Die Münchener Bildagentur Panthermedia hinkt ja dem Trend immer etwas hinterher.
So will sie jetzt auch in den Bereich des „Bilder Streaming“ einsteigen, bei dem Bildnutzer (Bildkäufer kann man ja gar nicht mehr sagen) Bilder kostenlos nutzen dürfen, wenn sie diese zusammen mit Werbung auf ihrer Webseite einblenden. Panthermedia erklärt das Ganze in einem Newsletter so:
„Ein Verlagskunde, Blogger oder Websitebetreiber „streamt“ Bilder (kein Download) von PantherMedia in seine Website. Dazu kopiert er ein Code-Snippet in seine Website und gewährt PantherMedia dadurch Zugriff auf das Foto und blendet darin von uns geschaltete Werbung ein. Für jede Page Impression (Aufruf einer Website bzw. Anzeige eines Fotos) zahlt ein Advertiser eine Gebühr. Diese Gebühr wird auf alle Parteien in der Kette verteilt: dem Fotografen, dem Verlag und dem Vermittler des Fotos und der Werbung.“
Schon vor über vier Jahren hat genau das der Marktführer Getty Images mit „Getty Embed“ versucht. Sonderlich erfolgreich scheint dieses Modell jedoch nicht zu sein. Bisher habe ich das noch NIE in der Praxis irgendwo auf einer Webseite im Einsatz gesehen. Warum sollte auch ein Webseitenbetreiber die Kontrolle über seine Werbeeinnahmen aus der Hand geben, nur um paar Euro für die Bildnutzung sparen zu können?
Natürlich behauptet Panthermedia wie auch bei der Einführung ihres Abomodells, dass diese Sonderlizenz“ für „mehr Einnahmen“ würde:
„In diesem Modell hat jeder Teilnehmer Vorteile: Der Verlagskunde nutzt weiterhin rechtlich kontrollierte Bilder mit echter Lizenz und großer Auswahl, der Fotograf erhält erfolgsabhängige Lizenzeinnahmen auf Basis der Seitenaufrufe, die Bildagentur erhält wie bisher einen Anteil für die Bildlizensierung und die Advertising-Agentur für die Werbedienstleistung. Sogar der Advertiser gewinnt in diesem Modell, denn er erhält einen besonders aufmerksamkeitsstarken und kontextrelevanten Werbeplatz.“
Dabei bedeutet das anders formuliert nur: Der Fotograf trägt jetzt das Risiko, ob eine Werbekampagne oder eine Webseite gut läuft, vorher wird er nicht bezahlt. Dabei hat er auf die Qualität der Werbung oder der Webseite überhaupt keinen Einfluss.
Außerdem: Lohnende Werbung erhalten vor allem Webseiten mit viel Traffic. Genau diese Seiten werden aber nicht hr lukratives Werbegeschäft außer Haus geben und mit Fotografen, einer Bildagentur und einem Werbe-Publisher teilen, nur um (je nach Panthermedia-Abomodell) 32 bis 190 Cent pro Bild sparen zu können.
Meiner Ansicht nach führt das „Image Streaming“, soweit überhaupt von den Kunden angenommen, nicht zu einer Umsatzsteigerung, sondern zu einer Kannibalisierung. Wurde früher der Fotoerlös von zwei Parteien geteilt, also Fotograf und Bildagentur, wollen beim Image Streaming nun vier Parteien ihren Anteil haben: Fotograf, Bildagentur, Verlag und dem Werbevermittler. Keine Ahnung, wo Panthermedia den Verlag in ihrer Aufzählung her hat, aber den Werbevermittler haben sie mit Adpressi praktischerweise gleich selbst gegründet: So bleibt mehr Geld in der eigenen Tasche.
Immerhin bietet Panthermedia an, die neue Option bis zum 29.11.2018hier in der Rechteverwaltung im Anbieterbereich deaktivieren zu können, falls man kein Interesse an dieser Kannibalisierung „zukunftsweisenden Gelegenheit“ hat. Auch danach ist ein Opt-Out weiterhin möglich.
„Künstliche Intelligenz“ als Buzzword darf aktuell natürlich nicht fehlen:
„Was wir nun sehr oberflächlich mit „Werbung“ beschreiben, ist jedoch eine sehr komplexe Entwicklung auf Basis künstlicher Intelligenz.“
Mich wundert es fast, dass sie nicht alles auf „Blockchain“-Basis aufgebaut haben, um es in der „Cloud“ zu lagern.
Da sich ein Trend nicht alle bildet, gibt es auch schon einige Mitbewerber, welche ebenfalls den Markt des „Image Streaming“ beackern wollen: SmartFrame aus Großbritannien sowie imageprotect aus den USA.
Manchmal überholen Nachrichten sich selbst. Einen Teil dieser Meldung wollte ich schon vor einer Woche veröffentlichen, hatte aber zu wenig Zeit. Im Nachhinein betrachtet ist es ganz hilfreich, denn es kamen neue Informationen dazu, welche die erste Meldung in einem ganz anderen Licht erscheinen lassen.
Am 25. Juni 2015 geschah etwas Seltenes. In dem „Contributor Community“-Newsletter für exklusive iStock- und Getty Images-Fotografen widmete Getty Images dem neuen Angebot „Adobe Stock“ von der Konkurrenzagentur Fotolia fast ein Drittel des Inhalts. Hier könnt ihr diesen Teil in englisch nachlesen, ich habe mir den Inhalt von einer anderen Quelle bestätigen lassen.
Der Beginn des Getty-Newsletters
Übersetzt steht da:
Einige Gedanken zum Start von Adobe Stock
Nach dem Start von Adobe Stock haben wir das Gefühl, es sei an der Zeit, mit Euch – unseren exklusiven Künstlern – einige unserer Gedanken darüber zu teilen, was dieser Schritt für Getty Images, iStock by Getty Images und unsere von uns geschätzte Zusammenarbeit mit Euch bedeutet.
Lasst uns damit beginnen zu sagen, dass zusätzlicher Wettbewerb nicht grundsätzlich eine schlechte Nachricht ist. Wettbewerb kann uns dabei helfen, unseren aktuellen und potenziellen Kunden besseren Service zu erbringen. Er kann auch unseren Kundenstamm erweitern, da durch das damit verbundene Marketing allgemein die Wahrnehmung der Verfügbarkeit von Bildmaterial und der Notwendigkeit dieses zu lizenzieren steigt. Schlecht ist Wettbewerb vor allem, wenn man kein ausreichend differenziertes Produkt anbieten kann.
Dank Euren bisherigen und zukünftigen Bildern bieten wir eine klare Positionierung im Markt: Überlegenes Bildmaterial. Dies gehört zu den wesentlichen Anforderungen unserer Kunden. Ohne großartiges Bildmaterial können Kunden auch keine großartigen Projekte umsetzen. iStock by Getty Images ist der einzige Anbieter im Niedrigpreis-Segment, der eine größere Anzahl und hochwertigere Bilder anbietet. Adobe Stock dagegen bietet denselben Inhalt, der bereits bei Fotolia und vielen anderen Anbietern verfügbar ist. Eine Aussage, das Bildmaterial sei von Adobe ausgewählt, macht dies nicht wahr.
Zudem bieten wir die gesamte Palette an Angeboten von Getty Images. Nur Getty Images kann allen Kunden einen umfassenden Service für alle Projekte weltweit liefern – kreative und redaktionelle, neue und historische, globale und lokale, Premium und Discount Inhalte. Nur Getty Images hat ein Verkaufsteam von 700 Spezialisten im Bereich Bildlizenzierung. Nur Getty Images hat in 20 Jahren einen breiten Kundenstamm aufgebaut.
Jenseits dessen, was der Start von Adobe Stock für Getty Images und iStock by Getty Images bedeutet, möchten wir die weitere Bedeutung dieses neuen Angebots für Fotografen weltweit beleuchten.
Mit dem Start von Adobe Stock stellt Adobe klar, dass sie den maximalen Wert einer Bildlizenz bei $10 sehen. Wir stimmen dem einfach nicht zu. Professionelle und fotografische Erfahrung sowie Investitionen in die Vorbereitung und Nachbearbeitung von Inhalten spielen eine Rolle bei der Qualität des Endproduktes und lassen sich nur durch höhere Preise – und damit Fotografen-Anteilen – wirtschaftlich rechtfertigen. Dies ist die Kernidee dahinter, dass Getty-Anbieter ihr Material verteilt über alle unsere Angebote streuen können und nicht nur nach dem „ein Einheitspreis für alles, jedes Bild ist austauschbar“-Ansatz.
Der Start von Adobe Stock unterstreicht auch den wahren Fokus von Adobe. Adobe setzt den Wert der Arbeit von Fotografen deutlich zu tief an, um ihr Angebot der Creative Cloud zu stärken. Entsprechend erhalten Kunden der Creative Cloud auch einen 40%igen Nachlass auf das Bildmaterial, der letztlich über tiefere Lizenzgebühren durch die Fotografen subventioniert wird.
Wir haben Mühe zu verstehen, wie Adobe Stock die Herstellung von Bildmaterial und die Lebenskosten von Fotografen nachhaltig unterstützen könnte – von denen letztlich viele auch Kunden der Creative Cloud sind. Stattdessen sehen wir in der aktuellen Form lediglich eine nachhalte Unterstützung von Adobes Ambitionen, ihre Software-Plattform voran zu bringen, auf Kosten der teilnehmenden Anbieter.
Getty Images wird sich weiterhin darauf konzentrieren, mit dem Schwergewicht auf hochwertigem Bildmaterial Lizenzen zu vertreiben. Wir werden damit fortfahren, dieses hochwertige Bildmaterial auch zu Premiumpreisen und mit höheren Lizenzauszahlungen an Fotografen zu vermarkten. Wir danken Euch für Eure Inhalte und Eure Loyalität. Wir sind mehr denn je daran interessiert, Eure Loyalität zu erhalten und werden verstärkt den Wettbewerb auf der Basis von Qualität und Umfang unseres Angebotes suchen. In den kommenden Monaten werdet Ihr verstärktes Marketing, neue Partnerschaften und weitere Verbesserungen sehen, die diese Strategie und unser Wille diese umzusetzen deutlich zeigen.
Danke, das Ihr unsere Partner seid.
Brad und das Team
Lassen wir inhaltliche Fehler beiseite wie die 10 US-Dollar, die in Europa eher 10 Euro sind sowie die 40% Nachlass, die nicht auf die 10 Euro/USD, sondern nur auf ein Abonnement gewährt werden. Sich über einen Bildpreis von 10 Euro pro Bild zu mokieren, wenn die Getty-Tochter Thinkstock Einzelbilder für 7,80 Euro anbietet, wirkt etwas paradox.
Dazu kommen die vielen Nutzungshonorare im unteren Cent-Bereich (zum Beispiel 0,14 Euro oder 0,22 Euro für den Fotografen), die bei Verkäufen über Getty Images selbst generiert werden. Denn die hohen offiziellen Lizenzgebühren auf der Webseite werden vom Verkaufsteam auch schnell stark nach unten gedrückt, wenn ein Kunde mit genügend Verhandlungsmasse ankommt.
Mit dem Programm „Getty Embed“, bei dem Getty Images seit März 2014 Millionen von Bildern verschenkt gegen einen Link zurück auf deren Webseite, trägt die Agentur selbst dazu bei, den Wert der Fotografie auf genau „Null“ zu drücken. Interessanterweise tauchte dazu eine Analyse auf. Die Datenbank-Firma Majestic hat unten in diesem Artikel dargelegt, dass über 5.900 verschiedene Domains über 2 Millionen Bilder von „Getty Embed“ genutzt haben. Da die Verlinkung immer im selben Format auf die selbe Seite erfolgt, lässt sich das automatisiert vermutlich gut zählen. Das bedeutet: Diese 5.900 Domains haben jeweils über 330 kostenlose Bilder benutzt.
Ich gehe davon aus, dass Leute, die über 300 Bilder innerhalb ungefähr eines Jahres auf einer Domain benutzen, vermutlich früher in irgendeiner Form ein Abo bei einer Bildagentur hatten. Soviel zu – Zitat aus der obigen Mail – „auf Kosten der teilnehmenden Anbieter“.
Getty Images kooperiert mit Fiverr
Am 30. Juni 2015, nur fünf Tage nach dem „Adobe sind Bilder nur 10 Dollar wert“, gab Getty Images eine Kooperation mit der Firma Fiverr bekannt.
Fiverr ist sowas wie die Billigbude für Arbeiten im Bereich Design, SEO, Webseitengestaltung und vieles mehr. Man könnte sagen, dass Fiverr bei Designern und anderen Anbietern von Dienstleistungen ungefähr so beliebt ist wie Microstock bei professionellen Fotografen vor acht bis zehn Jahren. Nutzer von Designleistungen finden das Billigangebot schon deutlich attraktiver.
Woraus besteht nun die Kooperation?
Fiverr-Anbieter können ihren Kunden jetzt zusätzlich zu ihrem Projekt Bilder von „Getty Images“ vermitteln. Kostenpunkt? 10 US-Dollar! Davon gehen 25%, also 2,50 USD an den Fiverr-Vermittler, den Rest teilen sich Getty Images, Fiverr selbst sowie der Fotograf in einem nicht genannten Verhältnis.
Ich denke, ihr erkennt die Ironie der Meldung. Die „Mühen“, die Getty Images hatte, um zu verstehen, wie Adobe Stock die „Lebenskosten von Fotografen nachhaltig unterstützen“ könnte, scheinen überwunden und werden jetzt kopiert.
Wenn die Kunden nicht sowieso einen der – illegalen – Fiverr-Dienste in Anspruch nehmen, wo Leute 10 Stockfotos für 5 US-Dollar anbieten…
Die Nachricht hat schnell die Runde gemacht. Vor paar Tagen stellte Getty Images, die größte Bildagentur der Welt, ihren neuen Service „Getty Embed“ vor. Damit ist es – unter bestimmten Bedingungen – möglich, aktuell knapp 33 Millionen Fotos kostenlos online zu nutzen.
An diesem Zeichen ist erkennbar, ob ein Bild kostenlos eingebettet werden darf.
Was ist „Getty Embed“?
Getty Embed ist ein neuer Streaming-Service, mit dem Blogs, Webseiten und soziale Netzwerke kostenlos Bilder von Getty Images auf ihren Seiten anzeigen dürfen. Die Anzeige des Fotos erfolgt jedoch nicht auf der jeweiligen Seite, sondern wird mittels eines iFrame von Getty Images ausgeliefert (deshalb „Streaming“). Unter dem Bild stehen aktuell die Fotocredits und ein Link zur Bildagentur. Später könnte dort auch Werbung stehen. Dieser untere Teil darf nicht entfernt werden.
Vorschau eines Getty-Embed-Bildes
Der Start dieses Angebots hat aber nicht wegen dieser technischen Neuerung Wellen geschlagen, sondern wegen der Tatsache, dass die Fotos auf diese Art kostenlos genutzt werden dürfen. Kostenlos freilich nur in dem Sinne, dass die Nutzer dafür kein Geld zahlen müssen. Stattdessen müssen sie in Form von Daten zahlen. Aber dazu später mehr.
Die vollständigen Lizenzbedingungen für die Nutzung finden sich hier und der wichtigste Teil sind diese beiden Absätze:
Getty Images (oder von Getty Images beauftragte Dritte) sind berechtigt, Daten im Zusammenhang mit der Nutzung des eingebetteten Viewers und eingebetteter Getty Images-Inhalte zu erfassen, und behält sich das Recht vor, im eingebetteten Viewer Werbung anzuzeigen oder seine Nutzung anderweitig kommerziell auszuwerten, ohne Sie hierfür zu entschädigen. […]“ (Hervorhebung von mir)
Die wichtigste Einschränkung ist, dass das Angebot nur für redaktionelle Zwecke gilt. Wer also seine gewerblich genutzte Webseite mit diesen Bildern aufhübschen will, auf der er seine Produkte und Dienstleistungen verkauft, darf Getty Embed nicht nutzen. Stattdessen dürften aber viele Online-Angebote von Verlagen wie Spiegel Online oder heise.de den Dienst nutzen. Den Unterschied zwischen redaktioneller und kommerzieller Nutzung habe ich hier ausführlich erklärt.
Soweit die Fakten. Jetzt kommen die ganzen Fragen:
Wie werden die Fotografen der Bilder bezahlt?
Das ist unklar. Einige Seiten behaupten, die Fotografen werden gar nicht bezahlt, andere meinen, die Fotografen bekämen vielleicht paar Cent pro Tausend Klicks ab. Beide Seiten haben valide Argumente. Fangen wir mit der „nicht bezahlen“-Seite an: Kürzlich hatte Getty Images einen Deal mit Pinterest ausgehandelt, bei dem Getty für die Lieferung von Metadaten bezahlt wird, nicht für die Bilder selbst. Da Fotografen nur für ihre Bilder bezahlt werden, nicht aber für eventuelle Metadaten, gehen sie bei dem Deal leer aus. Ähnlich könnte Getty Images hier argumentieren. Weil Getty Images Geld mit Werbung oder Nutzerdaten verdienen könnten, bräuchten die Fotografen davon nichts zu bekommen.
Die andere Seite wäre: Vor einem Jahr wurde bekannt, dass Getty Images mittels deren Programms „Getty Connect“ Fotografen für eingeblendete Bilder per Klick bezahlt. In der Praxis waren das viele, sehr niedrige Cent-Beträge, die teilweise so niedrig waren, dass sie gerundet immer noch „0,00 USD“ ergaben und damit die Fotografen nicht ausgezahlt wurden.
Unter den angebotenen Bildern befinden sich auf viele „Rights Managed“-Bilder (RM), die gerne deshalb gekauft werden, weil die Nutzung lückenlos kontrolliert werden kann und in der Regel die Bilder nicht so breit gestreut werden. Das wird durch Getty Embed unterminiert. Warum sollte ein Bildkäufer die Exklusivrechte an einem RM-Bild kaufen wollen, wenn es schon tausendfach auf mehr oder minder qualitativen Webseiten zu sehen war? Und entfernt Getty im Falle eines solchen Exklusivverkaufs dann einfach aus dem Embed-Pool und lässt damit die nutzenden Webseiten ohne Bild zurück?
So oder so also keine rosigen Aussichten für die Fotografen.
Warum verschenkt Getty Images offiziell Millionen von Bildern?
Zuerst einmal: Die verschenkten Bilder sind nur ein Teil des riesigen Getty-Bildarchivs. Die prestigeträchtigen Kollektionen wie Getty Contour oder Reportage mit preisgekrönten Bildern sind beispielsweise nicht dabei. Aber trotzdem: 33 (laut deren Webseite) bis 35 Millionen (offizielle Angabe) Bilder sind schon eine Menge.
Einer der offiziell angegebenen Gründe ist, dass viele Leute aktuell sowieso schon überall Bilder von Getty Images nutzen, allerdings illegal per „rechtem Mausklick“ kopiert von Getty-Kunden und ohne Quellenangaben oder Verweis auf Getty Images. Da die Rechteverfolgung vor allem bei nicht-exklusiven Bildern sehr aufwändig und teuer ist und zudem den Ärger auf Kundenseite geradezu herbeisehnt, ist verständlich, dass Getty Images da einen anderen Weg gehen will. Ich denke aber, dass das nur ein kleiner Teil des Puzzles ist, denn Die Bilderdiebe wissen oft nicht einmal, dass es Bildagenturen gibt oder würden wegen kommerzieller Ausrichtung sowieso nicht in den Genuss der kostenlosen Embed-Bilder kommen.
Warum verschenkt Getty Images wirklich die Bilder?
Getty Images behält sich offiziell das Recht vor, die angezeigten Bilder zu verändern und die durch das Einbetten gewonnenen Daten auszuwerten. Technologiekenner wissen, dass das die Schlüsselbegriffe für zwei sehr lukrative Bereiche sind: Einmal die Online-Werbung und einmal die Datenanalyse. Kombiniert ergibt es die Möglichkeit, sehr spezifische und individualisierte Werbung anzubieten.
Beispiele? Getty Images könnte Werbetreibenden anbieten, auf welchen Seiten genau deren Werbung zu sehen sein soll oder dass die Werbung auf die gezeigten Bilder zugeschnitten wird. Außerdem reicht der Arm von Getty durch die Platzierung der Bilder direkt in die redaktionelle Seite rein. Während beispielsweise in der Presse das strikte Gebot gilt, dass Werbung kenntlich gemacht und vom „redaktionellen Inhalt“ getrennt werden muss, kann Getty jetzt Werbekunden anbieten, über diesen „geschützten Zaun“ zu springen und ihre Werbung direkt und im direkten Sinne des Wortes „zwischen den Zeilen“ anzubieten. Google und Facebook verdienen mit einem ähnlichen Prinzip (bezahlte Werbung zwischen neutralen Treffern oder Posts) richtig viel Geld, deutlich mehr, als Getty Images durch die Bildlizenzierung verdienen kann. Und das ist der springende Punkt:
Wie hier gut analysiert wurde, gehört Getty Images seit August 2012 der privaten Investorengruppe Carlyle , die den Kaufpreis von 3,3 Milliarden USD mit hohen Krediten aufgebracht haben, für welche die Firma Getty Images selbst belastet wurde. Diese Kredite in Höhe von 1,2 Milliarden USD werden spätestens 2016 fällig. Bis dahin muss Getty Images gefälligst Geld einbringen. Getty Images hat 2011 ca. 945 Millionen USD Umsatz gemacht. Shutterstock gab an, 2013 knapp 12% Gewinn gemacht zu haben. Wenn wir beide Zahlen als Ausgangsbasis für eine grobe Schätzung nehmen, verdient Getty Images jetzt ca. 120 Millionen USD im Jahr. Das ist relativ wenig, um den Milliarden-Kaufpreis schnell wieder einzuspielen und angesichts sinkender Preise im Macrostock-Bereich kaum zu steigern.
Der neue kostenlose Streaming-Service ist sehr wahrscheinlich der Versuch, die Ausrichtung von Getty Images weg von einer klassischen Bildagentur hin zu einem Werbelieferanten und Datenanbieter zu machen, der nur zufällig Bilder und Videos als „Content“ anbietet. Letzteres ist deutlich attraktiver für andere Technologiefirmen, die zielgenaue Werbung anbieten und verkaufen als pure Bilder.
Was bedeutet Getty Embed für Fotografen und andere Bildagenturen?
Auf den ersten und auch den zweiten Blick sind die Aussichten düster. Fotografen werden für die neue Nutzung ihrer Bilder entweder gar nicht oder nur minimal bezahlt. Wenn sie überhaupt bezahlt werden, hängt ihr Einkommen nicht mehr von der Qualität der Bilder ab, sondern von der Qualität (bzw. Klickrate) der Inhalte, in welche die Bilder eingebunden werden, ähnlich, wie ich es schon im Streaming-Artikel kritisiert habe.
Stockfotografen könnten Umsatzeinbußen haben, weil ein Teil der bisherigen preissensiblen Käufer von Microstock-Bildern auf das kostenlose Getty-Angebot ausweichen könnte. Auch Getty- und iStock-Fotografen sind direkt nachteilig betroffen, weil auch exklusive iStock-Bilder bei Embed angeboten werden, die vorher nur bei iStock oder Getty hätten gekauft werden können.
Ironischerweise können die anderen Bildagenturen sogar noch stärker betroffen sein als die Fotografen, weil viele Microstock-Agenturen weniger als 50% an ihre Fotografen auszahlen und daher beim Verlust eines Bildkaufs insgesamt mehr Geld verlieren als der Fotograf.
Was bedeutet Getty Embed für die Nutzer?
Online- (und auch Offline-)Medien leben hauptsächlich von Werbeeinnahmen. Paywalls oder andere Einnahmequellen scheinen bisher nicht auszureichen. Getty Embed ist ein relativ offensichtlicher Versuch, den Onlinemedien lukrative Werbekunden abzuluchsen im Austausch gegen kostenlose Bilder. Außerdem würden Webseiten, welche das Angebot nutzen, einen Teil ihrer Selbständigkeit aufgeben. Sie wären abhängig von Getty Images, die jederzeit entscheiden können, die Bilder zu löschen oder Werbung zu schalten.
Außerdem ist unklar, was Getty Images alles für Nutzerdaten sammelt. Technisch möglich wären zum Beispiel die Anzahl der Seitenaufrufe, die Dauer des Seitenaufrufs, grober geografischer Standort des Nutzers, IP-Adresse, benutzter Browser, Betriebssystem sowie gesamte Bewegungsprofile, wenn der Nutzer auf vielen Seiten mit Getty Embed-Bildern unterwegs ist. Im Prinzip könnte Getty Images dann alles rausfinden, was ein Webseitenbetreiber mittels Google Analytics rausfinden kann. Aus rechtlicher Sicht müssten zumindest deutsche Anbieter auch ihre Datenschutzbestimmungen für Getty Images erweitern, weil eben Nutzerinformationen ausgelesen werden können. Das gleiche gilt ggf. für die dort eingebundenen Twitter- und Tumblr-Icons.
Weitere Nachteile aktuell sind, dass die kostenlosen Bilder nicht skaliert werden können, um sie einem Layout oder einem „Mobile Theme“ anzupassen. Auch „kleben“ die Bilder dann nicht am Artikel, was zum Beispiel dazu führt, dass das Bild nicht als Vorschaubild angezeigt wird, wenn ein Artikel in sozialen Netzwerken geteilt wird. Auch vor dem Hintergrund der Suchmaschinenoptimierung ist es nachteilig, wenn das Foto nicht auf dem eigenen Server liegt.
Ich denke, dass bisherige Bildkäufer eher Nachteile als Vorteile vom Modell haben werden und bisherige Bilderdiebe von der Illegalität ihres Handelns bisher auch nicht abgeschreckt wurden. Warum sollte sich das nun ändern?
Langfristig sehe ich etwas die Gefahr, dass sich die „Bilder im Netz sind doch kostenlos“-Mentalität wieder durchsetzt, wenn selbst die größte Bildagentur der Welt suggeriert, dass alle ihre Fotos gratis einfach so zu haben seien. Ich weiß, da stimmt weder das „alle“ noch das „einfach so“, aber ich habe mit genug Leuten außerhalb der Branche geredet, um zu wissen, dass diese feinen Unterscheidungen als erstes unter den Tisch fallen: „Ey, geh doch einfach auf die Getty-Webseite, du darfst dir da jetzt legal die Bilder runterladen, hab ich neulich in der Zeitung gelesen…“
Unter dem Strich ist Getty Embed ein Projekt, was Getty Images Chancen auf mehr Einnahmen in neuen Gebieten liefert. Aber: „Das Risiko für den Mut tragen die Fotografen“, wie die FAZ gut zusammengefasst hat. Ob die Fotografen neben dem Risiko überhaupt Aussicht auf irgendeinen Vorteil haben, ist offen bis unwahrscheinlich.