Die weltgrößte Bildagentur Getty Images hatte wie Shutterstock vor einer Weile untersagt, KI-Bilder in deren Portfolio hochzuladen. Nachdem Shutterstock danach angekündigt hatte, den Kunden selbst die Möglichkeit zu geben, KI-Bilder zu generieren, zog Getty Images nun mit einer ähnlichen Ankündigung nach.
Getty Images wird in Zukunft mit der Firma BRIA kooperieren. BRIA eine junge israelische Firma, welche erst 2020 gegründet und von einigen Finanzinvestoren unterstützt wird.
Ich habe den Absatz „developing tools that harness the power of AI and democratize the creative process“ aus der Pressemitteilung genommen und einer KI übergeben, welche daraus obiges Bild generiert hat
BRIA ist eine Firma, welche sich auf die Entwicklung von generativen KI-Tools spezialisiert hat. Die Firma arbeitet an einer Plattform, welche sich auf die Anpassung von Bildersuchen und Generierung von Bildern und Videos konzentriert.
Die Pressemitteilung selbst strotzt nur so vor leeren Worthülsen. Beispiele gefällig?
„Ziel ist es, Kreativen die Möglichkeit zu geben, ihre Bilder mithilfe intuitiver KI-Tools auf der Plattform von Getty Images an ihre spezifischen Bedürfnisse anzupassen.“
oder:
„Getty Images wird Funktionen einführen, die den Nutzern Zugang zu hochmodernen, ethischen, generativen KI-gesteuerten Tools geben, die ihre Kreativität erweitern und ihre Effizienz verbessern.“
So geht das eine ganze Seite lang, wer will, kann die Mitteilung hier im Original lesen.
Das Demo-Video von BRIA bei YouTube zeigt immerhin etwas mehr, was deren KI leisten können soll:
Auf der Bria.ia-Webseite gibt es weitere Promo-Videos, welche zeigen, wie bei einem Foto Hintergründe ausgetauscht werden, der Gesichtsausdruck oder die Haare eines Models verändert werden und dann das ganze Bild animiert wird. Auch wird aus einem Bild ein animiertes Video generiert und so weiter.
Es ist jetzt nur eine reine Vermutung meinerseits, aber ich kann mir sehr gut vorstellen, dass Getty Images den Kunden genau solche Features anbieten will. Natürlich gegen einen Aufpreis, den sich Getty komplett in die eigene Tasche stecken wird. Bzw. mit BRIA teilen wird, aber vermutlich nicht mit den Fotografen. Hoffen wir, dass ich mich irre, denn in der oben zitierten Pressemitteilung wird auch betont, wie wichtig „ethische Standard“ sind und wie sehr die Firmen „geistiges Eigentum respektieren“.
Meine geplanten Artikel zu den neusten KI-Entwicklungen sind noch nicht mal fertig, da platzen ständig aufregende Neuigkeiten herein. Die Nachricht vom 25.10.2022 von Shutterstock kann ich hier aber nicht ignorieren, da sie einen wilden Mix von Konsequenzen nach sich zieht, den ich hier vermutlich nur ansatzweise beleuchten kann.
Aber versuchen wir es der Reihe nach: Shutterstock hat vor wenigen Tagen diese Pressemitteilung veröffentlicht, in der die Firma die Partnerschaft mit dem Unternehmen OpenAI verkündet, welche hinter dem KI-Tool DALL‑E stecken. Hinter OpenAI stecken übrigens u.a. Elon Musk als Gründer und Microsoft als Investor.
Bild von DALL‑E 2 generiert mit der Beschreibung „A tornado made of cash hitting a government building“
Zeitgleich gab es eine Rundmail an alle Shutterstock-Anbieter, in der zusätzlich zur obigen Information eine ebenso wichtige weitere Nachricht steckte: Shutterstock will keine KI-generierten Inhalte mehr auf ihrem Marktplatz anbieten, mit der Begründung, dass „die Urheberschaft nicht einer einzelnen Person zugeordnet werden kann, wie es für die Lizenzierung von Rechten erforderlich ist“.
Oder hier im Hilfebereich von Shutterstock noch ausführlicher begründet: „KI-generierte Inhalte dürfen nicht auf Shutterstock hochgeladen werden, da KI-Inhaltsgenerierungsmodelle das geistige Eigentum vieler Künstler und ihrer Inhalte nutzen, was bedeutet, dass das Eigentum an KI-generierten Inhalten nicht einer Einzelperson zugewiesen werden kann und stattdessen alle Künstler entschädigt werden müssen, die an der Erstellung jedes neuen Inhalts beteiligt waren“.
Diese Kombination von Aussagen wirft so viele Fragen auf, dass ich gar nicht weiß, wo ich anfangen soll.
Gehen wir mal in der Zeit etwas zurück: Shutterstock kooperiert schon seit 2021 mit der Firma OpenAI, indem OpenAI Shutterstock-Bilder lizenziert hat, um das Tool DALL‑E zu trainieren. Der CEO von OpenAI, Sam Altman, sagt dazu in der Pressemitteilung:
„Die Daten, die wir von Shutterstock lizenziert haben, waren entscheidend für das Training von DALL‑E. Wir freuen uns, dass Shutterstock seinen Kunden die DALL-E-Bilder als eine der ersten Anwendungen über unsere API zur Verfügung stellt, und wir freuen uns auf künftige Kooperationen, wenn künstliche Intelligenz ein integraler Bestandteil der kreativen Arbeitsabläufe von Künstlern wird.“
In wenigen Monaten sollen Shutterstock-Kunden in der Lage sein, mit Hilfe von OpenAI direkt auf der Shutterstock-Webseite durch Texteingabe Bilder selbst generieren zu können.
Im Gegenzug dafür sollen die Shutterstock-Anbieter für die Rolle, die ihre Inhalte bei der Entwicklung dieser Technologie gespielt haben, entschädigt werden.
Die erste Frage hier ist doch: Wurden die Shutterstock-Anbieter auch für die Trainingsdaten, die seit 2021 von OpenAI lizenziert wurden, entschädigt?
Die zweite Frage ist: Haben die Künstler, auf deren Eigentum Shutterstock angeblich so viel Wert lege, damals überhaupt zugestimmt, dass ihre Bilder für Trainingszwecke genutzt werden dürfen?
Die dritte Frage ist logischerweise: Wie viele Bruchteile von US-Cents sollen die Anbieter als „Entschädigung“ erhalten?
Ich könnte jetzt eine Weile mit solchen Fragen weitermachen, aber betrachten wir erst mal andere Perspektiven.
Die Kunden-Sicht
Aus Kundensicht erschließt sich nicht sofort, warum sie KI-Bilder bei Shutterstock – sehr vermutlich gegen Geld – generieren sollten, wenn sie es bei OpenAI auch kostenlos machen können. Jeden Monat gibt es bei DALL‑E 2 kostenlos 15 Credits für je Bilderstellungen (1 Credit pro Bild), 115 weitere Credits kosten dann 15 USD, also ca. 13 US-Cent pro Bild.
Es könnte auch sein, dass Shutterstock diesen Preis noch mal unterbieten will.
Darüber hinaus gibt es aber gänzlich kostenlose KI-Tools wie Stable Diffusion (und passende GUIs), mit der Nutzer ihre Bilder komplett gratis erstellen können.
Der Vorteil wäre maximal, wenn Kunden mit Shutterstock eine Firma haben, die für eventuelle (rechtliche?) Probleme haften könnte. Ansonsten spekuliert Shutterstock vielleicht darauf, dass es genug Bestandskunden gibt, welche sich nicht die Mühe machen (wollen), sich bei einer Plattform wie Dall‑E 2 zu registrieren, um dort die Gratis-KI-Bilder zu nutzen.
Die Agentur-Sicht
Aus Sicht von Shutterstock ist es natürlich clever: Warum sollten sie diese nervigen Bildlieferanten bezahlen müssen, wenn sie den Kunden auch ohne den Umweg über die Fotografen Bilder verkaufen können?
Das geht natürlich nur, wenn gleichzeitig den Anbietern verboten wird, KI-generierte Bilder selbst zum Verkauf anzubieten, denn immerhin will das ja die Agentur übernehmen. Warum die angeblichen rechtlichen Risiken, welche als Grund für das Upload-Verbot vorgeschoben werden, plötzlich nicht mehr gegeben sind, wenn Shutterstock die KI-Bilder generiert, erschließt sich nicht ganz. Dazu später mehr.
Das Verbot ist augenscheinlich vor allem dazu da, um mehr Kunden zur agentureigenen KI-Generierung zu bewegen.
Zwar hat Shutterstock schon „Entschädigungen“ für die Shutterstock-Künstler angeboten, deren Werke zum Training der KI benutzt werden, aber machen wir uns nichts vor: Das werden pro Bild maximal etliche Stellen hinter dem Komma sein und auch in der Summe deutlich weniger sein als die Verluste, welche die Anbieter erleiden werden, weil Kunden keine Bilder aus dem Portfolio kaufen, sondern sich welche generieren lassen und die Fotografen auch selbst keine KI-Bilder verkaufen dürfen.
Zur Erinnerung: Als Getty Images 2013 einen Deal mit Pinterest machte, um die Getty-Fotografen für deren Bildnutzungen auf Pinterest zu entschädigen, erhielten diese zum Beispiel 0,00062 USD für das „weltweite Recht, Metadaten ihres Bildes auf Pinterest anzuzeigen und zu nutzen“, während Getty selbst sich immerhin noch 0,00411 USD in die Tasche steckte. Anders gerechnet: Bei 1000 Bildnutzungen waren das für den Fotografen 62 Cent und für Getty Images aber 4,11 USD.
Die Konkurrenz ist zudem groß: Auch Microsoft will DALL‑E in deren Suchmaschine Bing integrieren und hat eine neue App namens „Designer“, die Produkt- oder Firmennamen und die dazu passenden Bilder oder Logos generieren können soll.
Bild von Stable Diffusion generiert mit der Beschreibung „A tornado made of cash hitting a government building“
Die Anbieter-Sicht
Für Shutterstock-Anbieter sind diese Nachrichten ausnahmslos schlecht. Die „Entschädigung“ ist ein armseliges Feigenblatt, hinter dem Shutterstock die Marginalisierung ihrer Lieferanten versteckt. In der Pressemitteilung wird ständig von „Ethik“ und „Verantwortung“ geredet, aber damit ist nicht die Rücksicht auf die Anbieter gemeint, sondern auf die der Shutterstock-Aktionäre.
Shutterstock hat halt endlich einen Weg gefunden, die lästigen 20% Fotografen-Kommissionen auch noch loszuwerden, um es lapidar zu formulieren.
Die genannte „Entschädigung“ soll aus einem „Contributor Fund“ kommen und alle sechs Monate ausgezahlt werden. Als Einnahmen dafür sollen sowohl die Lizenzgebühren für die KI-Inhalte als auch Einnahmen aus Datenverkäufen gezählt werden. Der Anteil für die Anbieter soll proportional sein zum Volumen ihrer Inhalte in den Datensätzen.
Wie das kontrolliert oder überprüft werden soll, ist auch völlig schleierhaft und vermutlich unmöglich ohne die Offenlegung des kompletten Datensatzes.
Wenn Shutterstock und Getty Images keine KI-Bilder haben wollen, wird es aber weiterhin genug andere Agenturen geben, welche diese mit Kusshand annehmen. Es drängen jetzt schon die ersten Bildagenturen auf den Markt wie StockAI, welche nur KI-Bilder anbieten und diese natürlich auch generieren können.
Die Künstler-Sicht
In der o.g. Pressemitteilung heißt es zum Schluss:
„Und in einem wichtigen Bestreben, die IP-Rechte seiner Künstler, Fotografen und Schöpfer zu schützen, ist Shutterstock weiterhin führend in der Entwicklung von Richtlinien und Verfahren und setzt Methoden ein, um sicherzustellen, dass Nutzungsrechte und ordnungsgemäße Lizenzen für alle vorgestellten Inhalte – einschließlich KI-generierter Inhalte – gesichert sind.“
DALL‑E wurde mit über 12 Milliarden Text/Bild-Kombinationen trainiert, während Shutterstock gerade mal 424 Millionen Bilder online hat. Das heißt im Umkehrschluss, der größte Teil des Trainings wurden mit Bildern von Künstlern gemacht, die nicht bei Shutterstock sind. Das ganze Gerede vom „Schützen von IP-Rechten“ bezieht sich aber nur auf die Shutterstock-Anbieter, der große Rest kann zusehen, wie für die KI-Trainings „entschädigt“ wird.
Das zeigt auch gut die Heuchelei von Shutterstock. Angeblich weil bei KI-Inhalten alle Künstler entschädigt werden müssten, dürfen Anbieter keine KI-Inhalte hochladen, aber wenn Shutterstock selbst via API einen Zugang zu OpenAI’s DALL‑E anbietet, werden ebenfalls nicht alle Künstler entschädigt.
Die rechtliche Sicht
Ist die Entschädigung von Künstlern, deren Werke für das KI-Training benutzt wurden, rechtlich gesehen überhaupt notwendig? Ich weiß es ehrlich gesagt nicht. Einige meinen, das sei eine klassische „fair use“-Nutzung, andere sehen es nicht so.
Mal angenommen, rechtlich wäre eine Entschädigung nicht notwendig: Dann fallen Shutterstocks Argumente, warum sie keine KI-Bilder annehmen wollen, in sich zusammen.
Wenn eine Entschädigung rechtlich aber doch notwendig wäre: Dann ist vollkommen unbegreiflich, warum sich diese erstens nur auf Shutterstock-Künstler beschränken sollte (und nicht z.B. auf Künstler wie Greg Rutkowski) und zweitens warum diese nicht stattfindet, wenn Bilder direkt bei DALL‑E generiert werden statt über deren API zu Shutterstock.
Es ist also so oder so ein großes unlogisches Konstrukt, welches sich am besten dadurch erklärt, dass es Shutterstock eben nicht um die Belange der Künstler, sondern nur um den eigenen Profit geht.
Spannend auch, dass der Getty Images-CEO Craig Peters KI-Bilder u.a. deshalb in seiner Agentur verbietet, weil sie rechtliche Probleme für die Kunden mit sich bringen könnten. Warum das anders sein soll, wenn Shutterstock Kunden KI-Bilder generieren lässt, ist ein großes Rätsel.
Eine mögliche Lösung wäre, dass die OpenAI-KI ausschließlich auf Shutterstock-Bildern trainiert wurde, für die sowohl Shutterstock die Einwilligung aller Rechteinhaber zum Training hatte als auch OpenAI diese Rechte lizenziert habe. In den aktuellen Shutterstock-AGB von 2020 steht beispielsweise, dass Shutterstock das Recht zur Bildanalyse unterlizenzieren darf. Aber selbst wenn OpenAI jedes einzelne Bild aus der Shutterstock-Datenbank lizenziert habe, würde das bei vermutlich weitem nicht ausreichen, um als alleinige Datenbasis für das KI-Training zu dienen.
Aber vielleicht liege ich damit auch falsch und es ist sogar ein Vorteil, weil die Shutterstock-Bilder alle eine hohe Auflösung haben und im Vergleich zu anderen Bildern meist recht gut verschlagwortet sind.
Auch die EU hat im Blick, dass die Künstliche Intelligenz gefährlich sein könnte und arbeitet an einer „KI-Verordnung“. Ob solche Verordnungen aber den aktuellen Graubereich der Legalität von urheberrechtlich geschützten Werken für KI-Trainingszwecke regulieren werden, bleibt abzuwarten.
Bild von Midjourney generiert mit der Beschreibung „A tornado made of cash hitting a government building“
Die politische Sicht
Shutterstock wurde 2019 von den eigenen Mitarbeitern kritisiert, dass die Agentur in China Suchbegriffe wie „Flagge Taiwans“, „Diktator“, „Präsident Xi“ oder „Regenschirm“ gesperrt habe.
Sehr spannend ist hier jetzt die Frage, ob diese Begriffe dann auch bei der KI-Generierung in China gesperrt sein werden oder nicht.
Auch andere Begriffe, zum Beispiel sexueller oder gewaltverherrlichender Natur, könnten gesperrt werden, um sich weniger Haftungsfragen aussetzen zu müssen.
Die technische Sicht
Viele der genannten Tools sind aktuell noch im Beta-Stadium und sie entwickeln sie unglaublich rasant. Es ist vermutlich nur eine Frage der Zeit, bis Methoden wie das In- und Outpainting von DALL‑E 2 auch in Grafikprogramm wie Adobe Photoshop Einzug halten werden oder es WordPress-Plugins geben wird, welche auf Knopfdruck zum Artikeltext passende Bilder generieren.
Auch das Trainieren der KI zum Generieren vom eigenen Gesicht (oder das von Kundengesichtern) ist jetzt schon möglich und wird bald sicher noch einfacher machbar sein.
Was noch?
Ganz wilde Zeiten also mit viel Unsicherheit, Abwehrreaktionen etablierter Künstler, rechtlichen Grauzonen, dem Zusammenbruch bestehender und Aufbau neuer Geschäftsmodelle und mittendrin Bildagenturen, Fotografen und KI-Anbieter.
Es gibt noch etliche Aspekte, die hier nicht untergebracht werden konnte, das kommt bestimmt bald in einem weiteren Artikel.
Kurz hintereinander haben sowohl Shutterstock als auch Getty Images mit deren Tochter-Agentur iStock angekündigt, keine KI-Bilder mehr annehmen zu wollen.
Ki-Bild (Dall‑E 2) von einem Roboter, der ein Bild malt
Angesichts der steigenden Popularität von KI-Software zur Bild-Generierung wie Dall‑E 2, Stable Diffusion, Midjourney und Konsorten sowie der verbesserten Bildqualität dieser Tools gab es in den letzten Monaten einen starken Anstieg von KI-Bildern im Portfolio von Bildagenturen.
Email, die an iStock/Getty-Fotografen ging
Nun haben zumindest die beiden großen Platzhirsche Shutterstock und Getty Images die Reißleine gezogen und angekündigt, keine KI-Bilder mehr annehmen zu wollen.
Als Grund werden in einer Email von Getty Images „unadressierte rechtliche Fragen mit Hinblick auf die zugrunde liegenden Bilder und Metadaten, die zum Training der KI genutzt worden sind“ angegeben.
Auch Shutterstock formuliert in einer Email an ausgewählte Kontributoren ähnliche Bedenken:
Email von Shutterstock an einige Kontributoren
Hier werden „rechtliche Implikationen“ als Grund dafür genannt, dass etliche KI-Bilder der angeschriebenen Personen gelöscht wurden und es wird geschrieben, dass Shutterstock „keine maschinengenerierten Inhalte akzeptieren“ würde gemäß Sektion 13.d/f ihrer Nutzungsbedingungen.
Ich bin mir zwar nicht ganz sicher, ob sie da wirklich die richtigen Absätze rausgesucht haben, aber grundsätzlich steht es Shutterstock natürlich frei, solche Regeln aufzustellen, wenn sie der Meinung sind, dass sie hilfreich seien.
Zeitgleich experimentiert Shutterstock aber selbst schon mit künstlicher Intelligenz. So bietet deren neues Projekt „Predict“ Kunden die Möglichkeit, mittels KI erkennen zu können, welche Bilder für welche Zwecke am passendsten sein sollen. Shutterstock schreibt:
„Was performt besser? Diese wiederkehrende Frage ist mit Predict viel einfacher zu beantworten. Die App nutzt KI, um die Stärken und Schwächen individueller Assets speziell für Ihre Anforderungen zu analysieren. Predict sagt Ihnen, WARUM ein empfohlener Inhalt voraussichtlich gut performt, damit Sie selbstbewusst kreativ werden können.“
Nach einer kostenlosen Testphase wollen sie sich diese Informationen natürlich bezahlen lassen.
Getty Images versucht ebenfalls seit Januar 2022, die Vorteile der KI für sich auf eine andere Weise zu nutzen. So veröffentlichte die Agentur einen neuen Modelvertrag, der jetzt unter anderem einen neuen Passus enthält, mit dem sich das Model bereit erklärt, dass die Bilder zum Trainieren von Künstlicher Intelligenz genutzt werden dürfen:
„Ich erkläre mich ferner damit einverstanden, dass der Inhalt mit anderen Bildern, Texten, Grafiken, Filmen, Audio- und audiovisuellen Werken kombiniert und zur Entwicklung und Verbesserung von maschinellen Lernalgorithmen, künstlicher Intelligenz und anderen Technologien bearbeitet und genutzt werden darf.“
Auch bei der deutschen Bildagentur Westend61 werden die KI-Bilder als hoch problematisch angesehen und aus rechtlichen Gründen sollten diese momentan nicht akzeptiert werden. Mehr Informationen dazu sollen folgen.
Einige Online-Kunst-Communities wie Newgrounds, Inkblot Art und Fur Affinity haben ebenfalls das Hochladen von KI-Werken untersagt oder eingeschränkt.
Diese Bildlöschungen folgen einige Wochen nach der Veröffentlichung eines Teils des KI-Trainings-Datensatzes mit rund 12 Mio. Bildern von den insgesamt über 2,3 Milliarden Trainingsbildern. Dieser Trainingsdatensatz der Organisation LAION wurde zum Beispiel für das Anlernen der KI von NightCafe, Midjourney und Stable Diffusion genutzt.
In der Veröffentlichung wurde unter anderem deutlich, dass zum Lernen auch große Bildbestände der Bildagenturen benutzt wurden. So waren von den ausgewerteten 12 Mio. Bildern mindestens 497.000 von 123rf, 171.000 von Adobe Stock/Fotolia, 117.000 von PhotoShelter, 35.000 von Dreamstime, 23.000 von iStock, 22.000 von Unsplash, 15.000 von Getty Images, 10.000 von VectorStock, 10.000 von Shutterstock und so weiter. Die Dunkelziffer dürfte hier weit höher sein, da viele dort gekaufte Bilder auf Kundenwebseiten nicht immer als von einer Agentur kommend erkennbar sind.
Ich bin unsicher, ob diese Entscheidung so klug ist. Denn solche Verbote könnten dazu führen, dass sich die KI-Szene andere „Ökosysteme“ aufbaut. So gibt es beispielsweise mit PromptBase schon eine Webseite, wo Anbieter auf einem Marktplatz „Prompts“ für KI-Systeme verkaufen können. Prompts sind die Texteingaben, die zur Bilderstellung (noch) nötig sind und die Anbieter garantieren mit ihren Prompts ähnliche Ergebnisse wie die, die sie im Marktplatz vorzeigen. Im Kern ist das schon eine Art neuer Bildagentur, bei der die Leute nicht die Bilder direkt kaufen, sondern die Option, sich sehr ähnliche Bilder selbst gratis generieren zu können.
Außerdem erhöhen solche Einschränkungen wie das Verbot von KI-Bildern in den bestehenden Bildagenturen nur die Wahrscheinlichkeit, dass ein neues Start-Up eine neue Bildagentur aufmacht, welche offensiv einfach nur noch KI-generiertes Material verkauft.
Mit der Webseite Lexica gibt es auch schon eine Art „Open Source“-Community für KI-Bilder, wo Nutzer sich mehrere Millionen mit Stable Diffusion erstellte Bilder anschauen, durchsuchen und sehen können, welche Prompts zur Erstellung genutzt wurden. Von der Möglichkeit, diese Bilder direkt zur Lizenzierung anzubieten, ist es dann nur noch ein kleiner Schritt.
Während die großen Bildagenturen einen Abwehrkampf gegen die KI-Bilder beginnen, fangen andere Start-Ups längst an, mittels KI aus Text-Prompts ganze Video-Sequenzen zu erstellen.
Was diese KI-Entwicklung für die (Stock-)Fotografen selbst bedeutet, werde ich hoffentlich bald in einem eigenen Artikel beleuchten.
Wie seht ihr das? Bringen Verbote von KI-Bildern etwas?
Fotorealistische Bilder durch die Eingabe einiger Wörter auf Knopfdruck erstellen? Das ist heutzutage mittels Künstlicher Intelligenz und Tools wie Dall‑E, Stable Diffusion, Nightcafe und anderen Anbietern problemlos möglich.
Für professionelle Fotografen, Illustratoren und Designer wirft das sehr grundlegende Fragen auf. Ist die neue Technik ein Bedrohung oder eine Bereicherung? Vielleicht beides?
Auf der diesjährigen Photopia, dem viertägigen „Festival of Imaging“ in Hamburg vom 13. bis 16.10.2022 dreht sich alles um das Thema Fotografie, Bildbearbeitung und Technik. Die neusten Entwicklungen wie KI-Bilderstellung dürfen da natürlich nicht fehlen.
In der dazugehörigen „Creative Content Conference“ gibt es an drei Tagen (14.–16.10.2022) etliche Vorträge zur Fotografie, darunter auch zum Thema KI: Ich werde am Sonntag, den 16.10.2022 um 16:30 Uhr im Gespräch mit der kwerfeldein-Redakteurin Katja Kemnitz im Vortrag „Ist die KI der Tod der Stockfotografie?“ die Möglichkeiten und Grenzen der neuen Technik ausloten.
Künstliche Intelligenz (KI) ist die Simulation menschlicher Intelligenz in programmierten Maschinen, die wie Menschen denken und ihre Handlungen imitieren. KI umfasst auch Geräte, die menschliche Züge wie Problemlösung, Lernen, Spracherkennung und Planung aufweisen. KI ist zweifellos eine geniale technische Erfindung, die die Welt im Sturm erobert hat. Wenn wir an KI und ihre Anwendungen denken, bringen wir sie fast immer mit Technik und Wissenschaft in Verbindung. Aber das ist nicht alles – KI wurde nähmlich auch in der kreativen Sphäre effektiv eingesetzt!
Die Frage ist: Kann KI lernen, kreativ zu sein? Nun, ja. Es gibt viele Beispiele, die die großen Fortschritte der KI in der Welt der Kreativität belegen. Auf dem Sonar-Musikfestival in Barcelona im letzten Herbst begann der Künstler Mat Dryhurst auf der Bühne zu singen, und das Publikum war fassungslos, als es stattdessen die Stimme seiner Frau hörte! Dryhursts Auftritt war Teil eines KI-Experiments, bei dem er seine Stimme austauschte – und es war natürlich ein großer Erfolg!
Nicht nur in der Musik, auch in der Verlagswelt verändern KI-Tools die Welt. Um die Erstellung von Inhalten aufrechtzuerhalten, ist es wichtig, ständig neue Inhalte und Ideen zu produzieren. Irgendwann gehen uns Menschen vielleicht die Ideen aus. Aber dank der KI haben wir jetzt einen endlosen Vorrat an Ideen, die uns helfen, weiterzumachen! Wir haben nicht nur KI-Schreibwerkzeuge, um Ideen zu generieren, sondern auch KI-unterstütztes Schreiben. Die KI-Schreibassistenten lernen, wie Profis zu schreiben und entwickeln auch interessante Inhalte!
Auch in der Filmindustrie ist KI mittlerweile ein fester Bestandteil. Das liegt daran, dass sie in verschiedene Aspekte des Filmprozesses integriert wurde und den sonst so mühsamen Prozess weniger kompliziert und nahtlos macht. Werfen wir einen Blick darauf, wie KI das Filmemachen im Detail revolutioniert hat:
Wie wird KI beim Filmemachen und bei der Erstellung von Videos eingesetzt?
Der komplexe Prozess des Filmemachens umfasst viele kreative Köpfe – vom Schreiben des Drehbuchs bis zur Promotion des Films. Wir sind uns sicher, dass es noch viel mehr Feinheiten gibt, aber weißt du was? KI kann bei all diesen verschiedenen Aspekten eingesetzt werden!
Es ist nicht einfach, ein einzigartiges, beeindruckendes Drehbuch zu schreiben, das die Zuschauer fesselt. Aber mit KI ist es für Filmemacher jetzt einfacher geworden, Drehbücher zu erstellen. Wenn sie mit riesigen Datenmengen von Drehbüchern gefüttert werden, können maschinelle Lernalgorithmen völlig neue Drehbücher erstellen. Filmemacher verwenden die KI-generierten Drehbücher als Entwürfe und verbessern sie dann, um ein endgültiges Drehbuch zu erstellen. Der gesamte Prozess der Drehbucherstellung ist jetzt mühelos und weniger zeitaufwändig, dank der KI-Drehbuch-Tools!
Das Casting ist ein weiterer wichtiger Aspekt eines Films – ein tolles Drehbuch kann ein Reinfall sein, wenn die Besetzung nicht stimmt. Das Casting ist ein langwieriger Prozess, der viel Zeit und Mühe erfordert, um die Schauspieler in mehreren Castings zu prüfen und die perfekte Besetzung für einen Film zu finden. KI-Tools können mit Daten gefüttert werden, die Merkmale von Schauspielern in verschiedenen Emotionen beschreiben, und diese Tools können dann nach den richtigen Schauspielern suchen. Die Tools können auch das digitale Gesicht eines Schauspielers/einer Schauspielerin über ein Körperdouble legen, wenn dies in bestimmten Szenen erforderlich ist. KI kann auch eingesetzt werden, um Schauspieler in Filmen digital hinzuzufügen oder sogar ihre Gesichtszüge zu verändern, um sie jünger darzustellen, als sie sind. Außerdem kann sie Greenscreen-Videos automatisch durch die beabsichtigten Aufnahmen ersetzen und mühsames Chromakeying automatisch erledigen.
Abgesehen davon helfen KI-Tools auch dabei, den Erfolg eines Films vorherzusagen und die Einnahmen abzuschätzen, die er einspielen kann. Top-Filmemacher wie Warner Bros. nutzen zum Beispiel die KI-basierte Plattform Cinelytic, um den Erfolg ihrer Filme an der Kinokasse vorherzusagen.
Einfluss der KI auf die Produktion von Stock-Videos
KI hat viele mühsame, sich wiederholende Aufgaben einfacher gemacht – und die Produktion von Stockvideos ist da keine Ausnahme! Genau wie bei den genannten kreativen Beispielen muss die KI auch bei der Erstellung von Stock-Videos mit großen Datenmengen gefüttert werden (relevantes Filmmaterial, Vorlagen, Übergangseffekte, Überblendungen usw.). Nach der Verarbeitung dieser Daten können die KI-Tools ein einzigartiges, völlig anderes Stockvideo erstellen, das es so noch nie gegeben hat.
Wie kann dir das helfen? Erstens sparst du dir die Zeit, den Aufwand und das Geld, die du sonst für den Dreh eines neuen Videos aufwenden müsstest. Auch wenn die künstliche Intelligenz ein Standardvideo für dich erstellt, hast du die Möglichkeit, es zu bearbeiten und kreative Elemente hinzuzufügen, um es noch besser zu machen. Außerdem „weiß“ KI, welche Funktionen zu einem Stockvideo hinzugefügt werden müssen, um es nicht nur einzigartig, sondern auch optisch ansprechend zu machen.
Resümee
Auch wenn die Erstellung von Stock-Videos und anderen kreativen Elementen mithilfe von Künstlicher Intelligenz einfach ist, können wir nicht leugnen, dass algorithmische Verzerrungen ein erhebliches Problem darstellen. Wenn die KI nur mit unvollständigen oder schlechten Daten gefüttert wird, führt das zu verzerrten Ergebnissen. Aus diesem Grund müssen wir auch in der Stock-Video-Branche mit rassistischen oder geschlechtsspezifischen Verzerrungen rechnen. Schließlich wird die KI von Menschen entwickelt, und Menschen sind in Bezug auf Geschlecht und Rasse voreingenommen.
Die Automatisierung und die Erleichterung der Durchführung sich wiederholender, zeitaufwändiger Tests durch KI haben auch die Arbeitswelt erfasst. Obwohl sie Zeit und Mühe spart, können wir nicht leugnen, dass die KI den Wert der menschlichen Kreativität negativ beeinflusst hat. Eine Regulierung der KI und ihre ethische Umsetzung können helfen, diese Probleme zu bewältigen; bis dahin müssen wir uns auf diese Probleme einstellen und entsprechende Lösungen finden.