Gestern habe ich mir im Backend bei Adobe Stock meine Bestseller der letzten drei Monate angeschaut. Dabei fiel mir auf, dass bei den 100 bestverkauftesten Motiven kein einziges vertikales Bild dabei war. Auf Platz 74 war ein quadratisches Bild, der Rest ausnahmslos horizontal.
Dabei besteht mein Portfolio dort ziemlich genau aus 68,09% horizontalen Bildern, 23,12% vertikalen Bildern und 8,79% quadratischen Bildern (Videos habe ich ausgeklammert, weil diese alle horizontal sind). Statistisch gesehen hätte sich dieses Verhältnis ungefähr in den Verkäufen widerspiegeln müssen, wenn…, nun ja, wenn sich die verschiedenen Bildformate gleich gut verkaufen würden. Das ist aber offensichtlich nicht der Fall.
Dann schaute ich bei Shutterstock. Hier ergab sich ein ähnliches Bild. Von meinen hundert bestverkauften Bildern in diesem Jahr gab es nur auf Platz 48 und 68 ein vertikales Bild, der Rest waren horizontale Motive.
Nun war mein Ehrgeiz geweckt und ich wollte sehen, ob ich ein Sonderfall bin oder dieses Muster System hat.
Von einer großen internationalen Bildagentur ließ ich mir nur die Bilder des letzten Jahres, wieder ohne Videos, zu verschiedenen Schlagwörtern sortiert nach Ausrichtung anzeigen.
Hier das Ergebnis als Diagramm:
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Ihr seht die Ergebnisse für die sieben Suchbegriffe „business, woman, food, christmas, tree, portrait, architecture“ und als letztes die Durchschnittswerte aller sieben Keywords zusammen.
Die ersten Suchbegriffe habe ich willkürlich gewählt, weil diese universelle Bestseller-Suchbegriffe sind. Die Begriffe „tree, portrait, architecture“ waren Vorschläge meiner Facebook-Follower auf die Frage, für welche Begriffe sie am meisten vertikale Ergebnisse erwarten würden.
„Portrait“ war zwar tatsächlich der Suchbegriff von den sieben, bei dem es am meisten vertikale Ergebnisse gab, aber trotzdem verkaufen sich diese genauso schlecht wie die anderen.
Durchschnittswerte über die sieben Suchbegriffe hinweg
Durchschnittlich verkaufen sich die Portraitbilder nur 44% so gut wie es die Häufigkeit nahelegen würde, im Gegensatz zu den horizontalen Bildern, welche sich mit 111% besser verkaufen als die Häufigkeit suggeriert. Selbst die quadratischen Bilder stehen mit 103% deutlich besser da als die vertikalen Motive.
Auch wenn wir uns den jeweiligen Topseller für jeden Suchbegriff anschauen, wird sichtbar, um wie viel besser sich horizontale Bilder verkaufen.
Im Diagramm zeige ich, um wie viel Mal der horizontale Bestseller sich besser verkauft hat als der vertikale Bestseller im gleichen Zeitraum. Spitzenreiter ist hier „food“ mit 24x mehr Verkäufen, am „ausgeglichensten“ ist es tatsächlich noch bei „portrait“ mit 6x mehr Verkäufen. Aber selbst das ist ein beträchtlicher Unterschied.
Woher kommen diese Unterschiede?
Ich vermute verschiedene Gründe für diese starke „Under-Performance“ vertikaler Bilder. Zum einen wurden vertikale Bilder bevorzugt für die Titelseiten von Zeitschriften und Büchern verwendet, beides Bereiche, die in den letzten Jahren starke Auflagenrückgänge zu verzeichnen hatten. Und selbst hier braucht jedes Buch und jede Zeitschrift meist nur ein vertikales Bild für die Titelseite, im Heft- bzw. Buch-Inneren werden ebenfalls lieber horizontale Fotos eingesetzt, weil sie den Lesefluss weniger stören. Das gilt besonders für Webseiten, weil die Computerbildschirmen in der Regel horizontal justiert sind und sich so horizontale Bilder besser ins Layout einpassen.
Einen weiteren Grund sehe ich aber in der Darstellung auf den Bildagenturseiten selbst. Mit dem Verzicht auf quadratische Platzhalter für jedes Bild und der Einführung der dynamischen Layouts bekommen aktuell vertikale Bilder – auch bei identischer Pixelgröße des Originalbilds – viel weniger Thumbnail-Größe als ihre horizontalen Pendants.
Zwei Beispiele: Bei Adobe Stock wird dieses vertikale Bild mit 29x194 Pixel (= 25.026 Pixel) angezeigt, das horizontale daneben mit 291x194 Pixel (=56.454). Die horizontalen Bilder nehmen als mehr als doppelt so viel Fläche ein.
Thumbnail-Darstellung bei Adobe Stock
Bei Shutterstock ist es sehr ähnlich: 134x217 Pixel (=29.078 Pixel) für vertikale Bilder gegenüber 306x220 Pixel (= 67.320 Pixel) für horizontale Motive: Ebenfalls mehr als doppelt so viel. Im Vergleich zu Panorama-Formaten verlieren die vertikalen Bilder sogar noch mehr Fläche.
Thumbnail-Darstellung bei Shutterstock
Außerdem fällt es Designern in der Regel oft deutlich leichter, aus einem horizontalen Foto einen vertikalen Ausschnitt zu croppen als andersrum. Bei den heutigen Bildgrößen (meine Canon 5Ds liefert mehr als 50 Megapixel) ist das ja auch problemlos selbst für Printmotive noch möglich.
Was bedeutet das für Fotografen?
Ich habe aus diesen Zahlen für mich die einfache Erkenntnis gezogen: Vertikale Bilder sind tot! Mein Team hat jetzt die Anweisung, vertikale Bilder nur noch in begründeten Ausnahmefällen zu produzieren, ansonsten setzen wir voll auf horizontale Motive.
Vor einigen Wochen hatte die börsennotierte Bildagentur Shutterstock ihre Geschäftszahlen des zweiten Quartals 2018 veröffentlicht.
Unter diesen Zahlen gab es auch die bemerkenswerte Zahl von 204,2 Millionen Bildern, welche Shutterstock aktuell anbietet. 41% davon sind allein im letzten Jahr hinzugekommen.
Auf meiner Facebook-Seite gab es danach eine angeregte Diskussion, wo genau diese vielen Millionen Bilder herkommen.
Es gibt einige inoffizielle (und oft leider nur kurzlebige) Webseiten wie microstock.club oder M‑Rank, welche etliche Portfolio-Daten von Shutterstock auslesen.
Ich habe mir die Daten (Stand: 11. August 2018) mit einem Fokus auf die Länder analysiert, aus denen die größten Portfolios kommen.
Hier das Ergebnis (Klicken zum Vergrößern): Die zwanzig Länder, aus denen zusammengerechnet die größten Portfolios kommen, sind demnach:
Anzahl von Portfolios
Summe der Portfolios
1. Russian Federation
2117
16130814
2. Ukraine
1843
16038288
3. Thailand
2551
13159110
4. United States
805
6356750
5. Poland
347
3016993
6. United Kingdom
344
2801905
7. Germany
458
2767168
8. Belarus
348
2707467
9. Spain
302
2581656
10. Italy
360
2299261
11. Andorra
168
2212945
12. Romania
205
2130330
13. Czech Republic
257
1706167
14. Canada
193
1486789
15. Japan
199
1388036
16. Serbia
225
1381814
17. Latvia
114
1347495
18. Turkey
131
1345765
19. Indonesia
169
1260572
20. France
132
1068509
Gesamtergebnis
11268
83187834
Von den 200 Mio. Bildern werden auf der genannten Webseite ca. 140 Mio. Bilder erfasst. Davon nennen 4130 Portfolios mit insgesamt ca. 39 Mio. Bildern leider kein Herkunftsland. In der obigen Tabelle sind also ca. 101 Bilder erfasst, immerhin noch ca. die Hälfte des gesamten Shutterstock-Portfolios.
Ganz klar dominieren mit Abstand Russland und die Ukraine das Portfolio von Shutterstock.
In meiner Grafik oben habe ich die Portfolios ins Verhältnis zur Einwohnerzahl (geteilt durch 25 wegen besserer Lesbarkeit) gesetzt, um zu erkennen, welche Länder proportional dazu mehr oder weniger Bilder liefern.
Demnach sind vor allem in der Ukraine, Belarus, Andorra, Tschechei, Serbien und Litauen überproportional Shutterstock-Lieferanten aktiv.
Unterrepräsentiert im Verhältnis zur Bevölkerungszahl sind zum Beispiel China und Indien, die beiden bevölkerungsreichsten Länder der Welt, sowie Brasilien oder Pakistan.
Wenn wir uns nur die Durchschnittsgröße der Portfolios der jeweiligen Länder anschauen, sieht die Sortierung etwas anders aus und Pakistan ist diesmal weit oben mit dabei:
Anzahl von Portfolios
Summe der Portfolios
Mittelwert der Portfolios
1. Pakistan
22
365565
16617
2. Bosnia and Herz.
26
410111
15774
3. Andorra
168
2212945
13172
4. Latvia
114
1347495
11820
5. Estonia
68
798485
11742
6. Azerbaijan
78
871916
11178
7. Hong Kong
31
340685
10990
8. Kazakhstan
66
710504
10765
9. Romania
205
2130330
10392
10. Portugal
56
575848
10283
11. Turkey
131
1345765
10273
12. Korea
37
355758
9615
13. (unbekannt)
4130
39186418
9497
14. India
100
877551
8776
15. Ukraine
1843
16038288
8702
16. Poland
347
3016993
8695
17. Spain
302
2581656
8549
18. Belgium
35
289038
8258
19. United Kingdom
344
2801905
8145
20. France
132
1068509
8095
Gezählt habe ich nur Länder, die 20 oder mehr Portfolios aufwiesen, um die Werte nicht durch einzelne Ausreißer zu verfälschen.
Deutschland ist in der Tabelle schon nicht mehr drin, das „durchschnittliche“ deutsche Portfolio bei Shutterstock enthält 6042 Bilder.
Wenn ich mir anschaue, aus welchen Ländern die meisten neuen Portfolios im Jahr 2017 hinzugekommen sind, ändert sich an der ersten Rangliste kaum etwas. Aus Thailand kamen 80 neue Portfolios, aus Russland 55, 42 aus der Ukraine, 24 aus Indonesien und 22 aus den USA und 17 aus Deutschland.
Auffällig ist hingegen, dass es 2015–2016 eine deutliche Steigerung neu angelegter Portfolios gab. Den geringen Wert bei 2017 würde ich jedoch skeptisch sehen und der inoffiziellen Art der Datenerhebung ankreiden.
Wenn ich mir die Länder anschaue, in denen die aktivsten Uploader sitzen, ist das Ergebnis logischerweise sehr ähnlich wie beim Gesamtportfolio, nur Andorra, Kanada und Großbritannien lieger deutlich höher als ihre Position.
Warum Andorra bei vielen Punkten so gut abschneidet, weiß ich nicht, vermute aber, dass der Firmensitz dort steuerliche Vorteile haben könnte.
Insgesamt bestätigt sich mir das Gefühl: Aus dem Osten Europas kommen mit Abstand die meisten Microstock-Bilder.
Gibt es weitere Fragestellungen, die ich anhand der vorhandenen Daten versuchen könnte zu analyisieren?
Vor einer Weile erreichte mich eine Email von Alexander Schwarz, der als Fotograf in Augsburg arbeitet und welchen ich vor allem durch seinen TASPP-Blog kenne.
Ob ich nicht einen neuartigen Lichtformer namens „StripTube“ testen wolle? Diesen hat er zusammen mit dem Geschäftsinhaber Thomas Hirn der Firma Alkoto entwickelt.
Klar, durch sollte Experimente habe ich schon einige Gadgets liebgewonnen und in meinen fotografischen Alltag integriert.
Was sind „StripTubes“?
Es gibt verschiedene Arten von Lichtformern wie Softboxen, Reflektoren oder Beauty Dishes, welche die Lichtcharakteristik von Blitz- oder Tageslicht ändern.
Dazu gehören auch „Striplights“, das sind lange, schmale Softboxen, welche vor allem zum Erzeugen oder Betonen von seitlichen Streiflichtern eingesetzt werden.
StripTubes sind eine Art „Striplights“, welche für die Benutzung mit Systemblitzen konzipiert sind und im Vergleich zu Striplight-Softboxen deutlich platzsparender sind. Dadurch lassen sie sich auch in sehr engen Räumen oder an ungewöhnlichen Orten positionieren.
Die Einsteck-Öffnung ist variabel und erlaubt den Betrieb von praktisch allen gängigen Systemblitz-Geräten, zum Beispiel Canon, Nikon, Metz oder Yongnuo.
Die StripTubes kosten pro Stück ca. 180 Euro oder 330 Euro für ein Doppelpack und sind zum Beispiel hier bei Amazon erhältlich*.
Mein Test der „StripTubes“
Alexander Schwarz schickte mir also zwei StripTubes, welche übrigens komplett in Deutschland gefertigt werden, inklusive je einer praktischen Tragetasche.
Diese lagen dann erst mal einige Monate unbeobachtet bei mir rum, bis ich mich aufraffte und die Tasche öffnete.
Vor dem ersten Einsatz muss die Halterung der StripTubes an die verwendeten Blitze angepasst werden. Dazu wird die Halterung mittels des mitgelieferten Imbus-Schlüssel gelockert, der Blitz reingeschoben und die Schrauben wieder angezogen. Außerdem müssen am Blitz zwei mitgelieferte Klettklebeband-Stücke befestigt werden, die verhindern sollen, dass die Blitze während des Fotografierens aus der Halterung rutschen.
Das finde ich persönlich etwas ungünstig, weil sich der zusätzliche Klettverschluss störend auf die Verwendung anderer mobiler Lichtformer-Systeme auswirken kann und ich nicht eben mal ein ausgeliehenes Blitzgerät in die StripTubes schieben kann.
Nicht mitgeliefert wird eine Befestigung für die StripTubes am Stativ, was mir erst jetzt auffiel. Weil ich keinen „Universal-Blitzschuh“* auf Lager hatte, musste ich mir zwei bestellen. Das Ganze habe ich jeweils mit einem Schirmneiger* kombiniert, um die StripTubes auch variabel positionieren zu können.
Montage vom StrupTube am Stativ
So sah mein Aufbau zum Schluss aus. Die Position des Blitzschuhs am StripTubes muss sauber ausbalanciert werden. Ist das geschehen, kann ich den StripTube sowohl horizontal als auch vertikal (oder irgendwo dazwischen) einsetzen.
Der Blitz inklusive Funkauslöser hängt auf dem Bild unten und ja, der fällt da durch den ebenfalls erkannbaren Klettverschluss nicht raus. Mulmig ist mir dabei trotzdem etwas und beim Shooting wäre mir das Stativ auch zwei Mal fast umgefallen, weil es durch das Ausbalancieren eine wacklige Angelegenheit ist.
Genausogut könnte der StripTube auch umgedreht werden, sodaß der Blitz von oben in den StripTube blitzt. Dann hätte ich in der Praxis jedoch Schwierigkeiten gehabt, Einstellungen am Blitz zu ändern (unten auf einem Foto zu sehen).
Wie sehen die Ergebnisse aus?
Mein erstes Portrait, mit dem ich zufrieden war, ist dieses hier:
Der Lichtaufbau ist dabei klassisch als „Lichtklammer“ mit je einem StripTube auf beiden Seiten, gut zu sehen als Reflexion in der Brille und den Augen.
Hier als „Making-Of“ zu sehen. Der Blitz rechts steht etwas weiter entfernt, um eine realistisch anmutendere ungleichmäßige Ausleuchtung zu erzielen.
Die StripTubes können jedoch auch horizontal positioniert werden und über sowie unter dem Model montiert werden. Das Ergebnis? Ein surealer Look mit kaum wahrnehmbaren sehr weichen Schatten:
Hier der Blick hinter die Kulissen inklusive der genauen Belichtungswerte. Die Kamera löst mit 1/200 Sekunde aus bei ISO 100 und Blende 8, der obere Blitz ist manuell auf 1/8 gestellt, der untere auf 1/16.
Die StripTubes können natürlich auch in Kombinationen mit ganz anderen Lichtformern benutzt werden. Bei diesem Bild kam ein Beauty-Dish von oben direkt auf der Kamera-Achse zum Einsatz, aufgehellt mit einem Reflektor von unten und den StripTubes von der Seite:
Hier der Blick inklusive der Lichtformer:
Mein Fazit
Vor den StripTubes habe ich noch nie mit Striplights gearbeitet und werde es sicher auch weiterhin kaum machen, weil diese Art der Lichtsetzung präzises Arbeiten erfordert.
Bei der Stockfotografie hingegen kommt es auf Effizienz an. Das ständige Arrangieren der Blitze, nur weil das Model etwas zur Seite schauen soll oder ich den Bildausschnitt ändere, kostet mir zuviel Zeit, weshalb ich weiches flächiges Licht bevorzuge.
Trotzdem glaube ich, dass die StripTubes für Fotografen mit einer anderen Herangehensweise sehr hilfreich sein können. Zum einen natürlich für Produktfotografen, welche Streiflichter auf Flaschen oder Biergläser zaubern wollen oder Beauty-Fotografen, die Platz sparen wollen.
Vermutlich ließen sich die StripTubes auch durch helle LED-Taschenlampen beleuchten und wären damit für Video-Produktionen nützlich.
Dazu kommt, dass ich sicher längst nicht alle Möglichkeiten der StripTubes ausprobiert habe. Es können auch zwei StripTubes längs aneinander gesteckt werden, um eine 1,5 Meter lange Leuchtröhre zu erhalten. Oder zwei StripTubes nebeneinander würden das Licht einer rechteckigen Softbox ergeben. Oder Aufnahmen im engen Fahrstuhl? Kein Problem!
Verlosung von einem Set mit zwei StripTubes
Thomas Hirn war so freundlich, mir ein Set mit zwei StripTubes zur Verlosung bereitzustellen. Alles, was ihr dafür tun müsst, ist unter dem Artikel in einem Kommentar die folgende Frage zu beantworten:
„Wofür würdet ihr die StripTubes gerne nutzen wollen?“
Einsendeschluss ist Freitag, der 9.10.2015, der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Aus den gültigen Kommentaren lose ich mittels random.org einen Gewinner aus, der per Mail benachrichtigt wird, die Angabe einer gültigen Mailadresse ist also notwendig.
Die Nachricht hat schnell die Runde gemacht. Vor paar Tagen stellte Getty Images, die größte Bildagentur der Welt, ihren neuen Service „Getty Embed“ vor. Damit ist es – unter bestimmten Bedingungen – möglich, aktuell knapp 33 Millionen Fotos kostenlos online zu nutzen.
An diesem Zeichen ist erkennbar, ob ein Bild kostenlos eingebettet werden darf.
Was ist „Getty Embed“?
Getty Embed ist ein neuer Streaming-Service, mit dem Blogs, Webseiten und soziale Netzwerke kostenlos Bilder von Getty Images auf ihren Seiten anzeigen dürfen. Die Anzeige des Fotos erfolgt jedoch nicht auf der jeweiligen Seite, sondern wird mittels eines iFrame von Getty Images ausgeliefert (deshalb „Streaming“). Unter dem Bild stehen aktuell die Fotocredits und ein Link zur Bildagentur. Später könnte dort auch Werbung stehen. Dieser untere Teil darf nicht entfernt werden.
Vorschau eines Getty-Embed-Bildes
Der Start dieses Angebots hat aber nicht wegen dieser technischen Neuerung Wellen geschlagen, sondern wegen der Tatsache, dass die Fotos auf diese Art kostenlos genutzt werden dürfen. Kostenlos freilich nur in dem Sinne, dass die Nutzer dafür kein Geld zahlen müssen. Stattdessen müssen sie in Form von Daten zahlen. Aber dazu später mehr.
Die vollständigen Lizenzbedingungen für die Nutzung finden sich hier und der wichtigste Teil sind diese beiden Absätze:
Getty Images (oder von Getty Images beauftragte Dritte) sind berechtigt, Daten im Zusammenhang mit der Nutzung des eingebetteten Viewers und eingebetteter Getty Images-Inhalte zu erfassen, und behält sich das Recht vor, im eingebetteten Viewer Werbung anzuzeigen oder seine Nutzung anderweitig kommerziell auszuwerten, ohne Sie hierfür zu entschädigen. […]“ (Hervorhebung von mir)
Die wichtigste Einschränkung ist, dass das Angebot nur für redaktionelle Zwecke gilt. Wer also seine gewerblich genutzte Webseite mit diesen Bildern aufhübschen will, auf der er seine Produkte und Dienstleistungen verkauft, darf Getty Embed nicht nutzen. Stattdessen dürften aber viele Online-Angebote von Verlagen wie Spiegel Online oder heise.de den Dienst nutzen. Den Unterschied zwischen redaktioneller und kommerzieller Nutzung habe ich hier ausführlich erklärt.
Soweit die Fakten. Jetzt kommen die ganzen Fragen:
Wie werden die Fotografen der Bilder bezahlt?
Das ist unklar. Einige Seiten behaupten, die Fotografen werden gar nicht bezahlt, andere meinen, die Fotografen bekämen vielleicht paar Cent pro Tausend Klicks ab. Beide Seiten haben valide Argumente. Fangen wir mit der „nicht bezahlen“-Seite an: Kürzlich hatte Getty Images einen Deal mit Pinterest ausgehandelt, bei dem Getty für die Lieferung von Metadaten bezahlt wird, nicht für die Bilder selbst. Da Fotografen nur für ihre Bilder bezahlt werden, nicht aber für eventuelle Metadaten, gehen sie bei dem Deal leer aus. Ähnlich könnte Getty Images hier argumentieren. Weil Getty Images Geld mit Werbung oder Nutzerdaten verdienen könnten, bräuchten die Fotografen davon nichts zu bekommen.
Die andere Seite wäre: Vor einem Jahr wurde bekannt, dass Getty Images mittels deren Programms „Getty Connect“ Fotografen für eingeblendete Bilder per Klick bezahlt. In der Praxis waren das viele, sehr niedrige Cent-Beträge, die teilweise so niedrig waren, dass sie gerundet immer noch „0,00 USD“ ergaben und damit die Fotografen nicht ausgezahlt wurden.
Unter den angebotenen Bildern befinden sich auf viele „Rights Managed“-Bilder (RM), die gerne deshalb gekauft werden, weil die Nutzung lückenlos kontrolliert werden kann und in der Regel die Bilder nicht so breit gestreut werden. Das wird durch Getty Embed unterminiert. Warum sollte ein Bildkäufer die Exklusivrechte an einem RM-Bild kaufen wollen, wenn es schon tausendfach auf mehr oder minder qualitativen Webseiten zu sehen war? Und entfernt Getty im Falle eines solchen Exklusivverkaufs dann einfach aus dem Embed-Pool und lässt damit die nutzenden Webseiten ohne Bild zurück?
So oder so also keine rosigen Aussichten für die Fotografen.
Warum verschenkt Getty Images offiziell Millionen von Bildern?
Zuerst einmal: Die verschenkten Bilder sind nur ein Teil des riesigen Getty-Bildarchivs. Die prestigeträchtigen Kollektionen wie Getty Contour oder Reportage mit preisgekrönten Bildern sind beispielsweise nicht dabei. Aber trotzdem: 33 (laut deren Webseite) bis 35 Millionen (offizielle Angabe) Bilder sind schon eine Menge.
Einer der offiziell angegebenen Gründe ist, dass viele Leute aktuell sowieso schon überall Bilder von Getty Images nutzen, allerdings illegal per „rechtem Mausklick“ kopiert von Getty-Kunden und ohne Quellenangaben oder Verweis auf Getty Images. Da die Rechteverfolgung vor allem bei nicht-exklusiven Bildern sehr aufwändig und teuer ist und zudem den Ärger auf Kundenseite geradezu herbeisehnt, ist verständlich, dass Getty Images da einen anderen Weg gehen will. Ich denke aber, dass das nur ein kleiner Teil des Puzzles ist, denn Die Bilderdiebe wissen oft nicht einmal, dass es Bildagenturen gibt oder würden wegen kommerzieller Ausrichtung sowieso nicht in den Genuss der kostenlosen Embed-Bilder kommen.
Warum verschenkt Getty Images wirklich die Bilder?
Getty Images behält sich offiziell das Recht vor, die angezeigten Bilder zu verändern und die durch das Einbetten gewonnenen Daten auszuwerten. Technologiekenner wissen, dass das die Schlüsselbegriffe für zwei sehr lukrative Bereiche sind: Einmal die Online-Werbung und einmal die Datenanalyse. Kombiniert ergibt es die Möglichkeit, sehr spezifische und individualisierte Werbung anzubieten.
Beispiele? Getty Images könnte Werbetreibenden anbieten, auf welchen Seiten genau deren Werbung zu sehen sein soll oder dass die Werbung auf die gezeigten Bilder zugeschnitten wird. Außerdem reicht der Arm von Getty durch die Platzierung der Bilder direkt in die redaktionelle Seite rein. Während beispielsweise in der Presse das strikte Gebot gilt, dass Werbung kenntlich gemacht und vom „redaktionellen Inhalt“ getrennt werden muss, kann Getty jetzt Werbekunden anbieten, über diesen „geschützten Zaun“ zu springen und ihre Werbung direkt und im direkten Sinne des Wortes „zwischen den Zeilen“ anzubieten. Google und Facebook verdienen mit einem ähnlichen Prinzip (bezahlte Werbung zwischen neutralen Treffern oder Posts) richtig viel Geld, deutlich mehr, als Getty Images durch die Bildlizenzierung verdienen kann. Und das ist der springende Punkt:
Wie hier gut analysiert wurde, gehört Getty Images seit August 2012 der privaten Investorengruppe Carlyle , die den Kaufpreis von 3,3 Milliarden USD mit hohen Krediten aufgebracht haben, für welche die Firma Getty Images selbst belastet wurde. Diese Kredite in Höhe von 1,2 Milliarden USD werden spätestens 2016 fällig. Bis dahin muss Getty Images gefälligst Geld einbringen. Getty Images hat 2011 ca. 945 Millionen USD Umsatz gemacht. Shutterstock gab an, 2013 knapp 12% Gewinn gemacht zu haben. Wenn wir beide Zahlen als Ausgangsbasis für eine grobe Schätzung nehmen, verdient Getty Images jetzt ca. 120 Millionen USD im Jahr. Das ist relativ wenig, um den Milliarden-Kaufpreis schnell wieder einzuspielen und angesichts sinkender Preise im Macrostock-Bereich kaum zu steigern.
Der neue kostenlose Streaming-Service ist sehr wahrscheinlich der Versuch, die Ausrichtung von Getty Images weg von einer klassischen Bildagentur hin zu einem Werbelieferanten und Datenanbieter zu machen, der nur zufällig Bilder und Videos als „Content“ anbietet. Letzteres ist deutlich attraktiver für andere Technologiefirmen, die zielgenaue Werbung anbieten und verkaufen als pure Bilder.
Was bedeutet Getty Embed für Fotografen und andere Bildagenturen?
Auf den ersten und auch den zweiten Blick sind die Aussichten düster. Fotografen werden für die neue Nutzung ihrer Bilder entweder gar nicht oder nur minimal bezahlt. Wenn sie überhaupt bezahlt werden, hängt ihr Einkommen nicht mehr von der Qualität der Bilder ab, sondern von der Qualität (bzw. Klickrate) der Inhalte, in welche die Bilder eingebunden werden, ähnlich, wie ich es schon im Streaming-Artikel kritisiert habe.
Stockfotografen könnten Umsatzeinbußen haben, weil ein Teil der bisherigen preissensiblen Käufer von Microstock-Bildern auf das kostenlose Getty-Angebot ausweichen könnte. Auch Getty- und iStock-Fotografen sind direkt nachteilig betroffen, weil auch exklusive iStock-Bilder bei Embed angeboten werden, die vorher nur bei iStock oder Getty hätten gekauft werden können.
Ironischerweise können die anderen Bildagenturen sogar noch stärker betroffen sein als die Fotografen, weil viele Microstock-Agenturen weniger als 50% an ihre Fotografen auszahlen und daher beim Verlust eines Bildkaufs insgesamt mehr Geld verlieren als der Fotograf.
Was bedeutet Getty Embed für die Nutzer?
Online- (und auch Offline-)Medien leben hauptsächlich von Werbeeinnahmen. Paywalls oder andere Einnahmequellen scheinen bisher nicht auszureichen. Getty Embed ist ein relativ offensichtlicher Versuch, den Onlinemedien lukrative Werbekunden abzuluchsen im Austausch gegen kostenlose Bilder. Außerdem würden Webseiten, welche das Angebot nutzen, einen Teil ihrer Selbständigkeit aufgeben. Sie wären abhängig von Getty Images, die jederzeit entscheiden können, die Bilder zu löschen oder Werbung zu schalten.
Außerdem ist unklar, was Getty Images alles für Nutzerdaten sammelt. Technisch möglich wären zum Beispiel die Anzahl der Seitenaufrufe, die Dauer des Seitenaufrufs, grober geografischer Standort des Nutzers, IP-Adresse, benutzter Browser, Betriebssystem sowie gesamte Bewegungsprofile, wenn der Nutzer auf vielen Seiten mit Getty Embed-Bildern unterwegs ist. Im Prinzip könnte Getty Images dann alles rausfinden, was ein Webseitenbetreiber mittels Google Analytics rausfinden kann. Aus rechtlicher Sicht müssten zumindest deutsche Anbieter auch ihre Datenschutzbestimmungen für Getty Images erweitern, weil eben Nutzerinformationen ausgelesen werden können. Das gleiche gilt ggf. für die dort eingebundenen Twitter- und Tumblr-Icons.
Weitere Nachteile aktuell sind, dass die kostenlosen Bilder nicht skaliert werden können, um sie einem Layout oder einem „Mobile Theme“ anzupassen. Auch „kleben“ die Bilder dann nicht am Artikel, was zum Beispiel dazu führt, dass das Bild nicht als Vorschaubild angezeigt wird, wenn ein Artikel in sozialen Netzwerken geteilt wird. Auch vor dem Hintergrund der Suchmaschinenoptimierung ist es nachteilig, wenn das Foto nicht auf dem eigenen Server liegt.
Ich denke, dass bisherige Bildkäufer eher Nachteile als Vorteile vom Modell haben werden und bisherige Bilderdiebe von der Illegalität ihres Handelns bisher auch nicht abgeschreckt wurden. Warum sollte sich das nun ändern?
Langfristig sehe ich etwas die Gefahr, dass sich die „Bilder im Netz sind doch kostenlos“-Mentalität wieder durchsetzt, wenn selbst die größte Bildagentur der Welt suggeriert, dass alle ihre Fotos gratis einfach so zu haben seien. Ich weiß, da stimmt weder das „alle“ noch das „einfach so“, aber ich habe mit genug Leuten außerhalb der Branche geredet, um zu wissen, dass diese feinen Unterscheidungen als erstes unter den Tisch fallen: „Ey, geh doch einfach auf die Getty-Webseite, du darfst dir da jetzt legal die Bilder runterladen, hab ich neulich in der Zeitung gelesen…“
Unter dem Strich ist Getty Embed ein Projekt, was Getty Images Chancen auf mehr Einnahmen in neuen Gebieten liefert. Aber: „Das Risiko für den Mut tragen die Fotografen“, wie die FAZ gut zusammengefasst hat. Ob die Fotografen neben dem Risiko überhaupt Aussicht auf irgendeinen Vorteil haben, ist offen bis unwahrscheinlich.
Was, schon über ein Jahr keine Rezension mehr geschrieben? Das muss sich ändern. Umso besser passt es, dass mich vor paar Wochen ein kleiner, mir bis dato unbekannter Verlag schrieb und mir ein Buch aus deren Programm empfahl: „Bilder, die ins Herz treffen“* des Kommunikationswissenschaftlers Prof. Dr. Dieter Georg Herbst.
Der Untertitel lautet: „Pressefotos gestalten, PR-Bilder auswählen“. Das überzeugte mich, das Buch in die Hand zu nehmen, denn hier geht es augenscheinlich um die Kundenseite der Fotografie.
Hier geht es nicht darum, wie man „schöne Fotos“ macht, auch nicht darum, wie man „verkäufliche Fotos“ macht, sondern darum, nach welchen Kriterien Fotos von Firmen ausgewählt werden sollten, wenn diese damit maximalen Erfolg haben wollen. Entweder, damit Journalisten die Pressefotos zur Illustration von Artikeln über die Firma nutzen oder um Aufmerksamkeit auf die PR-Fotos des Unternehmens zu lenken.
Auf knapp 200 Seiten erklärt der Marketingexperte erst, wie Bilder vom Auge wahrgenommen werden, wie sie auf uns wirken und wie mit Fotos durch Assoziationen, Bildaufbau und dem passenden Text die gewünschte Idee vermittelt werden kann. Zum Abschluss geht es darum, wie die Bilder im Layout sinnvoll eingesetzt werden und wie der Erfolg kontrolliert werden kann. Abgerundet wird das Hardcover-Buch mit nützlichen Checklisten, anhand derer die Buchinhalte noch mal konkret für vorhandenes Fotomaterial abgeglichen oder Fotografen für neue Aufträge gebrieft werden können.
Die Aussagen im Buch werden alle mit wissenschaftlichen Studien etc. untermauert und es finden sich einige spannende Erkenntnisse. „Widersprechen sich Bild und Text, halten wir die Bilder für wahr, den Text für unwahr“ (Seite 15). Beim kurzen Blick auf eine Werbeanzeige betrachten wir davon 76% der Zeit nur das Bild. Generell ist das ganze Kapitel „Bilder haben viele Vorteile“ (ab Seite 14) perfekt für jeden Fotografen, der einen Kunden oder Bildkäufer davon überzeugen muss, warum es sich lohnt, für gutes Bildmaterial viel Geld auszugeben.
Einer der Grundregeln für gute PR-Bilder ist dem Buch nach, dass Fotos einzigartig sein sollen, aber nicht zu sehr:
„Bekannte, austauschbare Bilder verarbeiten wir schnell, aber sie lösen nichts aus, sie langweilen uns und deshalb ignorieren wir sie. Neue, überraschende Bilder fallen uns dagegen auf, sie regen zum Hinschauen und Verweilen an und aktivieren. Aber: Bilder, die zu stark von der Norm abweichen, stoßen ab.“ (Seite 119).
Stockfotos, vor allem Microstock-Fotos kommen deshalb logischerweise nicht so gut weg im Buch:
„Austauschbare Bilder sind übrigens nicht nur wirkungslos: Sie können sogar schaden. Sehen wir ein Bild, prüft unser Gehirn, ob es das Motiv schon einmal gesehen hat und einordnen kann. Gelingt dies nicht, weil es alle Unternehmen einer Branche verwenden, wird es dem bekanntesten zugeschlagen – meist dem Marktführer.“ (Seite 75)
Das gab mir zu denken: Wäre das nicht sogar ein Grund für die Marktführer einer Branche, auf austauschbares Microstock-Material zu setzen, um via Assoziation auch mit der Werbung von Konkurrenzunternehmen verknüpft zu werden?
Trotzdem finden sich aus Perspektive von (Stock-)Fotografen viele nützliche Tipps im Buch verstreut, um seine Fotos tauglicher für Kunden zu machen, sprich: Sie verkäuflicher zu gestalten. Dazu gehört zum Beispiel, bei der Motivwahl die drei Grundbedürfnisse des Menschen (Sicherheit, Erregung und Autonomie) zu berücksichtigen (mehr dazu im Kapitel 4.2). Dieter Georg Herbst zitiert auch eine Studie, nach der eine Viertel Sekunde reicht, um uns ein genaues Bild eines Menschen zu machen. Zu 92% stimmt dieses Urteil mit dem Ergebnis bei dauerhafter Bildpräsentation überein (Seite 101). Das zeigt, wie wichtig für People-Fotografen die sorgfältige Auswahl der Models ist:
„Beim Urteil über Menschen lassen wir uns von kaum etwas so stark leiten wie von deren Attraktivität. Sie fällt sofort auf. Einen guten Charakter zu erkennen, dauert deutlich länger. Von der Attraktivität schließen wir auf viele weitere Eigenschaften. Attraktiven Menschen schreiben wir eine wahre Flut positiver Eigenschaften zu.“ (Seite 102)
Auch die Wichtigkeit von glänzenden, vollen Haaren bei den Models wird betont (Seite 109), das habe ich bislang manchmal etwas unterschätzt. Dass Text zu Bildern nützlich sein kann, zeigt das Buch in Kapitel 5.3. Einen guten Beweis für das notwendige Zusammenspiel von Wörtern und Bildern liefern diese Pressefotos, die ohne den erklärenden Begleittext manchmal nur halb so markant wirken würden.
Wer sich als Berufsfotograf nicht nur für Bildästhetik, sondern auch für die Bildwirkung interessiert, dem sei dieses Buch* sehr ans Herz gelegt.