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Kann ich nicht-​exklusiv gleich viel Geld verdienen wie ein exklusiver iStock-​Fotograf? (Gastartikel)

Vor paar Wochen hat der Hobby-​Fotograf Michael Zwahlen in sei­nem Blog die­sen eng­li­schen Artikel über die Exklusivität bei iStock ver­öf­fent­licht. Auf mei­nen Wunsch war Michael so freund­lich, den Text etwas aus­zu­bau­en und ins Deutsche zu über­set­zen. Los geht’s, ab jetzt schreibt Michael:

Ich habe vor 15 Monaten den für mich gros­sen Schritt gewagt, nach sechs Jahren mei­ne Exklusivität bei iStockphoto zu kün­di­gen. Da ich stets akti­ves Mitglied der Community bei iStock war, wer­de ich seit­dem regel­mä­ßig gefragt, wel­che Erfahrungen ich seit­dem gemacht habe.

Michael Zwahlen - Selbstportrait zum Verkauf über Stocksy
Michael Zwahlen – Selbstportrait zum Verkauf über Stocksy

Eine der häu­figs­ten Fragen ist natür­lich: Kann ich als Nicht-​Exklusiver ähn­lich viel Geld ver­die­nen wie als Exklusiver?

Meine ein­fa­che Antwort: Ja. Zumindest ist mir das sehr schnell gelun­gen. Die etwas kom­pli­zier­te­re Antwort: Es kommt dar­auf an.

Meine persönliche Vorgeschichte

Als ehe­ma­li­ger Software-​Entwickler und Projektleiter habe ich die Fotografie für mich Ende der 1990er Jahre eher aus dem Interesse an Kameras als „Gadgets“ ent­deckt: Meine ers­te Digitalkamera war eine Olympus mit VGA-​Auflösung, als 640x480 Pixel (0,3 Megapixel!). Die Bildqualität war im wahrs­ten Sinne be„rauschend“. Ende 2001 habe ich mir eine Sony F505V zuge­legt, die mit einem fest ein­ge­bau­ten Zeiss-​Objektiv und 2,6 Megapixel schon brauch­ba­re Bilder produzierte.

Gleichzeitig ent­stan­den die ers­ten Online-​Dienste, über die „jeder­mann“ sei­ne Fotos zur Lizenzierung anbie­ten konn­te. Da ich damals in der Schweiz wohn­te, las ich über die Gründung von ImagePoint, bewarb mich und wur­de akzep­tiert. Ich wuss­te jedoch wenig über Fotografie, bekam wenig Bilder akzep­tiert, freu­te mich aber über zwei oder drei Verkäufe pro Jahr.

Der erste Bildverkauf 2002 von Michael Zwahlen bei ImagePoint
Der ers­te Bildverkauf 2002 von Michael Zwahlen bei ImagePoint

Bis Anfang 2007 wur­de Fotografie dann zu mei­nem Lieblings-​Hobby, und ich begann zu recher­chie­ren, ob ich damit nicht zumin­dest genug Geld ver­die­nen könn­te, um ab und zu eine neue Kamera oder eine Reise zu finan­zie­ren. Ich ent­deck­te Microstock, wur­de bei iStockphoto im 2. Versuch akzep­tiert und bei Shutterstock abge­lehnt. Ich kon­zen­trier­te mich also zunächst auf iStock und lern­te schnell und viel aus der damals sehr akti­ven und unter­stüt­zen­den Community.

Die nächs­ten sechs Jahre habe ich mich dann für die Exklusivität ent­schie­den und hal­te die Entscheidung auch bis heu­te für rich­tig. Als Hobby-​Fotograf habe ich dort mit rela­tiv wenig Bildern und wenig admi­nis­tra­ti­vem Aufwand gutes Geld ver­dient. Bis im Herbst 2011. Damals hat iStock sei­ne Suche umge­stellt, als Ergebnis bra­chen die Umsätze mei­ner Bestseller und damit mein gan­zer Umsatz inner­halb von drei Monaten um über 50% ein.

Ende 2012 habe ich mich zur Kündigung mei­ner Exklusivität ent­schie­den. Damals habe ich noch mit einer Partnerin zusam­men gear­bei­tet, und wir haben mein (klei­ne­res) Portfolio als Testprojekt für die Nicht-​Exklusivität genutzt. Seit Mitte 2013 arbei­te ich Vollzeit dar­an, mein Portfolio aus­zu­bau­en und von der Stock-​Fotografie zu leben.

Die ersten Erfahrungen

Der Schritt in die Nicht-​Exklusivität bedeu­tet zunächst, dass man sein gesam­tes bestehen­des Portfolio zunächst „wie­der­fin­den“, zusam­men­stel­len und even­tu­ell über­ar­bei­ten muss. Als iStock-​Exklusiver ist die Motivation nicht sehr groß, die Metadaten bereits in Lightroom oder Photoshop zu ver­wal­ten, da man anschlie­ßend sowie­so die Arbeit erneut mit Hilfe des „Kontrollierten Vokabulars“ von iStock machen muss. Zwar hat­te ich bereits in knapp der Hälfte mei­ner Bilder die Metadaten ein­ge­tra­gen, bei mehr als 500 Bildern muss­te ich das jedoch noch nachholen.

Zudem muss­te ich von teil­wei­se vier oder fünf Jahre alten Bildern die Model Releases zusam­men­su­chen. Zum Glück war ich in die­ser Hinsicht auch gut genug orga­ni­siert, dass mir dies in kur­zer Zeit gelang. Ich stell­te jedoch fest, dass ich einen Teil mei­nes Portofolios nicht ander­wei­tig ver­wen­den konn­te: Bilder, die ich auf „Minilypses“ oder „iStockalypses“ geschos­sen habe, den von iStock orga­ni­sier­ten und mit­fi­nan­zier­ten Gruppen-​Shootings. Diese Bilder sind auch für Nicht-​Exklusive ver­trag­lich an iStock gebun­den. Da ich die­se Events ger­ne besuch­te, habe ich nach wie vor eini­ge hun­dert Fotos exklu­siv bei iStock, erhal­te jedoch die nicht-​exklusive Bezahlung hier­für. Auch hat­te ich für eini­ge Shootings Model Releases mit dem deutsch­spra­chi­gen Vordruck von iStock ver­wen­det. Als iStock-​Exklusiver natür­lich kein Problem, aber so man­che Agentur will einen nicht-​englischen Vertrag mit einem frem­den Firmenlogo ein­fach nicht akzeptieren.

Da man nach der Kündigung der Exklusivität noch 30 Tage war­ten muss, hat­te ich jedoch aus­rei­chend Zeit, um etwa 500 mei­ner 1.800 Bilder vor­zu­be­rei­ten und hat­te die­se prak­tisch sofort nach Auslaufen die­ser Wartezeit bei Shutterstock, Fotolia, Depositphotos, 123RF, CanStockphotos und GL Stock online. Innerhalb von drei Monaten waren es dann über 1.000 Bilder bei neun Agenturen.

Wie sich die Einnahmen entwickelten

Wer die Exklusivität bei iStock auf­gibt, sieht sich unmit­tel­bar mit zwei Faktoren kon­fron­tiert: Erstens sinkt der pro­zen­tua­le Anteil an den Einnahmen, in mei­nem Fall von 30% auf 17%. Hinzu kommt jedoch auch, dass die Bilder güns­ti­ger ange­bo­ten wer­den. Ich hat­te nur weni­ge Bilder in Vetta, aber mei­ne Exklusive+ Bilder haben regel­mä­ßig Erträge von $10 bis $20 erzielt. Als exklu­si­ver iStock-​Fotograf ist man eigent­lich kein ech­ter Microstocker mehr, denn vie­le Bilder wer­den eher zu Midstock-​Preisen von $50 oder $200 angeboten.
Anfang 2013 hat­te ich hier in der Regel nur noch halb so hohe Preise, inzwi­schen wer­den nach einer Preissenkung Mitte 2013 sogar für nur noch 1–7 Credits ange­bo­ten. Der Einbruch bei den Einnahmen bei iStock betrug ins­ge­samt also etwa 75–80%.

Übliche Verkaufspreise bei iStock als exklusiver Fotograf...
Übliche Verkaufspreise bei iStock als exklu­si­ver Fotograf…

Trotzdem hat es in mei­nem Fall nur weni­ge Monate gedau­ert, bis ich wie­der unge­fähr gleich hohe Einnahmen erziel­te wie in mei­nem letz­ten Jahr als exklu­si­ver iStocker: Shutterstock hat hier den größ­ten Teil über­nom­men, aber auch bei Fotolia konn­te ich schnell auf regel­mä­ßi­ge Einnahmen zäh­len. Überraschend schnell und gut sind auch mei­ne Einnahmen aus dem Partner-​Programm von iStock gestie­gen. Als Exklusiver hat­te ich noch die Option, den Großteil mei­nes Portfolios aus dem Vertrieb über Thinkstock und photos.com aus­zu­schlies­sen, als Nicht-​Exklusiver kom­men heu­te etwa die Hälfte mei­ner iStock-​Einnahmen aus dem Partner-Programm.

...und hier danach als nichtexklusiver Fotograf.
…und hier danach als nicht­ex­klu­si­ver Fotograf.

Im April 2013 – also nach nur drei Monaten – konn­te ich wie­der ähn­li­che Einnahmen erzie­len wie im Vorjahresmonat. Seit Juni 2013 habe ich bis auf eine Ausnahme jeden Monat im Jahresvergleich mehr Lizenzeinnahmen erzielt. Im Jahr 2014 habe ich bis­her jeweils rund 50% mehr Umsatz erzielt als in mei­nem letz­ten Jahr als iStock-​Exklusiver. Für mich per­sön­lich ist die Entscheidung zur Unabhängigkeit also voll auf­ge­gan­gen, und zwar schnel­ler als erwartet.

Übliche Verkaufserlöse bei Shutterstock
Übliche Verkaufserlöse bei Shutterstock

Lassen sich diese Erfahrungen auf andere übertragen?

Hier kann man Zweifel anmel­den: Zum einen bin ich kein über­ra­gen­der Fotograf. Ich habe kei­ner­lei for­ma­le Ausbildung, kei­ne ande­ren Erfahrungen im gra­fi­schen Bereich. Etablierte und erfah­re­ne Fotografen haben mög­li­cher­wei­se eine deut­lich höhe­re Qualität. Mir sind die gerin­ge­ren Qualitätsanforderungen (vor allem in Bezug auf die Bildästhetik) der Microstock-​Agenturen also ent­ge­gen gekom­men. In Bezug auf Bildrauschen oder Artefakte zah­len sich die Erfahrungen mit den (frü­he­ren) har­ten Inspektionen bei iStock aus: Meine Akzeptanzquote liegt bei den meis­ten Agenturen bei deut­lich über 90%.

Portfolio-Zuwachs bei den verschiedenen Bildagenturen
Portfolio-​Zuwachs bei den ver­schie­de­nen Bildagenturen

Ich habe jedoch stets gesagt, dass mei­ne Bilder sich ver­mut­lich eher im bil­li­gen Bereich ver­kau­fen. Mit den stän­di­gen Preiserhöhungen bei iStockphoto wur­de es zwar vie­len pro­fes­sio­nel­len Fotografen ermög­licht, auf­wän­di­ge­re Shootings zu finan­zie­ren, mei­ne Bilder konn­ten sich bei den höhe­ren Preisen aber nicht gut behaup­ten. Ich war von weni­gen Ausnahmebildern abhängig.

Zudem hat­te ich nur weni­ge Bilder in den Top-​Kollektionen Vetta und The Agency Collection, mit denen sich hohe Lizenzeinnahmen sowohl bei iStock selbst als auch über die Getty-​Seite erzie­len lie­ßen. Meine Einnahmen aus der Partnerschaft mit Getty betru­gen weni­ger als 5%, daher habe ich hier prak­tisch kei­ne Verluste gehabt. Andere iStock-​Fotografen erzie­len teil­wei­se bis zu 20% ihrer Lizenzeinnahmen über die Getty-​Seite und wei­te­re 20% aus den höher­prei­si­gen Kollektionen. Diese Bilder wer­den bei einer Vermarktung über Shutterstock & Co ziem­lich sicher kei­ne ähn­li­chen Umsätze erzielen.

Auch hat­te ich das Glück, als einer der Gründungs-​Fotografen bei Stocksy United bereits von Anfang an auch eine Agentur zu haben, bei der ich „künst­le­risch höher­wer­ti­ge“ Bilder plat­zie­ren konn­te, die sich zah­len­mä­ßig eher sel­ten ver­kau­fen, bei denen der Kunde aber zumeist auch kein Problem damit hat, $50 oder $100 für eine Lizenz zu bezah­len. Mit Westend61 habe ich außer­dem eine Macrostock-​Agentur gefun­den, die einen Teil mei­ner Bilder über ihre Vertriebskanäle ver­mark­tet. Schließlich habe ich eini­ge Bilder über die (inzwi­schen nicht mehr exis­tie­ren­de) Getty-​Flickr-​Kollektion vertrieben.

Natürlich gibt es einen wei­te­ren Faktor: Das Arbeitsvolumen. Ich kann heu­te nicht aus­schlie­ßen, dass ich mit ver­gleich­bar viel Arbeit auch als iStock-​Exklusiver wie­der deut­lich mehr ver­die­nen wür­de als zuletzt in 2012. Hatte ich zum Ende mei­ner Exklusivität rund 1.800 Bilder in mei­nem Portfolio, sind es heu­te bereits deut­lich über 3.000.

Meine persönlichen Schlussfolgerungen

Ich glau­be, mit dem wach­sen­den Volumen an Bildern in Microstock wird es schwie­ri­ger, sich aus­schließ­lich und mit allen Bildern in die­sem Markt zu posi­tio­nie­ren. Ausgewählte Bilder soll­ten zu höhe­ren Preisen ange­bo­ten wer­den. Für 2014 erwar­te ich, dass ich in die­sem Bereich rund 10% mei­ner Lizenzeinnahmen erzie­le. Mittelfristig ist es mein Ziel, rund 20% mei­ner Bilder über höher­prei­si­ge Agenturen anzu­bie­ten und ent­spre­chend hohe Einnahmen in die­sem Bereich zu generieren.

All dies muss man sich jedoch erar­bei­ten, wenn man die Exklusivität bei iStockphoto auf­gibt. Die Idee, alle Bilder ein­fach bei Shutterstock und Fotolia hoch­zu­la­den, hal­te ich für zu ris­kant. Hier gehen vie­le – auch gute – Bilder ein­fach in der Masse unter. Die Nicht-​Exklusivität soll­te ja gera­de den Vorteil bie­ten, dass man für sich und sei­ne Bilder alle Kanäle und alle Marktsegmente belie­fern kann. Diesen Vorteil muss man nutzen.

Für mich der wesent­li­che Vorteil nach der Exklusvität war jedoch einer­seits ein gro­ßer Motivationsschub und ande­rer­seits die uner­war­te­ten Möglichkeiten: Als Exklusiver ist man den Änderungen bei einer ein­zi­gen Agentur aus­ge­lie­fert. Zwar kann man iStock und Getty nicht für alle Entwicklungen des Marktes ver­ant­wort­lich machen, aber eini­ge Probleme waren und sind haus­ge­macht. Das kann stark belas­ten, wenn man von den Einnahmen dort abhän­gig ist. Wie bei mir gese­hen, kann eine Änderung im Suchalgorithmus sehr kurz­fris­tig zu einem Einbruch der Einnahmen führen.

Verteilung der Einnahmen auf die verschiedenen Bildagenturen
Verteilung der Einnahmen auf die ver­schie­de­nen Bildagenturen

Zwar lese ich heu­te auch noch auf­merk­sam alle Änderungen bei den ver­schie­de­nen Agenturen. Aber ich bin nicht mehr abhän­gig davon, bei jeder Änderung auf der Seite der Gewinner zu sein. Falls eine Agentur heu­te ihre Suchergebnisse ändert, betrifft dies immer nur einen Teil mei­ner Einnahmen. Ich kann mich all­ge­mei­nen Markttrends zwar nicht ent­zie­hen, aber zumin­dest glei­chen sich Schwankungen leich­ter aus.

Schließlich eröff­nen sich teil­wei­se Möglichkeiten, die man als iStock-​Exklusiver nie auch nur in Erwägung gezo­gen hät­te. Rund 20% mei­ner Einnahmen heu­te erzie­le ich aus­ser­halb der Stock-​Fotografie. Das hät­te ich zwar auch als iStock-​Exklusiver machen kön­nen, jedoch hat man dort ver­ständ­li­cher­wei­se einen sehr ein­ge­schränk­ten Blick.

Insgesamt bin ich mit mei­ner per­sön­li­chen Entwicklung sehr zufrie­den, auch wenn ich ins­ge­samt noch zu wenig Geld ver­die­ne. Neben der finan­zi­el­len Situation hat sich vor allem auch mei­ne Perspektive auf die Fotografie geän­dert: Wenn man aus­schließ­lich für iStock pro­du­ziert, schränkt man sich foto­gra­fisch oft­mals stark ein – man macht ein­fach das, wovon man bereits weiß, dass es akzep­tiert wird und sich ver­kauft. Heute kann ich viel mehr Risiken ein­ge­hen, auch mal unge­wöhn­li­che Motive oder eine neue Bearbeitungstechnik aus­zu­pro­bie­ren. Zwar erhal­te ich dann auch öfter Ablehnungen bei einer Agentur, kann es dann aber auch bei einer zwei­ten oder drit­ten probieren.

Meine Zahlen deu­ten dar­auf hin, dass ich im Herbst an mei­ne bes­ten Monate aus den Jahren 2010 und 2011 anknüp­fen kann. Und ich bin über­zeugt, dass ich 2015 neue Rekordeinnahmen ver­mel­den kann. Daher kann ich vol­ler Überzeugung sagen, dass ich den Schritt in die Nicht-​Exklusivität in den letz­ten 15 Monaten nicht ein ein­zi­ges Mal bereut habe.

Was für Erfahrungen habt ihr gemacht?

Was Zack Arias über Stockfotografie und Bildlizenzierungen sagt

Vor paar Tagen habe ich von mitp-​Verlag das Buch „Photography Q & A“* vom Fotografen Zack Arias (ISBN: 978–3826697234) zuge­schickt bekom­men. Den Untertitel muss­te ich zwei Mal lesen, um sicher­zu­ge­hen, dass das nicht mein Blogtitel ist: „Fragen und Antworten aus dem Alltag eines Fotografen“. Klar, dass ich inter­es­siert zu lesen begann. Und nicht mehr aufhörte.

Aber: Eine aus­führ­li­che Rezension folgt an die­ser Stelle in paar Tagen. Erst mal gibt es eine Leseprobe.

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Der Fotograf Zack Arias ist haup­be­ruf­lich Fotograf und hat in sei­nem mitt­ler­wei­le ein­ge­stell­ten Tumbr-​Blog „Photography Q & A“ über 1500 Fragen zum Thema Fotografie beant­wor­tet. 106 davon wur­den im gleich­na­mi­gen Buch „Photography Q & A“* ver­öf­fent­licht und drei davon – wel­che sich mit Stockfotografie oder dem Bilderverkauf beschäf­ti­gen – stel­le ich heu­te hier vor. Kleiner Tipp: Bei amazon.de gibt es noch paar mehr Seiten zum Lesen.

Frage: Wie ist dei­ne Meinung zu Stockagenturen? Ich habe ton­nen­wei­se Bilder von Reisen, per­sön­li­chen Projekten, Foto-​Spaziergängen und Workshops, die ein­fach auf Festplatten rum­lie­gen. Sollte ich sie als Stockfotografien zum Verkauf anbie­ten, sie „für den Fall“ behal­ten oder ein­fach löschen?“ (Seite 113)

Antwort Zack Arias: Ich weiß nicht. Ich habe die­se Art von Bildern auch. Ich habe kei­ne Ahnung, was man damit machen soll. Einer Bildagentur dei­ne Fotos als Stock zu ver­kau­fen, ist viel Arbeit. Du magst den­ken, das ist ein gutes Stockfoto, aber es ist ver­blüf­fend, wie pin­ge­lig die Agenturen bei Bildern, die ihnen zuge­schickt wer­den, sein kön­nen. Da wer­den Sachen in dei­nen Fotos sein, bei denen du denkst, dass sie kein Thema sind, und plötz­lich retu­schierst du ganz viel, um die­ses oder jenes zu ent­fer­nen. Dann musst du noch die Kunst der Keywords ler­nen. Ich habe das recher­chiert. Ich habe mit Leuten gespro­chen, die das haupt­be­ruf­lich machen. Meine Erkenntnis war, dass es sich nicht lohnt, Zeit und Arbeit in etwas zu inves­tie­ren, von dem man nicht begeis­tert ist und das auch kein wirk­li­ches Einkommen ein­bringt. Wenn du Geld mit Stockfotos machen möch­test, musst du dich wirk­lich dafür begeistern.

Ich hän­ge an mei­nen „ver­misch­ten“ Fotos. Hin und wie­der hole ich eins für ein Projekt raus. Ich habe schon ein Stückchen Himmel, Wolken oder so was aus einem Foto raus­ge­nom­men und in ein ande­res ein­ge­fügt. Das kommt zwar sel­ten vor, aber es ist hilf­reich, sie zu haben. Vielleicht wer­de ich sie eines Tages einem Stock hin­zu­fü­gen. Ich bin nicht kom­plett dage­gen. Ich den­ke auch über die­se Sachen nach, wäh­rend ich foto­gra­fie­re. Ich war kürz­lich in Amsterdam und als ich ziel­los durch die Stadt spa­zier­te, sah ich einen „Foto-​Moment“. Du weißt schon. Grünes-​Fahrrad-​lehnt-​an-​roter-​Türe, sol­che Sachen. Malerisches Boot treibt in einem male­ri­schen Kanal. Scheint ein typi­sches Stockfoto zu sein. Was soll ich jemals mit die­sem Foto machen? Wem wer­de ich es jemals zei­gen? Ich kann das Foto irgend­wo für einen Euro kau­fen. Also ver­zich­te ich auf das Foto. Ich mache es nicht. Ich wer­de nie­mals was damit anfan­gen kön­nen. Es ist mir nicht mal so wich­tig, dass ich es als per­sön­li­ches Foto haben möch­te, das irgend­wo auf der Festplatte ist.

Allerdings weißt du nie, was du in 10 oder 20 Jahren brau­chen oder machen wirst. Fotografiere  immer das, was dich inter­es­siert. Ich foto­gra­fie­re ger­ne Strukturen auf Gehwegen und Street-​Art-​Details wie die Street-​Art-​Dekays. Ich lie­be die­se Sachen. Ich habe Hunderte von Fotos von ver­wit­ter­tem Papier an Wänden. Ich weiß nicht, war­um ich sie lie­be, aber das tue ich. Sie könn­ten mir spä­ter im Leben auf­fal­len und ich könn­te sie für ein Projekt nut­zen. Lösche sie nicht. Diese Fotos sind dei­ne Babys. Behalte sie. Speicherplatz ist güns­tig. Sie kön­nen spä­ter zu etwas werden.

Frage: Ich baue gera­de mein Business als Hochzeits-​Fotograf auf. Das ist etwas, was ich mag, aber wirk­lich begeis­tert bin ich von Stadtbildern. Kann man mit Stadtbildern Geld ver­die­nen, auch als Einsteiger, oder wird es immer Fine Art für mich sel­ber sein? Anders gefragt: Wie kann man sie anonym ver­kau­fen?“ (Seite 120)

Antwort Zack Arias: Deine Frage könn­te auch lau­ten: „Wie ver­kau­fe ich Sachen, die Leute nicht kaufen?“

Ich habe kei­ne Ahnung, wie man aus Stadtbildern (oder Landschafts‑, Nackt- oder Welpenmotiven usw.) ein ren­ta­bles Geschäft macht, außer wenn du zur rich­ti­gen Zeit die rich­ti­gen Leute triffst. Sagen wir mal, eine Hotelkette, wie Marriott, fin­det dei­ne Arbeit und möch­te 5000 Bilder für ihre Hotelzimmer. Das gäbe ein ange­mes­se­nes Einkommen, aber das ist eher Glückssache. Es gibt die Stockfotografie-​Industrie. Es gibt Postkarten. Man kann zu den Kunstmessen rei­sen, dort ein Zelt auf­bau­en und die Bilder an die Öffentlichkeit ver­kau­fen. Vielleicht Kalender. Maus-​Pads. Erinnert sich jemand an Maus-​Pads? Wird das dei­ne Miete zah­len? Höchstwahrscheinlich nicht.

Du kannst dir ein gro­ßes Publikum auf Seiten wie 500px oder Instagram ver­schaf­fen und Leute so nach dei­nen Bildern schrei­en las­sen. Aber dafür musst du a) wirk­lich atem­be­rau­ben­de Fotos machen und b) eine Community bil­den, die sie so sehr liebt, dass sie dafür zah­len. Du fragst danach, es anonym zu machen. Ich ver­ste­he nicht, war­um du das machen willst. Weil es nicht gut mit Hochzeiten kom­bi­nier­bar ist? Du kannst ver­schie­de­ne Arbeiten auf ver­schie­de­nen Seiten haben und trotz­dem dei­nen Namen druntersetzen.

Weißt du … wenn du es liebst – foto­gra­fie­re es. Der Markt dafür wird aller­dings eine höl­lisch klei­ne Nische sein und ich habe kei­ne Ahnung, wo ich dich dafür hin­schi­cken soll. Ich sage nicht, dass es unmög­lich ist. Ich sage nur, der Absatzmarkt dafür ist wesent­lich klei­ner als Bräute, die hei­ra­ten. Du sagst, du fängst gera­de erst mit allem an und dass du dein Business als Hochzeitsfotograf star­ten möch­test. Weißt du, wie viel du damit in der kom­men­den Zeit beschäf­tigt bist? Das Business zu star­ten wird dei­ne gan­ze Zeit in Anspruch neh­men. Es ist ein Vollzeitjob, wenn du es rich­tig machst.

Du fin­dest, Hochzeiten näh­ren dei­nen Bauch, hin­ge­gen näh­ren Stadtbilder dein Herz. So ist es bei mir mit Streetfotografie. Ich lie­be es, Sachen in einer Straße zu foto­gra­fie­ren. Es reizt mich. Es beschwingt mein Inneres. Ich lie­be es so sehr. Ich ver­die­ne damit kein Geld. Es ist mein Hobby. Ich tei­le es als per­sön­li­che Arbeit. Vielleicht mag jemand mei­ne Straßensachen und enga­giert mich als Porträt-​Fotograf. Cool. Verkaufe ich nun Abzüge von den Sachen? Nein. Macht es mir was aus? Gerade nicht. Ich bin damit beschäf­tigt, die ande­ren Sachen zu machen, die mei­ne Rechnungen bezahlen.

Frage: Wann soll­te man Lizenzvergabe und „Nutzung“ berech­nen?“ (Seite 251)

Antwort Zack Arias: Nutzung. Lass uns das in ein­fa­che Begriffe fas­sen, sodass ich ver­ste­hen kann, wovon ich spre­che: Du wirst enga­giert, um einen Job für einen Kunden zu foto­gra­fie­ren. Sie möch­ten die Bilder nut­zen. Wo immer sie die Bilder nut­zen kön­nen. So lan­ge, wie sie die Bilder nut­zen wol­len. Du gibst ihnen das Recht, das zu machen. Du han­delst das alles aus und berech­nest die Kosten am Anfang des Angebotsprozesses.

Es ist ähn­lich, wie wenn man sich ein Auto leiht. Die Autoverleihfirma sagt, wie lang du das Auto nut­zen kannst. Wie weit du fah­ren darfst. Wer das Auto noch fah­ren darf. Du kannst ein Auto für eine Stunde mie­ten, um 15 Meilen zu fah­ren. Du kannst auch ein Auto in New York mie­ten und in L. A. zurück­ge­ben. Ein Auto für eine Stunde mie­ten ist wesent­lich güns­ti­ger als ein Roadtrip durch das Land und die Rückgabe in einer ande­ren Stadt. Du kannst dir nicht das Auto mie­ten und es dann an jemand ande­ren ver­lei­hen. Du kannst das Auto nicht ver­kau­fen. Du besitzt es nicht. Du kannst es auch nicht nach Europa ver­schif­fen und damit durch Südfrankreich fah­ren. Du kannst es nicht für eine Woche bezah­len und dann ein Jahr fah­ren. Wenn du ein Auto willst, das du zu jeder Zeit nut­zen kannst und das jeder ande­re nut­zen kann, was machst du dann? Du kaufst dir ein Auto.

Du musst bei Bildern mit der glei­chen Denkweise vor­ge­hen. Zumindest bei redak­tio­nel­len, Commercial‑, Firmen‑, Advertising- usw. Bildern. Bei Familienporträts oder Hochzeiten oder der­glei­chen gehst du nicht so vor**. Außer wenn du Familienfotos von einer Celebraty oder einem gro­ßen CEO oder so was machst. Du könn­test ein Foto von einem CNN-​Moderator oder sonst wem machen und CNN oder sonst wer fängt an, das Bild zu benut­zen. Dann wird es brenzlig.

Wenn du Tarife aus­han­delst, ver­han­delst du auch die Nutzung der Bilder, die du foto­gra­fie­ren wirst. Das muss schrift­lich erfol­gen und von allen Involvierten unter­schrie­ben wer­den. Sogar die Modelagenturen berech­nen Tarife für die Nutzung, also wenn du ein Model enga­gierst, müs­sen sie bei der Nutzung dabei sein. Die Nutzung kann so aus­se­hen: „Ein Jahr unein­ge­schränk­te Nutzung in Nordamerika nur in gedruck­ter Form.” Du kannst es auf das Web beschrän­ken; oder Web und Druck; oder nur auf Handelsblätter. Oder was auch immer. Du kannst die Zeit begren­zen. Den Ort. Das ist Teil der Anfangsunterhaltung, die du führst. Manche haben Standardnutzungen, die sie brau­chen und dir dik­tie­ren: „Wir brau­chen für zwei Jahre eine unbe­grenz­te Abdeckung Nordamerikas für Druck, Medien, Web usw.” Oder etwas in der Art. Ich spre­che in einer simp­len Sprache. Manchmal wird die Nutzungssprache für den Fotografen zum Hindernis. Du wirst in Situationen kom­men, wo du 5000 Dollar (ca. 3600 Euro) für die Nutzung von einem Jahr berech­nest. Sie möch­ten zwei Jahre für 4000 Dollar (ca. 2900 Euro) Es geht hin und her und ihr einigt euch auf 5000 Dollar für die Nutzung von drei Jahren. Oder du machst es für 3500 Dollar (ca. 2500 Euro) für die Nutzung von sechs Monaten. Ich ver­su­che nur, eine Reihe von den Sachen zu zei­gen, die pas­sie­ren können.

Wenn du jemals mit einem „Auftragsvertrag” arbei­test, dann über­gibst du dem Kunden die Bilder als Eigentum und sie haben unein­ge­schränk­tes lebens­lan­ges Nutzungsrecht. Du hast nicht län­ger die Kontrolle über dei­ne Arbeit. Ich wür­de das lie­ber in lebens­lan­ge unbe­grenz­te Lizenz ändern und als Eigentum behal­ten. Ich sto­ße da nicht oft drauf, aber von Zeit zu Zeit kommt es mal vor. Werd dir bewusst, dass Nutzung ein­fach genau so ver­han­del­bar ist wie Preise, und manch­mal ist es sogar wert­vol­ler. Wenn du die Bilder behal­ten kannst, dann hast du die Möglichkeit, sie spä­ter zu ver­kau­fen. Ich wur­de mal von einem Magazin enga­giert, um die Person X zu foto­gra­fie­ren. Diese Person arbei­tet für das Unternehmen Y. Das Unternehmen ließ sich dann die Nutzung der Fotos von mir lizen­zie­ren. Ein 300-​Dollar (ca. 220 Euro)-Shooting für ein Magazin kann sich spä­ter zu einem 3000-​Dollar (ca. 2200 Euro)-Lizenzverkauf wan­deln. Wenn du unter einem Auftragsvertrag stehst, dann ist die­ser 3000-​Dollar-​Verkauf futsch. Das Magazin kann die Lizenz sogar an das Motiv ver­kau­fen und mehr Geld aus dei­ner Arbeit raus­ho­len. Lustig, hä?

Als ich anfing, mit Bands zu arbei­ten, hab‘ ich nie etwas davon schrift­lich fest­ge­hal­ten. Die münd­li­che Abmachung lau­te­te: Du zahlst mir Geld; ich gebe dir die Bilder. Ich besit­ze die Bilder und kann damit spä­ter machen, was ich will, außer Commercial-​Arbeit, solan­ge ich nicht die Freigabe der Models bekom­me. Ich woll­te kei­ner unbe­kann­ten Band nach­ja­gen, weil ich eines mei­ner Bilder an einem Telefonmast sah, um ihr Konzert in Tom‘s Wing Shack zu pro­mo­ten. Weißt du, was ich meine?

Dann foto­gra­fier­te ich die­sen Kerl namens Zac Brown. Zac war ein­fach nur ein loka­ler Musiker, der in der Szene von Atlanta arbei­te­te. Ich foto­gra­fier­te ihn für 250 Dollar (ca. 180 Euro) und gab ihm eine Disk mit den Bildern. Jetzt ist er eine rela­tiv gro­ße Nummer. Als es mit sei­ner Karriere so rich­tig los­ging, waren die­se Bilder über­all. Sie wur­den auf T‑Shirts gedruckt. Er ergat­ter­te sich Sponsoren. Sie nutz­ten die Bilder. Er schrieb kürz­lich ein Kochbuch – und rate mal – mei­ne Bilder von dem Shooting waren in dem Kochbuch. Ich hat­te kei­ne schrift­li­che Vereinbarung. Es gab kei­nen unter­schrie­be­nen Vertrag, der die Nutzung untersagte.

Ich hät­te rich­tig Staub auf­wir­beln kön­nen, als ich sie auf einem Jägermeister-​Poster sah. Gesetzlich hat­ten sie kei­ne Rechte an den Bildern. Ich hät­te einen Aufstand wegen des Kochbuchs machen kön­nen. Ich hät­te Briefe mit ange­häng­ten Rechnungen schi­cken kön­nen. Ich hät­te mir einen Anwalt neh­men kön­nen. Oder – ich könn­te mei­ne Lektion dar­aus ler­nen und mit mei­nem Leben fort­fah­ren. Zac gehört jetzt eine Plattenfirma. Er arbei­tet mit vie­len Künstlern. Rate mal, wer eini­ge Shootings für sie macht? Rate mal, wer mehr als 250 Dollar für die­se Shootings nimmt? Rate mal, wer einen ver­damm­ten Vertrag über die Shootings hat, der die Nutzung aus­schließt? Rate mal, wer zwei Daumen hat? Ich. Ich albe­re seit­dem mit ihm rum und sage, dass ich mehr hät­te berech­nen sol­len und bes­ser einen Vertrag gemacht hät­te. Er lächelt, klopft mir auf den Rücken und sagt: „Verdammt richtig!”

Du lernst. Du machst wei­ter. Es ist gut, sol­che Sachen schrift­lich fest­zu­le­gen, auch bei den klei­nen Aufträgen. Betrachten wir mal die Person, die nach dem Shooting im Frisörsalon gefragt hat (Seite 152). Ein Fotograf foto­gra­fiert Bilder, über­gibt die Bilder dem Salonbesitzer und dann geht der Fotograf nach Hause. Eines Tages kommt ein Handelsvertreter für die Produkte her­ein und sieht die Bilder. Der Vertreter liebt sie und möch­te sie für eine Werbung benut­zen. Der Salonbesitzer, der sich mit Nutzungsrechten nicht aus­kennt, hän­digt dem Vertreter die Disk mit den Bildern aus und sie lan­den in einer natio­na­len Werbekampagne.

Was dann? Gut, der Fotograf kann im Salon anru­fen und ihnen sagen, dass das, was sie gemacht haben, falsch war. Der Salonbesitzer wuss­te es nicht, er dach­te, er könn­te die Bilder nut­zen, wie er woll­te. Und außer­dem mag er die­sen Vertreter und die­se Firma und er muss eine gute Beziehung zu ihnen haben, dabei hal­fen ihm die Bilder. Nun kon­tak­tiert der Fotograf die Produktfirma und lässt sie wis­sen, dass sie kei­ne Rechte an den Bildern haben. Dem Vertreter wur­de gesagt, das hät­ten sie. Nichts ist schrift­lich fest­ge­legt und die Leute wer­den sau­er. Der Fotograf fühlt sich über­vor­teilt, der Vertreter ist vom Salonbesitzer ange­pisst und der Salonbesitzer ist vom Fotografen ange­pisst und der Fotograf von allen. Das wird nicht gut enden, auch nicht, wenn es dem Fotografen gelingt, einen Scheck aus die­ser Situation raus­zu­han­deln. Der Salon wird den Fotografen nie mehr anru­fen. Jede Verbindung, die mit der Produktfirma geknüpft hät­te wer­den kön­nen – du weißt schon, die dei­ne Arbeit moch­ten –, ist zer­stört. Der Fotograf bekommt einen Scheck und es wird sich im Salon einen Monat lang täg­lich das Maul über ihn zer­ris­sen. Scheiße! Der Salonbesitzer sieht die Bilder an der Wand, denkt an den Fotografen und ist unglücklich.

Atme tief durch, wenn du in sol­che Situationen gerätst. Du bist dabei der Verlierer. Geh diplo­ma­tisch vor, geh zum Salon und sprich mit dem Besitzer. Lass ihn wis­sen, dass die Firma kei­ne Rechte an den Bildern hat, aber es ist okay, weil der Besitzer es nicht wuss­te. Du lagst falsch, weil du das nicht berück­sich­tigt hast, als du den Job gemacht hast. Keine Sorge. Du bist eigent­lich rich­tig glück­lich, dass die Firma dei­ne Fotos mag. Kannst du den Namen und Kontaktdaten von die­sem Vertreter bekom­men, damit du einen Auftragskiller enga­gie­ren kannst? Nein – nicht um einen Killer zu engagieren.

Du rufst den Vertreter an und stellst freund­lich klar, dass die Nutzung nicht bewil­ligt war, aber dass du kei­nen Stunk machen wirst. Aber in der Zukunft müs­sen sie dich für die Nutzung kon­tak­tie­ren. Du bist super duper glück­lich, dass sie dei­ne Bilder mögen, und du wür­dest ger­ne mit ihnen über wei­te­re Aufträge spre­chen. „Ich habe die­sen Job mit wenig Geld erle­digt. Ich wür­de ger­ne mit Ihnen dar­über spre­chen, was wir mit mehr Zeit und mehr Ressourcen machen könn­ten.” Oder so was in der Art. Informiere alle invol­vier­ten Parteien freund­lich, zeig kei­ne Boshaftigkeit und ver­such, dass du dabei ein paar zukünf­ti­ge Aufträge raus­ho­len kannst. Denk dar­an – es ist dei­ne Schuld, du hast es am Anfang nicht berück­sich­tigt. Du kannst zwar die ande­ren beschul­di­gen, aber geh nicht so weit. Lern dei­ne Lektion. Klär die ande­ren auf. Geh einen Schritt voran.

**Auch bei Hochzeiten und Familiensachen geben vie­le Fotografen eine Freigabe für die digi­ta­len Dateien, die besagt, dass sie nur für den pri­va­ten Gebrauch genutzt wer­den dürfen.

Was sagt ihr zu den Antworten von Zack Arias? Welche Antworten hät­tet ihr auf die Fragen gegeben?

* Affiliate-​Link
Disclaimer: Das Buch erscheint im sel­ben Verlag wie mei­ne bei­den Bücher „Stockfotografie“* und „Die Arbeit mit Models“*

Täuschung? Getty Images & der Pinterest-Deal

Die von der Carlyle Group gehal­te­ne Bildagentur Getty Images agiert mög­li­cher­wei­se irre­füh­rend, wenn es um die Verlautbarungen über Einkommen, Verkäufe und Lizenzierung von Inhalten geht, die unter das kürz­lich ange­kün­dig­te Abkommen mit Pinterest fal­len. Jetzt im Besitz der pri­va­ten Carlyle Group, ist wenig bekannt über die Geschäftsbeziehungen von Getty Images, aber hin und wie­der gelan­gen inter­es­san­te Neuigkeiten an die Öffentlichkeit.

Schauen wir uns zuerst den Blogbeitrag an, in wel­chem der Deal ange­kün­digt wird. Hier sind eini­ge rele­van­te Auszüge aus dem Blogbeitrag gera­de über das, wofür Pinterest Getty bezahlt – nur für Metadaten:

Getty Images und Pinterest haben ein Abkommen zu Wege gebracht, das die Welt in eine stär­ker visu­el­le Zukunft füh­ren wird, indem unse­re umfang­rei­chen Metadaten und attrak­ti­ver Inhalt kom­bi­niert werden …“

Der Begriff Metadaten taucht im obi­gen Zitat auf, gefolgt von einer hoch­tra­ben­den Äußerung über die „tol­len Fotografen von Getty Images…“ und Einzelheiten zu den Informationen (damit sind die Metadaten gemeint) über den Designer der Stiefel auf dem Foto:

Nehmen wir an, Sie stö­bern auf den Pinterest-​Seiten und ent­de­cken ein Bild von Beyonce, auf wel­chem Sie die­se schar­fen Stiefel trägt. Aber es fehlt jeg­li­che Information dar­über, wer die Stiefel ent­wor­fen hat oder wo du sie kau­fen kannst! Es könn­te auch schwer sein her­aus­zu­be­kom­men, dass ein tol­ler Fotograf bei Getty Images das Bild auf­ge­nom­men hat.“

Dann macht Getty klar, dass es Metadaten sind, die verkauft/​lizenziert wer­den sol­len und dass das Foto dann einen Bildnachweis und einen Link bekommt.

Unsere neue Partnerschaft mit Pinterest bie­tet eine Lösung… wir ver­wen­den unse­re API-​Schnittstelle „Connect“, um Pinterest wesent­li­che Informationen zur Verfügung zu stel­len – ein­schließ­lich Bildnachweisen von Getty Images, wann und wo das Bild ent­stan­den ist und mehr. Wir brin­gen einen Bildnachweis auf der Seite von Pinterest und einen Link zurück unter.“

An die­ser Stelle ver­deut­licht Getty, dass die Vergütung ein­zig für die Metadaten anfällt. Die fol­gen­de Aussage ist so klar umris­sen wie die Aussage von Präsident Obama: Wenn Sie mit Ihrem Arzt oder Gesundheitsplan zufrie­den sind, kön­nen Sie ihn behal­ten. Da besteht kein Zweifel – Getty wird für „die­se umfang­rei­chen Metadaten“ bezahlt:

Pinterest wird Getty eine Gebühr für die­se umfang­rei­che Metadaten bezah­len, die wir mit den Anbietern tei­len werden.“

Wenn für ein Foto Lizenzgebühren in Höhe von 1,00 Dollar anfal­len, was schät­zen Sie, wäre die Lizenzgebühr für die Metadaten? 0,01 Dollar? 0,10 Dollar? Sicherlich ist der Betrag ein Bruchteil des­sen, was die Lizenzgebühr für das Bild aus­ma­chen wür­de, und dann wird die­ser Anteil des Lizenzeinkommens für das Bild zu einem unglei­chen Prozentsatz zu Gettys Gunsten aufgeteilt.

Nirgendwo sagt Getty, dass Pinterest Lizenzgebühren für das Bild bezahlt.

Warum ist es wich­tig, dass Getty unmiss­ver­ständ­lich klar­macht, dass es eine Gebühr für die Metadaten ist? Lassen Sie uns eini­ge Abschnitte des Vertrages genau­er beleuch­ten, den Getty mit sei­nen Anbietern abschließt.

Zuerst erläu­tert Getty, dass die Vereinbarung für „Akzeptierte Inhalte“ gilt, um dann zu defi­nie­ren was „Akzeptierte Inhalte“ sind:

Diese Vereinbarung betrifft alle Inhalte (gemäß der Definition im Abschnitt 1.2) , wel­che Sie frü­her ein­ge­reicht haben oder in Zukunft ein­rei­chen wer­den, die zum Vertrieb durch Getty akzep­tiert wur­den („Akzeptierte Inhalte“).“

1.2 Arten von Inhalten: Diese Vereinbarung gilt für fol­gen­de Arten von Inhalten („der Inhalt“):
(a) Fotografien, Illustrationen oder ande­re unbe­weg­te visu­el­le Darstellungen („unbe­weg­te Bilder“); (b) beweg­te visu­el­le Inhalte in jeg­li­cher Form, ein­schließ­lich Filme, Videobänder, digi­ta­le Dateien, Animationen und Clips („Filmmaterial“); und © Fonts, Audiodateien und jeg­li­che ande­re durch Copyright geschütz­te Werke, in allen Fällen, in wel­cher Weise und in wel­chem Format und mit wel­chem Werkzeug auch immer erzeugt, ein­schließ­lich von Reproduktionen, Bearbeitungen und abge­lei­te­ten Werke davon. “

Es wird in den vor­an­ge­hen­den Ausführungen deut­lich, dass es sich bei „Inhalt“ (con­tent) um „Fotografien“, nicht um Metadaten han­delt. Im fol­gen­den Abschnitt erklärt Getty zuerst, was selbst­ver­ständ­lich sein soll­te – dass Sie die Rechte an Ihrem „Akzeptierten Inhalt“ besit­zen, aller­dings macht Getty dann unmiss­ver­ständ­lich klar: „Getty Images besitzt alle Rechte, Titel und Rechtsansprüche, ein­schließ­lich aller Copyright-​Rechte, die neben Ihrem Copyright an Ihren „Akzeptierten Inhalten“ ent­ste­hen, an allen Arbeiten durch oder für Getty Images, die viel­fa­che Elemente „Akzeptierter Inhalte“ und/​oder ande­re Inhalte enthalten.

1.13 Copyright an „Akzeptiertem Inhalt“ oder ande­ren Werken. Gegenstand der in die­ser Vereinbarung gewähr­ten Rechte ist, dass Sie alle Rechte, Titel und Rechtsansprüche ein­schließ­lich des Urheberrechts an allen „Akzeptierten Inhalten“ behal­ten, auch dann, wenn es Bestandteil abge­lei­te­ter Werke Dritter ist. Getty Images erhält alle Rechte, Titel und Rechtsansprüche, ein­schließ­lich aller Copyright-​Rechte, die neben Ihrem Copyright an Ihren „Akzeptierten Inhalten“ ent­ste­hen, für jeg­li­che Arbeiten durch oder für Getty Images, die­viel­fa­che Elemente „Akzeptierter Inhalte“ und/​oder ande­re Inhalte ent­hal­ten. Sowohl Sie, als auch Getty Images in Ihrem Namen, kön­nen das Copyright an jeg­li­chem „Akzeptierten Inhalt“ bei der ent­spre­chen­den Behörde regis­trie­ren lassen.“

Danach besitzt Getty alles, außer dem eigent­li­chen Foto als Teil des „Akzeptierten Inhalts“ – Metadaten „und/​oder ande­re Inhalte“.

Noch ein­mal: Anbieter wer­den hono­riert mit einem Anteil an der Gebühr für die Metadaten anstatt für einen Anteil an den Lizenzgebühren für das Foto, denn Getty macht voll­kom­men klar, dass sie nur für Metadaten bezahlt werden.

Bis ges­tern [Anmerkung R.K.: Gemeint ist Donnerstag, der 12.12.2013].

Auf einer ein­tä­gi­gen Konferenz, die hier in der Nähe von Washington DC vom „US Patent and Trademark Office“ ver­an­stal­tet wur­de – „Copyright Policy, Creativity, and Innovation in the Digital Economy“ (Details fin­den sie hier). Ich habe mir den Webcast ange­se­hen, ein Teilnehmer der Konferenz war John Lapham, Senior Vice President und General Counsel bei Getty Images.

Hier ist das Video:

Wenn sie zur vor­spu­len zu Minute 19:10 im Video, beginnt die Diskussion über unser Thema.

Lapham bemerkt zuerst bezüg­lich des Pinterest-Abkommens:

… ein gerau­mer Teil ihres Inhalts steht den Anbietern von Getty zu, und anstatt einen Schlagabtausch zu füh­ren dar­über, was mit Bildern auf Ihrer Webseite pas­sie­ren soll­te und was nicht, sagen wir, wenn Bilder hin- und her gescho­ben wer­den, ver­liert man die Metadaten, die Attribute. Und statt laut­hals dar­über zu strei­ten, ob man Bilder lizen­zie­ren soll­te oder nicht, lasst uns doch die Metadaten wie­der kor­rekt mit die­sen Bilddateien ver­knüp­fen und lasst unse­ren Anbietern als Gegenleistung die Tantiemen zukom­men, die ihnen für die Nutzung ihrer Inhalte zuste­hen. Das war das Ziel beim Bemühen um ein der­ar­ti­ges Abkommen…“

Die Moderatorin Ann Chaitovitz, Berater-​Anwältin für das us-​amerikanische Patentamt USPTO, hak­te bei Lapham nach, weil alle frü­he­ren Aussagen von Getty dahin­ge­hend lau­te­ten, dass nur für Metadaten bezahlt wer­den soll­te. Sie wiederholte:

Danke, ähm, also kann ich, nur zu mei­nem bes­se­ren Verständnis, es geht um Metadaten – Sie ver­knüp­fen die Metadaten wie­der, gab es da auch irgend­ei­ne Bezahlung oder war das, um sie für zukünf­ti­ge Verwendung zu kennzeichnen?“

Lapham ant­wort:

Ahh, die Vereinbarung funk­tio­niert so, dass äh, wir da eine Datenbank haben, eine Bilddatenbank, die, wis­sen Sie, Millionen von Bildern ent­hält, nicht nur unse­re, son­dern von Wettbewerbern, ande­ren Unternehmen, und wir kön­nen die Bilddatenbank abglei­chen mit einer Webseite, um her­aus­zu­fin­den, wel­che Übereinstimmungen es gibt. Und durch die Anwendung die­ser Erkennungstechnologie kön­nen wir sagen, wis­sen Sie, wir kön­nen sagen, wenn wir bei­spiels­wei­se die UPSTO-​Webseite neh­men, dass Sie dort 110.000 Fotos von Getty Images vor­hal­ten, und die­se Bilddateien haben kei­ne Metadaten mehr, wir ver­knüp­fen die­se Metadaten wie­der und die Gebühr, die dafür ver­langt wer­den kann, könn­te auf einer Basis pro Bild pro Monat erfol­gen, so dass die Person, die das Werk geschaf­fen hat, im Gegenzug dafür ent­lohnt wer­den kann.“

Lapham bringt meh­re­re Argumente. In sei­nem Eingangsstatement:

lasst unse­ren Anbietern als Gegenleistung die Tantiemen zukom­men, die ihnen für die Nutzung ihrer Inhalte zustehen.“

In sei­nem Folgebeitrag führt er aus:

wir ver­knüp­fen die­se Metadaten wie­der, und die Gebühr, die dafür ver­langt wer­den kann, könn­te auf einer Basis pro Bild pro Monat erfol­gen, so dass die Person, die das Werk geschaf­fen hat, im Gegenzug dafür ent­lohnt wer­den kann.“

Demnach ist die ver­lang­te Gebühr für das Wiederverknüpfen der Metadaten? Wenn er sagt, „die Gebühr die dafür ver­langt wer­den kann“, dann bezieht er sich offen­sicht­lich auf die Tätigkeit im glei­chen Satz davor: “ wir ver­knüp­fen die­se Metadaten wie­der“ und dann, bezieht sich das „dafür ent­lohnt wer­den kann“, bezieht sich das „dafür“ auf das „die­ses Werk geschaf­fen haben“ oder auf das Wiederverknüpfen?

Warum ist das wichtig?

Nun, in dem Vertrag von Getty Images über­tra­gen die Anbieter ihr Recht, gegen eine Rechtsverletzung zu kla­gen oder Ansprüche zu erheben:

1.11 Recht auf Wahrnehmung von Rechtsansprüchen. Getty Images erhält das Recht nach bes­tem kauf­män­ni­schem Ermessen zu ent­schei­den, ob und in wel­chem Umfang gegen Dritte wegen unbe­fug­ter Verwendung „Akzeptierter Inhalte“ vor­ge­gan­gen wer­den soll. Sie ermäch­ti­gen Getty Images und die Vertriebspartner, auf deren Kosten das exklu­si­ve Recht, jed­we­de Ansprüche im Zusammenhang mit Verletzungen des Copyrights an „Akzeptierten Inhalten“ und einem dazu­ge­hö­ren­den geis­ti­gen Eigentum („Ansprüche“) gel­tend zu machen, zu regeln, bei­zu­le­gen und abzuwehren.“

Wir stel­len hier eine fein­sin­ni­ge, aber schwer­wie­gen­de Frage. Lapham ver­deut­licht, dass Bilder von Anbietern von Getty Images einen guten Teil der Bilder bei Pinterest aus­ma­chen. Bis zu dem Abkommen war die Existenz die­ser Bilder ein Verstoß gegen das Copyright der Eigentümer der Bilder.

Getty stellt fest, dass man nicht in einen Schlagabtausch mit Pinterest gehen will. Wir spre­chen von Millionen von Bildern, und der Unterschied, was ein Fotograf als Anteil an der Metadaten-​Gebühr im Gegensatz zu einem Einkommensanteil an einer Bild-​Lizenz erhal­ten wür­de, könn­te Millionen von Dollar aus­ma­chen, die auf Kosten der Anbieter im Säckel von Getty lan­den, nur auf­grund der Art und Weise, wie die Vereinbarungen zwi­schen Getty und Pinterest sowie zwi­schen Getty und sei­nen Anbietern abge­fasst sind.

Es scheint mir hin­ter­sin­nig, ein Abkommen anzu­kün­di­gen, bei wel­chem sich das Einkommen nach den Metadaten rich­tet, aber dann – auf einer kei­nem all­zu brei­ten Publikum bekann­ten Veranstaltung, deren Beiträge nicht in zahl­lo­sen Presseartikeln wie­der­holt wer­den – eine abwei­chen­de Antwort dahin­ge­hend zu erhal­ten, dass Getty tat­säch­lich für Bildlizenzen bezahlt wird, was sie wie­der­um zu einem höhe­ren Anteil den Anbietern ver­dan­ken. Offensichtlich hat­te die Moderatorin ein ande­res Verständnis, als sie die Frage stell­te, und sie ist eine hoch­ge­schätz­te Anwältin, die die Regierung in Fragen des geis­ti­gen Eigentums berät, wes­halb es durch­aus von Bedeutung ist, dass sie ver­wirrt war von dem, was Lapham im Widerspruch zu dem zuvor ange­kün­dig­ten Abkommen sagte.

So lau­tet die offe­ne Frage, auf deren Beantwortung die Anbieter von Getty Images einen Anspruch haben:
„Erhalten wir eine Vergütung für unse­ren „Akzeptierten Inhalt“ (d.h. Fotografien) oder erhal­ten wir eine Vergütung für Metadaten?“

Lapham ver­deut­lich­te, dass die­se bedingt sind durch deren Abgaben für die Nutzung ihrer Inhalte.

Die Frage die sich dar­aus ergibt, ist:
„Wie hoch sind die Bruttoeinnahmen pro lizen­zier­tem Foto und wie hoch sind die Bruttoeinnahmen für das Wiederverknüpfen und die Anzeige der Metadaten.?“

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Dieser Artikel ist eine Übersetzung des Artikels „Deception? Getty Images & The Pinterest Deal“ aus dem Blog „Photo Business News“ von John Harrington. Die Übersetzung erfolg­te mit freund­li­cher Genehmigung des Autors. Ich habe zum bes­se­ren Verständnis eini­ge Links ein­ge­fügt und teil­wei­se eini­ge Stellen anders markiert.

10 Tipps für ein gelungenes Shooting (Gastbeitrag)

Die Macrostock-​Bildagentur Westend61 bie­tet ihren Fotografen unter ande­rem die Westend61-​E-​Learning Academy, wo de Fotografen hilf­rei­che Tipps für bes­se­re Shootings und Briefings zu beson­ders gefrag­ten Themen erhalten.

Aus die­ser Reihe stellt heu­te – mit freund­li­cher Genehmigung von Westend61 – Michael, Art Director bei Westend61 zehn Tipps für ein gelun­ge­nes Shooting vor. Michael hat mich auch bei mei­nem Supermarkt-​Shooting tat­kräf­tig unter­stützt, ich weiß also, dass er weiß, wovon er redet. Los geht’s:

10 Tipps für ein gelungenes Shooting

1. Das Briefing

Make a dif­fe­rence”! Die krea­ti­ve Idee eines Shootings und die Einzigartigkeit des Themas oder Details der Umsetzung machen den Großteil des Erfolges aus. Daher soll­te vor jedem Shooting ein detail­lier­tes Briefing erstellt wer­den, wel­ches das Shooting beschreibt und die Ziele für den Tag fest­hält. Das Briefing (oder auch Shootingplan) kann ent­we­der nur dem Fotografen und sei­nen Mitarbeitern am Set hel­fen sich zu fokus­sie­ren oder auch als Hilfestellung für die Models genutzt wer­den. Das Briefing soll­te min­des­tens 5–10 “Must Have – Motive” beinhal­ten, also die Topmotive, die man auf jeden Fall beim Shooting rea­li­sie­ren möch­te. Neben der Motivauflistung ist es auch rat­sam, eine kon­zep­tu­el­le Keywordliste ein­zu­bau­en, mit der man am Set spon­tan impro­vi­sie­ren kann. Diese Keywords sind genau die Suchbegriffe, unter denen die Endkunden spä­ter die Bilder in den Suchmaschinen fin­den sollen.

2. Gutes Styling

Grundsätzlich raten wir bei pro­fes­sio­nel­len People-​Shootings immer dazu, auch einen Stylisten zu buchen. Oft genug ist es das Styling der Models, das den Erfolg der Bilder zu gro­ßen Teilen aus­macht. Unbedingt vor dem Shooting mit den Maßen der Models und den Größen der Garderobe aus­ein­an­der­set­zen. Zu gro­ße oder zu klei­ne, nicht per­fekt pas­sen­de Kleidung wirkt schnell bil­lig und min­dert den viel­leicht sonst guten Eindruck eines Fotos. Lassen Sie die Models ruhig auch ihre Lieblingsoutfits zum Shooting mit­brin­gen. Zudem ist eine mobi­le Bügelmöglichkeit ist am Set äußerst rat­sam. Das Styling soll­te je Shootingthema geschmack­voll, pas­send und zeit­ge­mäß sein. Weniger ist oft mehr, daher sind “Basics” oft eine gute Wahl für die Ausstattung der Models. Diese anspre­chend zu kom­bi­nie­ren und mit Accessoires zu gar­nie­ren will gekonnt sein! Grundsätzlich muss man sich gera­de beim Styling vor Augen hal­ten, dass Westend61 Stockbilder fast ein Jahrzehnt auf die welt­wei­te Reise schickt und die Bilder auch noch in ein paar Jahren als Aushängeschild für Fotograf und Agentur dienen.

3. Haare und Make-Up

Ohne Make-​Up (in wel­cher Form und Variante auch immer) funk­tio­niert eigent­lich kaum ein People-​Shooting. Ausser, man möch­te ein Model in der Situation “der mor­gend­li­che Blick in den Spiegel” foto­gra­fie­ren. Und auch das Styling der Haare darf nicht unter­schätzt wer­den. Die Frage nach aktu­el­ler Haarlänge und ‑far­be der Models soll­te also nie ver­ges­sen wer­den. Während der Aufnahmen muss immer wie­der ein kri­ti­scher Blick auf Haare (auch Strähnen!) und Make-​Up gewor­fen wer­den. Das nach­träg­li­che Retuschieren von Haaren kann sehr zeit­auf­wen­dig sein. Das Make-​Up erfüllt in den meis­ten Fällen unter ande­rem die Funktion, die Haut der Models matt und nicht zu glän­zend erschei­nen zu las­sen, Vorsicht also vor zu star­kem Make-​Up, das nicht zur Situation und Stimmung passt.

4. Die Technik

Hierzu gäbe es viel zu schrei­ben, aber auf­grund der fast unüber­schau­ba­ren Fülle an pro­fes­sio­nel­ler Kamera‑, Licht und Objektivtechnik wür­de dies den Rahmen an die­ser Stelle spren­gen. So banal es auch klingt: Bitte vor jedem Shooting die Technik von A bis Z prü­fen, säu­bern, Akkus laden, Ersatzgeräte und ‑akkus bereit­hal­ten und wenn mög­lich ver­schie­de­nen Optiken zum Set mit­brin­gen. Natürlich ist es oft prak­tisch mit Zoomobjektiven zu arbei­ten, aber manch­mal las­sen ein paar Aufnahmen mit Festbrennweiten hun­der­te ande­rer Bilder im Schatten ste­hen. “Make a dif­fe­rence” gilt auch beim Einsatz der Technik!

5. Gutes Auge

Ein gutes foto­gra­fi­sches Auge ist unheim­lich wich­tig für das Bildergebnis. Der Bildaufbau soll­te eine eige­ne Dynamik haben, einen “Drive”, den Blick des Betrachters füh­ren. Auch ein pas­sen­des, unter­stüt­zen­des Schärfe/​Unschärfe-​Verhältnis und mög­li­cher­wei­se Textfreiraum (Copyspace) sind wich­tig für Stockbilder. Hier hilft es, immer wie­der Magazine und Zeitschriften zu wäl­zen und sich ganz­sei­ti­ge und dop­pel­sei­ti­ge Bildnutzungen anzu­schau­en. Wie wer­den Bilder ein­ge­setzt, wann wirkt das Verhältnis von Text und Bild aus­ge­wo­gen? Was genau macht ein gutes Bild aus, das einem sofort ins Auge springt und einen begeistert?

6. Assistenz und Unterstützung

Ein (kräf­ti­ger?), fleis­si­ger Assistent ist eine wesent­li­che Erleichterung und Unterstützung beim Shooting. Es gibt am Set stän­dig so vie­le Dinge zu beach­ten und zu prü­fen (Licht, Schärfe, Details, Überblick über die Dateien selbst, etc.) dass sich ansons­ten schnell Fehler ein­schlei­chen oder die Kreativität augrund die­ser Arbeiten lei­det. Verlässt man das Shooting, soll­te schon an die­ser Stelle ein Backup der fer­ti­gen Aufnahmen gemacht werden.

7. Stay cool!

Locker und cool zu blei­ben ist für das Endergebnis äußerst wich­tig. Man sieht Bildern ein­fach an, ob sie mit Spaß und Freude ent­stan­den sind oder unter Zeitdruck und Stress. Sollte ein­mal nicht alles wie ursprüng­lich geplant ablau­fen, ist Mut zum krea­ti­ven Improvisieren gefragt! Oft ent­ste­hen die schöns­ten und auch brauch­bars­ten Bilder zwi­schen den eigent­li­chen geplan­ten Motiven. Die moder­ne Bildsprache lebt von Echtheit, Authentizität und “unbe­ob­ach­te­tem” Fotografieren. So komisch es auch klin­gen mag: Anspruchsvolle Stockbilder dür­fen nicht zu “sto­ckig” aus­se­hen. Natürlich gibt es Ausnahmen und gera­de sehr kon­zep­tio­nel­le Shootings sind und blei­ben Stock-Shootings.

8. Technische Prüfung und Überblick

Am bes­ten direkt mit Funk- oder Kabelverbindung mit dem Laptop/​Tablet ver­bin­den. Nur so kann man alles genau beur­tei­len und bekommt ein Gefühl fürs Format, die Technik und Details. Ein Shooting nur auf dem Kameradisplay zu beur­tei­len ist sehr ris­kant und man ver­liert schnell den Überblick.

9. Die Models

Das A und O eines jeden People-​Shootings. Wirklich. Es sind die Gesichter und Körper der Models, die Endkunden zur Lizenzierung eines Fotos bewegen.

10. Wetter

Gerade in unse­ren Breitengraden immer ein Risiko, daher am bes­ten eine “Schlechtwetteroption” ein­pla­nen bzw. 1–2 Tage Puffer für das Shootingdatum ermög­li­chen. Nichts ist frus­trie­ren­der, als im Regen zu ste­hen wenn man für ein Shooting Sonne pur gebraucht hät­te. Hier gilt also: Wetterberichte beob­ach­ten, genau vor­pla­nen und not­falls ein Shooting lie­ber ver­schie­ben als es unter ungüns­ti­gen Bedingungen “durch­zu­zie­hen”. Übrigens: Auch bei vie­len Indoor-​Shootings ist tol­les Wetter drau­ßen wich­tig für das Endergebnis. Zusätzlich aber immer genug Licht dabei haben!

Fazit

Ein gutes Shooting erfor­dert sehr viel Vorbereitung, eine gute Portion Selbstvertrauen, eine gewis­se tech­ni­sche Sicherheit, einen Spritzer Mut und gute Stimmung im Team den gan­zen Tag lang. Et voilà!

Viel mehr Tipps gibt es für Westend61-​Fotografen hier in der Westend61 Academy.

Sie sind Fotograf? Können sie davon leben? (Gastartikel)

Jeder, der selb­stän­dig oder Freiberufler ist und nicht gera­de Arzt oder Rechtsanwalt, wird die­se Frage schon mal gehört haben: „Kannst du von dei­ner Arbeit leben?“ Ich höre das stän­dig. Deshalb fand ich es gut, dass sich Gisela Enders die­ser Frage ange­nom­men hat und heu­te erklärt, was dahin­ter steckt.

Gisela ist nicht irgend­je­mand. Doch dafür muss ich kurz aus­ho­len. Vor mei­ner Selbständigkeit habe ich trotz­dem unzäh­li­ge Jobs gehabt, Zeitungsausträger, Nachhilfelehrer, Pressesprecher, in einer Wäscherei, im Baumarkt, in einer Drogerie und so wei­ter. Dabei hat­te ich eben­so vie­le Chefs. Gisela war für fast zwei Jahre mei­ne Chefin bei der BUNDjugend, wo ich zusam­men mit einem Haufen jun­ger, idea­lis­ti­scher und lern­fä­hi­ger Leute mei­nen Zivildienst geleis­tet habe.

Gisela war – bei allem Respekt vor den ande­ren Chefs – mei­ne beein­dru­ckends­te Chefin, weil sie es geschafft hat, uns jun­gen Leuten das Gefühl zu geben, dass wir etwas kön­nen. Sie leg­te viel Wert dar­auf, sich und uns wei­ter­zu­bil­den, auf selb­stän­di­ge Arbeit und konn­te einen so moti­vie­ren, dass selbst der Küchendienst eine Freude war.

Deshalb wun­dert es mich nicht, dass sie sich mitt­ler­wei­le als Beraterin für Existenzgründungen und Veränderungen in Berlin selb­stän­dig gemacht hat. Wer wis­sen will, was sie macht, fin­det hier ihre Webseite.

Los geht:

—–ab hier schreibt Gisela Enders —-

Foto: Frollein Schmitt

In mei­ner Arbeit mit Gründern wird mir immer wie­der berich­tet, dass sie mit der Frage „Und, kön­nen Sie denn davon leben?“ kon­fron­tiert wer­den, die sie als sehr abschät­zig bewerten.
Ich kann mich selbst noch an den Beginn mei­ner Selbständigkeit gut erin­nern und dar­an, wie die Frage mich zu Beginn getrof­fen hat. Damit dies mög­lichst weni­gen pas­siert, will ich mei­ne Gedanken zu die­ser Frage ger­ne ein wenig ausführen.

Wann wird die Frage über­haupt gestellt? Ja, meist nicht, wenn man nur sei­ne Berufsbezeichnung gesagt hat, son­dern wenn man auch etwas dar­über erzählt hat, dass man sich selb­stän­dig gemacht hat und sein eige­ner Chef ist. Dass man sei­ne Aufträge selbst akqui­riert und ein bestimm­tes Produkt oder eine Dienstleistung anbie­tet. Je frü­her man im Status der Selbständigkeit ist, umso mehr schwin­gen eher Pläne als Realitäten mit. Ein tol­les Einfallstor – um mit der Frage „Und davon kannst Du leben?“ alle eige­nen Zweifel hoch­zu­brin­gen. Aber auch in spä­te­ren Phasen der eige­nen Unternehmung wird die Frage immer wie­der gestellt. In mei­ner Wahrnehmung pas­siert das häu­fi­ger denen, die eine Dienstleistung anbie­ten als jenen, die wenigs­tens ein hand­fes­tes Produkt vor­wei­sen kön­nen. Da hat­te ich neu­lich eine Fotografin, die mit ihren Fotos deut­lich mehr ver­dient, als sie dies als Angestellte je rea­li­siert hat. Und sie war empört über die Frage, weil sie es – nach einem anre­gen­den Gespräch über ihre ver­schie­de­ne Angebote – als eine Entwertung ihrer Arbeit, ja als Unverschämtheit, ver­stan­den hat.

Wir reden in Deutschland wenig über Gehälter und wenn jemand ange­stellt arbei­tet, wird sel­ten in Frage gestellt, dass die­se Person davon (irgend­wie) leben kann. Derweil sind es oft gera­de die Angestelltenverhältnisse, die mit nied­ri­gen Gehältern und einem hohen zeit­li­chen Einsatz daher­kom­men. Dennoch wür­den wir es als grenz­über­schrei­tend und indis­kret ver­ste­hen, wenn wir nicht nur nach der Gehaltshöhe fra­gen wür­den, son­dern auch gleich in Frage stel­len wür­den, dass man davon leben könne.

Warum wird Selbständigen also die­se Frage so oft gestellt? Leider ist man als Betroffene/​r in die­ser Situation oft so baff, dass man sich nicht traut zurück­zu­fra­gen, was die Motivation für die­se Frage ist. Und ich bin sicher, dass die­se Motivation viel­schich­tig und auf den ers­ten Blick selbst dem Fragenden nicht unbe­dingt zugäng­lich ist. Ich habe mir schon vie­le Gedanken auch mit Klienten dazu gemacht, ein­fach um zu sehen, wel­che Bedeutungsgebung man die­ser Frage jeweils geben mag.

Sachorientiert könn­te der Anlass der Frage ein Interesse am wirt­schaft­li­chen Konzept hin­ter der Unternehmung dar­stel­len. Also bei einem Fotografen mög­li­cher­wei­se die Frage, wie und an wel­cher Stelle man mit Fotos Geld ver­die­nen kann, was ja für Außenstehende eine mög­li­cher­wei­se berech­tig­te Frage ist. Bleibt aller­dings offen, war­um gleich in Frage gestellt wird, dass man davon leben kön­ne. Dennoch gibt es sicher­lich eini­ge Gründergeschichten, bei denen sich das wirt­schaft­li­che Konzept dahin­ter nicht erschließt – von daher kann die­se Neugierde durch­aus sei­ne Berechtigung haben. Diese Neugierde wird sicher­lich auch noch durch weni­ge Informationen zu Gründern und den Start in die Selbständigkeit gespeist. Wir ken­nen uns rela­tiv gut aus, was Tarifgehälter angeht, wir haben gro­be Einschätzungen, wie viel man in wel­chem Berufszweig ange­stellt ver­dient. Entsprechend mei­nen wir, nicht nach­fra­gen zu müs­sen (zumal die Frage nach der Gehaltshöhe in Deutschland eher ver­pönt ist). Obwohl sich auch im Angestelltenbereich viel ver­än­dert und es mitt­ler­wei­le durch­aus zu pre­kä­ren Gehältern kommt, die jen­seits der mini­ma­len Lebenshaltungskosten so gut wie kei­ne Sprünge mehr erlau­ben. Bei Selbständigen wis­sen vie­le nicht, wie viel übli­cher­wei­se ver­dient wird und wie viel übrig bleibt, nach Abzug aller Kosten. Und zuge­ge­ben, nicht vie­le Selbständige las­sen sich hier in die Karten schau­en. Allerdings ist mög­li­cher­wei­se die Frage „Können Sie davon leben“ nicht die geeig­ne­te Form, um ver­trau­ens­voll Informationen zur wirt­schaft­li­chen Situation des Gesprächspartners zu erhalten.

In der Frage kann aber auch eine Ich-​Botschaft ste­cken, beson­ders bei denen, die sich schon immer ger­ne ein­mal selb­stän­dig gemacht hät­ten, sich aber nicht trau­en, die­sen Schritt zu gehen. Da ist eine vage Antwort oder das Eingeständnis von wirt­schaft­li­chen Schwierigkeiten doch eine will­kom­me­ne Rückversicherung. Die eige­ne ängst­li­che Seite kann sich bestä­tigt zurück­leh­nen und wei­ter dar­auf behar­ren, schön brav ange­stellt wei­ter­zu­ar­bei­ten. Kein Anlass, die eige­ne Situation zu hin­ter­fra­gen oder nei­disch zu werden.
Neid kann sich auch aus dem bis­he­ri­gen Gespräch erge­ben. Da wur­de berich­tet von vie­len neu­en Herausforderungen und von der Leidenschaft, sich mit etwas selb­stän­dig zu machen, wofür man brennt. Von auf­re­gen­den neu­en Kontakten und der Freiheit eige­ne Entscheidungen zu tref­fen und die eige­ne Zeit frei ein­zu­tei­len. Und und und… Da ist doch aus der Sicht des Angestellten – davon sind immer­hin 85% mit ihrem Job unzu­frie­den – doch mal eine klei­ne Frage nach dem Haken an der Sache erlaubt.

Dann gibt es da auch die Du-​Botschaft, die ten­den­zi­ell am ehes­ten gehört wird. Hier steckt Zweifel an der neu­en Unternehmung des Gesprächspartners drin. Es wird in Frage gestellt, dass der ande­re von sei­nem Geschäft leben kön­ne. Damit wird auch das gan­ze Konzept in Frage gestellt, denn kein Selbständiger macht sich selb­stän­dig ohne die Absicht, davon leben zu kön­nen. Alles ande­re ist ein Hobby.
Auf die­sem Fuß erwischt, ent­fal­tet die Frage ihre gan­ze ver­un­si­chern­de Kraft. Und es kann im schlimms­ten Fall so ver­un­si­chernd sein, dass man tat­säch­lich an sei­nem Plan zu zwei­feln beginnt und dar­über nach­denkt, sich doch mög­lichst bald wie­der eine Stelle zu suchen. Oder es kann einem wenigs­tens den Tag ver­sau­en. Aber es könn­te auch wütend machen. Über eine unver­schäm­te Frage.

Um demo­ti­vie­ren­de Wirkungen abzu­schwä­chen, hal­te ich es für die Befragten sehr sinn­voll, die mög­li­chen viel­fäl­ti­gen Motivationen der Frage in den Blick zu rücken, mög­li­cher­wei­se nach­zu­fra­gen oder sogar deut­lich zu machen, dass man sich auf die Bedeutung der Herabwürdigung nicht ein­las­sen will. Oder kurz und pau­schal zu ant­wor­ten und sich nur mit den eige­nen Gedanken zur eige­nen Bedeutungsgebung zu beschäf­ti­gen – denn das bestim­men immer noch wir sel­ber, wie wir dar­über nach­den­ken. Meine Lieblingsantwort habe ich von einer befreun­de­ten Fotografin gehört. Sie sagt, wenn die Frage kommt, schaue sie neu­gie­rig und kri­tisch an sich run­ter und stel­le fest: „Ich glaub, ich bin nicht tot!“

Ich wür­de mich freu­en, wenn mei­ne Gedanken auch dazu füh­ren, dass der eine oder die ande­re Fragende über sei­ne ganz eige­nen Motivationen bei die­ser Frage nach­denkt. Verbunden mit neu­en Möglichkeiten, die­se spe­zi­fi­sche Motivation in eine kla­re Frage zu packen oder viel­leicht auch ein­fach zu schweigen?

Gisela Enders