Viele Leute schauen mich erstaunt an, wenn sie mich nach meinen letzten Shootings fragen und ich ihnen sage, dass ich viel seltener als früher fotografiere. Noch vor fünf Jahren habe ich wirklich alles alleine gemacht, aber mittlerweile manage ich ein Team aus verschiedenen Leuten und fungiere mehr als Art Director und Produzent denn als Fotograf.
Wie kam es dazu?
Ich erinnere mich noch genau an einen Moment bei der Microstock Expo in Berlin im November 2011. Ich saß neben meinem geschätzten Kollegen Arne Trautmann (aka „Kzenon“) und hörte mir den Vortrag von Pavel Orekhov von Pressfoto an. Auf dieser Powerpoint-Folie stellte er sein Team vor:
23 Leute Vollzeit, darunter sogar einen eigenen Fahrer (mein staunender Tweet diesbezüglich ist noch online). Arne und ich schauten uns an und er meinte sinngemäß, dass wir jetzt ungefähr die Spitze dessen erreicht haben, was wir beide jeweils alleine schaffen würden. Wenn wir zu den richtig großen Playern aufstoßen wollen, sollten wir überlegen, auch ein Team aufzuziehen.
Im Laufe der Veranstaltung stellten noch mehrere professionelle Stockproduzenten ihr Team vor. Das Team von Elnur Amikishiyev bestand aus 4 Leuten,
Jean-Marie Guyon (CandyBox Images) hatte auch ein Team, Josh Hodge arbeitete zu zweit und so weiter. Da war mir klar, ich muss auch expandieren. (Wer übrigens Interesse hat, kann die Vorträge hier kostenlos ansehen.)
Als erstes lagerte ich meine Buchhaltung an einen Steuerberater aus. Neben der Zeitersparnis fiel hier vor allem die Angst weg, irgendeinen dummen Fehler in den komplizierten Formularen zu machen. Außerdem war es eine gute Vorbereitung auf den zweiten Schritt.
Ich suchte mir eine Assistentin. Die Lohnbuchhaltung übernimmt komplett mein Steuerberater und jeden Monat, wenn ich die Abrechnung bekomme, bin ich froh, dass diese jemand anders erstellt.
Ich habe einige Anläufe benötigt, um die Person zu finden, die zu mir passt. Die erste Assistentin träumte von einem aufregenden Job mit Models, Shootings und Aufträgen und zog ernüchtert von dannen, als sie merkte, dass sie vor allem Fotos zu Bildagenturen hochladen und Modelverträge anhängen sollte. Die zweite Assistentin war super, aber ich hatte den Fehler gemacht, nicht auf ihre Bedürfnisse (in diesem Fall: mehr Arbeitsstunden) einzugehen, sodass sie sich eine Teilzeitstelle mit mehr Stunden suchte. Nach einigen Versuchen habe ich nun eine kompetente Kollegin, die nicht nur akribisch genug ist, stundenlang die korrekten Modelverträge an Gruppenshootings anzuhängen, sondern auch kreativ genug ist, um Fotomontagen zu erstellen, Videos zu schneiden und so weiter.
Auf dem Fußball-Workshop von Fotolia 2010 lernte ich einen Berliner 3D-Designer kennen, der unbedingt mit mir zusammenarbeiten wollte und nach sehr langer Bedenkzeit meinerseits sind wir nun ein eingespieltes Team und er ist für die coolen 3D-Renderings in meinem Portfolio verantwortlich:
Da diese Zusammenarbeit sehr gut läuft, fragte ich eins meiner Models, welches hauptberuflich als Illustrator arbeitet, ob er mich nicht mit Illustrationen beliefern will.
Da irgendwann der Output immer mehr wurde, suchte ich mir einen kompetenten Partner für die Verschlagwortung, den ich aktuell mit der Firma Dokfünf gefunden habe.
Für einige Retusche- und Freisteller-Aufgaben greife ich manchmal auf indische Dienstleister wie ProImageExperts zurück.
Viele statistische Auswertungen, die ich früher händisch in langen Excel-Tabellen gemacht habe, erledigt nun Stock Performer automatisch für mich.
Zusätzlich arbeite ich noch mit zwei Teams im Ausland zusammen, welche komplette Fotoproduktionen für mich stemmen, wenn ich selbst nicht zur Kamera greife.
Das geschieht leider immer seltener, weil die Koordination einer Handvoll Leute Zeit kostet und viel Papierkram erfordert, zum einen, um alles rechtlich dingfest zu machen und zum anderen, um das gegenüber den Agenturen auch nachzuweisen.
Bringt es was?
Unter dem Strich wollen alle diese Leute natürlich bezahlt werden. Aber wie ihr hier erkennen könnt, hatte ich als Einzelkämpfer ungefähr einen Upload von ca. 220 Bildern im Monat. Nach der schrittweisen Einführung meiner Team-Kollegen und dem Outsourcen einiger Arbeiten liege ich nun bei mindestens dem doppelten Wert.
Entwicklung meiner Uploads pro Monat (mit polynomischer Trendlinie)
Eigentlich liegt er sogar noch höher, weil ich nicht mehr alles sofort hochlade und auch bei einem Arbeitsausfall meinerseits die Uploads ohne mich einige Monate weitergehen könnten.
Außerdem ist die Vielfalt in meinem Portfolio deutlich größer geworden. Neben Fotos kann ich nun auch 3D-Renderings und Illustrationen abdecken und damit ganz andere Themenbereiche illustrieren und Kundenwünsche besser umsetzen.
Lob ans Team
Bisher habe ich fast ausschließlich meine eigenen Bilder in meinen Social Media Profilen etc. gezeigt, weil ich dachte, ihr, die Leser erwartet, dass alles, was ich zeige „original Kneschke“ ist. Mittlerweile denke ich aber, dass das Quatsch ist. Meine Profile sollen ja auch zeigen, was ich anbiete und da ist es nicht sinnvoll, nur den Teilbereich zu zeigen, den ich komplett selbst verantworte. Falls ich also in Zukunft mal Bilder oder Fotos zeige, müssen die nicht von mir sein. Und wenn jemand „Tolles Motiv“ kommentiert, gebe ich das Lob gerne ans Team weiter.
Interessanterweise läuft die Entwicklung anderswo ähnlich. Auch der oben erwähnte Arne Trautmann hat sich mittlerweile ein Team aufgebaut mit einem Retoucher, Fotografen in Jakarta, Indonesien und so weiter.
Es ist ein Experiment. Schon über ein Jahr trage ich diesen Gedanken in mir. Nein, seit mehr als zwei Jahren. Bei der ersten Microstock Expo in Berlin fiel mir auf, dass alle Profi-Fotografen ihren Workflow mehr oder weniger identisch in folgende fünf Phasen unterteilten:
Die Analyse
Die Planung
Das Shooting
Die Bearbeitung
Der Vertrieb
Auch ich orientiere mich an diesem Schema. Nun hatte ich die Idee, ein komplettes Microstock-Shooting, von der Idee bis hin zum Upload komplett mit euch Leserinnen und Lesern zu machen.
Sozusagen ein „Gemeinschaftsprojekt“, bei dem wir alle Ideen zusammenlegen und darüber abstimmen, welche dieser Idee ich umsetzen soll.
Ich weiß nicht, ob sich genügend Leute beteiligen würden, was für Ideen wir ausbrüten würden und wie die Ergebnisse aussehen würden.
Ich stelle mir das so vor:
Jede der oben genannten fünf Phasen besteht aus zwei oder drei Runden. In der ersten Runde erkläre ich, worauf zu achten ist, was für Möglichkeiten bestehen und bitte euch Leser dann um weitere Ideen, Kommentare, Vorschläge, Kritik und so weiter. In der zweiten Runde stimmen wir über die vielversprechendsten Vorschläge ab und ggf. stelle ich in der dritten Runde die jeweiligen Ergebnisse vor.
Wer will, kann gerne selbst mitmachen und parallel an einem ähnlichen Shooting arbeiten oder sogar ebenfalls in seinem Foto-Blog darüber berichten, sodass wir unsere Vorschläge und Ergebnisse vergleichen und auch voneinander lernen können. So als „Fotoproduktions-Blogparade“.
In meinem Kopf stelle ich mir das als „großes soziales Live-Making-Of einer Fotoproduktion“ vor.
Aber vielleicht sieht die Idee in meinem Kopf auch besser aus als in der Realität.
Deshalb frage ich:
Würdet ihr mitmachen? Wie würdet ihr die Teilnahme oder Interaktion gestalten? Wollen wir es wagen?
Kürzlich bin ich bei meiner Bildrecherche über ein Portfolio bei Fotolia* gestolpert, welches in gut einem Jahr ca. 5.000 neue Bilder hochgeladen hatte. Und damit meine ich nicht hunderte Freisteller verschiedener Obstsorten, sondern wirklich hochwertig produzierte People-Aufnahmen. Mich interessierte, wie man es schafft, in so kurzer Zeit sich ein so gutes Portfolio aufzubauen und kontaktierte deswegen die Leute hinter dem Account.
Meine Anfrage wurde an Ekatarina Kholyavskaya weitergeleitet, welche die Leiterin des großen Studios ist. Aber lest selbst. Das Interview habe ich mit ihr auf englisch geführt und ins Deutsche übersetzt. Einige Formulierungen sind deshalb vielleicht etwas holprig.
Los geht’s mit dem Interview:
Robert Kneschke: Hallo Ekatarina! Würdest Du Dich bitte kurz vorstellen?
Ekaterina Kholyavskaya: Ich heiße Ekatarina, bin 27 Jahre alt und Produktionsleiterin bei DragonImages Production Studio. Das DragonImages Production Studio (von der PressFoto Group) besteht aus einem professionellen und kreativen Team. Unser Sitz ist in Ho Chi Minh City, Vietnam. Seit Frühjahr 2012 produzieren wir Stockfotos. Unser Stil geht in die Richtung Lifestyle-Portraits.
Ekaterina Kholyavskaya
Ich bin zufälligerweise über eure Homepage gestolpert und war beeindruckt. Es scheint, als hättet Ihr fast 5000 Fotos innerhalb des letzten Jahres hochgeladen. Die Meinung vieler Leute ist, dass es zu spät wäre, in den Microstockmarkt einzusteigen. Weshalb vertretet Ihr die gegenteilige Meinung?
Ich danke Dir ! Wir denken nicht anders. Eigentlich ist es zu spät in der jetzigen Situation, um in den Microstock-Markt einzusteigen. Aber wir wissen auch, dass sich der Konsumentenmarkt in Asien auf dem Höhepunkt befindet. Zur selben Zeit aber haben wir auch mitbekommen, dass der Stockfotografiemarkt-Wettbewerb hier ziemlich gering ist. Deshalb haben wir uns 2007, zusammen mit PressMaster Production Studio, zum Ziel gesetzt, mit unserer Erfahrung im asiatischen Stockfotografie-Markt an erster Stelle zu stehen. Wir zeigen dem asiatischen Markt, dass es viele hochqualifizierte und authentische Bilder gibt. Und auch jetzt können wir schon sagen, dass wir vom asiatischen Markt positive Rückmeldungen erhalten haben.
Welche Art von Rückmeldungen?
Das finanzielles Feedback. Die Leute unseres Teams finden unsere Bilder in verschiedenen Magazinen, in der Werbung, lokalen TV-Shows etc. Und das jeden Tag.
Kannst Du die Beziehung zwischen PressFoto und DragonImages genauer erläutern? Gibt es da personelle oder finanzielle Überschneidungen?
Dmitry Shironosov ist der Co-Inhaber von Press Production Studio, und der PressFoto Group und DragonImages ist ein Projekt von Pressfoto.
Wie groß ist das Team von DragonImages und wer macht was?
Unser Team besteht aus 20 Leuten. 13 von Ihnen leben in Ho Chi Minh City und zwei sind von außerhalb. Unser Art-Direktor kommt aus Moskau. Er ist mit seiner Familie nach Vietnam gezogen.
Unser Casting-Direktor ist ein spanischer Auswanderer. Sieben weitere Leute sind Russen und leben in Chelyabinsk in Russland. Einge von uns machen von Zeit zu Zeit Geschäftsreisen nach Vietnam.
Unser Team in Ho Chi Minh City besteht aus einem Artdirektor, einem Administrator, zwei Fotografen, Assistenten, Stylisten, zwei Bildbearbeitern, einem Shooting-Leiter, einem Castingmanager, und einem PR-Zuständigen. Und wir haben einen örtlichen Rechtsanwalt und einen Buchhalter, die für uns arbeiten. Unser russisches Team besteht aus zwei Uploadern, zwei IT-Spezialisten und drei Leuten, die zeitgleich für zwei Projekte zuständig sind – Pressmaster und die DragonImages Production Studios. Das ist Dmitry Shironosov, der Co-Inhaber der Firma, Pavel Orekhov ist der Geschäftsführer und ich, Kate Kholyavskaya, die Studio-Produktionsleitung.
Keiner hätte gedacht, dass wir so eine wunderschöne Location im Stadt-Zoo finden würden. Die Zoo-Mitarbeiter haben uns freundlicherweise erlaubt, den Gartenschlauch zu benutzen für das Foto.
Warum habt Ihr Vietnam einem anderen asiatischen Land vorgezogen?
Unsere Firma hat schon seit über sieben Jahren verschiedene Geschäfte in Vietnam getätigt. Deshalb kennen wir den vietnamesischen Markt sehr gut. Das ist der Grund, warum wir uns Vietnam als Ausgangspunkt gewählt haben.
Gibt es Eurer Meinung nach einen Unterschied zwischen dem asiatischen und dem europäischen Markt ? Sowohl von der Käufer als auch der Verkäuferseite?
Aus der Perspektives des Käufers können wir sagen, dass diese sehr gezielt asiatische Konzepte benötigen wie das Lunar-Neujahr und Bilder, welche die organische Mischung der Kulturen zeigen. Wir versuchen beides zu gestalten. Von der Verkäuferseite aus können wir sagen, dass der Markt sehr groß ist und gute Perspektiven hat.
Bei einem 20-köpfigen Team wird das alles allein von Euch gemacht oder habt Ihr trotzdem einige Arbeitsbereiche ausgelagert?
Wir erledigen alles intern. Aber bitte vergiss auch nicht, dass wir ein großes, gemeinsames Haus besitzen.Wir machen fast alles in Ho Chi Minh City, außer das Verschlagworten, das Hochladen und die generelle Recherche. Diese Sachen machen wir im Pressmaster Production Studio.
Dazu kommen wir später. Welche Kamera/Objektiv-Kombination nutzt Ihr hauptsächlich für Eure Fotos?
Zurück zu der Recherche: Wie geht Ihr bei einem neuen Shooting vor?
Wir arbeiten mit einer Strategie zur Erstellung von Inhalten, die an unsere Pressmaster-Erfahrung angelehnt ist. Zusätzlich haben wir ein gutes Trendgespür, analysieren und aktualisieren unsere Strategie zweimal jährlich. Die Tools der Shutterstock-Trend-Keywords und Stockperformer helfen uns hervorragend in dem Analyseprozess für ein neues Shooting.
Während dieses Paar-Shootings fiel plötzlich unser Blitzlicht aus und so bekamen wir diese romantischen Bilder, die sehr beliebt in unserem Portfolio sind.
Ich nutze gern das Keyword Werkzeug von Google Adwords, um herauszufinden, welche Keywords am meisten von den Nutzern bevorzugt werden. Welche anderen Wege kennst Du, außer Shutterstock und Stockperformer?
Vielen Dank für den Tipp mit Google Adwords. Eigentlich reichen uns Shutterstock und Stockperformer. Aber wir gucken uns auch gern um, um neue Trends und tägliche Details zu checken, wir schauen uns gern die neusten Filme, Musikclips und die neusten Mode online an, zwecks Inspiration. Alle Leute aus unserem Team verbringen einige Zeit, um täglich die Bildagenturen zu analysieren. So trainieren wir auch unsere Augen für die Stocktrends auf verschiedenen Wegen.
Lass uns mal über die Models unterhalten. Mit wieviel Models hast Du innerhalb der letzten 1,5 Jahre gearbeitet, seitdem ihr angefangen habt?
Wir haben sie gar nicht gezählt. Es werden so um die 100 Personen gewesen sein, die für unsere Shootings ausgewählt wurden. Aber wir haben noch mehr Leute in unserer Datenbank von Test-Shootings, welche wir nicht hochladen.
Ziehst Du es vor, mit neuen Gesichtern zu arbeiten oder wählst Du lieber Gesichter, welche sich am besten verkaufen lassen?
Wir ziehen es vor, mit unseren Models regelmäßig zu arbeiten. Wir arbeiten oft mit den Gesichtern, die sich am besten verkaufen lassen. Aber zeitgleich laden wir auch wöchentlich ein neues Model ein, einfach um unsere Kollektion aufzufrischen.
Wie findest Du die meisten Models?
Wir ziehen es vor, unsere eigene Model-Datenbank zu erstellen. Dafür haben wir einen Casting-Manager, Carlos Martin Bregon, im DragonImages Production Studio. Carlos sucht nach neuen Gesichtern für unsere Datenbank, auf der Straße, auf öffentlichen Plätzen, bei verschiedenen Events etc… jeden Tag. Er bemüht sich sehr, um die Leute für ein Testshooting zu gewinnen. Er postet Werbung online, arbeitet mit Firmen wie Sportclubs, Schulen, Familiencenter etc. zusammen, um unsere Werbebroschüre zu verteilen. Und wir alle können die Bekannschaft mit einer geeigneten Person machen und sie oder ihn zu einem Testshooting einzuladen. Einige Leute finden auch von selber zu uns und schicken uns Ihre Bilder.
Es sieht aus als würden die beiden Geschäftsmänner etwas lebhaft diskutieren. Dabei spricht der eine nur russisch und englisch, der andere nur vietnamesisch.
Was suchst Du bei einem Model?
Wir suchen nach charmanten, charismatischen, entspannten und offenen Leute mit einem lebendigen Lächeln und guten schauspielerischen Fähigkeiten. Wir suchen verschiedenste asiatische Nationalitäten und Europäer, Leuten aus den USA und Australien, um multikulturelle Shootings zu organisieren. Wir haben Glück, dass Ho Chi Mingh City eine so große Stadt ist mit allen möglichen Leuten aus aller Welt.
Was sind Deiner Meinung nach die leichtesten und schwierigsten Themen zu fotografieren?
Die leichteste Aufgabe ist es, einen einzelnen, isolierten Gegenstand vor weißem Hintergrund zu fotografieren. Und eine der schwierigsten Aufgabe ist es, Kinder zu fotografieren, inbesondere eine große Gruppe. Sie werden schnell müde und es ist sehr schwierig, sie zu kontrollieren. Gerade wenn Du denkst, dass Du ein perfektes Foto geschossen hast, kannst Du Dir sicher sein, dass eins der Kinder entweder die Augen zu oder einen Finger an seinem Mund hat.
Und in Anbetracht des Konzepts? Ist z.B. ein Business-Shooting leichter als ein Wellness-Shooting?
Es ist schwer, dass genau beantworten zu können. Es hängt von den jeweiligen Aufgaben ab, der Anzahl der Models, den Räumlichkeiten und so weiter. Ich kann nur sagen (der Art-Director ist Denis), es gibt z.B. viel mehr verschiedene Ideen für „Business-Konzepte“ als für „Wellness-Shootings“. Ein Konzept ist umso leichter zu fotografieren, je mehr unterschiedliche Ideen man jedes Mal haben kann.
Auf diesem schönen Bild ist die echte Malerin mit ihrem Gemälde zu sehen. Darum konnten wir positive Emotionen einfangen. Sie hatte gerade ihr Bild beendet.
Eins meiner Lieblings-Requisiten ist ein Sparschwein, es ist ein Klischee und die Models lieben es, weil es so süß ist und reagieren gut darauf. Was ist Deine Liblings-Requisite, die Du gern in der Stockfotografie einsetzt?
Das Smartphone. Das ist für alle das nützlichste Gerät im alltäglichen Leben. Viele Leute sind miteinander in Verbindung, rufen sich an, schicken sich SMS, machen Fotos, surfen im Internet, nutzen die GPS-Standortsuche, spielen Spiele, hören sich Musik an und so weiter. Du wirst damit mit vielen Ideen für Dein Shooting versorgt.
Kannst Du Deinen Arbeitsablauf – von der Idee bis zum Verkauf – zusammenfassen?
Der Art-Direktor teilt die Ideen an die Fotografen auf und hält das in der Terminplanung fest. Dann trifft er sich mit jedem Fotografen und auch dem Stylisten zu einem Meeting. Diese Informationen werden alle im Terminplan festgehalten. Gemäß des Terminplans fängt der Aufnahmeleiter an, die Shootings zu organisieren. Der Stylist fängt zur selben Zeit an, die Kleidung, die Requisiten und die Dekoration vorzubereiten. Dann fotografiert das Team neue Bilder für unsere Kollektion. Danach wählen der Fotograf und der Artdirektor Bilder zum Bearbeiten aus und dann werden die Bilder hochgeladen.
Es hört beim Hochladen auf? Wie sieht es bei Euch mit Social Media Werbung oder ähnlichem aus?
Nein, da hört es nicht auf. Der Art-Direktor und das Shooting-Team analysieren nach einiger Zeit die Ergebnisse des Shootings. Auch unser leitender PR-Direktor nutzt die hochgeladenen Bilder, um unsere Social Media Marke zu stärken wie bei Instagram, Facebook oder Twitter.
Welche Agenturen beliefert Ihr?
Wir beliefern zehn Agenturen, nicht-exklusiv, mit unserer DragonImages Kollektion. Das sind hoch- und mittelrangige Agenturen und auch Agenturen, die sich speziell auf den asiatischen Markt konzentrieren. Hier kannst Du Dir unsere Vertriebsschiene anschauen. Aber wir würden uns gerne auf eine andere Sache fokussieren, welche unser Stockfotografie-Geschäft in Asien ist. Jetzt machen wir den ersten Schritt, indem wir den Markt mit einer starken Kollektion bedienen, um die Aufmerksamkeit der Käufer mit unseren hochqualitativen und preisgünstigen Bildern zu gewinnen. Der zweite Schritt ist, andere Stockfotografen zu überzeugen, ebenfalls den asiatischen Markt zu bedienen.
Dafür haben wir ein spezielles Instrument für das Stockfotografie-Geschäft in Asien entwickelt. Wenn ich Glück haben und rechtzeitig fertig sind, werden wir es auf der MicroStockExpo im November vorstellen. Was heißt das? Neben der Tatsache, dass Pressfoto.com in Asien ein eigenes Verkaufsbüro aufmachen wird und die Webseiten-Suche, das Interface und so weiter für asiatische Käufer anpassen wird, planen wir auch auf der Anbieterseite einige Werkzeuge, die es Fotografen erleichtern sollen, Fotos für den asiatischen Markt zu machen und zu verkaufen, zum Beispiel eine Wissensdatenbank mit wichtigen Ergebnissen und Beschreibungen von aktuellen Nischen in der Microstock-Fotografie.
Einige Agenturen erlauben Exklusiv-Bilder, nutzt ihr das?
Nein, wir produzieren nicht-exklusive Bilder. Aber wir denken auch darüber nach, mit DragonImages exklusive Bilder für www.pressfoto.com zu produzieren.
Manchmal müssen wir hoch klettern, um atemberaubende Stadt-Panoramen zu erhalten.
Beliefert Ihr auch Macrostock-Agenturen wie Getty Images oder Corbis?
Nein, wir beliefern nicht den Macrostock-Markt.
Gibt es da einen speziellen Grund dafür?
Momentan sind wir ganz zufrieden im Microstock-Segment. Im Macrostock-Bereich dauert alles viel länger. Und alles hängt viel mehr von einer Person ab – dem Bildredakteur, nicht wirklich dem Markt.
In absteigender Reihenfolge: Bei welchen Agenturen verdient Ihr am meisten?
Zur Zeit sind unsere besten Verkäufer Shutterstock, Fotolia und iStockfoto.
Es sieht so aus, als ob Ihr keine Videos produziert. Warum nicht?
Wir haben mit der Video-Produktion bei Pressmaster angefangen. Professionelles Bildmaterial herzustellen, ist eine größere Herausforderung als Fotos zu kreieren. Man braucht viele verschiedene Leute und Fachkompetenz, man braucht auch unterschiedliche und viel kostspieligere Ausrüstung dafür. Wir wollen zunächst lernen, wie wir qualitativ hochwertiges Videomaterial herstellen können, bevor wir es hochskalieren und bei DragonImages einsetzen.
Ich weiß, dass ihr auch den „Pressmaster“ Account mit über 35.000 Bildern besitzt. Was ist der Vorteil, verschiedene Accounts zu haben?
Eigentlich sind es jetzt schon über 40k+ Bilder :-). Die Markenbildung und das Positionieren ist mit verschiedenen Accounts viel besser. Fotos im asiatischen Stil unter dem Namen DragonImages positioniert wirkt für die Käufer viel näher and natürlicher als unter dem Namen Pressmaster. Und wir haben verschiedene Teams für verschiedene Accounts organisiert. Das ist einfacher, um zu verschiedenen Ergebnissen zu kommen.
Können wir Kampfsport und wunderschöne Models kombinieren. Natürlich!
Hier gerade eine Frage von meiner Facebookseite: Wie behaupten sich asiatische Fotografen auf dem europäischen Markt ? Gemeint ist: Wieviel von Euren Verkäufen kommen aus Asien und wieviel aus Europa?
Das ist eine gute Frage. Ich würde 50%/50% sagen. Es gibt sehr viele asiatische Models in unserem Portfolio.Wir wissen, dass viele große Firmen auf Stockfotos mit dem asiatischen Look warten. Und wir finden auch jetzt unsere Bilder in vielen Verlagen und in der Werbung. Aber wir wissen auch, dass z.B. viele unserer Käufer in Europa ansässig sind. Das kommt auch daher, dass wir viele Bilder mit Expatriates produzieren, wir machen also multikulturelle Shootings.
Expatriates?
Ja, Ausländer, die in Vietnam leben und arbeiten, arbeiten mit uns als Models.
Ah, okay. Was ist für Dich der schwierigste Teil in der Stockfotografie?
Etwas Neues zu fotografieren. Es sind viele kreative Leute hier auf dem Markt, um Bilder zu produzieren. Eine neue, frische Idee zu kreieren, ist wirklich schwierig und braucht seine Zeit.
Was denkst Du, in welche Richtung wird sich der Stock-Fotografie Markt entwickeln?
Das ist schwierig, die Zukunft vorauszusagen. Aber wir sind uns sicher, dass unsere Strategie richtig ist. Und natürlich glauben wir, dass der Markt Lifestyle-Fotografie braucht. Kein Handschlag vor weißem Hintergrund oder ein Geschäftsmann mit einem „Cheese“-Smile. Diese Kategorien sind schon zu gesättigt. Aus unserer Sicht geht der allgemeine Trend in Richtung natürliche und authentische Bilder, die eine Atmosphäre ausstrahlen, in die man am liebsten sofort eintauchen möchte.
Für Shootings, bei denen eine Beziehung dargestellt werden soll, laden wir Models ein, die sich sehr gut kennen. Das ist der Schlüssel, um glaubwürdige Emptionen bei solchen sensiblen Fotos zu erzielen.
Was ist Dein Ratschlag an alle anderen Existenzgründer?
Richtet Eure Aufmerksamkeit nach Asien! Das ist ein riesiger Markt mit viel potenzieller Entwicklung. Aber der Markt ist schwieriger als Ihr zunächst denkt. Lernt, welche Art der Stockfotografie am meisten gesucht wird. Deine Stärke solltest Du kennen. Aus der Reihe der gesuchten Konzepte, wähle jenes, welches Du besser fotografierst als der aktuelle Markt. Achte und behalte Deinen einzigartigen Stil und experimentiere. Und vor allem, vergiß nicht, Spaß zu haben. Auf jeden Fall kannst Du eigentlich alles fotografieren, was Du magst.
Vielen Dank für das Interview.
Danke Dir, Robert! Ich wollte mich auch bei den Leute bedanken, die mich unterstützt haben, um dieses Interview vorzubereiten: Pavel Orekhov, Fotoproduktion-Strategie, Vertrieb und Marketing sind seine Bereiche in der Firma, Denis Sorokin ist der Art Director und Dmitry Shironosov, der Inhaber von PressFoto Group.
Die letzte kommerzielle Fotosession, die ich hier im Blog gezeigt habe, war eine junge Frau im Fitnesscenter. Ich meinte, dass es „nur“ ein Testshooting für ein aufwändigeres Shooting sei. Hier nun die Bilder von diesem zweiten Shooting.
Was genau war daran aufwändig? Vor allem drei Dinge: Recherche, Modelsuche und Kosten.
Das Fitnesscenter als Location wurde mir von einem meiner Models vermittelt, welche hauptberuflich als Fitnesstrainerin arbeitet. Im Vorfeld habe ich mich ausgiebig mit ihr und der Inhaberin des Fitnesscenters unterhalten, um herauszufinden, was für Bilder heute Fitnesscenter brauchen. Dabei fiel auch der denkwürdige Satz, dass junge Leute eher zu McFit und Co. gehen würden und die „traditionelleren“ Fitnesscenter sich mittlerweile auf Gesundheitssport konzentrieren würden. Zu meinem Erstaunen liegt der Altersdurchschnitt in diesen Fitnessstudios höher als ich gedacht habe: Bei über 40 Jahren.
Das führte zur zweiten Hürde: Geeignete Models finden. Junge Frauen, die gerne Fitnessfotos machen wollen, gibt es genug, aber deshalb gibt es diese Fotos auch zuhauf. Aber ältere und vor allem männliche Models zu finden, ist schwieriger. Glücklicherweise konnte ich auf mein Netzwerk von Models zurückgreifen. Ich fragte drei Models, mit denen ich schon gearbeitet hatte, ob sie Luft auf eine weitere Zusammenarbeit hätten. Sie hatten. Das vierte Model fand ich über die Model-Kartei. Sie hatte schon Stockfotos gemacht und reiste extra aus Frankfurt am Main an. Für die fünfte Person bat ich die Inhaberin des Fitnesscenters, mir einen fotogenen Mitarbeiter zu empfehlen, da ich jemanden dabei haben wollte, der darauf achten kann, dass die Models auch sinnvolle Übungen machen und die Fitnessgeräte korrekt bedienen.
Insgesamt habe ich für das Shooting zusammen mit Modelhonoraren, Verpflegung, Requisiten und Fahrtkosten gut 600 Euro ausgegeben. Das mag für einen Fashion-Fotografen nicht viel klingen, in der Stockfotografie ist das heutzutage eine stattliche Summe, da die Tage, in denen ganze Fototeams für Shootings in die Karibik geflogen wurden, vorbei sind. Eigentlich auch egal, mit was die Summe verglichen wird. Für mich selbst war es das bisher teuerste Shooting und ich war zugegebenermaßen etwas unsicher, ob sich eine solche Investition rentieren würde. Aber jedes Mal, wenn ich die Bilder sehe, habe ich ein sehr gutes Gefühl, weil mir die Models, Motive und die Location sehr gut gefallen.
Nehmen wir nur dieses Bild: Das Blau der Kleidung passt sehr gut zusammen und ist komplementär zum Orange des Hintergrunds und der Hauttöne, die Models sind im idealen „Best Ager“-Alter, so zwischen 40 und 50 Jahren, würden notfalls aber auch einen Altersbereich von 35 bis 55 Jahren abdecken können. Außerdem haben sich alle Models blendend verstanden, was an dem herzlichen Lachen der beiden zu erkennen ist.
Und mein Gefühl hat mich nicht getäuscht: Aus dem fünfstündigen Shooting habe ich ca. 173 Fotos generieren können Diese sind jetzt ca. sechs Wochen online und haben mir über 400 Euro eingebracht. Das erleichtert mich, denn es hätte auch schiefgehen können.
Hier sehr ihr übrigens, was ich durch mein Testshooting gelernt habe. Ein Kritikpunkt war, dass das Model beim Yoga Turnschuhe trug, während das üblicherweise in Socken oder barfuß gemacht werde. Deswegen wies ich für das zweite Shooting die Models darauf hin, dass ich einige Fotos barfuß machen werde…
Dieses Motiv ist mein Beitrag beim Versuch, die Bildsprache für Motive aus dem Fitnesscenter etwas zu erweitern und neue Perspektiven zu probieren. Ich mag das Foto sehr, die Bildagenturen erwartungsgemäß weniger, da unter anderem Textfreiraum fehlt.
Textfreiraum ist auf diesem Bild jedoch gut vorhanden und sogar aktiv ins Bild eingebaut. Als Dank für die Nutzung der Location ließ ich die Models das weiße Schild mit dem Logo des Fitnesscenters halten, damit die Inhaberin damit werben kann. Für den Verkauf über Bildagenturen retuschierte ich das Logo weg. Das Foto scheint seinen Zweck zu erfüllen: Die Inhaberin will das Foto (mit ihrem Logo) groß auf diese Werbeflächen an den Straßen plakatieren lassen.
Danke noch mal an alle Models für ihr tolles Lachen, an Monica und Anne für die Location, an die Mitarbeiter des Fitnesscenters für die Unterstützung und den Kaffee und an Volker für seine Assistenz. Bei dieser Aufzählung fällt mir auf: Insgesamt waren an dieser Fotoproduktion zehn Leute beteiligt. Es war wirklich mein aufwändigstes Shooting bisher. Und es hat sich gelohnt. Was sagt ihr zu den Fotos? Was war Euer aufwändigstes oder teuerstes Projekt? Und hat es sich rentiert?
Gestern habe ich hier das Interview mit dem Stockfotografen und Blend-Gründer Jonathan Ross begonnen. Heute geht es gleich weiter.
Wie würdest Du den Unterschied zwischen Auftragsfotografie und Stockfotografie beschreiben?
Auftragsarbeiten haben oft viele Ringe, durch die ein Fotograf springen muss und bis der Kunde glücklich mit den Ergebnissen ist, ist der Spaß und die Kreativität schon stark verwässert. Außerdem hast Du immer paar Leute, die Dir über die Schulter schauen und Ratschläge geben. Manchmal kann das hilfreich sein, manchmal aber auch ablenkend.
Stockfotografie erlaubt mir, meinen eigenen Zeitplan zu wählen, so daß ich bei allen Familienereignissen wie Wettkämpfen oder Theateraufführungen dabei sein kann und trotzdem die Shootings machen kann, die ich will. Die Freiheit hat aber auch ihren Preis. Du musst sehr motiviert sein, Dich selbst am Laufen zu halten. Wenn Du einen Kunden hast, musst Du bei ihm erscheinen. Wenn Du ein Stock-Shooting machst, musst Du immer alles am Laufen halten.
Wie viele Bildagenturen belieferst Du regelmäßig?
Momentan beliefern wir 13 Bildagenturen, wenn man Microstock mitzählt. Getty Images hat uns in verschiedenen Bildkollektionen, das macht dann zusammen 20 verschiedene Kollektionen.
Du hast erst vor kurzem mit Microstock angefangen. Was ist der größte Unterschied verglichen zum „klassischen“ Bildermarkt?
Das Hochladen zu den Bildagenturen ist eine Qual und darum haben wir Lookstat.com beauftragt, das für uns zu übernehmen. Sie machen einen großartigen Job für wenig Geld. Microstock wächst langsam aus den Kinderschuhen und das war unser Grund, dort mitzumachen. Der Markt ist noch jung und ich denke, jemand der ein gutes Händchen für Kundenbedürfnisse hat, wird sich dort ganz gut schlagen. Wir haben 3500 Bilder in drei Monaten für Microstock produziert und diese Zahlen könnten wir für Macrostock gar nicht erreichen. Nun wollen wir nur noch steigende Verkäufe sehen. Wie haben die Hälfte der Bilder hochgeladen, um zu sehen, wie es läuft und nach sechs Monaten bei fünf Microstock-Agenturen haben sie die Produktionskosten wieder eingespielt. Wir laden nun diese Bilder und den Rest der 3500 Fotos zu insgesamt 10 Microstock-Seiten hoch.
Du machst ja hauptsächlich People-Fotos. Hast Du Tipps für die Arbeit mit Models?
Sorg dafür, dass sie eine gute Zeit haben. Die Probleme bei einem Shooting fangen dann an, wenn der Fotograf nicht jeden motiviert und gut fühlen lässt, das ist die „Durchsicker-Theorie“ (trickle down effect). Es zeigt sich in den Fotos und kostet Dich Verkäufe. Eine brauchen mehr Zuredung, andere legen einfach los, ohne dass ich fragen muss. Selbst wenn ein Model einen miserablen Job macht, lasse ich sie im Glauben, sie habe ihr Bestes gegeben. Wenn das Shooting vorbei ist, ist es nicht meine Aufgabe, hohe Egos wieder runterzuholen. Manchmal gebe ich aber vorsichtig konstruktive Ratschläge. Unsere Shootings machen Spaß und das spricht sich herum. Die Models in unserer Gegend arbeiten gerne mit uns zusammen und wenn es mal länger dauert, fordern sie nicht sofort mehr Geld. Es ist Teamarbeit. Seit also nicht zu schüchtern, die Models und das Team zu unterhalten. Am Ende eines Shootings komme ich mir vor als hätte ich einen 6‑Stunden-Auftritt gehabt und bin dann erschöpft.
Mit was für Models arbeitest Du am liebsten?
Auf jeden Fall mit Kindern. Ich bin im Herzen auch noch ein großes Kind. Ich liebe es, Kinder beim Sport zu trainieren und beim Fotografieren ist das Eis viel schneller gebrochen als bei Erwachsenen. Wenn ein Kind erst mal richtig lacht, dann ist es auch echt. Bei Erwachsenen wird der Ausdruck jedes Mal ein bißchen besser, je länger wir zusammenarbeiten, da dann erst die Barrieren fallen. Bei einem Kind dauert das vielleicht zehn Minuten. Kurz Fangen spielen und dann lasse ich die Kinder selbst kurz paar Fotos machen, damit sie merken, was ich gleich machen werde und dann geht der Spaß los.
Außerdem mag ich extrovertierte Models. ich verschwende meine Zeit nicht mehr mit introvertierten Models, die schwer zu motivieren sind, wenn es da draußen so viele Models gibt, die verrückt danach sind, Fotos von sich machen zu lassen.
Arbeitest Du lieber im Studio oder on location?
Ich arbeite immer lieber on location. Obwohl ich im Laufe meiner Karriere mehrere Studios hatte, bin ich momentan nur noch on location. Mal sehen, wie das in paar Jahren wird. Ich liebe die Herausforderung, einen neuen Ort zu betreten und ihn für Dich arbeiten zu lassen, vor allem bei der Belichtung. Außerdem fallen mir vor Ort mehr Foto-Konzepte ein als im Studio. Das fühlt sich immer so an, als ginge ich ins Büro.
Wie oft findest Du Bilder von Dir in Zeitungen oder der Werbung?
Überall. Ich kann keine Zeitschrift aufschlagen, ohne mindestens ein Foto von mir zu finden. Ich sitze gerade im Flugzeug und habe eben meinem jüngsten Sohn gesagt, er könne ja mal das „Alaska Airline“-Magazin nehmen und schauen, wie lange er braucht, um eins von Daddys Fotos zu finden. Er hat keine 15 Sekunden gebraucht. Es ist echt erstaunlich, wie viele Fotos man findet, wenn man schaut. Meine Frau ist aber der größere Magazin-Leser und reißt mir dann immer die Seiten raus.
Was macht eine gute Bildagentur aus?
Eine gute Agentur erkennt das Potential ihrer Fotografen und den Wert einer engen Zusammenarbeit. Sie lässt sie besten Fotos nach ganz oben in die Suchergebnisse, sodaß Käufer diese zuerst sehen. Aber am wichtigsten ist, dass gute Bildagenturen wissen, wie man mit Bildkäufern arbeitet und ihre Bedürfnisse befriedigt. Das ist der wichtigste Job. Sobald sie einen guten Kunden haben, müssen sie eine starke Bindung aufbauen, um ihn nicht an die Konkurrenz zu verlieren. Viele sagen, der Kunde kauft einfach dort, wo es das Bild gibt, was er braucht. Das stimmt zum Teil, aber ich glaube auch, dass der Beziehungsaspekt ebenfalls wichtig ist. Gute Bildagenturen behandeln ihre Kunden mit dem größten Respekt, denn Bildkäufer sagen, dass die Bequemlichkeit und die Kommunikation mit einer Agentur die ausschlaggebenden Faktoren für die Auswahl sind.
Wie hat sich der Stockfotografie-Markt aus Deiner Sicht in den letzten Jahren geändert?
Microstock hat den Markt stark verändert. Es hat dem Macrostock-Bereich Verkäufe gekostet, aber auch viele neue Kunden in den Markt eingebracht, was immer gut ist. Ich denke, der Kampf zwischen den einzelnen Marktsegmenten wird nachlassen, da es immer mehr Angebote in der Mitte gibt. Die neue Vetta-Collection von istockphoto ist ein gutes Beispiel. Auch die Digitalisierung war eine große Änderung. Heute ist es sehr leicht, Fotografie zu lernen, ohne eine richtige Ausbildung dafür zu haben, obwohl ich das nicht empfehle. Bildung ist immer der Schlüssel zur Erweiterung Deiner Fähigkeiten.
Was glaubst Du, wie wird sich der Markt entwickeln?
Wenn ich das wüßte, wäre ich ein reicher Mann. Er wird sich weiter in verschiedene Richtungen entwicklen. Ich denke, die Videoverkäufe im Microstock-Bereich werden zunehmen, aber hauptsächlich für die Web-Nutzung. Es wird immer einen Bedarf an Werbung geben und solange diese visuell ist, wird es auch Stockfotos geben. Nischen-Kollektionen werden auch im Microstock-Bereich zunehmen. Ich denke, man kann direkte Vergleiche zwischen der Entwicklung von Macrostock RF und der Zukunft von Microstock machen.
Was war Dein größter Fehler im Foto-Geschäft?
Bisher hatte ich viel Glück und konnte große Fehler vermeiden. Ich denke, das liegt auch daran, dass wir jedes Jahr Recherchen machen, welche Marktbereiche im Trend liegen und uns darauf konzentrieren. Das größte Risiko hatte ich auf mich genommen, als ich noch Werbung fotografiert habe. Wir haben den Fehler gemacht, 80% unseres Einkommens von einem Kunden bestimmen zu lassen. 1995 haben wir dann einen Anruf bekommen, dass der Kunde jetzt in ein neues Digitalsystem investiert und unsere Dienste nicht mehr benötigt.
Voller Panik recherchierten wir nach dieser Digitalfotografie und nahmen unseren einzigen Kredit auf. $60.000, als wir keine Rücklagen hatten, uns das neuste Digitalsystem zu kaufen. Da war damals die Sinarcam. Ich habe sechs Monate gebraucht, um mir alles selbst beizubringen. Vorher hatte ich nicht mal an einer Tastatur getippt, geschweige denn ein Histogramm gesehen. Aber es hat sich bezahlt gemacht und wir bekamen einen Zwei-Jahres-Auftrag, um alle Kleidungsstücke einer Eddie Bauer-Kollektion für deren Webseite zu fotografieren. Von da ging es wieder bergauf, da zu dieser Zeit nur wenige schon digital gearbeitet haben.
Hast Du Tipps für angehende Stockfotografen?
Video! Microstock-Video. Aber auch hier gilt es, die richtigen Inhalte zu finden, um die Kunden zufriedenzustellen. Das einzige Hindernis für gute Videos ist die teure Ausrüstung, aber schon mit einer Canon 5D Mark II kann man anfangen. Tiefenschärfe ist ein wichtiger Faktor, um Deine Filme professionell aussehen zu lassen, zusammen mit Kamerawagen, Galgenstativen und Dauerlicht. Es ist keine geringe Investition, um alles richtig zu machen, aber es wird von Tag zu Tag billiger. Festbrennweiten sind zwar teuer, aber wirklich am besten für Bewegtbilder. Du kannst mit einer 5D Mark II anfangen und von dort weitermachen. Lasse es nicht die anderen machen oder mangelndes Kapital eine Ausrede sein, nicht zu konkurrieren. Und wenn Du nach Deiner Ausbildung an einer Fotoschule in einem Studio arbeiten kannst, um davon zu leben und von den Fehlern der anderen zu lernen, würde ich das auch empfehlen.
Was ist der Fehler, den die meisten neuen Stockfotografen machen?
Sie denken nicht wie Bildkäufer. Sie laden Bilder hoch, die keiner kaufen will und wählen zu viele ähnliche Bilder aus, nur um ein großes Portfolio zu haben. Das sind alles Fehler.
Rechnest Du aus, wie viel Dich Deine Bilder kosten?
Ja, ich kalkuliere den „cost per image“. Jetzt, wo wir Videos und Fotos zusammen an zwei Tageshälften machen, haben wir die Kosten pro Clip oder Foto auf ca. $50 drücken können. Wir könnten es auch für weniger produzieren, aber gute Models sind sehr wichtig für die Verkäufe. Sie holen ihren Preis durch zusätzliche Verkäufe leicht rein und sie sorgend dafür, dass ein Tag schneller und reibungsloser vorüber geht und Du mehr Fotos machen kannst.
Kann man Dein „Shootingtag in 3 Minuten“-Video auf YouTube sehen?
Nein, leider habe ich es noch nicht in die YouTube-Welt geschafft, aber gib mir einen Monat. Diese ganzen Social Networking-Geschichten sind ein neuer Teil des Business, auch für mich. Ich habe keine Ahnung, wohin das führt. Aber bis dahin kannst Du das Video hier anschauen. Viele Leute finden das Video ganz lustig, aber wenn Du genau hinschaust, siehst Du, wie alles fließt, um die Bildausbeute hoch zu halten. Es war sehr spaßig, das Video zu machen. Wir wollen noch mehr „Hinter den Kulissen“-Material drehen, um es mit anderen Fotografen zu teilen.
Ich will zum Schluss noch sagen, dass das unsere Methode ist. Wenn Du Informationen findest, von denen Du glaubst, sie könnten Deinen Arbeitsablauf verbessern, dann probieren wir das aus. Aber ich kenne viele erfolgreiche Stockfotografen und das Einzige, was sie gemeinsam haben, ist, dass sie alle auf ganz verschiedenen Wegen an die Spitze gekommen sind. Es gibt also keinen richtigen Weg. Mach, was Dich am besten weiterbringt und sorge dafür, dass es weiterhin Spaß macht.
Danke, Robert, für das Interview. Ich bin ein großer Fan von Stockfotografen, die zusammenarbeiten, um den Bildermarkt zu verbessern. Wenn mir jemand auf Twitter folgen will, findet er mich unter jonathanjross. Fröhliches Fotografieren Euch allen! Shoot! Shoot! Shoot!
Auch Dir vielen Dank für das Interview!
Wer mehr über Jonathan Ross wissen will, findet hier viele spannende Infos über ihn:
„Surfing The Stock Photography Revolution“ – Diashow-Mitschnitt einer 48-minütigen Präsentation von Jonathan Ross auf der PACA-Konferenz im März 2009. Bei Minute 20 gibt es auch das Video aus der letzten Frage zu sehen. Außerdem sehr selten: Er zeigt Bilder und erklärt, wie viel Geld er mit jedem einzelnen verdient hat. Andersen Ross – seine Produktionsfirma, die er zusammen mit seiner Frau betreibt Jonathan Ross Interview – mit John Lund über die Zukunft der Stockfotografie
„Photographers Working Together in a Three Tiered Stock Photo Market“ – Artikel von Jonathan Ross über die Konkurrenz zwischen RF, RM und Microstock