Drüben bei der Model-Kartei hat der Hobbyfotograf Bent Jessen ein kleines Tutorial veröffentlicht, welches den Umgang einer tragbaren Blitzanlage draußen (oder auch drinnen) erklärt. Das ist für den Einstieg ganz hilfreich, weshalb ich Bent gefragt habe, ob ich das mit meinen Lesern teilen darf. Am Ende des Artikels gibt es das Tutorial auch als PDF-Download. Ab jetzt schreibt Bent:
Ein portabler Blitz (auch „Porty“ genannt) ist schon eine feine Sache. Wir wollen schließlich nicht nur bei optimalem Wetter fotografieren. Aber wie setzt man den Porty eigentlich ein? Dazu habe ich diese kleine Anleitung geschrieben.
Was man braucht:
Eine Kamera (egal ob digital oder analog), in meinem Fall eine Nikon D90*, einen externen Belichtungsmesser (am besten digital) mit Blitz-Messfunktion, z. B. einen Gossen Digipro F* und natürlich den Porty, z. B. den Elinchrom anger Quadra*. Grundsätzlich funktioniert diese Anleitung aber auch mit anderen Blitzen, zum Beispiel entfesselten Speedlites.
Los geht’s:
Der erste Gedanke, den man sich machen muss, ist, die Verschlusszeit zu bestimmen. Dabei muss man zwei Dinge berücksichtigen.
Zuerst muss man wissen, welche Zeit die maximale Blitz-Synchronisationszeit der Kamera ist. Diese ist von Modell zu Modell verschieden. Ein Blick in die Bedienungsanleitung gibt hier Auskunft. Meine Kamera kann Blitze bis maximal 1/200 Sekunde synchronisieren. Das bedeutet – vereinfacht – folgendes: Bis zu diesem Zeitwert ist der Verschluss der Kamera vollständig geöffnet, wenn mit einem Blitz fotografiert wird. Wählt man eine schnellere Zeit (z. B. 1/250 Sekunde) ist die Kamera bereits im Begriff, den Verschluss zu schließen, während der Blitz noch das Bild belichtet. Das Ergebnis wäre, dass im Bild schwarze Balken auftauchen und Teile des Bildes verdecken. Und das wollen wir nicht…
Ein Zitat aus Wikipedia:
„Als Blitzsynchronzeit oder Synchronzeit (auch X‑Sync) bezeichnet man in der Fotografie die kürzeste wählbare Belichtungszeit (Verschlusszeit), bei der der Verschluss eines Fotoapparats kurzzeitig vollständig geöffnet ist und das Licht eines Blitzgerätes (Fotoblitz) somit das gesamte Filmbild bzw. den Bildsensor vollständig beleuchten kann. Die Blitzauslösung ist mit dem Verschluss derart synchronisiert, dass jener vollständig geöffnet ist, bevor der Blitz beginnt.“
Die zweite Sache, die man bei der Wahl der Verschlusszeit berücksichtigen muss, ist die Zeit, in der man die Kamera noch in der Hand halten kann, ohne zu verwackeln. Eine alte Formel besagt, dass diese Zeit ungefähr dem Kehrwert der Brennweite entspricht. Damals gab es noch kein „Anti- Shake“ und so. Demnach sollte man bei einer Brennweite von 50 mm einen Wert wählen, der ungefähr diesem Wert entspricht. Man nehme 1/60 Sekunde.
Wichtig ist auch, dass die ISO- Zahl gewählt wird. Als Beispiel ISO 200.

Die erste Messung:
Für die erste Messung müssen die gewählten Werte im Belichtungsmesser eingestellt werden. Dies geschieht in der „Dauerlicht“-Messfunktion. Nachdem die Taste gedrückt wurde, erhält man einen Messwert, der angibt, mit welchen Werten bei dem vorhandenen Licht ein korrekt belichtetes Foto entsteht. Bei den Aufnahmen ist dieser Messwert unsere „Hintergrund- Helligkeit“. Die Messung sollte in unmittelbarer Nähe eines Fensters (sofern Indoor) vorgenommen werden, da dies die Lichtquelle darstellt. Als Beispiel haben wir einen Wert von 8,0 für die Blende erhalten und merken uns diesen Wert.
Und nun?
Nun schaltet man den Belichtungsmesser in die „Blitz- Messfunktion“ und stellt die Werte ein, die man sich am Anfang überlegt hat (t= 1/60 Sekunde, ISO 200). Drückt man nun den Schalter am Belichtungsmesser, „wartet“ dieser auf einen Blitz, sofern der Blitz nicht mit Kabel direkt ausgelöst wird. Nun erhält man den zweiten Wert, z. B 11,5 (der Wert hängt natürlich von der eingestellten Blitz-Leistung ab). Aus diesem Wert ergibt sich, ob die Leistung des Blitzes hoch oder herunter geregelt werden muss, um auf den zuvor gemessenen Wert „ohne Blitz“ zu kommen.
Wichtig: Nach jedem Griff zum Leistungsregler muss entweder einmal der Blitz manuell ausgelöst werden um die Kondensatoren zu entladen oder – sofern der Porty eine Automatik hat – es muss das Bereitschaftssignal der Blitzanlage abgewartet werden.
Wird nun fotografiert, erhält man ein Foto mit ausbalanciertem Vorder- und Hintergrundlicht.

Kreatives Blitzen – Variante 1: Ausblenden durch Überbelichtung
Möchte man z. B. bei einem Indoor- Shooting (hierfür ist dies Variante besonders geeignet) etwas mehr Schwung in die Fotos bringen, kann man „gleißendes Sonnenlicht“ simulieren, indem der Hintergrund überbelichtet wird.
Hierzu muss die Verschlusszeit manuell verlängert werden. Dabei entspricht eine Verdoppelung der Zeit (also von 1/60 auf 1/30 Sekunde) einer Blendenstufe. Bei eingeschaltetem „Anti- Shake“ kann man das auch noch halten, ohne zu verwackeln.
Der Effekt im Foto zeigt sich dadurch, dass der Hintergrund überstrahlt dargestellt wird.

Kreatives Blitzen – Variante 2: Abdunkeln des Hintergrundes
Diese Variante eignet sich besonders bei Outdoor- Shootings, wo man einen „dramatischen“ Effekt zaubern möchte. Dazu wird das Hintergundlicht reduziert und der Blitz dient zur Aufhellung des Hauptmotivs.
Hierzu muss die Verschlusszeit manuell verkürzt werden. Dabei entspricht eine Verkürzung der Zeit von 1/60 auf 1/125 Sekunde einer Blendenstufe. Um das Hintergrundlicht noch weiter zu reduzieren, kann man die Zeit noch weiter verkürzen, jedoch nur bis zur maximalen Blitz- Synchronisationszeit (merken!).
Das Foto auf dieser Seite wurde mit den Werten t= 1/125 Sekunde & Blende 8 aufgenommen. Achten sie besonders auf die Helligkeit des Laubwerks im Hintergrund im Vergleich zu Bild 2 und Bild 3.

Man kann zum Ausprobieren auch andere Werte als Basis nehmen. Wenn man statt 1/60 Sek. nun 1/30 Sek. als Ausgangswert nimmt („Anti- Shake“ sei dank ist das durchaus machbar) hat man bei einer max. Synchronisationszeit von 1/200 Sek. die Möglichkeit, das Hintergrundlicht um ganze 3 Blendenstufen abzudunkeln.

Viel Spaß beim Ausprobieren.
Noch ein Hinweis:
Die Fotos in diesem Tutorial sind direkt aus der Kamera und nur gerichtet und beschnitten. Ich hätte gerne ein „richtiges“ Modell gehabt, aber die Suche war in der kurzen Zeit leider erfolglos, deshalb musste ich improvisieren.
Das Tutorial als PDF könnt ihr hier kostenlos runternladen.
* Affiliate
Klasse Einsteigerlektüre, die dem ein oder anderen sicherlich weiterhelfen wird. Nur ist „Porty“ nicht eigentlich ein Produktname von Hensel? 😉 Zugegeben, bezeichne die mobilen Generatoren nicht anders, hat sich einfach so eingebürgert wie das Tempo zum Taschentuch und Zewa zur Küchenrolle. 😉
Deine Meinung (Robert) zu einem mobilen Blitzgerät würde mich ja mal brennend interessieren. Die Speedlites mit E‑TTL mögen sicherlich ihre Vorzüge haben, insbesondere wenn man auf Masse produziert und es schnell gehen muss, aber stößt du nicht hin und wieder mit den Systemblitzen an ihre Grenzen? Jedenfalls habe ich noch bei keinem deiner MakingOfs gesehen, dass du etwas anderes nutzt (Sunbouncer mal außen vor).
Ich für meinen Teil war Jahre lang ein Strobist-Fan, mich am Ende aber dann doch eher mehr mit abgequält, als dass die Mobilität zu gute kam. Mitte des Jahres kam dann der Ranger Quadra ins Spiel und ich konnte mich mehr denn je austoben ohne großartige Einbußen bei der Portabilität in Kauf nehmen zu müssen. TTL ist zwar nicht möglich, aber fotografiere ich ja auch nicht in Masse, sondern gebe mich am ende auch mit 2–3 guten Fotos zufrieden und kann mir somit Zeit beim Einstellen nehmen, bis das Licht mir gefällt (und zwar besser als es eine Automatik hinbekommen würde).
Etwas umständlicher wird es aber nun mit dem großen Bruder werden (gestern Abend bestellt), dem Ranger RX Speed mit seinen gut 9 Kilo. 400 Watt sind beim Quadra vergleichsweise zu den Speedlites eine wahre Pracht, aber im Hochsommer auch weiterhin nicht immer ausreichend. 🙁
@Marcel: Das ist mittlerweile sicher so wie bei „Tempo“ für Taschentüchern oder „googlen“ für „im Internet suchen“…
wer ttl benutzt überlässt seiner cam die Arbeit und ein 08/15 Grau Foto entsteht .