Nur gut zwei Wochen nach der Bekanntgabe von Adobe, dass Adobe Stock nun durch Künstliche Intelligenz erzeugte Bilder akzeptiere, hat auch die Bildagentur Panthermedia bekannt gegeben, dass sie nun KI-Material annehmen.
Der Newsletter von Panthermedia im Wortlaut
Die Voraussetzungen lesen sich im Grunde fast identisch wie die von Adobe Stock, mit der Ausnahme, dass die Bilder im Titel statt des Hinweises „Generative AI“ nun „AI generated image“ enthalten sollen.
Da drängt sich etwas der Verdacht auf, dass hier einfach die Entscheidung von Adobe Stock nachgeahmt wurde, was ich aber inhaltlich begrüßenswert finde.
Unter dem Reiter „KI-Bilder“ finden sich auf der Startseite von Panthermedia jedoch bisher nur knapp 2.500 künstlich erzeugte Portraits, welche vor ungefähr einem Jahr vorgestellt wurden. Das kann sich natürlich bald ändern.
Vor wenigen Tagen präsentierte die deutsche Bildagentur Panthermedia in Zusammenarbeit mit dem Unternehmen vAIsual die „synthetische Portrait Kollektion“, das heißt, eine Sammlung von Portraitbildern, welche durch einen Computer erzeugt wurden.
Aktuell umfasst die Kollektion ca. 400 Bilder, es sollen aber bei 1000 Bilder sein. Die Auswahl der durch eine KI (Künstliche Intelligenz) erzeugten Bilder muss noch manuell vorgenommen werden, „da nicht alle generierten Bilder marktfähig sind“, wie Panthermedia-Geschäftsführer Tomas Speight sagt. Wer durch die Kollektion stöbern will, kann auf der Panthermedia-Webseite in der Kopfzeile auf „Synths“ klicken.
Drei Beispiele der synthetisch erstellten Portraits bei Panthermedia
Die Portraits werden wahlweise vor einem weißen oder einem grünen Hintergrund angeboten. Später sollen auch Bilder aus anderen Themenbereichen folgen. Mit aktiv in der KI-Firma vAIsual sind übrigens die Stock-Veteranen und Branchenkenner Mark Milstein und Lee Torrens.
Die Bilder sind aktuell nicht in Abonnements oder Bildpaketen erhältlich. Sie sind in zwei Größen erhältlich, die Web-Größe kostet zur Zeit 29,90 Euro, die Größe XXL 69,90 Euro, wobei XXL hier auch nur gut 2 Megapixel bedeutet, was die Nutzungen im Print-Bereich noch etwas einschränkt.
Das Hauptkriterium für die Entscheidung, ein künstliches Bild zu nutzen, soll laut Panthermedia der nicht mehr notwendige Modelvertrag sein:
„Neben dem faszinierenden Kunstaspekt ist der Hauptvorteil von KI-generierten Bilder, dass keine Model-Releases erforderlich sind. Die gezeigten Personen existieren in der Realität gar nicht. Die Fotos haben somit keine der Einschränkungen wie sie in Bezug auf die Abbildung von realen menschlichen Modellen bestehen. Dies eröffnet ganz neue Möglichkeiten für eine sichere Nutzung bei sensiblen Inhalten, beispielsweise aus den Bereichen Pharma, Medizin und andere sensitiven Themen, die traditionell nicht von Model-Release-Bildern abgedeckt werden. Auch bei redaktionellen Themen ist dies ein großer Vorteil im Hinblick auf die Rechte abgebildeten Personen nach der DSGVO. Ein weiterer wichtiger Punkt in diesem Zusammenhang ist, dass diese KI-generierten Bilder als Set für das Training anderer KI-Anwendungen lizenziert werden können.“
Daher gelten für die Bildnutzung auch die aktuellen Panthermedia-Nutzungsbedingungen mit der Ausnahme, dass eine Bandbreite an „Sensitive Issues“ zugelassen ist.
Offene Fragen
Mit diesem Quantensprung tauchen nun auch neue rechtliche und moralische Fragen auf, die sich vermutlich erst nach einer Weile klären lassen werden.
Wie schon in meinem Artikel von vor zwei Jahren erwähnt, sind hier vor allem das Persönlichkeitsrecht und das Missbrauchspotential zu erwähnen.
Selbst wenn die Portraits digital erstellt wurden, können sie trotzdem Bilder generieren, die echten, real existierenden Personen sehr ähnlich sehen. Auch wird es mit solchen Bildern für Betrüger und Scammer leichter, sich einen persönlichen Anstrich zu geben, aber trotzdem anonym zu bleiben.
Und wer hat das Urheberrecht, wenn die Bilder digital von einer Maschine erzeugt wurden? Was passiert also, wenn jemand diese Bilder ohne Bezahlung benutzen würde? Kann die Agentur Nutzungshonorare einklagen?
Gefahr für Fotografen?
Vor zwei Jahren war ich entspannt, dass der aktuelle Stand der Technik Stockfotografen nicht gefährlich wäre. Das gilt mittlerweile nur noch mit Einschränkungen. Zum einen hat sich die Bildauflösung von 1 auf 2 Megapixel verdoppelt. Das ist absolut gesehen zwar immer noch recht wenig, aber schon eine deutliche Steigerung.
Weggefallen ist nun jedoch offensichtlich die Einschränkung, dass die generierten Portraits nicht kommerziell genutzt werden dürfen, was die Bedrohung für Portraitfotografen massiv steigert.
Für Stockfotografen bleiben auch im Portraitbereich zwar noch sehr viele Bereiche, welche die KI aktuell nicht abdecken kann, aber ich vermute, dass diese Bereiche im Laufe der Zeit weiter schrumpfen werden.
Ein kleiner Hoffnungsschimmer ist aktuell, dass die Verschlagwortung momentan mehr als dürftig ist: So enthält das obige Bild nur die neun Suchbegriffe:
Diese widersprechen sich einerseits (girl/adult) und sind auch nicht sehr akkurat (young) und wichtige andere Schlagwörter wie die Ethnie, der Gefühlsausdruck und so weiter fehlen völlig. Das kann sich mit etwas Motivation seitens der Bildagentur jedoch schnell ändern.
Vor wenigen Tagen hat die deutsche Bildagentur Panthermedia die Webseite Smarterpix.com vorgestellt. Das ist deren neue Plattform für kostenlose Bilder. Davon sind ca. 100.000 Bilder komplett kostenfrei erhältlich, weitere ca. 20 Mio. Bilder sind „kostenlos“ im Rahmen eines monatlichen Abonnements von aktuell 9,90 Euro (Einführungspreis).
Die kostenlosen Fotos kommen aus einer eigenen Kollektion an Fotos, die Bilder der kostenpflichtigen Mitgliedschaft bestehen aus PantherMedia-Fotos und Fotos eines Partners, vermutlich „Glow Images“, so häufig, wie diese in den Suchergebnissen auftauchen:
Die Bilder sollen allesamt rechtegeklärt sein, also mit Model- und Property Release versehen und auf potentielle Markenrechte etc. geprüft.
Warum macht Panthermedia das?
Wie schon Adobe Stock bei der Einführung von deren kostenloser Kollektion begründet auch Panthermedia das Verschenken von Bildern mit dem großen Angebot anderer Kostenlosplattformen:
„Kostenlose Bilderplattformen (z.B. unsplash, pixabay, pexels) haben in den letzten Jahren ein enormes Wachstum hingelegt und eine große Bedeutung gewonnen. Letztes zeigt auch, das Getty Images kürzlich unsplash erworben hat.“
Das Problem analysiert Panthermedia – vermutlich eher unbewusst – auch gleich in deren Mail an die eigenen Fotografen mit. Sie schreiben u.a. über die Nutzer der Gratis-Plattformen:
„Die Zahlungsbereitschaft ist bei diesen Kundengruppen, trotz der eh schon sehr geringen Preise bei Bildagenturen, kaum oder gar nicht vorhanden und im besten Fall sehr gering. Der Nachteil bei diesen Plattformen ist jedoch das rechtlich unsichere Umfeld und die damit verbundenen Risiken für Kund*innen.
PantherMedia hat sich also entschieden diese neuen Kundengruppen anzusprechen und den Bestandskund*innen mit geringeren Lizenzanforderungen eine Alternative zu bieten, anstatt diese gänzlich zu verlieren. Ziel von smarterpix.com ist das „Upselling“ von smarterpix.com auf PantherMedia für Projekte mit höheren Lizenzanforderungen und die Erschließung neuer Einnahmequellen durch Mitgliedschaftsgebühren, Werbeeinnahmen, Sponsoring-Einnahmen, API-Gebühren und weitere.“
Seht ihr die beiden Probleme?
Erstens: Die Nutzung von Gratis-Bilddatenbanken war bisher mit rechtlichen Risiken verbunden. Warum sollten also Microstock-Agenturen, die ihr Geld mit der Bildlizenzierung verdienen, für die leidgeplagten Gratis-Nutzer in die Bresche springen und denen zusätzlich weitere Gratis-Bilder anbieten, diesmal sogar rechtlich geprüft? Diesen Gedankengang fand ich schon bei der Einführung der kostenlosen Adobe Stock-Kollektion fragwürdig und bleibe weiterhin dabei.
Zweitens: Panthermedia gibt klar zu, dass die aktuellen Nutzer von Gratis-Plattformen kein Geld zahlen wollen und falls doch, nur sehr wenig. Die „Erschließung neuer Einnahmequellen“, von denen die Panthermedia-Geschäftsführer Robert Walters und Tomas Speight reden, wird so zusätzlich erschwert. Doch dazu gleich mehr.
Interessanter finde ich, mit welchen Argumenten Panthermedia den Fotografen es schmackhaft machen will, ebenfalls kostenlose Bilder anzubieten. Adobe Stock war da ja ziemlich ehrlich und meinte: „5 Euro für jedes Foto, welches wir ein Jahr verschenken dürfen“. Panthermedia meint:
„Wieso kostenlose Fotos anbieten? Nun, erstens beteiligen wir auch die Fotograf*innen kostenloser Fotos an allen Einnahmen (Werbung, Sponsoring, API-Gebühren, etc.). Zweitens ist für die Nutzung der kostenlosen Fotos die Urhebernennung verpflichtend. Somit werden Links generiert und auch der Urhebername wird kommuniziert. Zukünftig werden wir also das Eigenmarketing von Fotograf*innen damit unterstützen können. Sollten kostenlose Fotos ohne Urhebernennung genutzt werden, so liegt ein Urheberrechtsverstoß vor, den wir rechtlich verfolgen können. An möglichen Strafzahlungen wird der*die Urheber*in selbstverständlich beteiligt.“
Gehen wir die Argumente nacheinander durch. Werbeeinnahmen sind ein Witz. Welches Unternehmen hat Interesse daran, in einem Umfeld zu werben, in dem sich vor allem Leute tummeln, die sich dadurch definieren, dass sie kein Geld ausgeben wollen. Früher haben sich Gratis-Plattformen wie Pixabay etc. durch Affiliate-Einnahmen der Microstock-Agenturen finanziert, aber je mehr Bildagenturen eigene kostenlose Kollektionen anbieten, desto weniger wird hier in Zukunft zu holen sein. Gleiches gilt für das Sponsoring. Auch hier konkurrieren mittlerweile viele Gratis-Plattformen um die gleichen „Sponsoren“.
API-Gebühren wären interessant, wenn sie denn umsetzbar wären. Ich hatte ja schon bei Unsplash-Übernahme durch Getty Images spekuliert, dass deren API-Zugang der spannendste Teil des Deals gewesen sein dürfte. Aber solange Getty keine Bezahlung für die API-Nutzung bei Unsplash verlangt, dürfte es für Panthermedia unmöglich sein, das Gleiche erfolgreich bei Smarterpix zu tun.
Die Mitgliedgebühren für das Abo-Modell halte ich für die fast einzige realistische Option in der Aufzählung. Mit zwei kleinen Haken: Fotografen können anhand der Formel, mit der das Geld verteilt wird, im Voraus kaum kalkulieren, wie viel so für einen Verkauf bekämen:
„Summe aller Mitgliedschaftsgebühren eines Monats / Summe aller Downloads eines Monats) * Anzahl der Downloads des jeweiligen Fotografen * 50% = Guthaben des Fotografen im jeweiligen Monat.“
Als Rechenbeispiel: Würde jeder Abo-Nutzer, der die 9,90 Euro pro Monat zahlt, im Monat 100 Bilder runterladen, erhielte jeder Fotograf pro Download 5 Cent. Würde jeder Nutzer nur 10 Bilder runterladen, wären es 50 Cent, wären es jedoch 1000 Downloads, wäre es nur ein halber Euro-Cent pro Download. Zwei zweite Haken ist ersichtlich: Den Preis bestimmt nicht mehr der Fotograf oder die Bildagentur, sondern der Bildnutzer selbst durch sein Download-Verhalten.
Als weiteren Vorteil versucht Panthermedia die notwendige Namensnennung bei den kostenlosen Bildern zu verkaufen als „Eigenmarketing für die Fotografen“. Juhuu, dann sind diese Fotografen bald den Geizkragen von Gratis-Bildsuchern bekannt als die Leute, die ihre Bilder verschenken. Da höre ich ja schon die hochpreisigen Aufträge reinrauschen (/ironieoff). Mal ganz abgesehen davon, dass die Namensnennung bei allen Agenturen zumindest für die redaktionelle Nutzung vorgeschrieben ist.
Fast schon Augenwischerei ist das letzte Argument, dass Fotograf*innen an möglichen Schadensersatzzahlungen beteiligt würden, wenn die kostenlosen Bilder ohne Urhebernennung genutzt werden. Da scheint Panthermedia entweder die aktuelle Rechtsprechung nicht zu kennen oder verschweigt sie mutwillig den umworbenen Fotograf*innen. Denn: Es gab in den letzten Jahren einige Gerichtsurteile (z.B. hier oder hier), wonach – verkürzt gesprochen – Fotos, die kostenlos angeboten wurden, keinen wirtschaftlichen Wert hätten, der Schadensersatz begründen würde. Abgesehen davon sehe ich praktisch nicht, wie Panthermedia in größerem Umfang wegen fehlender Urhebernennung gegen Bildnutzer von smarterpix vorgehen könnte, ohne die anderen Einnahmeformen wie z.B. das Abo-Modell zu gefährden, welches ja davon lebt, dass die Bilder „rechtssicher“ seien.
Ist die Selbst-Kannibalisierung erfolgreich?
Im Artikel zur Einführung der kostenlosen Adobe-Stock-Kollektion schrieb ich im Anfang Juni: „Im Oktober 2020 noch hatte Unsplash 42 Downloads pro Sekunde, aktuell sind es „nur“ noch 37 Downloads/Sekunde.“ Mittlerweile sind es sogar nur noch 35 Downloads/Sekunde. Auch die Upload bei Unsplash sind im Vergleich zum Oktober 2020 um ca. 10% runtergegangen von ca. 90.000 Uploads im Monat auf ca. 81.000 Uploads. Ob da nun die neuen kostenlosen Angebote für verantwortlich sind, oder andere Gründe eine Rolle spielen, kann ich nicht beurteilen.
Während Panthermedia als Vorteil zu Unsplash die Rechtssicherheit bewirbt, wird der Nachteil von Smarterpix erst bei der Bildsuche deutlich: Bildsucher bekommen einen Mix von kostenlosen und kostenpflichten Bildern angezeigt. Das „P“ oben rechts bei jedem Bild zeigt an, dass für diesen Download das kostenpflichtige Abo notwendig ist. Wer also bequem gratis Bilder suchen will, findet diese auf anderen Webseiten schneller, zumal bei spezielleren Suchbegriffen schnell gar keine Bilder ohne das „P“ auffindbar sind.
Ob weitere kostenlose Bilder wirklich geeignet sind, um den Vormarsch kostenloser Bilder aufzuhalten, wage ich weiterhin zu bezweifeln. Bessere Vorschläge habe ich spontan leider auch nicht.
Im Juli 2020 kündigte die Bildagentur Panthermedia an, dass sie kostenlose Bilder anbieten wollen, welche sich durch Werbung und andere Quer-Subventionierungen wie zum Beispiel Premium-Mitgliedschaften, Sponsoren und API-Partner-Gebühren finanzieren sollen.
Auf meiner Facebook-Seite habe ich bereits darauf hingewiesen (siehe Link oben) und es gab etliche Kommentare dazu, in denen sich auch der Panthermedia-Geschäftsführer Robert Walters zu Wort meldete.
KÖLN, September 2019: Große iPhones mit Spotify App auf der DMEXCO Messe (Foto: Robert Kneschke)
Er verteidigte sein Vorhaben hier mit diesen Argumenten:
„Märkte ändern sich und es sind die Firmen, die sich anpassen bzw. neue Modelle ermöglichen, die bestehen bleiben. Beispiel Musikindustrie. Gab es damals (zum Nachteil vieler Konsumenten) nur CDs zu kaufen, so bieten die Streaming-Dienste die Musik auch kostenlos an, finanziert durch Werbung oder Premium-Mitgliedschaftsgebühren. Diese Lizenzkette hat sich auch geändert. Ich finde zum Vorteil der Konsumenten. Auf Seiten der Künstler war es sicherlich für einige hart, andere wiederum entdeckten neue Möglichkeiten bekannt zu werden und/oder ihre Kunst zu monetisieren. Wichtig ist es nur, keine Interessensgruppe auszuschließen. Die Musiker werden über spotify/Musikgesellschaften bezahlt. Und wie schaut es da bei unsplash & Co aus?“
In einem weiteren Kommentar schrieb er hier noch:
„Nur wenige % der kostenlos-Downloader sind bereit für Premium-Mitgliedschaften etwas zu bezahlen. Privatleute wohl zu nahezu 100% nicht. Was ich aber zu der Kritik ergänzen möchte ist, dass es neue Wege der Monetarisierung geben wird bzw. schon gibt. Beispielsweise könnte ja die Werbeindustrie dafür bezahlen, ihre Fotos mit ihren Produkten hochzuladen und zu verbreiten (wird ja schon gemacht auf unsplash, z.B. Motorräder oder beauty Produkte). Das machen die Werbetreibenden aber nur auf Plattformen mit entsprechender Reichweite. Und wer hat geholfen die Reichweite aufzubauen? Richtig, die Fotografen. Insofern wäre es doch nur fair den Fotografen auch an den Einnahmen zu beteiligen, oder? Die klassische Lizenzierungskette funktioniert nicht bei Privatleuten. Aber besser als Bilder zu klauen ist es die Bilder legal und kostenlos anzubieten, geponsort durch Dritte. Außerdem finde ich es auch fair im Gegenzug für ein kostenloses Bild ein Werbevideo anzuschauen. Also: jeder verdiente Euro sollte an die Leute gehen, die das ermöglichen. Also neben dem Plattform-Betreiber auch die Content-Lieferanten. Dies ist bei den bisherigen Modellen aber nicht so. Insofern verstehe ich den Unmut einiger Fotografen kostenlose Bilder zur Verfügung zu stellen.“
Wer meinen Blog schon etwas länger verfolgt, weiß, dass ich mich sehr dafür interessiere, wie Firmen mit kostenlosen Inhalten Geld verdienen und habe mir z.B. im Foto-Bereich Angebote wie Unsplash oder Pixabay z.B. hier, hier, hier und hier genauer angeschaut.
Bisher kaum zur Sprache kam im Blog der branchenfremde Musikstreaming-Anbieter Spotify (nur ein Mal vor neun Jahren hier).
Da Herr Walters den direkten Vergleich zwischen dem Geschäftsmodell von Spotify sowie kostenlosen Fotos gezogen hat, wollen wir mal schauen, wo die Gemeinsamkeiten und Unterschiede liegen.
Erst einmal: Üblicherweise ist die komplette Geschäftsausrichtung eine ganz andere: Währen Spotify im „B2C“-Bereich (Business to Customer) tätig ist, arbeiten Bildagenturen in der Regel im „B2B“-Bereich (Business to Business), wenn auch Microstock das aufgrund der geringeren Preise etwas aufgeweicht hat.
B2C bedeutet, dass eine Firma vor allem Geld mit den Endnutzern, normalen Verbrauchern, verdient. B2B bedeutet, dass Firmen ihr Geld mit anderen Firmen (oder Behörden, Vereinen, Stiftungen, etc.) verdienen.
Das ist ein wichtiger Unterschied, weil es oft um andere Verwendungszwecke geht, die andere Preise rechtfertigen.
Aus Konsumenten-Sicht, also aus Sicht der Kunden, ist das Angebot von Spotify durchaus attraktiv: Mit einem kostenlosen Account kann man deren gesamtes Musikangebot hören, wird halt oft von Werbung unterbrochen und die Soundqualität ist geringer als beim bezahlpflichtigen Premium-Account.
Aus Künstler-Sicht sieht es schon weniger rosig aus. Laut diesem Artikel bekommen Musiker bei Spotify ca. $0,003 pro Aufruf, also ca. 1 US-Cent für 3 Aufrufe. Leider ist unklar, ob da schon der Anteil vom Label und Musikverlag abgezogen wurden, vermutlich noch nicht. Im Detail unterscheidet sich die Höhe der Kommissionen noch, je nachdem in welchem Land ein Song abgerufen wurde, ob mehr als die Hälfte vom Song gehört wurde und ob der Nutzer einen Premium-Account besitzt oder nicht.
Bei Nummer-1-Hits, welche viele Millionen Male abgespielt werden und in zahlreichen Playlists auftauchen, lohnt sich das. Für Nischen-Musiker mit einem kleinen Publikum reichen die Einnahmen nicht zum Leben. Der Großteil des Umsatzes wird da durch Konzerttickets und Merchandise wie T‑Shirts etc. verdient. Eine ausführliche Analyse seiner Streaming-Einnahmen bietet der Musiker Benn Jordan im verlinkten Video:
Für Spotify selbst rechnet sich das alles übrigens immer noch nicht. Im Jahr 2020, also noch 14 Jahre nach der Gründung erzielte Spotify pro Tag(!) ca. 2,2 Mio. USDVerlust.
Wie müsste das Angebot der Bilderbranche genutzt werden, damit der Vergleich zu Spotify gerechtfertigt wäre? Ich würde sagen, ähnlich wie bei Pinterest: Wenn dort nur private Nutzer wären, welche sich Bilder ansehen, in Galerien thematisch zusammenstellen und die Bilder anderer Nutzer ansehen etc., dann wäre ein Lizenzmodell analog zu Spotify vorstellbar: Die Gratis-Nutzer sähen dann zwischen den Bildern viel Werbung und die Bilder selbst würden stärker komprimiert als bei Premium-Kunden und die Möglichkeit der Galerie-Erstellung wäre ebenfalls eingeschränkt, wenn mensch keinen Premium-Account nutzt.
Ironischerweise wäre das alles für einen Anbieter wie Pinterest problemlos möglich, aber selbst das wird da nicht genutzt, um die Urheber angemessen zu vergüten. Stattdessen gibt es einige wenige Agenturen wie Getty Images, welche 2013 einen Deal mit Pinterest abschlossen. Dabei wird aber gar nicht die Bildnutzung als solche entlohnt, sondern Pinterest bezahlt Getty für die Metadaten zu den Bildern. Die Honorare für den Fotografen sind bei diesen Summen so gering, dass die Buchhaltungssoftware diese vielen Nullen vor und auch nach dem Komma einfach auf Null rundet und damit die Fotografen weiterhin leer ausgehen. Geld erhält nur die Bildagentur.
Üblicherweise werden Bilder jedoch von anderen Firmen genutzt, um Artikel zu illustrieren, Produkte und Dienstleistungen zu bewerben oder für Kunden attraktiver zu sein. Die Bilder bringen also einen Mehrwert. Warum diese Firmen also nun Bilder gratis erhalten sollten, um damit Geld zu verdienen, erschließt sich mir nicht.
Nun könnte jemand einwenden, dass private Nutzer durchaus gerne Bilder nutzen würden, wenn sie denn gratis verfügbar wären. Das Probem wäre jedoch, dass bisher bei keinem mir bekannten Geschäftsmodell dafür gesorgt wäre, dass Firmen darauf keinen Zugriff hätten. Außerdem gibt es kein Argument, Leuten Bilder zu schenken, nur weil sie nicht bereit sind, diese zu bezahlen. Wenn sie kein Geld für Bilder ausgeben wollen, sollen sie halt keine nutzen. Denn diejenigen, die für diesen schäbigen „Robin Hood“-Promo-Move zahlen sollen, werden letztendlich wie immer im kreativen Bereich die „Content Creators“ sein, hier also die Fotografen.
Robert Walters verglich auch Unsplash mit Spotify, die mit dem Unterschied agieren, dass Unsplash Fotografen einfach gar nicht bezahlt. Inwiefern dann für Konsumenten ein anderes Angebot mit Werbung und/oder Premium-Mitgliedschaften attraktiver als Unsplash sein sollte, ist mir ebenfalls unklar.
Wie in meinem Artikel beschrieben verbrennt auch Unsplash (wie Spotify) vor allem das Geld risikofreudiger Investoren und hat bisher kein tragfähiges Geschäftsmodell entwickelt. Ich bin mir ziemlich sicher, dass auch da intern schon Monetarisierungsmöglichkeiten wie Premium-Mitgliedschaften, bezahlten AUP-Anbindungen etc. diskutiert oder ausprobiert wurden.
Die oft so gepriesene „Werbeindustrie“ als Finanzierungsmöglichkeit kostenloser Inhalte wird allein wegen des Mediums „Bild“ deutlich schlechter funktionieren als in anderen Branchen.
YouTube mit seinen Videos eignet sich sehr gut, um kostenlose Inhalte durch Werbung zu finanzieren. Wer ein Video sehen will, muss halt die Werbespots über sich ergehen lassen. Wer hingegen in einer Zeitschrift eine Werbung sieht, kann sie einfach schnell überblättern. Selbst auf Webseiten sind die meisten Nutzer komplett blind für Werbebanner geworden, wenn sie nicht sogar gleich Werbeblocker einsetzen.
Die mangelnde Profitabilität von Spotify führt sogar dazu, dass die Firma etwas trickst, indem bei häufig gehörten Playlists mit wenig markanten Songs (zum Beispiel Playlists zum Einschlafen oder konzentrierten Arbeiten mit dahinplätschernder Piano-Musik) künstlich generierte Songs eingeflochten werden, für welche Spotify keine Tantiemen zahlen muss.
Wenn also Spotify als Paradebeispiel für kostenlose Angebote an Konsumenten dienen soll, sollten sich Fotografen und Illustratoren sehr vorsehen bei der Einführung von Gratis-Bilderdiensten.
Die Münchener Bildagentur Panthermedia hinkt ja dem Trend immer etwas hinterher.
So will sie jetzt auch in den Bereich des „Bilder Streaming“ einsteigen, bei dem Bildnutzer (Bildkäufer kann man ja gar nicht mehr sagen) Bilder kostenlos nutzen dürfen, wenn sie diese zusammen mit Werbung auf ihrer Webseite einblenden. Panthermedia erklärt das Ganze in einem Newsletter so:
„Ein Verlagskunde, Blogger oder Websitebetreiber „streamt“ Bilder (kein Download) von PantherMedia in seine Website. Dazu kopiert er ein Code-Snippet in seine Website und gewährt PantherMedia dadurch Zugriff auf das Foto und blendet darin von uns geschaltete Werbung ein. Für jede Page Impression (Aufruf einer Website bzw. Anzeige eines Fotos) zahlt ein Advertiser eine Gebühr. Diese Gebühr wird auf alle Parteien in der Kette verteilt: dem Fotografen, dem Verlag und dem Vermittler des Fotos und der Werbung.“
Schon vor über vier Jahren hat genau das der Marktführer Getty Images mit „Getty Embed“ versucht. Sonderlich erfolgreich scheint dieses Modell jedoch nicht zu sein. Bisher habe ich das noch NIE in der Praxis irgendwo auf einer Webseite im Einsatz gesehen. Warum sollte auch ein Webseitenbetreiber die Kontrolle über seine Werbeeinnahmen aus der Hand geben, nur um paar Euro für die Bildnutzung sparen zu können?
Natürlich behauptet Panthermedia wie auch bei der Einführung ihres Abomodells, dass diese Sonderlizenz“ für „mehr Einnahmen“ würde:
„In diesem Modell hat jeder Teilnehmer Vorteile: Der Verlagskunde nutzt weiterhin rechtlich kontrollierte Bilder mit echter Lizenz und großer Auswahl, der Fotograf erhält erfolgsabhängige Lizenzeinnahmen auf Basis der Seitenaufrufe, die Bildagentur erhält wie bisher einen Anteil für die Bildlizensierung und die Advertising-Agentur für die Werbedienstleistung. Sogar der Advertiser gewinnt in diesem Modell, denn er erhält einen besonders aufmerksamkeitsstarken und kontextrelevanten Werbeplatz.“
Dabei bedeutet das anders formuliert nur: Der Fotograf trägt jetzt das Risiko, ob eine Werbekampagne oder eine Webseite gut läuft, vorher wird er nicht bezahlt. Dabei hat er auf die Qualität der Werbung oder der Webseite überhaupt keinen Einfluss.
Außerdem: Lohnende Werbung erhalten vor allem Webseiten mit viel Traffic. Genau diese Seiten werden aber nicht hr lukratives Werbegeschäft außer Haus geben und mit Fotografen, einer Bildagentur und einem Werbe-Publisher teilen, nur um (je nach Panthermedia-Abomodell) 32 bis 190 Cent pro Bild sparen zu können.
Meiner Ansicht nach führt das „Image Streaming“, soweit überhaupt von den Kunden angenommen, nicht zu einer Umsatzsteigerung, sondern zu einer Kannibalisierung. Wurde früher der Fotoerlös von zwei Parteien geteilt, also Fotograf und Bildagentur, wollen beim Image Streaming nun vier Parteien ihren Anteil haben: Fotograf, Bildagentur, Verlag und dem Werbevermittler. Keine Ahnung, wo Panthermedia den Verlag in ihrer Aufzählung her hat, aber den Werbevermittler haben sie mit Adpressi praktischerweise gleich selbst gegründet: So bleibt mehr Geld in der eigenen Tasche.
Immerhin bietet Panthermedia an, die neue Option bis zum 29.11.2018hier in der Rechteverwaltung im Anbieterbereich deaktivieren zu können, falls man kein Interesse an dieser Kannibalisierung „zukunftsweisenden Gelegenheit“ hat. Auch danach ist ein Opt-Out weiterhin möglich.
„Künstliche Intelligenz“ als Buzzword darf aktuell natürlich nicht fehlen:
„Was wir nun sehr oberflächlich mit „Werbung“ beschreiben, ist jedoch eine sehr komplexe Entwicklung auf Basis künstlicher Intelligenz.“
Mich wundert es fast, dass sie nicht alles auf „Blockchain“-Basis aufgebaut haben, um es in der „Cloud“ zu lagern.
Da sich ein Trend nicht alle bildet, gibt es auch schon einige Mitbewerber, welche ebenfalls den Markt des „Image Streaming“ beackern wollen: SmartFrame aus Großbritannien sowie imageprotect aus den USA.