Schlagwort-Archive: Model

Frag den Fotograf: Wie fotografiere ich wie Yuri Arcurs?

Manchmal hin­ke ich etwas hin­ter­her. Jan D. hat­te mir schon im September fol­gen­de Mail mit einer Frage geschickt:

Sehr geehr­ter Herr Kneschke/​Lieber Robert,

zu aller­erst möch­te ich Dir zu dei­nem abso­lut gelun­ge­nen Blog gratulieren.
Ich bin regel­mä­ßig einer der stil­len Besucher und Leser dei­ner vie­len Artikel
und eben­so regel­mä­ßig von den immer neu­en Themen rund um das Thema
Fotografie/​Stockfotografie begeis­tert. Ich selbst bin eher ambi­tio­nier­ter denn
pro­fes­sio­nel­ler Hobbyfotograf aber ste­tig auf der Suche nach Tips die
Optik der eige­nen Werke zu verbessern.

Besonders ange­tan hat es mir der herr­li­che, hel­le Bildstil von Yuri Arcurs.
Ähnliches schwebt mir eben­falls bei mei­nen Bildern (im Privaten, ich
ver­kau­fe nicht) vor. Bisher bekom­me ich, obwohl ich mich als sicher &
gut im Umgang mit Photoshop bezeich­nen wür­de, nicht die­sen besagten
hel­len Stil mit den trotz­dem schö­nen Hauttönen hin. Daher habe ich auch
mit Spannug dei­nen Bericht des foto­lia Workshops mit Yuri A. ver­folgt, bis
auf klei­ne  Andeutungen zum Verwirklichen des Stils gab es jedoch leider
kei­ner­lei Hinweise.

Langer Rede kur­zer Sinn. Da du ja vor Ort ein wenig über die Schulter gucken
konn­test,  weißt du wie die­ser Stil per Photoshop (ent­spre­chen­des
Ausgangsmaterial natür­lich vorr­aus­ge­setzt) erreicht wur­de?! Über ein
paar Tips und HInweise wür­de ich mich sehr freuen.“

Ich habe lan­ge über­legt. Darf ich so einen Post schrei­ben? Kann ich mich erdreis­ten, zu behaup­ten, ich wüss­te, wie Yuri Arcurs sei­ne super­pro­fes­sio­nel­len Bilder hin­be­kommt? Nein, das nicht. Deswegen kurz die Klarstellung: Ich sage Euch jetzt, wie ihr Bilder im Yuri Arcurs-​Stil hin­be­kommt. Aber das heißt nicht, dass Yuri genau so arbei­ten muss.

Außerdem klam­mert euch lie­ber nicht an die Vorstellung, dass ihr nur gut mit Photoshop umge­hen müss­test, um den Yuri-​Look hin­zu­be­kom­men oder dass es gar einen Filter oder einen Plugin gäbe, der das für Euch erle­digt. Das Wichtigste ist die Arbeit vor der Retusche!

Vier Faktoren machen ein gutes Yuri Arcurs-​Bild aus:

  1. Gute Schärfe
  2. Geringe Tiefenschärfe
  3. Glückliche Models
  4. Viel (wei­ches) Licht

Schauen wir uns die Punkte genau­er an. Wie Yuri sei­ne Fotos gut scharf bekommt, habe ich schon in mei­nem Artikel „Scharfe Fotos mit Yuri Arcurs“ erklärt. Teuer wird der zwei­te Punkt. Die meis­ten sei­ner Fotos foto­gra­fiert er mit gerin­gen Blendenwerten, vor allem 2,8. Das setzt ent­spre­chen­de licht­star­ke Objektive vor­aus, idea­ler­wei­se wel­che, deren Offenblende noch wei­ter geht ist, zum Beispiel bis 1,8 oder 1,2. Gut sind leich­te, licht­star­ke Tele-​Objektive, da sie schnel­ler eine schö­ne gerin­ge Tiefenschärfe erzeu­gen.

Der Punkt Models soll­te nicht ver­nach­läs­sigt wer­den. Nur wes­sen Models so im Gesicht strah­len als wür­den sie eine Dauer-​Hochzeit fei­ern und dabei gleich­zei­tig im Lotto gewin­nen, sind für sol­che Fotos geeig­net. In die­sem Video zeigt Yuri, wie er sei­ne Models aus­sucht und mit sei­ner Hand die Kopfbewegung ein­fach beein­flu­ßen kann. Außerdem sehr ihr gleich sei­nen ide­al­ty­pi­schen Lichtaufbau.

Im zwei­ten Teil des Videos zeigt er, wie er die­ses natür­li­che Lachen auf die Model-​Gesichter zaubert.


Und das Wichtigste: Der Lichtaufbau. Es wird viel Licht benö­tigt, nicht unbe­dingt aus vie­len Lichtquellen, aber hell muss es schon sein. In die­sen eins, zwei, drei YouTube-​Videos vom Fotolia-​Workshop beschreibt Yuri eini­ge sei­ner typi­schen Lichtaufbauten ganz gut, von ein­fach bis kom­plex. In mei­nem Artikel „Ein Tag mit Microstock-​Fotograf Yuri Arcurs“ ist auf den Fotos noch eine ande­re Beleuchtungssituation zu sehen: Die indi­rek­te Beleuchtung. Wer mal einen Blick in sein umwer­fen­des Studio gewor­fen hat (übri­gens ein umge­bau­tes Industrie-​Gewächshaus), kann sehen, dass er das sehr cle­ver mit Tageslicht löst, indem die Studiodecken aus leicht mil­chi­gem Glas sind, wel­che wie eine rie­si­ge Softbox von oben wir­ken. Ein unbe­zahl­ba­rer Effekt. Bezahlbar ist die Variante mit Blitzen, indem ein­fach wei­che Blitze (z.B. Softboxen) noch mal an Wände und vor allem Decken gerich­tet werden.

Ich will nicht behaup­ten, dass ich wie Yuri foto­gra­fie­ren kann, aber die­ses Foto kommt sei­nem Stil schon nah, meint ihr nicht auch?

Kiefer modellieren

Da ich das foto­gra­fiert habe, kann ich sagen, dass es ein ver­hält­nis­mä­ßig simp­ler Aufbau ist. Fotografiert habe ich mit mei­ner 50mm-​Festbrennweite* bei Blende 2.8 und 1/​100 Sekunde Belichtungszeit (ISO 200). Als Licht dien­te mir ein Canon 580EX II Speedlite* auf einem Stativ mit einer Lastolite EzyBox-​Softbox*, wel­ches ich manu­ell mit Funkauslöser an die wei­ße Decke geschickt habe. Damit kann ich das Licht auf dem Gesicht bestim­men, wäh­rend ich mit der Blende/​Verschlusszeit-​Kombination die Helligkeit des Hintergrunds beein­flu­ßen kann. Als Kamera kam mei­ne Canon 5D Mark II* zum Einsatz, aber es hät­te genau­so gut eine Canon EOS 450D* oder eine Nikon D3000* sein kön­nen. Als Alternative zum Fensterlicht zur Regulierung der Hintergrundhelligkeit kann auch ein zwei­ter Blitz genutzt wer­den, der auf eine hin­te­re Wand o.ä. gerich­tet wird.

In die­sem Video zeigt Yuri, wie selbst Available Light-Bilder einen ähn­li­chen Look errei­chen kön­nen. Etwas Überbelichtung und die Models an einem son­ni­gen Tag im Schatten oder unter dem Himmel bei bewölk­tem Wetter erge­ben schat­ten­freie Aufnahmen.

Das letz­te fer­ti­ge Foto, was zum Schluß gezeigt wird, ist auch mit den kom­plet­ten EXIF-​Daten in Yuri’s Flickr-​Stream zu fin­den. Ohne Blitz wer­den dann Werte wie 1/​40 Sekunde bei Blende 4 (ISO 400) mit einem 70mm-​Objektiv erreicht.

Damit sind wir in der Lage, hel­le, freund­li­che Bilder zu machen. Trotzdem bleibt etwas Nachbearbeitung nicht aus. Dazu gehört neben dem kor­rek­ten Weißabgleich und einer leich­ten Überbelichtung auch das Anheben der Kontraste und der Sättigung. Zum Schluss wer­den die Bilder von stö­ren­den Elementen befreit. In die­sem Artikel zeigt Yuri unter Punkt 2 ein Vorher/​Nachher-​Bild, was die Unterschiede gut sicht­bar macht. Und das war es auch schon. Ist dich nicht so schwer, oder? Was meint ihr?

* Affiliate-​Link (Ich bekom­me bei Kauf eine klei­ne Provision, ihr zahlt nicht mehr)

Rezension: „500 Poses for Photographing Women“ von Michelle Perkins

Der Artikel „12 Tipps für Model-​Posen“ ist einer der belieb­tes­ten in mei­nem Blog. Er ist auch ein Beweis, dass es genug kos­ten­lo­se PDFs im Internet mit unzäh­li­gen Posen für Models gibt.

Was unter­schei­det gedruck­te Model-​Bücher davon? Als Beispiel neh­me ich das Buch „500 Poses for Photographing Women“* von Michelle Perkins (ISBN 978–1584282495).

500-model-poses

Auf ca. 120 durch­ge­hend far­bi­gen Seiten gibt es 500 Fotos von 16 ver­schie­de­nen Fotografen von – zumeist jun­gen und schö­nen – Frauen. Die Fotos sind grob sor­tiert nach der Art der Posen: Kopf-​und-​Schulter-​Portraits, Oberkörper-​Portraits, Dreiviertelansichten und Ganzkörperansichten. Die letz­ten bei­den Varianten wer­den noch mal unter­teilt in Posen zum Sitzen, Liegen und Stehen. Am Ende des Buches gibt es noch zwei (eng­lisch­spra­chi­ge) Seiten mit grund­le­gen­den Posing-​Tipps, die jedoch meist selbst­ver­ständ­lich sind und des­halb ver­nach­läs­sigt wer­den kön­nen. Beispiel: „Hände las­sen sich ein­fa­cher posi­tio­nie­ren, wenn sie etwas zu tun haben, zum Beispiel eine Requisite hal­ten oder auf einer Lehne lehnen.“

Der größ­te Unterschied zu den PDF-​Sammlungen ist die Bildqualität. Wir reden hier nicht von Skizzen oder einem ein­zi­gen Model in glei­cher Kleidung vor wei­ßem Hintergrund. Die Fotos sind mit vie­len Models in ver­schie­de­nen Locations auf­ge­nom­men wor­den. Vom Swimming Pool, Wald, Burg, Feld, Studio, Wohnzimmer, Bar oder Schrottplatz, die Abwechslung ist gege­ben. Auch Haarfarbe, Frisur und Kleidung wech­seln sehr häu­fig. Neben den Anregungen für Posen, wel­che das Model ein­neh­men soll, bekommt der Fotograf durch das Buch auch wei­te­re Inspirationen für Setting, Lichtaufbau, Make-​Up und so weiter.

Viele der Fotos im Buch sind soge­nann­te „Senior Portraits“, eine Fotografie-​Richtung, bei der sich Schüler im letz­ten Schuljahr („Senior“-Klassenstufe) pro­fes­sio­nell foto­gra­fie­ren las­sen, um eine Erinnerung an die­sen Lebensabschnitt zu haben. Eins die­ser Fotos kommt dann in das Jahrbuch, ver­gleich­bar mit den deut­schen Abi-​Büchern. Auf die­sen Fotos wol­len sich die jun­gen Frauen von ihrer schöns­ten Seite zei­gen, des­we­gen ist der Stil oft kit­schig bis gna­den­los makel­los retuschiert.

Die Posen sind vari­ie­ren zum Teil nur mini­mal, mal ist der Kopf etwas mehr gedreht, mal ist ein Arm mehr ange­win­kelt. Unter dem Strich gibt es viel­leicht 200 Basis-​Posen mit je 2–3 Varianten. Diese Posen selbst unter­schei­den sich nicht von den im obi­gen Link erwähn­ten kos­ten­lo­sen PDFs. Aber Fotografen sind oft visu­el­le Menschen und ich muss zuge­ben, dass ich es ange­neh­mer fin­de, durch Seiten mit pro­fes­sio­nel­len Fotos zu blät­tern als mich durch aus­ge­druck­te Blätter mit Schwarz/​weiß-​Skizzen zu wüh­len. Und Hand aufs Herz: Wer das Buch sei­nen Models zeigt, schin­det mehr Eindruck als mit einer geta­cker­ten Lose-​Blatt-​Sammlung. Ob einem das ca. 25 Euro wert ist, muss jeder selbst entscheiden.

* Affiliate-​Link (Beim Kauf erhal­te ich eine klei­ne Provision, Du zahlst nicht mehr)

Noch eine junge Familie

Wieder hat­te ich eine jun­ge Familie im Studio.
Häschenohren zeigen

Bei die­sem Foto fand ich es unglaub­lich schwer, es gut zu ver­schlag­wor­ten, da es für die­se „Häschenohren“ kei­ne ein­deu­ti­ge Bezeichnung gibt, bzw. ich auch die eng­li­sche Entsprechung nicht fin­den konn­te. Hat jemand eine Idee?

Feste feiernAuch mit die­sem Foto hat­te ich mei­ne Probleme. Hier aber nicht bei den Suchbegriffen, son­dern wegen der Komposition. Ich war hin- und her­ge­ris­sen zwi­schen „zu chao­tisch“ und „idea­ler Textfreiraum“. Ich habe mich dann für letz­te­re Sichtweise entschieden.

Flugzeug spielen

Bei dem klei­nen Mädchen konn­ten wir nicht erwar­ten, dass es die gesam­te Zeit auf­merk­sam beim Shooting dabei ist, des­we­gen haben wir zwi­schen­durch auch eini­ge Paarbilder gemacht, wäh­rend sich die Kleine aus­ge­ruht hat.

Luftrüssel

Danach ging es bei Sonnenschein ab in den Park. Die Tochter ist immer noch leicht erschöpft.

Familie sitzt im Park

Die bei­den kom­men­den Bilder sind mei­ne Lieblingsfotos der Session. Ich fin­de, die kind­li­che Art kommt da sehr gut zum Vorschein.

Weide erreichen

Dieses Foto ist durch das Rennen lei­der etwas bewe­gungs­un­scharf, aber für mich ein pas­sen­des Symbolfoto für einen sor­gen­frei­en Sommer.

Schmetterling fangen

Zu guter Letzt gab es noch ein Outdoor-​Familienportrait. Die Komposition ist nicht die ori­gi­nells­te, aber sie wirkt immer noch. Der Look wur­de mit einer Kombination aus Weitwinkel-​Objektiv (genau­er: 28mm des 24–105mm) und mei­nem Ringblitz-​Adapter auf dem Canon Speedlite 580 II erzielt.

Familie im Gras

Welches Foto ist Euer Favorit?

Lange blonde Haare und ein Lachen

Yep, ab und zu mache ich auch Fotos. Diesmal mit Linda, einer jun­gen Studentin mit ganz lan­gen glat­ten blon­den Haaren und einem sym­pa­thi­schen Lächeln.

Alberne ÄrztinDas Arztfoto oben ist übri­gens ein Schnappschuss, der nicht auf der Shootingliste stand. Aber ich fin­de das Bild irgend­wie gut, auch wenn ich noch nicht weiß, wofür es benutzt wer­den könn­te. Vielleicht zum Thema „Wo habe ich bloß wie­der mei­nen Kopf?“

Wilde Musik

In eine ähn­li­che Kategorie fällt das Foto mit dem Zopf vor dem Gesicht. Sieht unglaub­lich cool aus, aber der Sinn erschließt sich nicht sofort. Immerhin sind durch den Kopfhörer Assoziationen wie „Musik, Tanz, Spaß, Bewegung“ drin.

Frau schreitAußerdem habe ich wie­der mei­ne dunk­le Portrait-​Serie aus­ge­baut mit die­sem Schrei-​Foto. Geblitzt habe ich hier mit einem ent­fes­sel­ten Ringblitz-​Adapter, den ich hier im Blog schon rezen­siert habe.

Schnelle Schwimmerin

Besonders stolz bin ich auf die­ses Action-​Foto einer Schwimmerin, wel­ches wir mit einem ein­fa­chen Trick insze­niert haben. Das ver­ra­te ich jetzt aber nicht, sonst wäre es ja kein Trick…

Laufen im Regen
Die meis­ten scheu­en sich, bei schlech­tem Wetter raus­zu­ge­hen, um Fotos zu machen. Da es zwar gereg­net hat, aber warm war, haben wir es gewagt und eini­ge Regenfotos gemacht.

Regentropfen

Hier der Beweis, dass es wirk­lich stark gereg­net hat und wir nicht ein­fach nach dem Regen die feucht-​schimmernde Kulisse genutzt haben.

Warten an der Ecke

Auch ein schö­nes Foto, fin­de ich, mit viel Textfreiraum, redu­zier­ten Farben, aber einem leuch­ten­den Schal und der sehn­süch­ti­ge Blick beim Warten. Über Linda war noch der Name des Platzes zu lesen. Ich war unschlüs­sig, ob ich in las­sen soll­te oder nicht, ent­schied mich aber für eine Retusche, da dann der Platz gene­ri­scher wirkt und Käufer außer­halb Deutschlands viel­leicht inter­es­sier­ter sind.

Die Fotos von Linda kön­nen hier exklu­siv über die Bildagentur Fotolia erwor­ben werden.

Stockfotografie-​Interview mit Jonathan Ross (Fotograf) Teil 2

Gestern habe ich hier das Interview mit dem Stockfotografen und Blend-​Gründer Jonathan Ross begon­nen. Heute geht es gleich weiter.

Wie wür­dest Du den Unterschied zwi­schen Auftragsfotografie  und Stockfotografie beschreiben?

Auftragsarbeiten haben oft vie­le Ringe, durch die ein Fotograf sprin­gen muss und bis der Kunde glück­lich mit den Ergebnissen ist, ist der Spaß und die Kreativität schon stark ver­wäs­sert. Außerdem hast Du immer paar Leute, die Dir über die Schulter schau­en und Ratschläge geben. Manchmal kann das hilf­reich sein, manch­mal aber auch ablenkend.

Stockfotografie erlaubt mir, mei­nen eige­nen Zeitplan zu wäh­len, so daß ich bei allen Familienereignissen wie Wettkämpfen oder Theateraufführungen dabei sein kann und trotz­dem die Shootings machen kann, die ich will. Die Freiheit hat aber auch ihren Preis. Du musst sehr moti­viert sein, Dich selbst am Laufen zu hal­ten. Wenn Du einen Kunden hast, musst Du bei ihm erschei­nen. Wenn Du ein Stock-​Shooting machst, musst Du immer alles am Laufen halten.

Foto von Jonathan Ross

Wie vie­le Bildagenturen belie­ferst Du regelmäßig?

Momentan belie­fern wir 13 Bildagenturen, wenn man Microstock mit­zählt. Getty Images hat uns in ver­schie­de­nen Bildkollektionen, das macht dann zusam­men 20 ver­schie­de­ne Kollektionen.

Du hast erst vor kur­zem mit Microstock ange­fan­gen. Was ist der größ­te Unterschied ver­gli­chen zum „klas­si­schen“ Bildermarkt?

Das Hochladen zu den Bildagenturen ist eine Qual und dar­um haben wir Lookstat.com beauf­tragt, das für uns zu über­neh­men. Sie machen einen groß­ar­ti­gen Job für wenig Geld. Microstock wächst lang­sam aus den Kinderschuhen und das war unser Grund, dort mit­zu­ma­chen. Der Markt ist noch jung und ich den­ke, jemand der ein gutes Händchen für Kundenbedürfnisse hat, wird sich dort ganz gut schla­gen. Wir haben 3500 Bilder in drei Monaten für Microstock pro­du­ziert und die­se Zahlen könn­ten wir für Macrostock gar nicht errei­chen. Nun wol­len wir nur noch stei­gen­de Verkäufe sehen. Wie haben die Hälfte der Bilder hoch­ge­la­den, um zu sehen, wie es läuft und nach sechs Monaten bei fünf Microstock-​Agenturen haben sie die Produktionskosten wie­der ein­ge­spielt. Wir laden nun die­se Bilder und den Rest der 3500 Fotos zu ins­ge­samt 10 Microstock-​Seiten hoch.

Du machst ja haupt­säch­lich People-​Fotos. Hast Du Tipps für die Arbeit mit Models?

Sorg dafür, dass sie eine gute Zeit haben. Die Probleme bei einem Shooting fan­gen dann an, wenn der Fotograf nicht jeden moti­viert und gut füh­len lässt, das ist die „Durchsicker-​Theorie“ (trick­le down effect). Es zeigt sich in den Fotos und kos­tet Dich Verkäufe. Eine brau­chen mehr Zuredung, ande­re legen ein­fach los, ohne dass ich fra­gen muss. Selbst wenn ein Model einen mise­ra­blen Job macht, las­se ich sie im Glauben, sie habe ihr Bestes gege­ben. Wenn das Shooting vor­bei ist, ist es nicht mei­ne Aufgabe, hohe Egos wie­der run­ter­zu­ho­len. Manchmal gebe ich aber vor­sich­tig kon­struk­ti­ve Ratschläge. Unsere Shootings machen Spaß und das spricht sich her­um. Die Models in unse­rer Gegend arbei­ten ger­ne mit uns zusam­men und wenn es mal län­ger dau­ert, for­dern sie nicht sofort mehr Geld. Es ist Teamarbeit. Seit also nicht zu schüch­tern, die Models und das Team zu unter­hal­ten. Am Ende eines Shootings kom­me ich mir vor als hät­te ich einen 6‑Stunden-​Auftritt gehabt und bin dann erschöpft.

Foto von Jonathan Ross

Mit was für Models arbei­test Du am liebsten?

Auf jeden Fall mit Kindern. Ich bin im Herzen auch noch ein gro­ßes Kind. Ich lie­be es, Kinder beim Sport zu trai­nie­ren und beim Fotografieren ist das Eis viel schnel­ler gebro­chen als bei Erwachsenen. Wenn ein Kind erst mal rich­tig lacht, dann ist es auch echt. Bei Erwachsenen wird der Ausdruck jedes Mal ein biß­chen bes­ser, je län­ger wir zusam­men­ar­bei­ten, da dann erst die Barrieren fal­len. Bei einem Kind dau­ert das viel­leicht zehn Minuten. Kurz Fangen spie­len und dann las­se ich die Kinder selbst kurz paar Fotos machen, damit sie mer­ken, was ich gleich machen wer­de und dann geht der Spaß los.

Außerdem mag ich extro­ver­tier­te Models. ich ver­schwen­de mei­ne Zeit nicht mehr mit intro­ver­tier­ten Models, die schwer zu moti­vie­ren sind, wenn es da drau­ßen so vie­le Models gibt, die ver­rückt danach sind, Fotos von sich machen zu lassen.

Arbeitest Du lie­ber im Studio oder on location?

Ich arbei­te immer lie­ber on loca­ti­on. Obwohl ich im Laufe mei­ner Karriere meh­re­re Studios hat­te, bin ich momen­tan nur noch on loca­ti­on. Mal sehen, wie das in paar Jahren wird. Ich lie­be die Herausforderung, einen neu­en Ort zu betre­ten und ihn für Dich arbei­ten zu las­sen, vor allem bei der Belichtung. Außerdem fal­len mir vor Ort mehr Foto-​Konzepte ein als im Studio. Das fühlt sich immer so an, als gin­ge ich ins Büro.

Wie oft fin­dest Du Bilder von Dir in Zeitungen oder der Werbung?

Überall. Ich kann kei­ne Zeitschrift auf­schla­gen, ohne min­des­tens ein Foto von mir zu fin­den. Ich sit­ze gera­de im Flugzeug und habe eben mei­nem jüngs­ten Sohn gesagt, er kön­ne ja mal das „Alaska Airline“-Magazin neh­men und schau­en, wie lan­ge er braucht, um eins von Daddys Fotos zu fin­den. Er hat kei­ne 15 Sekunden gebraucht. Es ist echt erstaun­lich, wie vie­le Fotos man fin­det, wenn man schaut. Meine Frau ist aber der grö­ße­re Magazin-​Leser und reißt mir dann immer die Seiten raus.

Was macht eine gute Bildagentur aus?

Eine gute Agentur erkennt das Potential ihrer Fotografen und den Wert einer engen Zusammenarbeit. Sie lässt sie bes­ten Fotos nach ganz oben in die Suchergebnisse, sodaß Käufer die­se zuerst sehen. Aber am wich­tigs­ten ist, dass gute Bildagenturen wis­sen, wie man mit Bildkäufern arbei­tet und ihre Bedürfnisse befrie­digt. Das ist der wich­tigs­te Job. Sobald sie einen guten Kunden haben, müs­sen sie eine star­ke Bindung auf­bau­en, um ihn nicht an die Konkurrenz zu ver­lie­ren. Viele sagen, der Kunde kauft ein­fach dort, wo es das Bild gibt, was er braucht. Das stimmt zum Teil, aber ich glau­be auch, dass der Beziehungsaspekt eben­falls wich­tig ist. Gute Bildagenturen behan­deln ihre Kunden mit dem größ­ten Respekt, denn Bildkäufer sagen, dass die Bequemlichkeit und die Kommunikation mit einer Agentur die aus­schlag­ge­ben­den Faktoren für die Auswahl sind.

Wie hat sich der Stockfotografie-​Markt aus Deiner Sicht in den letz­ten Jahren geändert?

Microstock hat den Markt stark ver­än­dert. Es hat dem Macrostock-​Bereich Verkäufe gekos­tet, aber auch vie­le neue Kunden in den Markt ein­ge­bracht, was immer gut ist. Ich den­ke, der Kampf zwi­schen den ein­zel­nen Marktsegmenten wird nach­las­sen, da es immer mehr Angebote in der Mitte gibt. Die neue Vetta-​Collection von istock­pho­to ist ein gutes Beispiel. Auch die Digitalisierung war eine gro­ße Änderung. Heute ist es sehr leicht, Fotografie zu ler­nen, ohne eine rich­ti­ge Ausbildung dafür zu haben, obwohl ich das nicht emp­feh­le. Bildung ist immer der Schlüssel zur Erweiterung Deiner Fähigkeiten.

Was glaubst Du, wie wird sich der Markt entwickeln?

Wenn ich das wüß­te, wäre ich ein rei­cher Mann. Er wird sich wei­ter in ver­schie­de­ne Richtungen ent­wick­len. Ich den­ke, die Videoverkäufe im Microstock-​Bereich wer­den zuneh­men, aber haupt­säch­lich für die Web-​Nutzung. Es wird immer einen Bedarf an Werbung geben und solan­ge die­se visu­ell ist, wird es auch Stockfotos geben. Nischen-​Kollektionen wer­den auch im Microstock-​Bereich zuneh­men. Ich den­ke, man kann direk­te Vergleiche zwi­schen der Entwicklung von Macrostock RF und der Zukunft von Microstock machen.

Foto von Jonathan Ross

Was war Dein größ­ter Fehler im Foto-Geschäft?

Bisher hat­te ich viel Glück und konn­te gro­ße Fehler ver­mei­den. Ich den­ke, das liegt auch dar­an, dass wir jedes Jahr Recherchen machen, wel­che Marktbereiche im Trend lie­gen und uns dar­auf kon­zen­trie­ren. Das größ­te Risiko hat­te ich auf mich genom­men, als ich noch Werbung foto­gra­fiert habe. Wir haben den Fehler gemacht, 80% unse­res Einkommens von einem Kunden bestim­men zu las­sen. 1995 haben wir dann einen Anruf bekom­men, dass der Kunde jetzt in ein neu­es Digitalsystem inves­tiert und unse­re Dienste nicht mehr benötigt.

Voller Panik recher­chier­ten wir nach die­ser Digitalfotografie und nah­men unse­ren ein­zi­gen Kredit auf. $60.000, als wir kei­ne Rücklagen hat­ten, uns das neus­te Digitalsystem zu kau­fen. Da war damals die Sinarcam. Ich habe sechs Monate gebraucht, um mir alles selbst bei­zu­brin­gen. Vorher hat­te ich nicht mal an einer Tastatur getippt, geschwei­ge denn ein Histogramm gese­hen. Aber es hat sich bezahlt gemacht und wir beka­men einen Zwei-​Jahres-​Auftrag, um alle Kleidungsstücke einer Eddie Bauer-​Kollektion für deren Webseite zu foto­gra­fie­ren. Von da ging es wie­der berg­auf, da zu die­ser Zeit nur weni­ge schon digi­tal gear­bei­tet haben.

Hast Du Tipps für ange­hen­de Stockfotografen?

Video! Microstock-​Video. Aber auch hier gilt es, die rich­ti­gen Inhalte zu fin­den, um die Kunden zufrie­den­zu­stel­len. Das ein­zi­ge Hindernis für gute Videos ist die teu­re Ausrüstung, aber schon mit einer Canon 5D Mark II kann man anfan­gen. Tiefenschärfe ist ein wich­ti­ger Faktor, um Deine Filme pro­fes­sio­nell aus­se­hen zu las­sen, zusam­men mit Kamerawagen, Galgenstativen und Dauerlicht. Es ist kei­ne gerin­ge Investition, um alles rich­tig zu machen, aber es wird von Tag zu Tag bil­li­ger. Festbrennweiten sind zwar teu­er, aber wirk­lich am bes­ten für Bewegtbilder. Du kannst mit einer 5D Mark II anfan­gen und von dort wei­ter­ma­chen. Lasse es nicht die ande­ren machen oder man­geln­des Kapital eine Ausrede sein, nicht zu kon­kur­rie­ren. Und wenn Du nach Deiner Ausbildung an einer Fotoschule in einem Studio arbei­ten kannst, um davon zu leben und von den Fehlern der ande­ren zu ler­nen, wür­de ich das auch empfehlen.

Was ist der Fehler, den die meis­ten neu­en Stockfotografen machen?

Sie den­ken nicht wie Bildkäufer. Sie laden Bilder hoch, die kei­ner kau­fen will und wäh­len zu vie­le ähn­li­che Bilder aus, nur um ein gro­ßes Portfolio zu haben. Das sind alles Fehler.

Rechnest Du aus, wie viel Dich Deine Bilder kosten?

Ja, ich kal­ku­lie­re den „cost per image“. Jetzt, wo wir Videos und Fotos zusam­men an zwei Tageshälften machen, haben wir die Kosten pro Clip oder Foto auf ca. $50 drü­cken kön­nen. Wir könn­ten es auch für weni­ger pro­du­zie­ren, aber gute Models sind sehr wich­tig für die Verkäufe. Sie holen ihren Preis durch zusätz­li­che Verkäufe leicht rein und sie sor­gend dafür, dass ein Tag schnel­ler und rei­bungs­lo­ser vor­über geht und Du mehr Fotos machen kannst.

Foto von Jonathan Ross

Kann man Dein „Shootingtag in 3 Minuten“-Video auf YouTube sehen?

Nein, lei­der habe ich es noch nicht in die YouTube-​Welt geschafft, aber gib mir einen Monat. Diese gan­zen Social Networking-​Geschichten sind ein neu­er Teil des Business, auch für mich. Ich habe kei­ne Ahnung, wohin das führt. Aber bis dahin kannst Du das Video hier anschau­en. Viele Leute fin­den das Video ganz lus­tig, aber wenn Du genau hin­schaust, siehst Du, wie alles fließt, um die Bildausbeute hoch zu hal­ten. Es war sehr spa­ßig, das Video zu machen. Wir wol­len noch mehr „Hinter den Kulissen“-Material dre­hen, um es mit ande­ren Fotografen zu teilen.

Ich will zum Schluss noch sagen, dass das unse­re Methode ist. Wenn Du Informationen fin­dest, von denen Du glaubst, sie könn­ten Deinen Arbeitsablauf ver­bes­sern, dann pro­bie­ren wir das aus. Aber ich ken­ne vie­le erfolg­rei­che Stockfotografen und das Einzige, was sie gemein­sam haben, ist, dass sie alle auf ganz ver­schie­de­nen Wegen an die Spitze gekom­men sind. Es gibt also kei­nen rich­ti­gen Weg. Mach, was Dich am bes­ten wei­ter­bringt und sor­ge dafür, dass es wei­ter­hin Spaß macht.

Danke, Robert, für das Interview. Ich bin ein gro­ßer Fan von Stockfotografen, die zusam­men­ar­bei­ten, um den Bildermarkt zu ver­bes­sern. Wenn mir jemand auf Twitter fol­gen will, fin­det er mich unter jona­t­han­jross. Fröhliches Fotografieren Euch allen! Shoot! Shoot! Shoot!

Auch Dir vie­len Dank für das Interview!

Wer mehr über Jonathan Ross wis­sen will, fin­det hier vie­le span­nen­de Infos über ihn:

Surfing The Stock Photography Revolution“ – Diashow-​Mitschnitt einer 48-​minütigen Präsentation von Jonathan Ross auf der PACA-​Konferenz im März 2009. Bei Minute 20 gibt es auch das Video aus der letz­ten Frage zu sehen. Außerdem sehr sel­ten: Er zeigt Bilder und erklärt, wie viel Geld er mit jedem ein­zel­nen ver­dient hat.
Andersen Ross – sei­ne Produktionsfirma, die er zusam­men mit sei­ner Frau betreibt
Jonathan Ross Interview – mit John Lund über die Zukunft der Stockfotografie
Photographers Working Together in a Three Tiered Stock Photo Market“ – Artikel von Jonathan Ross über die Konkurrenz zwi­schen RF, RM und Microstock

Jonathan Ross bei Getty Images
Jonathan Ross bei Dreamstime

Jonathan Ross bei Twitter

Was sagt ihr zu den Antworten? Dir hat das Interview gefal­len? Dann abon­nie­re doch ein­fach kos­ten­los den RSS-​Feed.