In der heutigen Folge meines „Podcast eines Fotoproduzenten“ gibt es mal was anderes: Christian Ahrens und Silvia Steinbach arbeiten zusammen unter dem Namen „Ahrens + Steinbach Projekte“ als Team von Industriefotografen, welches beeindruckende Fotos von Menschen bei der Arbeit produziert.
Wir reden anderthalb Stunden lang ausführlich über den „Königsweg der Akquise“, Angebote als Marketinginstrument, die Vor- und Nachteile der Arbeit als Team, die Herausforderung der Digitalisierung in der Industrie und vieles mehr:
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Viele Leute schauen mich erstaunt an, wenn sie mich nach meinen letzten Shootings fragen und ich ihnen sage, dass ich viel seltener als früher fotografiere. Noch vor fünf Jahren habe ich wirklich alles alleine gemacht, aber mittlerweile manage ich ein Team aus verschiedenen Leuten und fungiere mehr als Art Director und Produzent denn als Fotograf.
Wie kam es dazu?
Ich erinnere mich noch genau an einen Moment bei der Microstock Expo in Berlin im November 2011. Ich saß neben meinem geschätzten Kollegen Arne Trautmann (aka „Kzenon“) und hörte mir den Vortrag von Pavel Orekhov von Pressfoto an. Auf dieser Powerpoint-Folie stellte er sein Team vor:
23 Leute Vollzeit, darunter sogar einen eigenen Fahrer (mein staunender Tweet diesbezüglich ist noch online). Arne und ich schauten uns an und er meinte sinngemäß, dass wir jetzt ungefähr die Spitze dessen erreicht haben, was wir beide jeweils alleine schaffen würden. Wenn wir zu den richtig großen Playern aufstoßen wollen, sollten wir überlegen, auch ein Team aufzuziehen.
Im Laufe der Veranstaltung stellten noch mehrere professionelle Stockproduzenten ihr Team vor. Das Team von Elnur Amikishiyev bestand aus 4 Leuten,
Jean-Marie Guyon (CandyBox Images) hatte auch ein Team, Josh Hodge arbeitete zu zweit und so weiter. Da war mir klar, ich muss auch expandieren. (Wer übrigens Interesse hat, kann die Vorträge hier kostenlos ansehen.)
Als erstes lagerte ich meine Buchhaltung an einen Steuerberater aus. Neben der Zeitersparnis fiel hier vor allem die Angst weg, irgendeinen dummen Fehler in den komplizierten Formularen zu machen. Außerdem war es eine gute Vorbereitung auf den zweiten Schritt.
Ich suchte mir eine Assistentin. Die Lohnbuchhaltung übernimmt komplett mein Steuerberater und jeden Monat, wenn ich die Abrechnung bekomme, bin ich froh, dass diese jemand anders erstellt.
Ich habe einige Anläufe benötigt, um die Person zu finden, die zu mir passt. Die erste Assistentin träumte von einem aufregenden Job mit Models, Shootings und Aufträgen und zog ernüchtert von dannen, als sie merkte, dass sie vor allem Fotos zu Bildagenturen hochladen und Modelverträge anhängen sollte. Die zweite Assistentin war super, aber ich hatte den Fehler gemacht, nicht auf ihre Bedürfnisse (in diesem Fall: mehr Arbeitsstunden) einzugehen, sodass sie sich eine Teilzeitstelle mit mehr Stunden suchte. Nach einigen Versuchen habe ich nun eine kompetente Kollegin, die nicht nur akribisch genug ist, stundenlang die korrekten Modelverträge an Gruppenshootings anzuhängen, sondern auch kreativ genug ist, um Fotomontagen zu erstellen, Videos zu schneiden und so weiter.
Auf dem Fußball-Workshop von Fotolia 2010 lernte ich einen Berliner 3D-Designer kennen, der unbedingt mit mir zusammenarbeiten wollte und nach sehr langer Bedenkzeit meinerseits sind wir nun ein eingespieltes Team und er ist für die coolen 3D-Renderings in meinem Portfolio verantwortlich:
Da diese Zusammenarbeit sehr gut läuft, fragte ich eins meiner Models, welches hauptberuflich als Illustrator arbeitet, ob er mich nicht mit Illustrationen beliefern will.
Da irgendwann der Output immer mehr wurde, suchte ich mir einen kompetenten Partner für die Verschlagwortung, den ich aktuell mit der Firma Dokfünf gefunden habe.
Für einige Retusche- und Freisteller-Aufgaben greife ich manchmal auf indische Dienstleister wie ProImageExperts zurück.
Viele statistische Auswertungen, die ich früher händisch in langen Excel-Tabellen gemacht habe, erledigt nun Stock Performer automatisch für mich.
Zusätzlich arbeite ich noch mit zwei Teams im Ausland zusammen, welche komplette Fotoproduktionen für mich stemmen, wenn ich selbst nicht zur Kamera greife.
Das geschieht leider immer seltener, weil die Koordination einer Handvoll Leute Zeit kostet und viel Papierkram erfordert, zum einen, um alles rechtlich dingfest zu machen und zum anderen, um das gegenüber den Agenturen auch nachzuweisen.
Bringt es was?
Unter dem Strich wollen alle diese Leute natürlich bezahlt werden. Aber wie ihr hier erkennen könnt, hatte ich als Einzelkämpfer ungefähr einen Upload von ca. 220 Bildern im Monat. Nach der schrittweisen Einführung meiner Team-Kollegen und dem Outsourcen einiger Arbeiten liege ich nun bei mindestens dem doppelten Wert.
Entwicklung meiner Uploads pro Monat (mit polynomischer Trendlinie)
Eigentlich liegt er sogar noch höher, weil ich nicht mehr alles sofort hochlade und auch bei einem Arbeitsausfall meinerseits die Uploads ohne mich einige Monate weitergehen könnten.
Außerdem ist die Vielfalt in meinem Portfolio deutlich größer geworden. Neben Fotos kann ich nun auch 3D-Renderings und Illustrationen abdecken und damit ganz andere Themenbereiche illustrieren und Kundenwünsche besser umsetzen.
Lob ans Team
Bisher habe ich fast ausschließlich meine eigenen Bilder in meinen Social Media Profilen etc. gezeigt, weil ich dachte, ihr, die Leser erwartet, dass alles, was ich zeige „original Kneschke“ ist. Mittlerweile denke ich aber, dass das Quatsch ist. Meine Profile sollen ja auch zeigen, was ich anbiete und da ist es nicht sinnvoll, nur den Teilbereich zu zeigen, den ich komplett selbst verantworte. Falls ich also in Zukunft mal Bilder oder Fotos zeige, müssen die nicht von mir sein. Und wenn jemand „Tolles Motiv“ kommentiert, gebe ich das Lob gerne ans Team weiter.
Interessanterweise läuft die Entwicklung anderswo ähnlich. Auch der oben erwähnte Arne Trautmann hat sich mittlerweile ein Team aufgebaut mit einem Retoucher, Fotografen in Jakarta, Indonesien und so weiter.
Allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern ist vor allem eins in Erinnerung geblieben bei meinem letzten großen Shooting: Die brütende Hitze in Köln, bei der ich die Models genötigt hatte, trotzdem langärmelige Hemden zu tragen und in einem unklimatisierten Büro herumzusitzen.
„Großes Shooting“ heißt für mich: Ein Shooting mit mehr als 6 Models, in diesem 7 Models, mit dabei im Hintergrund meine Kollegin Jasmin, welche vor allem Videos gemacht hat sowie ein Assistent.
Die Idee
Uns standen einige Schulungsräume in Köln zur Verfügung, welche leer relativ unspektakulär wirken. Gefüllt mit vielen Models jedoch ergibt das einige glaubwürdige Business-Situationen, die wir darstellen wollten. Die Räume hatten den weiteren Vorteil, dass sie ebenerdig waren, wir konnten also nicht nur innen, sondern auch draußen vor der Tür fotografieren und somit die spiegelnden Glasfassaden nutzen.
Die Models
Geplant waren acht Models, es gab leider eine kurzfristige Absage, was wir bei der Anzahl der gebuchten Models jedoch berücksichtigt hatten. Mit fast allen Models hatte ich schon – oft mehrmals – zusammengearbeitet, ich wusste also, dass ich mich auf sie verlassen konnte.
Die Gruppe sollte bunt gemischt sein, sowohl vom Alter, den Haarfarben und Geschlechtern. Das ist uns ganz gut gelungen, leider ist uns der multikulturelle Touch durch die Absage des afrikanischstämmigen Models verloren gegangen.
Den Models habe ich einige Kleidungsvorschläge mitgegeben, damit deren Kleidung während des Shootings gut zusammenpassen wird.
Das Thema
Das Thema des Shootings war „Business-Team“ und wegen der Hitze haben wir auf die Jackets, Anzüge und Krawatten verzichtet. Das war eine gute Entscheidung, finde ich, weil die Bilder dadurch trotz der Business-Atmosphäre locker und weniger formal wirken.
Die Requisiten
Zur Vorbereitung hat meine fleißige Assistentin unzählige generische Balkendiagramme, Tortendiagramme, Tabellen, Kursverläufe und andere statistische Spielereien erstellt, die jedoch auf echten Daten basieren, damit sie auch realistisch aussehen. Wer genau hinschaut, sieht sogar meine Modelverträge, welche die Models gleich vor laufender Kamera ausfüllen konnten.
Die Models wurden gebeten, wenn vorhanden, ihre Tablet Computer, Aktenmappen etc. mitzubringen und wir haben selbst alle unsere Tablets, Laptops und einen großen Packen neutralisierter Kugelschreiber eingepackt. Neutralisiert heißt, dass wir vorher alle Logos, Markennamen etc. von den Geräten entfernt haben, damit die Bilder später leichter zu retuschieren sind.
Um das Licht noch besser lenken zu können, war mein treuer California Sunbounce in der Größe Mini* in der Silber/Weiß-Bespannung dabei und auch hilfreich. Vor Ort konnten wir auch eine Leiter nutzen für einige Bilder:
Die Aufnahme-Daten
Am häufigsten kam die Brennweite im Bereich 40–50mm zum Einsatz, gefolgt von den beiden Extremen 24mm und 70mm. ISO-Wert war fast immer ISO 200, Belichtungszeit war meist 1/125 Sekunde. Als Blende habe ich meist Blende f/5.0 bis f/7.1 gewählt.
Entgegen meiner Predigt, dass sich Hoch- und Querformat-Bilder die Waage halten sollten, habe ich diesmal fast nur horizontal gearbeitet, was sicher auch daran liegt, dass sich dieses Format bei Gruppen einfach anbietet, wenn ich die Leute nicht übereinander stapeln will.
Einen Tag vor dem Shooting haben Jasmin und ich alle Bilder von den Wänden gehängt und die Tische und Stühle so angeordnet, wie wir sie brauchen. Außerdem haben wir literweise Getränke im hauseigenen Kühlschrank gelagert, damit unsere Models am nächsten Tag bei der Hitze nicht dehydrieren.
Am Shootingtag habe ich die Models begrüßt, sie untereinander vorgestellt, falls sie sich noch nicht kannten und mir deren Kleidung zeigen lassen.
Jedes Model bekam eine Anweisung, welche Kleidung er oder sie anziehen solle sowie eine „Wechselkleidung“, welche sie ca. nach der Hälfte des Shootings auf mein Kommando wechseln sollten.
In der Zwischenzeit haben wir mit dem Assistenten das Licht eingerichtet und die erste Szene mit Requisiten eingerichtet.
Das Shooting beginnt
Zuerst sollten die Models sich an den Tisch setzen und die Verträge unterschreiben. Dabei habe ich das Licht mit den Models getestet und gleich einige verkäufliche Fotos gemacht.
Danach habe ich vor allem Szenen vorgegeben (Vertragsverhandlung, etc.) und die Models untereinander agieren lassen. Zwischendurch habe ich aber manchmal auch ganz konkrete Aufstellungen vorgeben.
Wichtig ist es, immer die Augen offen zu halten. So durfte zum Beispiel ein Teil der Models zwischendurch Pause machen und als diese vor der Tür Smalltalk machten, sah das so gut aus, dass wir das danach gleich als nächste Szene übernommen haben.
Zwischendurch habe ich auch einige Videos probiert, aber das habe ich schnell wieder Jasmin überlassen.
Mittags gab es eine halbe Stunde Pause, in der wir Pizza für alle geordert haben (merke: hungrige Models haben grimmige Gesichter). Danach kam der Kleidungswechsel und weiter ging’s.
An dieser Stelle noch mal einen herzlichen Dank an alle Models und die anderen Beteiligten, die trotz über 35°C standhaft bei der Sache waren und sich die Anstrengung nicht haben anmerken lassen.
Nach dem Shooting
Jetzt beginnt der langweiligere Teil. Die Räume werden wieder hergerichtet, die leeren Flaschen abgegeben und die Daten doppelt gesichert.
Am nächsten Tag mit einer Nacht Schlaf dazwischen werden die Bilder gesichtet, sortiert und für die ausgewählten Bilder entwickelt und von RAW ins TIFF-Format umgewandelt. Meinen Capture-One Workflow dazu findet ihr hier.
Dann folgt die übliche Bildretusche, die Verschlagwortung und das Hochladen. Die Models erhalten alle eine DVD mit den fertigen Bildern sowie einige Abzüge (wie hier beschrieben).
Mittlerweile finden sich die Bilder vom Shooting auf Webseiten und in Werbematerial von Anwälten, Versicherungen, Medien, Unternehmungsberatungen, Weiterbildungsinstituten und so weiter.
Die fertigen Bilder
Die Bilder könnt ihr zum Beispiel bei Fotolia* oder Shutterstock* kaufen, die Videos auch. Zusätzlich habe ich ein einminütiges Showreel mit den besten Ergebnissen erstellt: