Wow, es ist schon ein dreiviertel Jahr her.
Allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern ist vor allem eins in Erinnerung geblieben bei meinem letzten großen Shooting: Die brütende Hitze in Köln, bei der ich die Models genötigt hatte, trotzdem langärmelige Hemden zu tragen und in einem unklimatisierten Büro herumzusitzen.
„Großes Shooting“ heißt für mich: Ein Shooting mit mehr als 6 Models, in diesem 7 Models, mit dabei im Hintergrund meine Kollegin Jasmin, welche vor allem Videos gemacht hat sowie ein Assistent.
Die Idee
Uns standen einige Schulungsräume in Köln zur Verfügung, welche leer relativ unspektakulär wirken. Gefüllt mit vielen Models jedoch ergibt das einige glaubwürdige Business-Situationen, die wir darstellen wollten. Die Räume hatten den weiteren Vorteil, dass sie ebenerdig waren, wir konnten also nicht nur innen, sondern auch draußen vor der Tür fotografieren und somit die spiegelnden Glasfassaden nutzen.
Die Models
Geplant waren acht Models, es gab leider eine kurzfristige Absage, was wir bei der Anzahl der gebuchten Models jedoch berücksichtigt hatten. Mit fast allen Models hatte ich schon – oft mehrmals – zusammengearbeitet, ich wusste also, dass ich mich auf sie verlassen konnte.
Die Gruppe sollte bunt gemischt sein, sowohl vom Alter, den Haarfarben und Geschlechtern. Das ist uns ganz gut gelungen, leider ist uns der multikulturelle Touch durch die Absage des afrikanischstämmigen Models verloren gegangen.
Den Models habe ich einige Kleidungsvorschläge mitgegeben, damit deren Kleidung während des Shootings gut zusammenpassen wird.
Das Thema
Das Thema des Shootings war „Business-Team“ und wegen der Hitze haben wir auf die Jackets, Anzüge und Krawatten verzichtet. Das war eine gute Entscheidung, finde ich, weil die Bilder dadurch trotz der Business-Atmosphäre locker und weniger formal wirken.
Die Requisiten
Zur Vorbereitung hat meine fleißige Assistentin unzählige generische Balkendiagramme, Tortendiagramme, Tabellen, Kursverläufe und andere statistische Spielereien erstellt, die jedoch auf echten Daten basieren, damit sie auch realistisch aussehen. Wer genau hinschaut, sieht sogar meine Modelverträge, welche die Models gleich vor laufender Kamera ausfüllen konnten.
Die Models wurden gebeten, wenn vorhanden, ihre Tablet Computer, Aktenmappen etc. mitzubringen und wir haben selbst alle unsere Tablets, Laptops und einen großen Packen neutralisierter Kugelschreiber eingepackt. Neutralisiert heißt, dass wir vorher alle Logos, Markennamen etc. von den Geräten entfernt haben, damit die Bilder später leichter zu retuschieren sind.
Die Technik
Zum Einsatz kam meine bewährte Kombination aus Canon 5D Mark III*, als Objektiv das Arbeitstier 24–70 mm f2.8 II von Canon*, zwei externe Speedlites* mit passender Lastolite-Softbox* und diversem Zubehör. Die genaue Zusammenstellung für das entfesselte Blitzen könnt ihr in diesem Artikel nachlesen.

Um das Licht noch besser lenken zu können, war mein treuer California Sunbounce in der Größe Mini* in der Silber/Weiß-Bespannung dabei und auch hilfreich. Vor Ort konnten wir auch eine Leiter nutzen für einige Bilder:
Die Aufnahme-Daten
Am häufigsten kam die Brennweite im Bereich 40–50mm zum Einsatz, gefolgt von den beiden Extremen 24mm und 70mm. ISO-Wert war fast immer ISO 200, Belichtungszeit war meist 1/125 Sekunde. Als Blende habe ich meist Blende f/5.0 bis f/7.1 gewählt.
Entgegen meiner Predigt, dass sich Hoch- und Querformat-Bilder die Waage halten sollten, habe ich diesmal fast nur horizontal gearbeitet, was sicher auch daran liegt, dass sich dieses Format bei Gruppen einfach anbietet, wenn ich die Leute nicht übereinander stapeln will.

Vor dem Shooting
Einen Tag vor dem Shooting haben Jasmin und ich alle Bilder von den Wänden gehängt und die Tische und Stühle so angeordnet, wie wir sie brauchen. Außerdem haben wir literweise Getränke im hauseigenen Kühlschrank gelagert, damit unsere Models am nächsten Tag bei der Hitze nicht dehydrieren.
Am Shootingtag habe ich die Models begrüßt, sie untereinander vorgestellt, falls sie sich noch nicht kannten und mir deren Kleidung zeigen lassen.
Jedes Model bekam eine Anweisung, welche Kleidung er oder sie anziehen solle sowie eine „Wechselkleidung“, welche sie ca. nach der Hälfte des Shootings auf mein Kommando wechseln sollten.
In der Zwischenzeit haben wir mit dem Assistenten das Licht eingerichtet und die erste Szene mit Requisiten eingerichtet.
Das Shooting beginnt
Zuerst sollten die Models sich an den Tisch setzen und die Verträge unterschreiben. Dabei habe ich das Licht mit den Models getestet und gleich einige verkäufliche Fotos gemacht.
Danach habe ich vor allem Szenen vorgegeben (Vertragsverhandlung, etc.) und die Models untereinander agieren lassen. Zwischendurch habe ich aber manchmal auch ganz konkrete Aufstellungen vorgeben.
Wichtig ist es, immer die Augen offen zu halten. So durfte zum Beispiel ein Teil der Models zwischendurch Pause machen und als diese vor der Tür Smalltalk machten, sah das so gut aus, dass wir das danach gleich als nächste Szene übernommen haben.
Zwischendurch habe ich auch einige Videos probiert, aber das habe ich schnell wieder Jasmin überlassen.
Mittags gab es eine halbe Stunde Pause, in der wir Pizza für alle geordert haben (merke: hungrige Models haben grimmige Gesichter). Danach kam der Kleidungswechsel und weiter ging’s.
An dieser Stelle noch mal einen herzlichen Dank an alle Models und die anderen Beteiligten, die trotz über 35°C standhaft bei der Sache waren und sich die Anstrengung nicht haben anmerken lassen.
Nach dem Shooting
Jetzt beginnt der langweiligere Teil. Die Räume werden wieder hergerichtet, die leeren Flaschen abgegeben und die Daten doppelt gesichert.
Am nächsten Tag mit einer Nacht Schlaf dazwischen werden die Bilder gesichtet, sortiert und für die ausgewählten Bilder entwickelt und von RAW ins TIFF-Format umgewandelt. Meinen Capture-One Workflow dazu findet ihr hier.
Dann folgt die übliche Bildretusche, die Verschlagwortung und das Hochladen. Die Models erhalten alle eine DVD mit den fertigen Bildern sowie einige Abzüge (wie hier beschrieben).
Mittlerweile finden sich die Bilder vom Shooting auf Webseiten und in Werbematerial von Anwälten, Versicherungen, Medien, Unternehmungsberatungen, Weiterbildungsinstituten und so weiter.
Die fertigen Bilder
Die Bilder könnt ihr zum Beispiel bei Fotolia* oder Shutterstock* kaufen, die Videos auch. Zusätzlich habe ich ein einminütiges Showreel mit den besten Ergebnissen erstellt:
Was sagt ihr zu den Bildern?
* Affiliate-Link
Sehr schön beschrieben und auch hervorragende Ergebnisse!
Viel Erfolg weiterhin!
Der Link zu Shutterstock geht ins Leere.
Bei Fotolia kann ich die Bilder wegen anderer „technischer Probleme„nicht sehen. – 3rd Party-Cookies gesperrt – heb ich wegen Fotolia nicht auf.
Sonnst gibt es die Bilder nirgends zu sehen ?
@max II: Danke für den Hinweis, der Link zu Shutterstock sollte jetzt funktionieren.
Hallo Robert,
vielen Dank für die ausführliche Beschreibung! Kannst Du noch Infos dazu geben, ob und wie du an ein property release gekommen bist?
@Martin: Das Property Release stand sozusagen an erster Stelle und wurde mir von der anderen teilnehmenden Fotografin vermittelt.
Servus Robert,
Danke für den sehr interessanten Artikel!
Die Bilder sind Dir sehr gut gelungen.
Mich würde interessieren, wieviele Stunden das Shooting gedauert hat.
Desweiteren fände ich es interessant zu wissen, wieviel man über den Daumen gepeilt in so ein Shooting investieren muss (ich meine Model Gagen und Fotolocation, sowie Aissistenten).
Wenn die Fragen zu weit gehen, dann habe ich dafür vollstes Verständnis.
Dir weiterhin viel Erfolg!
viele Grüße
Helmut
@Helmut: Das Shooting hat ca. 6–7 Stunden gedauert (ohne die Vorbereitung) und einen niedrigen vierstelligen Betrag gekostet.
@ Robert: Danke für die Info!
Danke Robert für diesen interessanten Einblick in Deinen Workflow!
An wieviele Agenturen verteilst Du diese Bilder damit Deine
Shootingkosten abgedeckt sind??
Gruss
Walter
@Walter: Ich beliefere aktuell 11 Bildagenturen, wobei der Löwenanteil der Einnahmen von den üblichen vier Verdächtigen stimmt: Fotolia, Shutterstock, 123rf und Dreamstime.
hallo,
ich finde die interessant dass der bildlook aussieht wie bei älteren shootings von dir und frage mich ob es gut ist wenn man seine eigenen ideen zitiert und wiederholt.
auf mich wirken die bilder unzeitgemäß und nicht authentisch. sie haben diesen typischen geblitzten mikrostocklook.ich freue mich wenn du damit weiterhin geld generierst und deine kosten bald wieder drin sind, aber ich bin ein wenig erstaunt.
du nennst viele beispiele, wo die bilder verwendet werden, aber ich frag mich wer sie lizensiert, ich hab bisher kaum fotos in diesem stil entdeckt. das ist interessant für mich da ich für GI arbeite und immer wieder neu über bildideen und looks nachdenken muss, bevor ich beispielsweise ein businessshoot mache. ich weiss das makro und mikro zwei paar schuhe sind und man das nicht unbedingt vergleichen kann aber die zeit bleibt doch auch im mikrobereich nicht stehen , oder?
@Hans: Die Bilder sind auch nicht „authentisch“, sie sind übertrieben. Das ist ein Teil des Marktes, ungeblitzte Fotos mit viel Unschärfe und ohne direkten Blick zur Kamera werden einen anderen Teil des Marktes abdecken. Wer die Bilder kauft, kannst Du ja zum Beispiel anhand der Bildersuche von Google Images entdecken.
hey robert, danke für deine antwort.
nun ja ich könnte die bilder googeln. ich meinte eher wenn ich im alltäglichen leben die augen aufhalte, beim surfen , einkaufen etc. und ich meinte auch nicht unbedingt nur deine bilder im speziellen sondern die unzähligen bilder die so oder ähnlich aussehen. manchmal sehe ich bilder von juris frau aber nicht viel mehr.versteh mich nicht falsch. ich möchte deine bilder nicht schlechtmachen. du weisst selbst was du kannst und bist damit erfolgreich. spannend wär für mich ob du nicht mal aus dieser „welt“ ausbrechen willst und mal anders fotografieren magst.
@Hans: Ja, in der Tat würde ich gerne mal anders fotografieren, aber das ist gar nicht so leicht, wenn man jahrelang einen bestimmten Stil „trainiert“ hat. Ich selbst sehe und finde noch genug Bilder mit dem „typischen“ Microstock-Look, aber ich bin eben auch darauf konditioniert.
nun, dann haben wir ähnliche „probleme“ nur in verschieden stockbereichen ;-).
Sehr schöner Artikel. Fotografie ist trotz aller Faszination für alle beteiligten harte Arbeit. Vielen Dank. Beste Grüße aus Hannover, Jens