Bei dieser Frage per Email habe ich kurz überlegt, ob ich sie einfach löschen solle. Dann aber dachte ich daran, dass ich mir noch vor fünf Jahren fast das Gleiche gedacht habe und deshalb will ich die Frage ernsthaft beantworten.
„Hallo Robert,
ich beschäftige mich erst seit kurzem mit der Stockfotografie. Was ich mich die ganze Zeit frage ist: Wie soll man denn einen Gewinn erzielen, wenn man pro gekauften Foto nur wenige Cent verdient, aber einem Model beispielsweise 70€ bezahlt?
Hoffe Du kannst mir helfen?
Beste Grüße,
Dominik“
Zunächst einmal: Die „wenigen Cent“ sind oft eher ein Argument von Microstock-Hassern, welche selbst kaum Fotos anbieten. Ich habe hier meine durchschnittlichen Umsätze pro Fotoverkauf aufgelistet. Die fünf größten Microstock-Agenturen zusammen (Shutterstock, Fotolia, iStockphoto, Dreamstime, 123rf) bringen im Schnitt 0,81 Euro pro Bildverkauf. Das liegt zwar immer noch im Centbereich. aber „wenige Cent“ sind das für mich nicht.
Doch selbst wenn wir annehmen, Dominik hätte gefragt, wie man Gewinn erzielt, wenn man pro Fotoverkauf nur einen Euro bekommt, bleibt seine Frage berechtigt.
Kann man mit Stockfotos Geld verdienen? Ja, das habe ich regelmäßig gezeigt, auch wenn das einige anzweifeln.
Wenn man einem Model 70 Euro zahlt, hängt es natürlich auch davon ab, welche Motive man mit diesem Model umsetzt und wie viele Bilder man online stellen kann. Wer aus einem Model-Shooting nur 10 Bilder hochladen kann, braucht pro Bild 8–9 Verkäufe, nur um die Modelkosten zu decken. Wer aus dem Shooting jedoch 50 Bilder holen kann, braucht nur knapp 2 Verkäufe pro Bild.
Ich selbst nehme aus einem Model-Shooting im Schnitt ca. 100 Bilder mit, die ich verkaufen kann. Da brauche ich dann weniger als einen Verkauf pro Bild, um die Modelkosten zu decken. Viel wahrscheinlicher ist jedoch, dass eines der 100 Bilder zu seinem Bestseller wird, der sich einige hundert Mal verkauft. Diese Chance ist bei 100 hochgeladenen Bildern natürlich höher als bei 10 Bildern aus dem Shooting.
Es geht aber auch andersrum. Ich habe letzten Monat bei einer Makrostockagentur ein Foto von einem Bauern bei der Ernte an eine Fernsehzeitschrift verkauft. Dafür habe ich 307 Euro Honorar bekommen. Dieser Verkauf allein hat die Modelkosten locker gedeckt. Und bei diesem Shooting habe 40 Bilder im Verkauf.
Gerne nehme ich bei solchen Fragen auch einen anderen Vergleich: Ein Kilo Zucker kostet im Handel ca. einen Euro. Daran verdienen mindestens der Hersteller und der Händler. Ich selbst wäre bei weitem nicht in der Lage, für einen Euro Zuckerrüben anzupflanzen, diese zu gießen, düngen, dann zu ernten, reinigen, zerkleinern, verdampfen, kristallisieren und raffinieren. Selbst ohne Verpackung und Transport würde mich all das deutlich mehr als den einen Euro kosten.
Aber wieso verdienen dann zwei Firmen (Hersteller und Händler) trotzdem daran. Die Masse macht’s. Durch Automatisierung und große Mengen wird selbst die Produktion von „Centartikeln“ lukrativ. Da unterscheidet sich der Microstock-Markt kaum von anderen Massenmärkten. Der größte Unterschied ist vielleicht, dass es bei Microstock-Agenturen einfach ist, auch als Anfänger wenige Fotos unterzubringen. Solange aus den wenigen Bildern aber keine „Masse“ wird, kann der Fotograf durch seine Fixkosten (Kamera, Computer, etc.) daran nichts verdienen.
Was sagt ihr? Wie erklärt ihr jemanden, dass sich auch der Verkauf zu Centbeträgen lohnen kann?
In letzter Zeit habe ich des öfteren Emails mit kurzen Fragen bekommen. Meist habe ich diese kurz beantwortet, bis ich gemerkt habe, dass sich einige Fragen doch wiederholen. Deswegen möchte ich die Fragen wieder vermehrt hier im Blog veröffentlichen, damit ich bei Bedarf auf die Antwort verlinken kann und ihr auch als Leser etwas davon habt.
Vor paar Tagen schrieb mir Thorsten:
„Hallo Robert,
ich habe gestern ausführlich deine Beiträge über Microstockagenturen studiert. Ich fand darin viele übereinstimmende und neue Informationen zu diesem Thema.
Ich selbst bin seit 2010 bei Fotolia und begann mit Fotos. Musste aber feststellen, dass ich mehr Talent in der Bildbearbeitung/Manipulierung, Illustrationen und Vektoren habe. Da ich das noch nebenbei mache, ist mein Portfolio bei weitem nicht so groß. Aber ich scheine auf dem besten Weg zu sein, dass meine Grafiken immer mehr Zuspruch finden.
Aber weshalb wende ich mich an dich? Ich habe eine Frage: Welche Erfahrungen hast Du in puncto angebotene Credits? Ich sehe bei dir, dass du fast alle Bilder mit 1, max. 2 Credits anbietest. Ist es aus deiner Erfahrung sinnvoller, mit einem Credit die Bilder anfangs einzustellen? Oder welchen Tipp kannst du mir geben? Ich wäre dir für eine kurze Antwort sehr dankbar.
Viele Grüße
Thorsten“
Wem der ganze Microstock-Bereich neu ist, der versteht vielleicht die Frage nicht, deshalb eine kurze Erklärung. Bei vielen Bildagenturen können die Bilder nur mit einer Kunstwährung namens „Credits“ bezahlt werden. Über den Daumen gepeilt ist ein Credit meist ca. ein Euro, aber wer viele Credits kauft, bekommt viel Rabatt.
Bei der Bildagentur Fotolia haben Fotografen in gewissen Grenzen die Möglichkeit, den Startpreis für ihre Bilder selbst festzulegen. Standard ist 1 Credit für die kleinste Größe und dann immer mehr Credits für die nächstgrößeren Auflösungen. In dieser Tabelle seht ihr, ab welcher Ranking-Stufe die (nichtexklusiven) Fotografen den Startpreis der Credits festlegen können. Exklusive Fotografen haben noch mehr Möglichkeiten.
Wer ein Bild mit zwei oder drei Credits als Startpreis verkauft, der kann pro Verkauf das Doppelte oder Dreifache verdienen.
Deshalb ist die Frage von Thorsten legitim, was sinnvoller ist: Lieber Viele Verkäufe mit 1 Credits oder weniger Verkäufe mit 2–3 Credits?
Bei der Beantwortung gibt es vor hauptsächlich vier Punkte zu berücksichtigen: Angebot und Nachfrage, Ranking, Konkurrenz-Preise und die Rückstufung.
Angebot und Nachfrage
Es ist ein einfaches marktwirtschaftliches Prinzip: Angebot und Nachfrage regeln den Preis. Dieser wird durch die Credits gesteuert. Das heißt vereinfacht: Wer sehr generische Motive fotografiert, die viel Konkurrenz haben, zum Beispiel freigestellte junge Damen oder Obst oder niedliche Katzen, der sollte bei einem Credit bleiben. Wer aufwändigere Shootings macht, die nicht so leicht zu kopieren sind, kann auch zwei Credits ansetzen und wenn diese Motive dann noch stark nachgefragt werden, sogar drei Credits. Ich habe das mal in eine Kreuzmatrix gefasst:
Auch der eigene Verdienst sollte etwas berücksichtigt werden. Ich habe mal einen zweiteiligen Test gemacht (siehe hier und hier), der gezeigt hat, dass man trotz weniger Downloads mit höheren Credit-Preisen mehr verdient. Demnach würde es ja für jeden sinnvoll sein, die Preise so hoch wie möglich anzusetzen? Nein. Denn auch die folgenden Faktoren spielen eine Rolle.
Das Ranking
Bei Fotolia steigen die Fotografen umso höher im Ranking, je mehr Fotos sie verkauft haben. Mit jeder weiteren Ranking-Stufe erhalten sie mehr Prozent vom Verkaufspreis (erkennbar als „Lizenzgebühr“ in der ersten Grafik oben). Die Fotografen beginnen bei 20% und können bis 46% erhalten. Wer seine Fotos nicht mit dem Startpreis von 1 Credit, sondern mit 2 oder 3 anbieten will, sollte bedenken, dass diese Bilder dann seltener verkauft werden. Das ist unter dem Strich durch den doppelten Verkaufspreis zwar trotzdem lukrativ, aber zu bedenken ist, dass der Fotograf auch mit jeder höheren Ranking-Stufe zwischen zwei bis sechs Prozentpunkte mehr Umsatz erhält. Auch dadurch erhält der Fotograf mehr Geld.
Meine Empfehlung ist daher, dass mindestens bis zum Erreichen des Gold-Status die Preise bei 1 Credit belassen werden sollten. Danach kann man selbst entscheiden, ob es sinnvoll ist, zu versuchen, die nächsthöhere Stufe durch mehr Verkäufe erreichen zu wollen, oder lieber direkt mehr abkassiert. Nicht ganz so relevant, aber unter ungünstigen Bedingungen entscheidend sind zwei weitere Punkte.
„Erhält Fotolia Kenntnis, dass ein nicht exklusiver Anbieter des Levels „Smaragd“ oder höher im Fotolia Ranking seine Bilder, Vektoren oder Videos (die „Werke“) über andere Stockagenturen oder Webseiten vertreibt (von denen mindestens einige Werke die selben sind wie die über Fotolia angebotenen), und sind die für diese Werke erhobenen Downloadpreise der anderen Stockagenturen oder Webseiten im Vergleich niedriger als die für das Level „Weiss“ im Fotolia Ranking geltenden Downloadpreise, dann behält sich Fotolia gemäß der anwendbaren Gesetze vor, die Preise nach eigenem Ermessen und entsprechend der Konditionen für Anbieter mit dem Level „Weiss“ im Fotolia Ranking anzupassen. Im Rahmen der anwendbaren Gesetze ist Fotolia berechtigt aber nicht verpflichtet, sich von Zeit zu Zeit zu erkundigen, ob einzelne Anbieter des Levels „Smaragd“ oder höher im Fotolia Ranking ihre Werke über andere Stockagenturen oder Webseiten vertreiben, wobei diese Anbieter verpflichtet sind, Fotolia unmittelbar auf Anfrage mit diesen Informationen zu versorgen.“
Wer also bei Fotolia das Smaragd-Ranking erreicht hat und seine Bilder für 2 oder 3 Credits anbietet, gleichzeitig aber Bildagenturen beliefert, die für die XXL-größe weniger als 10 Euro/Credits verlangen, könnte von Fotolia auf das Level „Weiß“ zurückgestuft werden. Preislich betrifft das zum Beispiel Agenturen wie 123rf, Canstock oder PhotoDune und nach der jüngsten Preissenkung sogar iStockphoto.
Es scheint von Fotolia jedoch nicht streng gehandhabt zu werden. In der Praxis ist nur bekannt, dass Yuri Arcurs damit gezwungen wurde, von 4 Credits Startpreis auf 3 zurückzuschrauben, bevor er sich endgültig zurückzog. Diese Option sollte man aber im Hinterkopf behalten. Etwas realer ist dagegen folgendes Szenario:
Rückstufung wegen geringer Verkäufe
Ende Juli führte Fotolia eine neue Änderung ein. Bilder, die sich seit sechs Monaten nicht mehr verkauft haben, werden preislich auf den normalen 1‑Credit-Startpreis runtergestuft. Nach 24 Monaten ohne Verkäufe erfolgt eine nochmalige Preisreduzierung. Hier die Preise nach einer solchen Rückstufung:
Wenn sich so ein runtergestuftes Bild wieder drei Mal verkauft hat, werden die Preise wieder auf den normalen Standard von 1 Credit bis 10 bzw. 12 Credits (ab Gold-Ranking) gesetzt. Das heißt für die Entscheidung beim Setzen des Startpreises: Wer sein Bild zu teuer anbietet, riskiert, dass es sich seltener verkauft und dann noch billiger als ohnehin schon angeboten wird.
Wie mache ich es?
Ich lasse alle meine Fotos standardmäßig auf 1 Credit. Nur exklusive Bilder fangen mit 2 Credits an. Wenn sich ein Bild besonders gut verkauft hat, mindestens 100x, dann setze ich es je nach Motiv auf 2 Credits hoch. Den Startpreis von 3 Credits darf ich ja erst seit meinem Erreichen des Saphir-Rankings vor einigen Wochen festsetzen, deswegen habe ich damit noch keine Erfahrungen gemacht.
Mit diesen vier Faktoren im Hinterkopf sollte jetzt jeder in der Lage sein, selbst entscheiden zu können, welcher Startpreis für welche Bilder der richtige ist.
Wie macht ihr das? Nach welchen Kriterien legt ihr eure Startpreise fest?
Vor paar Tagen hatte ich eine Email im Postfach mit einer interessanten Frage:
„Guten Abend,
ich habe ihren Fotoblog mit Interesse gelesen – bei weitem noch nicht alles 😉 . Ich hätte auch mal eine Frage, die mich interessiert bezüglich Stockagenturen. Was wäre Ihre Empfehlung bezüglich des Anmeldenamens bei Stockagenturen? Ich sehe, dass sehr viele einen Nickname verwenden und ich mir anfangs auch immer schwer tue, irgendwo meinen Realnamen zu veröffentlichen…warum auch immer, liegt wohl in meinem Sicherheitsdenken. Gibt es hier irgendwelche Pro’s und Con’s? 🙂
Herzlichen Dank für die Zeit und einen schönen Abend“
Damit sind wir gleich beim Thema: Was sind die Vor- und Nachteile von Klarnamen oder Pseudonymen bei Bildagenturen?
Im Grunde gibt es drei Optionen: Man verkauft die Fotos mit seinem eigenen Namen oder man wählt ein Pseudonym, welches entweder sofort als ein solches erkennbar ist wie z.B. „Detailblick“ oder „Picture-Factory“ oder man wählt einen Künstlernamen, der wie ein „echter“ Name wirkt, zum Beispiel „Yuri Arcurs“, der in Wirklichkeit Jacob Wackerhausen heißt.
Vorteile eines echten Namens:
Echte Namen erzeugen beim Bildkäufer Vertrauen, weil sie genau wissen, mit wem sie es zu tun haben. Außerdem lassen sich so eventuelle Synergieeffekte nutzen, wenn zum Beispiel Bildkäufer den Fotografen finden wollen, um ihn für ein Fotoshooting zu buchen oder der Fotograf Bücher schreibt.
Vorteile eines Pseudonym:
Einige Leute wollen gar nicht, dass andere mitkriegen, dass sie Fotos verkaufen. Dafür kann es verschiedene Gründe geben: Sei es, weil der Chef vom neuen Nebenverdienst nichts mitbekommen soll oder man sich als etablierter Fotograf mit hoher Tagesgage dafür schämt, andere Fotos gleichzeitig deutlich günstiger bei Bildagenturen zu vertreiben. Es können auch komische Situationen entstehen, wenn der Fotograf nebenbei fotografiert und im Hauptberuf mit Kunden oder Lieferanten zu tun hat, welche dann Fotos vom ihm bei Bildagenturen gekauft haben. Noch unangenehmer wird es, wenn diese die Bilder geklaut statt gekauft haben und abgemahnt werden sollen.
Wenn die eigene Firma irgendwann so groß wird, dass Angestellte und Mitarbeiter dazukommen, kann ein Pseudonym nützlich sein, weil ein Klarname eher mit einem Einzelunternehmen assoziiert wird. Auch die Auffindbarkeit in Suchmaschinen kann eine Rollen spielen, denn wer als Fotograf einen berühmten Namensvetter hat oder zum Beispiel „Hans Meier“ heißt, der wird im Internet schnell von nicht zu ihm gehörenden Treffern erschlagen und hat es schwer, sich dort durchzusetzen. Generell gilt: Wenn der eigene richtige Name sehr lang oder unaussprechlich ist oder man einen sehr verbreiteten Familiennamen wie Müller, Schmidt oder Meyer hat, bieten sich Pseudonyme an
Ein kleiner Nachteil von Pseudonymen ist, dass es – entweder in der Vergangenheit oder in der Zukunft – andere Leute geben könnte, welche den gleichen Namen nutzen wollen. Wer sich sein Pseudonym nicht schützen lassen hat, kann Probleme bekommen.
Künstlernamen bieten einen guten Kompromiss, weil sie wie echte Namen klingen, aber eben keine sind. Aber auch, wer als Fotograf seine verschiedenen Geschäftssparten voneinander trennen möchte, sollte über ein Künstlernamen für seine Stockfotos nachdenken, damit die Suchergebnisse nicht zum Beispiel die eigene Webseite für die Hochzeitsfotografie verdrängen.
Angesichts dieser vielen Vorteile von Pseudonymen liegt die Frage auf der Hand, warum ich dann meine Bilder trotzdem unter meinem richtigen Namen anbiete?
Am Anfang war ich noch Hobby-Fotos und mir nicht bewusst, dass der Bilderverkauf innerhalb weniger Jahre zu meiner Haupteinkommensquelle werden würde. Als ich mich nach drei Jahren Fotoverkäufen 2008 bei mehreren Microstock-Agenturen anmelden wollte, überlegte ich lange und wollte das Pseudonym „style-photographs“ wählen. Hier trat aber schon das Problem auf, dass einige Agenturen bei der Anmeldung keinen Bindestrich akzeptierten, andere nur weniger Zeichen als ich benötigt hätte und bei den bisherigen Agenturen war ich sowieso mit meinem richtigen Namen bekannt. So ließ ich es einfach bei meinem Klarnamen.
Vor allem, wenn man schon eine gewisse Bekanntheit erreicht hat, kann eine späte Änderung nachteilig sein, weil die Bildkäufer einen unter dem alten Namen nicht mehr finden.
Wie seht ihr das? Bietet ihr unter eurem echten Namen oder einem Pseudonym an? Und warum?
Die Leserin Chris fragte kürzlich in einem Kommentar im Blog, ob man Stockfotos bearbeiten solle:
„Ich habe irgendwo gelesen, dass Fotos für Stockagenturen unbearbeitet eingereicht werden sollten, weil die Käufer dies gerne selbst übernehmen wollen. Ist dies ein Ammenmärchen? Sollte man die Fotos also immer etwas “aufhübschen”?“
Noch bevor ich angefangen habe, ihre Frage in diesem Artikel ausführlich zu beantworten, waren zwei Leser so freundlich und haben so kompetente Antworten gegeben, dass ich diese zuerst komplett wiedergeben möchte, bevor ich noch einige Anmerkungen mache. Olaf schreibt:
„@Chris: Grundsätzlich erlaubt und meist auch erwünscht sind Bearbeitungen, die auf die Optimierung des Bildergebnisses aus sind. Zu nennen wären da z.B. die gerade Ausrichtung des Horizontes (es sei denn, es ist gewollt, dass das Bild “schief” ist), die Anpassung von Helligkeit/Kontrast/Lichtern/Schatten, Korrektur des Weißabgleichs, Retusche unerwünschter Bildelemente (nicht nur Pickel…) und der Beschnitt des Bildes.
Die Finger würde ich dagegen auf jeden Fall von Weichzeichnern, Farbfiltereffekten (auch Umwandlung in Schwarzweiß) und anderen “tollen” Photoshop-Effekten lassen. Selbst Rauschminderung und Scharfzeichnung würde ich nur sehr vorsichtig einsetzen und hier die endgültige Bearbeitung dem Käufer überlassen, da für unterschiedliche Einsatzzwecke zum Teil andere Einstellungen sinnvoll und notwendig sind. Aus diesem Grund ist es auch sinnvoll, die Bilder in der größtmöglichen Qualität zu exportieren (oft als JPEG-Qualität “12? oder “100 %” bezeichnet). Dann treten praktisch keine sichtbaren Kompressionsartefakte auf (sofern sie nicht schon vorher im Bild waren) und ein Designer kann problemlos noch ein paar Veränderungen am Bild vornehmen, ohne dass die Qualität am Ende nicht mehr ausreicht.“
„Das ist so eine Grauzone. Gemeint ist damit meist, das keine sichtbaren Bearbeitungen vorhanden sein sollen. Also Rahmen ums Bild, “verschönernde” Effekte wie Filter etc. Sowas wird abgelehnt.
Wer sich mit Bildbearbeitung auskennt, kann/wird/muss seine Fotos jedoch so bearbeiten, dass sie wie Postkartenmotive (bei Landschaften) aussehen und somit das Auge des Käufers ansprechen. Das verkauft sich besser als die “normalen” Aufnahmen, ist zwar auch bearbeitet, wirkt aber nicht allzu künstlich. Zwar suchen viele Käufer – wenn sie aus der Designerecke kommen – Motive an denen sie noch viel herumschrauben können, aber genausoviele Käufer kaufen nach dem Auge. Und da fallen die schön bunten Bilder, die weißen Zähne, die makellose Haut des Models mehr ins Auge als das “Realistische”.“
Ich finde, beide Antworten zusammen fassen den Stand der Dinge gut zusammen: Bearbeiten ja, aber so, dass es nicht zu künstlich wirkt. Ich freue mich auch, dass die Kommentare so hilfreich und ausführlich sind und möchte mich dafür kurz zwischendurch bei euch, meinen Bloglesern, bedanken. Aber weiter im Text:
Dieses „ja, aber“ hat zwei Gründe. Zum einen sind Stockfotos oft Rohmaterial für Designer, welche diese für Fotomontagen nutzen oder zusammen mit anderen Elementen wie Text oder Logos und Grafiken zu einem fertigen Werbeplakat oder einer Zeitungsanzeige kombinieren. Manchmal wird auch nur die Farbe der T‑Shirts der Models geändert oder deren Haarfarbe.
Viele Bildkäufer kaufen Stockfotos nicht deshalb, weil sie diese gerahmt an die Wand hängen und sich an ihrer Schönheit ergötzen wollen, sondern weil die Fotos einen Zweck erfüllen sollen. Passt das Foto nicht ganz, scheuen sich viele nicht, diese der geplanten Nutzung entsprechend anzupassen. Deswegen ist es für den Fotografen sinnvoll, dem Designer die Wahl zu überlassen, mit welchen Filtern, Rahmen oder andere Spielereien sie die Ausgangsbilder verändern wollen.
Der andere Grund ist die Bilderflut. Die meisten Bildagenturen haben viele Millionen Bilder im Angebot und jede Woche kommen zigtausend neue Bilder dazu. Fotos mit flauen Farben oder grauem Himmel gehen dann schon in der Thumbnail-Ansicht zwischen den grell leuchtenden, quietschbunten Heile-Welt-Fotos unter. Und wessen Foto nicht auffällt, der kann auch nichts verkaufen.
Deswegen: Bearbeiten ja, aber mit Augenmaß.
Wie geht ihr bei der Bearbeitung eurer Bilder vor?
Vor paar Tagen bekam ich eine Mail von Stefan, der mir schrieb:
„Hallo Herr Kneschke,
ich habe Ihr Buch gelesen und bin sehr begeistert darüber, wie ausführlich und verständlich Sie das Thema Stockfotografie behandelt haben. Vielen Dank dafür!
Irgendwo im Buch hatte ich auch etwas darüber gelesen, das man bestimmte Motive, welche zu einem Ereignis gehören, ein paar Monate vorher den Agenturen anbieten sollte, da diese dann erstmal weit oben in der Trefferliste erscheinen und besser von den Käufern zum richtigen Zeitpunkt gefunden werden.
Meine Frage ist, ob das auch bei Jahreszeitenbildern, wie z.B. Herbstbilder, sinnvoll ist? Sollte man solche Bilder also lieber zurückhalten und im August den Agenturen anbieten oder ist es besser immer gleich sofort diese anzubieten?
Ich freue mich auf einen Antwort.
Viele Grüße,
Stefan“
Was sage ich dazu?
Das ist eine schwierige Frage.
Dazu muss ich kurz ausholen. Saisonale Bilder sind Fotos, die als Motiv eine bestimmte Saison, Jahreszeit oder einen Feiertag haben. Das bekannteste Beispiel sind Weihnachtsbilder, aber auch Fotos von Ostereiern, Silvesterraketen und so weiter zählen dazu. Auch regionale Feiertage wie der St. Patrick’s Day, Saisonbilder wie Menschen bei der Weinernte oder eben Jahreszeiten wie von Stefan erwähnt zählen dazu. Ausführlicher gehe ich auf das Thema in meinem Stockfotografie-Buch* in Kapitel 5.4 „Feiertage“ ein.
Diese diese Fotos werden aber nicht nur in dieser Saison gebraucht, sondern auch für diese Saison von Verlagen und Werbekunden gekauft. Ein extremes Beispiel sind Kalenderverlage, welche die Winterfotos für den Kalender des nächsten Jahres logischerweise vor dem Druck kaufen müssen. Wandkalender für das Jahr 2014 gibt es spätestens ab Juni 2013 zu kaufen, was bedeutet, dass im Januar 2013 das Bild gekauft werden muss, was im Dezember 2014 im Kalender zu sehen ist. Auch Redaktionen und Werbeagenturen brauchen saisonale Bilder schon vor Beginn der Saison, um ihre jahreszeitlich angehauchten Artikel und Werbeaktionen rechtzeitig bebildern zu können.
Deshalb sprechen zwei Gründe dafür, saisonale Fotos einige Monate vor Saisonbeginn hochzuladen. Wer es nicht macht, kann die oben genannten Kunden nicht bedienen und durch diese Verkäufe steigt das Bild auch im Algorithmus der Bildersuche nach oben, wenn die Bildkäufer auf den letzten Drücker noch Motive im Meer suchen und auch die langsameren Fotografen ihre Saisonbilder hochgeladen haben.
Dagegen sprechen aber auch zwei Gründe. Bei gestellten Fotos, zum Beispiel Deko-Artikel mit Weihnachtsbezug im Studio fotografiert, kann man den Zeitpunkt des Fotografierens gut selbst bestimmen. Bei den Fotos der Jahreszeiten ist das viel schwieriger. Wer im September Fotos vom bunten Herbstlaub macht, vergeudet ein dreiviertel Jahr, wenn er diese „terminoptimiert“ hochladen will. In dieser Zeit hätte sich das Bild trotzdem ein paar Male verkaufen können, auch wenn die Wahrscheinlichkeit viel höher ist, es kurz vor der Saison zu verkaufen. Der zweite Grund ist, dass es von bestimmten Saisons sehr viele Fotos gibt. Fotolia spuckt bei der Suche nach „Weihnachten“ über 800.000 Treffer aus. Deshalb benutzen einige Bildkäufer bei ihrer Suche nach passenden Motiven die Sortierungsoption „Neuste zuerst anzeigen“ oder filtern nach den Bildern, die im letzten Monat oder im letzten halben Jahr hochgeladen wurden. Beides würde die schon früher hochgeladenenen Bilder quasi unsichtbar machen.
Ich mache es deshalb so: Ich versuche, meine Bilder so zu fotografieren und zu bearbeiten, dass ich mich an meinen „Feiertags-Kalender“ (siehe mein Stockfotografie-Buch dritte Auflage Seite S. 89) halte, aber wenn das nicht klappt, lade ich die Bilder einfach hoch, wenn sie fertig sind und konzentriere mich auf die nächsten Motive.
Wann ladet ihr eure saisonalen Fotos hoch und welche Erfahrungen habt ihr damit gemacht?