Rafael Classen, Abmahnungen, fehlende IPTC-​Daten und Wirestock: Der aktuelle Stand

Einer mei­ner meist­ge­le­se­nen Artikel im Blog die­ses Jahr ist „Rafael Classen ver­schickt „Abmahnungen“ an Bildkäufer wegen Social Media Nutzung“ sowie der Folgeartikel „Zwickmühlen-​Falle: Neue „Abmahnungen“ durch Rafael Classen (RC Photostock) gegen Bildkäufer“.

Da mich wei­ter­hin regel­mä­ßig Kontaktanfragen betrof­fe­ner Bildkäufer errei­chen und sich bei dem Thema eini­ges getan hat, gibt es heu­te ein kur­zes Update.

Fehlende oder gelöschte IPTC-Metadaten

Betrafen die ers­ten „Abmahnungen“ von Rafael Classen haupt­säch­lich angeb­li­che unpas­sen­de Social-​Media-​Nutzungen, ist er nun umge­schwenkt auf angeb­lich gelösch­te IPTC-Metadaten.

Als Nachweis für die angeb­lich gelösch­ten IPTC-​Metadaten führt er zwei Links bei Spiegel Online und dem Bundesumweltministerium an, die Bilder von Herr Classen nut­zen. Diese Bilder ent­hal­ten zwar tat­säch­lich Urhebernachweise in den IPTC-​Daten, jedoch sind die­se laut IPTC-​Daten bei EyemEm/​Getty Images bzw. iStock gekauft wor­den. Daraus lässt sich nicht ablei­ten, dass sei­ne Bilder bei Adobe Stock oder Fotolia Urhebernachweise enthielten.

Classen ver­weist in sei­nen Emails ger­ne aus­führ­lich dar­auf, dass Adobe Stock in deren Lizenzbestimmungen „eine Entfernung der urhe­ber­recht­lich geschütz­ten Schutzrechtshinweise in den IPTC-​Metadaten in kei­ner Lizenz erlaubt“.

Er ver­gisst jedoch zu erwäh­nen, dass die Anbieter bei Adobe Stock spä­tes­tens seit Juli 2016 beim Upload von Bildern den Nutzungsbedingungen zuge­stimmt haben, in denen unter ande­rem steht:

5.2 […] Des Weiteren dür­fen Metadaten ohne Haftung durch uns, unse­re Vertriebshändler oder unse­re Benutzer geän­dert, ent­fernt oder erwei­tert werden.“

Am 1. März 2022 gab es eine Aktualisierung die­ser Nutzungsbedingungen, in denen nun kon­kre­ter steht:

7.1. […] Sie sind ins­be­son­de­re damit ein­ver­stan­den, dass Unternehmen der Adobe-​Gruppe Urheberangaben, die in Metadaten ent­hal­ten sind, ent­fer­nen oder modi­fi­zie­ren und dies auch ihren Nutzern gestat­ten. Diese Befugnis ist beschränkt auf sol­che Fälle, in denen Metadaten infol­ge einer ver­trags­ge­mä­ßen Wahrnehmung von Nutzungs- und Bearbeitungsrechten durch Unternehmen der Adobe-​Gruppe oder sei­ne Nutzer (etwa bei Bearbeitung, Übertragung, Ergänzung, Kürzung, Kompilierung, Werkverbindung und Collagierung), z.B. infol­ge der Verwendung markt­üb­li­cher Bearbeitungssoftware, auto­ma­ti­siert ent­fernt werden.“

Ich ver­mu­te, dass die Aktivitäten von Herr Classen ein Grund für die Konkretisierung der Nutzungsbedingungen waren.

Die „markt­üb­li­che Bearbeitungssoftware“ agiert aktu­ell näm­lich lei­der nicht so kon­sis­tent, wie nor­ma­le Benutzer anneh­men könn­ten. Werden Bilder im CMS WordPress für Webseiten mit­tels einem dort inte­grier­ten Bildgrößen-​Preset ver­klei­nert, blei­ben die IPTC-​Metadaten ent­hal­ten. Wird ein Bild dort jedoch mit einem manu­ell ver­ge­be­nen Wert ver­klei­nert, ver­schwin­den die Metadaten. Da muss mensch erst mal drauf kommen…

Das ist rele­vant, weil der §95c UrhG eine wis­sent­li­che Handlung vor­aus­setzt, die ver­mut­lich nicht gege­ben ist, wenn das CMS-​Verhalten sich undo­ku­men­tiert je nach Detaileinstellung unterscheidet.

Rückkehr zu Adobe Stock durch die Hintertür Wirestock

In sei­nen wir­ren Emails erklärt Herr Classen lang und breit, dass Adobe Stock ihm die Zusammenarbeit gekün­digt habe. Darüber hin­aus schreibt er:

Es besteht kei­ner­lei ver­trag­li­che Verbindung mehr zwi­schen mir und Adobe Stock/​ Fotolia, die Firma Adobe Stock/​ Fotolia ist hier auch nicht zustän­dig. Der guten Ordnung hal­ber wei­se ich noch­mals dar­auf hin, dass die Firma Adobe Stock/​ Fotolia seit gerau­mer Zeit nicht mehr berech­tigt ist, Nutzungsrechte an mei­nen Werken zu gewähren.“

[Update 10.11.2022: Satz auf­grund einer Einstweiligen Verfügung ent­fernt.] Wirestock ist ein Dienstleister, der es Fotografen erlaubt, die dort hoch­ge­la­de­nen Bilder im Namen von Wirestock an meh­re­re Microstock-​Agenturen gleich­zei­tig zu ver­tei­len; dar­un­ter auch Adobe Stock.

Da die Fotografen die­se Auswahl selbst tref­fen müs­sen, ist es komisch, dass er wei­ter­hin behaup­tet, dass Adobe kei­ne Nutzungsrechte an sei­nen Werken ver­ge­ben dürfe.

Foto von Rafael Classen via Wirestock bei Adobe Stock

Da Rafael Classen bei Adobe Stock wegen sei­ner Aktivitäten zah­len­der Kunden gegen­über nicht gern gese­hen ist, ist es sehr nütz­lich, dass die neu­en Bilder von Rafael Classen nun nicht mehr unter sei­nem Namen dort ange­bo­ten wer­den, son­dern im Namen von Wirestock (sie­he Screenshot oben).

Woher ich dann weiß, dass obi­ges Foto tat­säch­lich von Herr Classen ist?
Das glei­che Bild ist auch in sei­nem eige­nen Webshop RC-​Photo-​Stock mit der Urheberangabe „rclas­sen“ erhältlich:

Das glei­che Bild auf RC Photo Stock

Das ist kein Einzelfall, denn es betrifft etli­che Bilder, hier ein zwei­tes Beispiel, dies­mal aus dem „Wirestock Creators“-Account bei Adobe Stock:

Foto von Rafael Classen via Wirestock bei Adobe Stock

Als Nachweis wie­der das glei­che Bild in sei­nem eige­nen Bildershop:

Das glei­che Bild auf RC Photo Stock

Ironischerweise ent­hal­ten die Bilder von Rafael Classen, wel­che via Wirestock bei Adobe Stock ange­bo­ten wer­den, nur den Urheberhinweis „Wirestock – stock.adobe.com“ in den IPTC-​Metadaten. [Update 10.11.2022: Satz auf­grund einer Einstweiligen Verfügung entfernt.]

Wer als zah­len­der Kunde Streit mit Rafael Classen ver­mei­den möch­te, soll­te also auch bei Bildern von Wirestock (und Wirestock Creators) sehr auf­pas­sen, ob das Bild even­tu­ell von Herr Classen sein könn­te und Metadaten enthält.

Wie Herr Classen ange­sichts sei­ner akti­ven Bilder bei Adobe Stock zu der Annahme kommt, dass die Bildagentur kei­ne Nutzungsrechte an sei­nen Werken ein­räu­men dür­fe, ist mir lei­der schlei­er­haft. Eine dies­be­züg­li­che Anfrage an Herr Classen beant­wor­te die­ser lei­der nur mit einem Verweis auf sei­ne Anwaltskanzlei. Diese schrieb dann:

Wie Ihrer Presseanfrage inhalt­lich zu ent­neh­men ist, sind Sie mit den Anforderungen der Rechtsprechung an die Gewährung einer hin­rei­chend sub­stan­ti­ier­ten Gelegenheit zur Stellungnahme nicht ver­traut. Insofern kann eine Stellungnahme unse­res Mandanten nicht erfolgen.“

Am bes­ten wäre es aus Sicht von Herr Classens Anwälten jedoch, wenn ich die­se Berichterstattung ganz unter­las­sen würde:

„Wir mah­nen inso­fern drin­gend zur Zurückhaltung und zur Einhaltung der erfor­der­li­chen Sorgfalt, bes­ser zur Abstandnahme von dem geplan­ten Vorhaben, des­sen Intention zuvör­derst unlau­te­re Ziele zum Gegenstand zu haben scheint.“

Abmahnung wegen fehlender Abmahnung

Die Allianz deut­scher Designer AGD hat­te letz­tes Jahr den Artikel „Abmahnung wegen der Löschung von Metadaten“ ver­öf­fent­licht, um deren Mitglieder vor den Praktiken von Herr Classen zu war­nen. Unter ande­rem wegen der berich­te­ten Abmahnungen mahn­te Herr Classen die AGD ab, weil er angeb­lich kei­ne Abmahnungen, son­dern nur „Berechtigungsanfragen“ ver­sen­den wür­de. Blöd ist nur, dass Herr Classen doch rich­ti­ge Abmahnungen ver­schickt hat­te. Der Fall ende­te in einem Vergleich, der unter ande­rem ent­hielt, dass Herr Classen auf der Webseite der AGD die Möglichkeit bekam, sei­ne Sicht der Dinge darzulegen.

Das mach­te Herr Classen dann im Artikel „Rechteverfolgung wegen der Löschung von Foto-​Metadaten“.

Disclaimer/​Full Disclosure: Ich habe aktu­ell mit Herrn Classen eben­falls eine juris­ti­sche Auseinandersetzung in einer ande­ren Sache.

Update 5.8.2022:
Die Direktorin Kirsten Harris von Adobe Stock Content bat mich, fol­gen­des zu aktua­li­sie­ren: „Ich […] muss rich­tig­stel­len, dass Wirestock Content von Classen aus ihrem Adobe Stock Account ent­fernt hat. Die bei­den Fotos, die Du als Beispiele ange­zeigt hast, gibt es nicht mehr auf Adobe Stock. Ich bit­te Dich, Deinen Beitrag ent­spre­chen upzudaten.“

Update 10.11.2022:
Aufgrund einer Einstweiligen Verfügung, wel­che Herr Rafael Classen gegen mich erwirkt hat, darf ich zwei Sätze in die­sem Artikel nicht mehr ver­öf­fent­li­chen. Der Behauptung der Gegenseite, dass die­ser Artikel eine „unwah­re Gesamtaussage“ ent­hal­te, konn­te das Gericht aber nicht folgen.

3 Gedanken zu „Rafael Classen, Abmahnungen, fehlende IPTC-​Daten und Wirestock: Der aktuelle Stand“

  1. Danke für die­ses Update in der Causa Classen. Und dan­ke, dass Sie so fun­diert über sein Geschäftsmodell informieren.

    Ich hat­te auch schon das „Vergnügen“. Das Problem ist, dass jede recht­li­che Unterstützung wesent­lich teu­rer wird als die gefor­der­te Relizensierungsgebühr. Ganz abge­se­hen von der Zeit, die man damit ver­bringt, sich in der Sache schlau zu machen, uner­freu­li­chen Schriftverkehr zu füh­ren etc. Das ist sein Kalkül. Einschüchterung mit recht­li­chem Geschwurbel, kur­zen Fristen, Signalfarbe Rot. Man möch­te ein­fach so schnell wie mög­lich nichts mehr mit dem Typ zu tun haben.

  2. Es ist ein ziem­lich durch­sich­ti­ges und erbärm­li­ches Spielchen von Herrn Rafael Classen. Die Einnahmen über Stockarchive bewe­gen sich oft­mals zwi­schen eini­gen Cent und ein paar Euros im ein­stel­li­gen bis zwei­stel­li­gen Bereich. Da lohnt es sich doch, durch die­se mie­sen Spielchen sei­ne Käufer noch­mals mit ein paar Hundert Euros im Nachhinein zur Kasse zu bit­ten. Figuren wie er gehö­ren für mich zu einer ganz üblen Spezies von Abzockern ähn­lich wie so manch win­di­ger Abmahnanwalt. Wenn man es nötig hat, auf die­se Art und Weise sein Geld zu ver­die­nen, spricht das Bände über die­se arm­se­li­gen Kreaturen. Für mich ste­hen der­ar­ti­ge Figuren auf einer Stufe mit Betügern, die ande­re Menschen mit der Enkeltrickmasche abzie­hen. Es geht nicht dar­um, ob man die­se zwei­fel­haf­te Einnahmequelle durch win­kel­ad­vo­ka­ti­sche Juristerei recht­fer­ti­gen kann, son­dern ob der nor­ma­le Nutzer sich der­ar­ti­ger „Vergehen“ bewußt ist. Und das ist er ganz sicher nicht. Denn Herrn Classen inter­es­siert es nicht, ob der Urheberhinweis rechts­kon­form am Bild genannt ist. Er zielt trotz­dem auf die Metadaten ab, da er so sei­ne Einnahmen am ein­fachs­ten sichert. Ganz üble Spielchen…

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