die sich mit ImagePro von Adpic Solutions eine eigene Bildagentur erstellt hat.
Ein Shop-System wird zur Verfügung gestellt, bei dem ich mich technisch um nichts kümmern muss. Ich lade lediglich meine Fotos hoch und verschlagworte sie, sorge also für den Inhalt. Oft wird mir als Service noch eine Blogfunktion und/oder eine Bildershow zur Verfügung gestellt. Neben dem digitalen Download der Dateien sind diese Shops mit externen Fotofachlaboren verbunden, bei dem der Kunde Abzüge, Leinwände und andere Fotoprodukte bestellen kann. Das ist so gesehen die kostengünstigste Lösung, allerdings müssen bei diesem Modell an den Anbieter eine monatliche Grundgebühr und eine Provision, die in der Regel bis zu 20% auf den Verkaufspreis beträgt, bezahlt werden. Anbieter sind hier Photoshelter, Pictrs, Fotograf.de oder Photodeck. Hier ein Beispiel der Eventfotografin Alexa Kirsch, die fotograf.de für ihre Eventfotografin verwendet.
Interessant ist, das sich ein Bildershop, wie unter Punkt Zwei aufgeführt, für Fotografen eignet, für die eine eigene Bildagentur normalerweise keinen Sinn machen würde: vor allem für Event- und Hochzeitsfotografen im weitesten Sinne und Fotojournalisten. Diese können sowohl ihren eigenen Workflow und die Organisation des Events deutlich vereinfachen, indem sie ihre Bilder online anbieten und zusätzlich ihren Kunden einen besonderen Service bieten. Mit Hilfe des Shopsystems kann dem Kunden der Bilderkauf wesentlich erleichtert werden, indem dieser nicht mehr auf einen Studiobesuch oder auf das Gedrängel vor dem Fotografentisch während des Events angewiesen ist, sondern dann die Möglichkeit erhält, ganz bequem 24 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche vom heimischen Computer aus zu bestellen.
Was nicht verschweigen werden darf, ist die Kehrseite der Medaille: Die Führung eines eigenen Onlineshops, ganz gleich ob Variante Eins oder Zwei, kann sehr zeitaufwendig und kostenintensiv werden und es kann lange dauern, bis sich die Ausgaben rentieren. Ich muss sehr viele Fotos in meiner Agentur anbieten, für einige Dutzend lohnt sich der Aufwand nicht. Ich brauche viel Zeit, den Shop aufzusetzen, die Fotos hochzuladen, zu verschlagworten, meine Preisgestaltung zu machen und – nicht zu vergessen! – das Marketing dafür zu betreiben. Gerade dieser Posten sollte nicht unterschätzt werden, denn was nützt der schönste Shop, wenn niemand weiß, dass es ihn gibt?
Hilfreich ist hier, wenn ich von vornherein eine Website betreibe, die schon einen gewissen Bekanntheitsgrad aufweisen kann. Der Zeitaufwand, der für die eigene Bildagentur erforderlich ist, kann enorm sein. Es sollte also gut überlegt und vor allem kalkuliert werden, ob und in welcher Form man die eigene Bildagentur eröffnen will.
Ihr wollt mehr über das Thema erfahren? Mehr über Ablauf, Organisation und Marketing des eigenen Online-Shops? Dann haben wir was für euch: Wir bieten ein Online-Webinar zum Thema: “Lernen Sie, wie Sie erfolgreich online Fotos verkaufen.” Als Gastdozenten haben wir u.a. Markus Posselt, CEO von fotograf.de eingeladen, der uns in die Geheimnisse des erfolgreichen Onlineverkaufs einweisen wird.