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Das Geheimnis hinter dem Hype-​Text2Video KI-​Generator Sora von OpenAI

Seit Tagen ist in der KI-​Welt kaum von etwas ande­rem die Rede als den beein­dru­cken­den Ergebnissen von Sora.

Sora ist der Name des kürz­lich hier vor­ge­stell­ten Text2Video-​Generators der Firma OpenAI, wel­che auch schon den Text2Bild-​Generator Dall‑E und das Text2Text-​Generator ChatGPT ver­öf­fent­licht hat.

Standbild aus einem Sora-​Video [Montage]

Mit Sora kön­nen durch simp­le Texteingaben hoch­auf­lö­sen­de Videos von bis zu einer Minute Länge gene­riert werden.

Einen Überblick über die Ergebnisse fin­det ihr hau­fen­wei­se, ent­we­der auf der Sora-​Seite direkt oder bei YouTube, zum Beispiel in die­sem Video:

Ki-​Videos, mit­tels Sora von OpenAI generiert

Auf der offi­zi­el­len Webseite wird lang und breit über die Sicherheit des Tools gere­det und ger­ne erwähnt, dass geplant sei, den C2PA-Metadaten-​Standard zur Erkennung von KI-​generierten Inhalten zu unter­stüt­zen. Auffällig ist aber, dass ande­re Informationen fehlen.

Das Geheimnis der Trainingsdaten

Auffällig ist, dass an kei­ner Stelle der Vorstellung von Sora dar­auf ein­ge­gan­gen wird, wie genau das KI-​Tool trai­niert wur­de. Welche Daten wur­den dafür verwendet?

Im tech­ni­schen Report fin­det sich nur der lapi­da­re Satz:
“[…] we train text-​conditional dif­fu­si­on models joint­ly on vide­os and images of varia­ble dura­ti­ons, reso­lu­ti­ons and aspect ratios.“

Ach? Ja, das war uns allen klar, aber wel­che Videos und Bilder habt ihr dafür nun genau benutzt?

In der Vergangenheit hat sich OpenAI nicht mit Ruhm bekle­ckert, wenn es um Rücksicht auf Urheberrechte bei Trainingsdaten ging.

Das „Opt-​Out“, um zu ver­hin­dern, dass Bilder für Dall‑E trai­niert wer­den, ist berüch­tigt und wur­de auch viel zu spät ein­ge­führt. Dall‑E 2 wur­de laut die­ser GitHub-​Seite unter ande­rem auch mit Hilfe des Vereins LAION e.V. trai­niert, wel­chen ich selbst gera­de wegen Urheberrechtsverletzung ver­kla­ge.

Auch beim zwei­ten Produkt von OpenAI, ChatGPT, liegt die Sache ähn­lich. OpenAI wird gera­de von der Zeitung New York Times ver­klagt, weil urhe­ber­recht­lich geschütz­te Trainingsdaten der Zeitung für das KI-​Training von ChatGPT benutzt wor­den seien.

Bei einer Zeugenanhörung von OpenAI durch das Oberhaus des bri­ti­schen Parlaments fiel sei­tens OpenAI auch der fol­gen­schwe­re Satz:

Because copy­right today covers vir­tual­ly every sort of human expression–including blog posts, pho­to­graphs, forum posts, scraps of soft­ware code, and govern­ment documents–it would be impos­si­ble to train today’s lea­ding AI models wit­hout using copy­righ­ted mate­ri­als. Limiting trai­ning data to public domain books and dra­wings crea­ted more than a cen­tu­ry ago might yield an inte­res­t­ing expe­ri­ment, but would not pro­vi­de AI sys­tems that meet the needs of today’s citizens“

Frei über­setzt: Ohne den Zugriff auf urhe­ber­recht­lich geschütz­te Trainingsdaten könn­ten wir unse­re Tools nicht anbieten.

Genau wegen die­sem bis­her schon bekann­ten rück­sichts­lo­sen Umgang mit Urheberrechten muss eine Frage viel lau­ter gestellt werden:

Welche Videos und Bilder wur­den für das Training der Sora-​KI verwendet?

Die Wahrscheinlichkeit ist sehr hoch, dass auch hier – ähn­lich wie beim Training von Dall‑E und ChatGPT urhe­ber­recht­lich geschütz­te Videos (und Bilder) zum Einsatz kamen.

Selbst Wasserzeichen in Videos sind für KI-​Entwickler schon lan­ge kein Hindernis mehr. Schon 2017 hat Google selbst eine Technik vor­ge­stellt, mit der Wasserzeichen aus Bildern ent­fernt wer­den können.

Auch der LAION-​Verein bie­tet auf GitHub ein kos­ten­lo­ses Tool für die „Wasserzeichen-​Erkennung“ an. Von der Erkennung zur Entfernung ist es für geüb­te Programmierer dann nur noch ein klei­ner Schritt, über den aus recht­li­chen Gründen nicht so ger­ne öffent­lich gere­det wird.
Manchmal aber doch:

Aus dem #video-​generation Kanal des Discord-​Servers von LAION
Aus dem #video-​generation Kanal des Discord-​Servers von LAION

Bei LAION wird zwar an einem eige­nen Text2Video-​Generator namens phena­ki gear­bei­tet, die tech­ni­schen Details des Trainings sind denen von Sora aber sehr ähn­lich, soweit ich das beur­tei­len kann.

Die Wahrscheinlichkeit, dass OpenAI daher mit der glei­chen Rücksichtslosigkeit wie LAION gegen­über Urhebern beim KI-​Training vor­geht, hal­te ich für hoch, zumal die bis­he­ri­gen Aussagen und Handlungen von OpenAI lei­der nicht geeig­net sind, Zweifel zu zerstreuen.

Beim gan­zen Hype vom SORA und dem Staunen über die tol­len Ergebnisse soll­te nicht ver­ges­sen wer­den zu fra­gen, wel­che (Video-)Künstler beim Training betei­ligt waren.

Warum die Sperrung des Twitter-​Accounts von DOnald J. Trump überfällig war

Die Aufregung in den sozia­len Netzwerken ges­tern Nacht war groß: Der Kurznachrichtendienst Twitter hat bekannt gege­ben, dass der Account von Donald J. Trump dau­er­haft gesperrt wurde.

Während die Rechten von „Unterdrückung der Meinungsfreiheit“ reden und die Linken sich freu­en, ist die Sperrung aus einem ganz ande­ren Grund längst über­fäl­lig gewesen.

Schon im Oktober 2019 hat­te ich hier dar­auf hin­ge­wie­sen, dass Trump auf Twitter allein 2019 min­des­tens neun Urheberrechtsverletzungen auf Twitter began­gen habe. 2020 sind noch mal eini­ge (1, 2, 3, 4) dazu gekom­men und auch davor gab es eini­ge (1).

An ande­rer Stelle berich­tet ein Twitter-​Nutzer, dass ihm sein Account wegen 6 Urheberrechtsverletzungen (genau­er DMCA Claims) gesperrt wur­de. Trump konn­te anschei­nend so vie­le DMCA Claims sam­meln wie er wollte.

Das heißt anders for­mu­liert: Der US-​Präsident Trump stand viel­leicht nicht über dem Gesetz, aber min­des­tens über den Twitter-​Nutzungsbedingungen. Von sei­ner hass­erfüll­ten, zur Gewalt ani­mie­ren­den Sprache noch ganz zu schweigen.

Die Begründung von Twitter lau­te­te bis ges­tern immer: Einige Personen hät­ten auf­grund des hohen Nachrichtenwertes einen „Sonderstatus“. Dass das Brechen des Urheberrechts anschei­nend dazu gehör­te, schei­nen vie­le gar nicht rich­tig wahrzunehmen.

Natürlich kann debat­tiert wer­den, ob das Social Media-​Oligopol Twitter, Facebook, Google und Apple zu gro­ße Macht hat. Das soll­te aber nicht ablen­ken davon, dass zu lan­ge mit zwei­er­lei Maß gemes­sen wur­de und Twitter ger­ne Regelverstöße (und Gesetzesverstöße) igno­riert hat, so lan­ge sich mit den Tweets von Donald J. Trump Geld ver­die­nen ließ. Jetzt auf der Zielgeraden wur­de es dem Medienunternehmen anschei­nend zu heiß und sie lie­ßen die schon längst abge­kühl­te Kartoffel fal­len. Das poli­ti­sche Risiko ist gering, das öffent­li­che Ansehen gerettet.

Statt der Sperrung Trumps war das doch der eigent­li­che Skandal: Dass Twitter wis­sent­lich und selek­tiv jah­re­lang für bestimm­te Personen die eige­nen Nutzungsbedingungen igno­riert hat (und wei­ter­hin igno­riert, wenn man sich eini­ge Tweets mit Kriegsrhetorik ande­rer Staatsoberhäupter anschaut).

Irgendwas mit Blockchain: Kodak, Photochain und der Hype

Hauptsache irgend­was mit Blockchain: Spätestens seit­dem der Kurs der digi­ta­len Kryptowährung Bitcoin im Jahr 2017 um über 1300% gestie­gen ist und zig ähn­li­che Digitalwährungen um die Gunst der Investoren buh­len, sind die Entwickler dazu über­ge­gan­gen, dass hin­ter der Bitcoin ste­hen­de Konzept der Blockchain auch auf ande­re Wirtschaftsbereiche zu übertragen.

So gibt es schon Versuche, die Blockchain für ein­ver­nehm­li­chen Sex zu nut­zen und eben auch Versuche, die Blockchain als Methode ein­zu­set­zen, um den Bildermarkt (wie­der mal) zu revo­lu­tio­nie­ren, indem die Verkäufe in einer Blockchain ein­ge­schrie­ben werden.

Besonderes Aufsehen erreg­te hier vor paar Tagen die alte Filmfirma Kodak, die ihre Felle wegen der Digitalfotografie längst davon­schwim­men sah und nun laut „Blockchain“ schrie, damit ihr Aktienkurs am Tag der Ankündigung um mehr als 119 Prozent stieg.

Etwas weni­ger beach­tet wur­de die Ankündigung der Firma Photochain, die qua­si fast das Gleiche wie Kodak vor­hat: Einfach mal eine digi­ta­le Währung aus dem Boden stamp­fen, mit der Fotografen dann ihre Bilder ver­kau­fen sol­len. Hier noch kom­bi­niert mit ande­ren Technik-​Buzzwords wie KI (Künstliche Intelligenz).

Grundsätzlich hal­te ich es für eine gute Idee, wenn ver­sucht wird, das typi­sche Microstock-​Problem zu lösen: Wie kann ange­sichts der vie­len hun­dert­tau­send Lizenzierungen erkannt wer­den, ob ein Microstock-​Bild (vor allem im Internet) legal genutzt wird oder nicht?

Doch sowohl der Ansatz von Kodak als auch der von Photochain offen­ba­ren tief­lie­gen­de Verständnismängel der Bilderbranche. Das fängt bei Kleinigkeiten an wie fal­schen Berechnungen der Fotografen-​Kommissionen im Whitepaper bis hin zu gro­ßen Löchern in der Erklärung, war­um Fotografen es erstre­bens­wert hal­ten soll­ten, noch nied­ri­ge­re Kundenpreise als ohne­hin schon mit durch­zu­set­zen, wie es Photochain verspricht.

Auch wenn ich eini­ge Ansätze im Prinzip nach­voll­zie­hen kann, haben weder Kodak noch Photochain ansatz­wei­se Antworten auch wich­ti­ge Fragen:

  • Welche Vorteile soll­ten Kunden vom Blockchain-​Modell haben?
  • Wieso soll­te es ein­fa­cher sein, Bilder mit­hil­fe einer digi­ta­len Kunstwährung zu kau­fen, die erst kon­ver­tiert wer­den muss und stark im Wert schwan­ken kann?
  • Was nützt es einem Fotografen zu wis­sen, dass eine Bildnutzung unrecht­mä­ßig ist, wenn er sie (zum Beispiel in asia­ti­schen oder ost­eu­ro­päi­schen Ländern) nicht ver­fol­gen las­sen kann?
  • Welche Anreize haben Fotografen, ihre Bilder über ein Blockchain-​Modell anzubieten?
  • Wie soll das tech­nisch funk­tio­nie­ren? Wo lan­den die Bilder, wie sol­len deren enor­men Datenmengen gehand­habt werden?
  • Selbst wenn ein Verkauf in der Blockchain regis­triert ist, woher soll ein Fotograf erken­nen, ob eine bestimm­te Webseite das Foto lizen­ziert hat oder es nicht von einer ande­ren Webseite kopiert ist, wenn Käufer anonym bleiben?
  • Wieso wird davon gere­det, die „Mittelsmänner“ unnö­tig zu machen, wenn doch wie­der die „Blockchain“-Firma als Mittelsmann agie­ren (und Prozente neh­men) will?

Ich könn­te noch ewig so wei­ter­ma­chen, aber es zeigt, dass aktu­ell die Ankündigungen, mit einer Blockchain die Fotografiewelt revo­lu­tio­nie­ren zu wol­len, vor allem eins sind: Der Versuch, mit einem gehyp­ten Buzzword das Geld unwis­sen­der Investoren zu schef­feln, bevor die Idee an den Widrigkeiten der Praxis scheitert.

Nachtrag 13.01.2018:
Zwei wei­te­re Firmen, die ger­ne „irgend­was mit Blockchain und Bildrechten“ machen wol­len und dafür per ICO Geld sam­meln, sind Copytrack und IPStock.

Frag den Fotograf: Sind kleine Sticker und Designs in Fotos okay?

Heute fas­se ich mich mal kurz und las­se die Anfrage für sich sprechen:

Lieber Robert,

ich hät­te da was für die Serie „Frag‚ den Anwalt“.

Anbei zwei Aufnahmen, die ich von der Qualitätskontrolle einer deut­schen Stock-​Agentur zur Überarbeitung zurück bekom­men habe.
Strittig ist die Frage, ob die Aufkleber auf der Gitarrenbox, auf dem Laden-​Türrahmen, dem Schaufenster und dem Abfallbehälter retu­sche­pflich­tig sind. Ebenso die gel­be Vintage-​Verpackung aus den 50ern im Schaufenster.
Das von dem Geschäft „Hot Dogs“ ein Property vor­liegt ist selbstverständlich.
Nach mei­ner Rechtsauffassung ist kein Logo wirk­lich erkenn­bar und ähn­lich wie bei Graffiti tau­chen die Sticker qua­si unge­fragt im öffent­li­chen Raum auf. Schwer vor­stell­bar, dass nach Veröffentlichung einer sol­chen Aufnahme jemand auf Copyright-​Verstoß klagt, zumal die Sticker von der Größe her nicht im Fokus der Aufnahmen ste­hen. Aufkleber mit ein­deu­ti­gen Logos hät­te ich natür­lich weg retuschiert.

Viele Grüße,
Roger“

Eigentlich war die­se Frage für den Anwalt gedacht gewe­sen, aber da ich das Thema schon mehr­mals gegen­über Agenturen hat­te, ken­ne ich die unge­fäh­re Antwort darauf.

ich möch­te jedoch mei­ne Ausführungen mit einer Gegenfrage beginnen:

Wenn ihr eine die­ser Grafiken allei­ne für Werbezwecke sehen wür­det, denkt ihr, dass der Grafiker der betref­fen­den Illustration dazu sei­ne Einwilligung geben müsste?

Und wenn ich das Foto rechts kom­mer­zi­ell nut­zen wür­de, bräuch­te ich die Einwilligung des Fotografen und der abge­bil­de­ten Personen?

Die Wahrscheinlichkeit ist recht hoch, dass ihr „ja“ ant­wor­tet, wenn ihr etwas bewan­dert im Urheberrecht seid. Nun habe ich die gezeig­ten Bilder alle aus den Originalfotos extra­hiert, die mir der Fotograf Roger Richter freund­li­cher­wei­se für die­sen Artikel zur Verfügung gestellt hat.

Erahnt ihr schon das Problem?

Wenn die­se Fotos über Bildagenturen ange­bo­ten wer­den, darf der Kunde die­se Bilder in der Regel beschnei­den und ver­än­dern. Genau das habe ich auch gemacht und dar­aus urhe­ber­recht­lich pro­ble­ma­ti­sche Fallbeispiele gewon­nen. Natürlich ist es sehr unwahr­schein­lich, dass ein Kunde die­se brief­mar­ken­gro­ßen Illustrationen kom­mer­zi­ell ein­setzt. Es ist aber nicht aus­ge­schlos­sen und des­halb gehen eini­ge Bildagenturen lie­ber auf Nummer Sicher als hin­ter­her vor Gericht um ihr Recht kämp­fen zu müssen.

Dazu kom­men noch ande­re Faktoren: Die von mir extra­hier­ten Grafiken sind nur eini­ge der vie­len Aufkleber und Street-​Designs im Bild, wer weiß also schon genau, wel­che recht­li­chen Stolperfallen in den ande­ren Motiven liegen.

Einige Aufkleber haben Text wie „Geile Scheiße“ oder „Elvis was just a fat pig“. Auch dar­über wür­de nicht jeder Kunde erfreut sein.

Die Datumsangaben auf eini­gen Aufklebern und Postern gren­zen das Aufnahmedatum ganz gut ein und limi­tie­ren somit die Nutzung über einen län­ge­ren Zeitraum hin­weg, wenn das Bild eine aktu­el­le Situation illus­trie­ren soll.

Das alles ist sehr klein­lich und pen­dan­tisch und ich gebe zu, dass ich mich schon selbst öfter über sol­che Pingeligkeiten sei­tens der Bildagenturen geär­gert habe. Nichtsdestotrotz sit­zen die Agenturen hier am län­ge­ren Hebel und wenn sie den Weg des gerings­ten Widerstands gehen wol­len, müs­sen die Fotografen lei­der oft mitgehen.

Es ist lei­der gene­rell schwer, juris­tisch gegen Ablehnungen (oder Überarbeitungswünsche) von Bildagenturen argu­men­tie­ren zu wol­len, weil Rechtssicherheit nur einer der Aspekte ist, den Agenturen berück­sich­ti­gen. Wenn eine Agentur ein Bild nicht anneh­men will, könn­te sie immer noch ande­re Ablehnungsgründe wie Komposition, tech­ni­sche Qualität, kom­mer­zi­el­le Verwertbarkeit und so wei­ter anbrin­gen oder vorschieben.

Wie seht ihr die Sache?

P. S.: Coole Fotos übrigens.

Täuschung? Getty Images & der Pinterest-Deal

Die von der Carlyle Group gehal­te­ne Bildagentur Getty Images agiert mög­li­cher­wei­se irre­füh­rend, wenn es um die Verlautbarungen über Einkommen, Verkäufe und Lizenzierung von Inhalten geht, die unter das kürz­lich ange­kün­dig­te Abkommen mit Pinterest fal­len. Jetzt im Besitz der pri­va­ten Carlyle Group, ist wenig bekannt über die Geschäftsbeziehungen von Getty Images, aber hin und wie­der gelan­gen inter­es­san­te Neuigkeiten an die Öffentlichkeit.

Schauen wir uns zuerst den Blogbeitrag an, in wel­chem der Deal ange­kün­digt wird. Hier sind eini­ge rele­van­te Auszüge aus dem Blogbeitrag gera­de über das, wofür Pinterest Getty bezahlt – nur für Metadaten:

Getty Images und Pinterest haben ein Abkommen zu Wege gebracht, das die Welt in eine stär­ker visu­el­le Zukunft füh­ren wird, indem unse­re umfang­rei­chen Metadaten und attrak­ti­ver Inhalt kom­bi­niert werden …“

Der Begriff Metadaten taucht im obi­gen Zitat auf, gefolgt von einer hoch­tra­ben­den Äußerung über die „tol­len Fotografen von Getty Images…“ und Einzelheiten zu den Informationen (damit sind die Metadaten gemeint) über den Designer der Stiefel auf dem Foto:

Nehmen wir an, Sie stö­bern auf den Pinterest-​Seiten und ent­de­cken ein Bild von Beyonce, auf wel­chem Sie die­se schar­fen Stiefel trägt. Aber es fehlt jeg­li­che Information dar­über, wer die Stiefel ent­wor­fen hat oder wo du sie kau­fen kannst! Es könn­te auch schwer sein her­aus­zu­be­kom­men, dass ein tol­ler Fotograf bei Getty Images das Bild auf­ge­nom­men hat.“

Dann macht Getty klar, dass es Metadaten sind, die verkauft/​lizenziert wer­den sol­len und dass das Foto dann einen Bildnachweis und einen Link bekommt.

Unsere neue Partnerschaft mit Pinterest bie­tet eine Lösung… wir ver­wen­den unse­re API-​Schnittstelle „Connect“, um Pinterest wesent­li­che Informationen zur Verfügung zu stel­len – ein­schließ­lich Bildnachweisen von Getty Images, wann und wo das Bild ent­stan­den ist und mehr. Wir brin­gen einen Bildnachweis auf der Seite von Pinterest und einen Link zurück unter.“

An die­ser Stelle ver­deut­licht Getty, dass die Vergütung ein­zig für die Metadaten anfällt. Die fol­gen­de Aussage ist so klar umris­sen wie die Aussage von Präsident Obama: Wenn Sie mit Ihrem Arzt oder Gesundheitsplan zufrie­den sind, kön­nen Sie ihn behal­ten. Da besteht kein Zweifel – Getty wird für „die­se umfang­rei­chen Metadaten“ bezahlt:

Pinterest wird Getty eine Gebühr für die­se umfang­rei­che Metadaten bezah­len, die wir mit den Anbietern tei­len werden.“

Wenn für ein Foto Lizenzgebühren in Höhe von 1,00 Dollar anfal­len, was schät­zen Sie, wäre die Lizenzgebühr für die Metadaten? 0,01 Dollar? 0,10 Dollar? Sicherlich ist der Betrag ein Bruchteil des­sen, was die Lizenzgebühr für das Bild aus­ma­chen wür­de, und dann wird die­ser Anteil des Lizenzeinkommens für das Bild zu einem unglei­chen Prozentsatz zu Gettys Gunsten aufgeteilt.

Nirgendwo sagt Getty, dass Pinterest Lizenzgebühren für das Bild bezahlt.

Warum ist es wich­tig, dass Getty unmiss­ver­ständ­lich klar­macht, dass es eine Gebühr für die Metadaten ist? Lassen Sie uns eini­ge Abschnitte des Vertrages genau­er beleuch­ten, den Getty mit sei­nen Anbietern abschließt.

Zuerst erläu­tert Getty, dass die Vereinbarung für „Akzeptierte Inhalte“ gilt, um dann zu defi­nie­ren was „Akzeptierte Inhalte“ sind:

Diese Vereinbarung betrifft alle Inhalte (gemäß der Definition im Abschnitt 1.2) , wel­che Sie frü­her ein­ge­reicht haben oder in Zukunft ein­rei­chen wer­den, die zum Vertrieb durch Getty akzep­tiert wur­den („Akzeptierte Inhalte“).“

1.2 Arten von Inhalten: Diese Vereinbarung gilt für fol­gen­de Arten von Inhalten („der Inhalt“):
(a) Fotografien, Illustrationen oder ande­re unbe­weg­te visu­el­le Darstellungen („unbe­weg­te Bilder“); (b) beweg­te visu­el­le Inhalte in jeg­li­cher Form, ein­schließ­lich Filme, Videobänder, digi­ta­le Dateien, Animationen und Clips („Filmmaterial“); und © Fonts, Audiodateien und jeg­li­che ande­re durch Copyright geschütz­te Werke, in allen Fällen, in wel­cher Weise und in wel­chem Format und mit wel­chem Werkzeug auch immer erzeugt, ein­schließ­lich von Reproduktionen, Bearbeitungen und abge­lei­te­ten Werke davon. “

Es wird in den vor­an­ge­hen­den Ausführungen deut­lich, dass es sich bei „Inhalt“ (con­tent) um „Fotografien“, nicht um Metadaten han­delt. Im fol­gen­den Abschnitt erklärt Getty zuerst, was selbst­ver­ständ­lich sein soll­te – dass Sie die Rechte an Ihrem „Akzeptierten Inhalt“ besit­zen, aller­dings macht Getty dann unmiss­ver­ständ­lich klar: „Getty Images besitzt alle Rechte, Titel und Rechtsansprüche, ein­schließ­lich aller Copyright-​Rechte, die neben Ihrem Copyright an Ihren „Akzeptierten Inhalten“ ent­ste­hen, an allen Arbeiten durch oder für Getty Images, die viel­fa­che Elemente „Akzeptierter Inhalte“ und/​oder ande­re Inhalte enthalten.

1.13 Copyright an „Akzeptiertem Inhalt“ oder ande­ren Werken. Gegenstand der in die­ser Vereinbarung gewähr­ten Rechte ist, dass Sie alle Rechte, Titel und Rechtsansprüche ein­schließ­lich des Urheberrechts an allen „Akzeptierten Inhalten“ behal­ten, auch dann, wenn es Bestandteil abge­lei­te­ter Werke Dritter ist. Getty Images erhält alle Rechte, Titel und Rechtsansprüche, ein­schließ­lich aller Copyright-​Rechte, die neben Ihrem Copyright an Ihren „Akzeptierten Inhalten“ ent­ste­hen, für jeg­li­che Arbeiten durch oder für Getty Images, die­viel­fa­che Elemente „Akzeptierter Inhalte“ und/​oder ande­re Inhalte ent­hal­ten. Sowohl Sie, als auch Getty Images in Ihrem Namen, kön­nen das Copyright an jeg­li­chem „Akzeptierten Inhalt“ bei der ent­spre­chen­den Behörde regis­trie­ren lassen.“

Danach besitzt Getty alles, außer dem eigent­li­chen Foto als Teil des „Akzeptierten Inhalts“ – Metadaten „und/​oder ande­re Inhalte“.

Noch ein­mal: Anbieter wer­den hono­riert mit einem Anteil an der Gebühr für die Metadaten anstatt für einen Anteil an den Lizenzgebühren für das Foto, denn Getty macht voll­kom­men klar, dass sie nur für Metadaten bezahlt werden.

Bis ges­tern [Anmerkung R.K.: Gemeint ist Donnerstag, der 12.12.2013].

Auf einer ein­tä­gi­gen Konferenz, die hier in der Nähe von Washington DC vom „US Patent and Trademark Office“ ver­an­stal­tet wur­de – „Copyright Policy, Creativity, and Innovation in the Digital Economy“ (Details fin­den sie hier). Ich habe mir den Webcast ange­se­hen, ein Teilnehmer der Konferenz war John Lapham, Senior Vice President und General Counsel bei Getty Images.

Hier ist das Video:

Wenn sie zur vor­spu­len zu Minute 19:10 im Video, beginnt die Diskussion über unser Thema.

Lapham bemerkt zuerst bezüg­lich des Pinterest-Abkommens:

… ein gerau­mer Teil ihres Inhalts steht den Anbietern von Getty zu, und anstatt einen Schlagabtausch zu füh­ren dar­über, was mit Bildern auf Ihrer Webseite pas­sie­ren soll­te und was nicht, sagen wir, wenn Bilder hin- und her gescho­ben wer­den, ver­liert man die Metadaten, die Attribute. Und statt laut­hals dar­über zu strei­ten, ob man Bilder lizen­zie­ren soll­te oder nicht, lasst uns doch die Metadaten wie­der kor­rekt mit die­sen Bilddateien ver­knüp­fen und lasst unse­ren Anbietern als Gegenleistung die Tantiemen zukom­men, die ihnen für die Nutzung ihrer Inhalte zuste­hen. Das war das Ziel beim Bemühen um ein der­ar­ti­ges Abkommen…“

Die Moderatorin Ann Chaitovitz, Berater-​Anwältin für das us-​amerikanische Patentamt USPTO, hak­te bei Lapham nach, weil alle frü­he­ren Aussagen von Getty dahin­ge­hend lau­te­ten, dass nur für Metadaten bezahlt wer­den soll­te. Sie wiederholte:

Danke, ähm, also kann ich, nur zu mei­nem bes­se­ren Verständnis, es geht um Metadaten – Sie ver­knüp­fen die Metadaten wie­der, gab es da auch irgend­ei­ne Bezahlung oder war das, um sie für zukünf­ti­ge Verwendung zu kennzeichnen?“

Lapham ant­wort:

Ahh, die Vereinbarung funk­tio­niert so, dass äh, wir da eine Datenbank haben, eine Bilddatenbank, die, wis­sen Sie, Millionen von Bildern ent­hält, nicht nur unse­re, son­dern von Wettbewerbern, ande­ren Unternehmen, und wir kön­nen die Bilddatenbank abglei­chen mit einer Webseite, um her­aus­zu­fin­den, wel­che Übereinstimmungen es gibt. Und durch die Anwendung die­ser Erkennungstechnologie kön­nen wir sagen, wis­sen Sie, wir kön­nen sagen, wenn wir bei­spiels­wei­se die UPSTO-​Webseite neh­men, dass Sie dort 110.000 Fotos von Getty Images vor­hal­ten, und die­se Bilddateien haben kei­ne Metadaten mehr, wir ver­knüp­fen die­se Metadaten wie­der und die Gebühr, die dafür ver­langt wer­den kann, könn­te auf einer Basis pro Bild pro Monat erfol­gen, so dass die Person, die das Werk geschaf­fen hat, im Gegenzug dafür ent­lohnt wer­den kann.“

Lapham bringt meh­re­re Argumente. In sei­nem Eingangsstatement:

lasst unse­ren Anbietern als Gegenleistung die Tantiemen zukom­men, die ihnen für die Nutzung ihrer Inhalte zustehen.“

In sei­nem Folgebeitrag führt er aus:

wir ver­knüp­fen die­se Metadaten wie­der, und die Gebühr, die dafür ver­langt wer­den kann, könn­te auf einer Basis pro Bild pro Monat erfol­gen, so dass die Person, die das Werk geschaf­fen hat, im Gegenzug dafür ent­lohnt wer­den kann.“

Demnach ist die ver­lang­te Gebühr für das Wiederverknüpfen der Metadaten? Wenn er sagt, „die Gebühr die dafür ver­langt wer­den kann“, dann bezieht er sich offen­sicht­lich auf die Tätigkeit im glei­chen Satz davor: “ wir ver­knüp­fen die­se Metadaten wie­der“ und dann, bezieht sich das „dafür ent­lohnt wer­den kann“, bezieht sich das „dafür“ auf das „die­ses Werk geschaf­fen haben“ oder auf das Wiederverknüpfen?

Warum ist das wichtig?

Nun, in dem Vertrag von Getty Images über­tra­gen die Anbieter ihr Recht, gegen eine Rechtsverletzung zu kla­gen oder Ansprüche zu erheben:

1.11 Recht auf Wahrnehmung von Rechtsansprüchen. Getty Images erhält das Recht nach bes­tem kauf­män­ni­schem Ermessen zu ent­schei­den, ob und in wel­chem Umfang gegen Dritte wegen unbe­fug­ter Verwendung „Akzeptierter Inhalte“ vor­ge­gan­gen wer­den soll. Sie ermäch­ti­gen Getty Images und die Vertriebspartner, auf deren Kosten das exklu­si­ve Recht, jed­we­de Ansprüche im Zusammenhang mit Verletzungen des Copyrights an „Akzeptierten Inhalten“ und einem dazu­ge­hö­ren­den geis­ti­gen Eigentum („Ansprüche“) gel­tend zu machen, zu regeln, bei­zu­le­gen und abzuwehren.“

Wir stel­len hier eine fein­sin­ni­ge, aber schwer­wie­gen­de Frage. Lapham ver­deut­licht, dass Bilder von Anbietern von Getty Images einen guten Teil der Bilder bei Pinterest aus­ma­chen. Bis zu dem Abkommen war die Existenz die­ser Bilder ein Verstoß gegen das Copyright der Eigentümer der Bilder.

Getty stellt fest, dass man nicht in einen Schlagabtausch mit Pinterest gehen will. Wir spre­chen von Millionen von Bildern, und der Unterschied, was ein Fotograf als Anteil an der Metadaten-​Gebühr im Gegensatz zu einem Einkommensanteil an einer Bild-​Lizenz erhal­ten wür­de, könn­te Millionen von Dollar aus­ma­chen, die auf Kosten der Anbieter im Säckel von Getty lan­den, nur auf­grund der Art und Weise, wie die Vereinbarungen zwi­schen Getty und Pinterest sowie zwi­schen Getty und sei­nen Anbietern abge­fasst sind.

Es scheint mir hin­ter­sin­nig, ein Abkommen anzu­kün­di­gen, bei wel­chem sich das Einkommen nach den Metadaten rich­tet, aber dann – auf einer kei­nem all­zu brei­ten Publikum bekann­ten Veranstaltung, deren Beiträge nicht in zahl­lo­sen Presseartikeln wie­der­holt wer­den – eine abwei­chen­de Antwort dahin­ge­hend zu erhal­ten, dass Getty tat­säch­lich für Bildlizenzen bezahlt wird, was sie wie­der­um zu einem höhe­ren Anteil den Anbietern ver­dan­ken. Offensichtlich hat­te die Moderatorin ein ande­res Verständnis, als sie die Frage stell­te, und sie ist eine hoch­ge­schätz­te Anwältin, die die Regierung in Fragen des geis­ti­gen Eigentums berät, wes­halb es durch­aus von Bedeutung ist, dass sie ver­wirrt war von dem, was Lapham im Widerspruch zu dem zuvor ange­kün­dig­ten Abkommen sagte.

So lau­tet die offe­ne Frage, auf deren Beantwortung die Anbieter von Getty Images einen Anspruch haben:
„Erhalten wir eine Vergütung für unse­ren „Akzeptierten Inhalt“ (d.h. Fotografien) oder erhal­ten wir eine Vergütung für Metadaten?“

Lapham ver­deut­lich­te, dass die­se bedingt sind durch deren Abgaben für die Nutzung ihrer Inhalte.

Die Frage die sich dar­aus ergibt, ist:
„Wie hoch sind die Bruttoeinnahmen pro lizen­zier­tem Foto und wie hoch sind die Bruttoeinnahmen für das Wiederverknüpfen und die Anzeige der Metadaten.?“

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Dieser Artikel ist eine Übersetzung des Artikels „Deception? Getty Images & The Pinterest Deal“ aus dem Blog „Photo Business News“ von John Harrington. Die Übersetzung erfolg­te mit freund­li­cher Genehmigung des Autors. Ich habe zum bes­se­ren Verständnis eini­ge Links ein­ge­fügt und teil­wei­se eini­ge Stellen anders markiert.