Vor wenigen Tagen hat die deutsche Bildagentur Panthermedia die Webseite Smarterpix.com vorgestellt. Das ist deren neue Plattform für kostenlose Bilder. Davon sind ca. 100.000 Bilder komplett kostenfrei erhältlich, weitere ca. 20 Mio. Bilder sind „kostenlos“ im Rahmen eines monatlichen Abonnements von aktuell 9,90 Euro (Einführungspreis).
Die kostenlosen Fotos kommen aus einer eigenen Kollektion an Fotos, die Bilder der kostenpflichtigen Mitgliedschaft bestehen aus PantherMedia-Fotos und Fotos eines Partners, vermutlich „Glow Images“, so häufig, wie diese in den Suchergebnissen auftauchen:

Die Bilder sollen allesamt rechtegeklärt sein, also mit Model- und Property Release versehen und auf potentielle Markenrechte etc. geprüft.
Warum macht Panthermedia das?
Wie schon Adobe Stock bei der Einführung von deren kostenloser Kollektion begründet auch Panthermedia das Verschenken von Bildern mit dem großen Angebot anderer Kostenlosplattformen:
„Kostenlose Bilderplattformen (z.B. unsplash, pixabay, pexels) haben in den letzten Jahren ein enormes Wachstum hingelegt und eine große Bedeutung gewonnen. Letztes zeigt auch, das Getty Images kürzlich unsplash erworben hat.“
Das Problem analysiert Panthermedia – vermutlich eher unbewusst – auch gleich in deren Mail an die eigenen Fotografen mit. Sie schreiben u.a. über die Nutzer der Gratis-Plattformen:
„Die Zahlungsbereitschaft ist bei diesen Kundengruppen, trotz der eh schon sehr geringen Preise bei Bildagenturen, kaum oder gar nicht vorhanden und im besten Fall sehr gering. Der Nachteil bei diesen Plattformen ist jedoch das rechtlich unsichere Umfeld und die damit verbundenen Risiken für Kund*innen.
PantherMedia hat sich also entschieden diese neuen Kundengruppen anzusprechen und den Bestandskund*innen mit geringeren Lizenzanforderungen eine Alternative zu bieten, anstatt diese gänzlich zu verlieren. Ziel von smarterpix.com ist das „Upselling“ von smarterpix.com auf PantherMedia für Projekte mit höheren Lizenzanforderungen und die Erschließung neuer Einnahmequellen durch Mitgliedschaftsgebühren, Werbeeinnahmen, Sponsoring-Einnahmen, API-Gebühren und weitere.“
Seht ihr die beiden Probleme?
Erstens: Die Nutzung von Gratis-Bilddatenbanken war bisher mit rechtlichen Risiken verbunden. Warum sollten also Microstock-Agenturen, die ihr Geld mit der Bildlizenzierung verdienen, für die leidgeplagten Gratis-Nutzer in die Bresche springen und denen zusätzlich weitere Gratis-Bilder anbieten, diesmal sogar rechtlich geprüft?
Diesen Gedankengang fand ich schon bei der Einführung der kostenlosen Adobe Stock-Kollektion fragwürdig und bleibe weiterhin dabei.
Zweitens: Panthermedia gibt klar zu, dass die aktuellen Nutzer von Gratis-Plattformen kein Geld zahlen wollen und falls doch, nur sehr wenig. Die „Erschließung neuer Einnahmequellen“, von denen die Panthermedia-Geschäftsführer Robert Walters und Tomas Speight reden, wird so zusätzlich erschwert. Doch dazu gleich mehr.
Interessanter finde ich, mit welchen Argumenten Panthermedia den Fotografen es schmackhaft machen will, ebenfalls kostenlose Bilder anzubieten. Adobe Stock war da ja ziemlich ehrlich und meinte: „5 Euro für jedes Foto, welches wir ein Jahr verschenken dürfen“. Panthermedia meint:
„Wieso kostenlose Fotos anbieten? Nun, erstens beteiligen wir auch die Fotograf*innen kostenloser Fotos an allen Einnahmen (Werbung, Sponsoring, API-Gebühren, etc.). Zweitens ist für die Nutzung der kostenlosen Fotos die Urhebernennung verpflichtend. Somit werden Links generiert und auch der Urhebername wird kommuniziert. Zukünftig werden wir also das Eigenmarketing von Fotograf*innen damit unterstützen können. Sollten kostenlose Fotos ohne Urhebernennung genutzt werden, so liegt ein Urheberrechtsverstoß vor, den wir rechtlich verfolgen können. An möglichen Strafzahlungen wird der*die Urheber*in selbstverständlich beteiligt.“
Gehen wir die Argumente nacheinander durch. Werbeeinnahmen sind ein Witz. Welches Unternehmen hat Interesse daran, in einem Umfeld zu werben, in dem sich vor allem Leute tummeln, die sich dadurch definieren, dass sie kein Geld ausgeben wollen. Früher haben sich Gratis-Plattformen wie Pixabay etc. durch Affiliate-Einnahmen der Microstock-Agenturen finanziert, aber je mehr Bildagenturen eigene kostenlose Kollektionen anbieten, desto weniger wird hier in Zukunft zu holen sein. Gleiches gilt für das Sponsoring. Auch hier konkurrieren mittlerweile viele Gratis-Plattformen um die gleichen „Sponsoren“.
API-Gebühren wären interessant, wenn sie denn umsetzbar wären. Ich hatte ja schon bei Unsplash-Übernahme durch Getty Images spekuliert, dass deren API-Zugang der spannendste Teil des Deals gewesen sein dürfte. Aber solange Getty keine Bezahlung für die API-Nutzung bei Unsplash verlangt, dürfte es für Panthermedia unmöglich sein, das Gleiche erfolgreich bei Smarterpix zu tun.
Die Mitgliedgebühren für das Abo-Modell halte ich für die fast einzige realistische Option in der Aufzählung. Mit zwei kleinen Haken: Fotografen können anhand der Formel, mit der das Geld verteilt wird, im Voraus kaum kalkulieren, wie viel so für einen Verkauf bekämen:
„Summe aller Mitgliedschaftsgebühren eines Monats / Summe aller Downloads eines Monats) * Anzahl der Downloads des jeweiligen Fotografen * 50% = Guthaben des Fotografen im jeweiligen Monat.“
Als Rechenbeispiel: Würde jeder Abo-Nutzer, der die 9,90 Euro pro Monat zahlt, im Monat 100 Bilder runterladen, erhielte jeder Fotograf pro Download 5 Cent. Würde jeder Nutzer nur 10 Bilder runterladen, wären es 50 Cent, wären es jedoch 1000 Downloads, wäre es nur ein halber Euro-Cent pro Download. Zwei zweite Haken ist ersichtlich: Den Preis bestimmt nicht mehr der Fotograf oder die Bildagentur, sondern der Bildnutzer selbst durch sein Download-Verhalten.
Als weiteren Vorteil versucht Panthermedia die notwendige Namensnennung bei den kostenlosen Bildern zu verkaufen als „Eigenmarketing für die Fotografen“. Juhuu, dann sind diese Fotografen bald den Geizkragen von Gratis-Bildsuchern bekannt als die Leute, die ihre Bilder verschenken. Da höre ich ja schon die hochpreisigen Aufträge reinrauschen (/ironieoff). Mal ganz abgesehen davon, dass die Namensnennung bei allen Agenturen zumindest für die redaktionelle Nutzung vorgeschrieben ist.
Fast schon Augenwischerei ist das letzte Argument, dass Fotograf*innen an möglichen Schadensersatzzahlungen beteiligt würden, wenn die kostenlosen Bilder ohne Urhebernennung genutzt werden. Da scheint Panthermedia entweder die aktuelle Rechtsprechung nicht zu kennen oder verschweigt sie mutwillig den umworbenen Fotograf*innen. Denn: Es gab in den letzten Jahren einige Gerichtsurteile (z.B. hier oder hier), wonach – verkürzt gesprochen – Fotos, die kostenlos angeboten wurden, keinen wirtschaftlichen Wert hätten, der Schadensersatz begründen würde. Abgesehen davon sehe ich praktisch nicht, wie Panthermedia in größerem Umfang wegen fehlender Urhebernennung gegen Bildnutzer von smarterpix vorgehen könnte, ohne die anderen Einnahmeformen wie z.B. das Abo-Modell zu gefährden, welches ja davon lebt, dass die Bilder „rechtssicher“ seien.
Ist die Selbst-Kannibalisierung erfolgreich?
Im Artikel zur Einführung der kostenlosen Adobe-Stock-Kollektion schrieb ich im Anfang Juni: „Im Oktober 2020 noch hatte Unsplash 42 Downloads pro Sekunde, aktuell sind es „nur“ noch 37 Downloads/Sekunde.“ Mittlerweile sind es sogar nur noch 35 Downloads/Sekunde. Auch die Upload bei Unsplash sind im Vergleich zum Oktober 2020 um ca. 10% runtergegangen von ca. 90.000 Uploads im Monat auf ca. 81.000 Uploads. Ob da nun die neuen kostenlosen Angebote für verantwortlich sind, oder andere Gründe eine Rolle spielen, kann ich nicht beurteilen.
Während Panthermedia als Vorteil zu Unsplash die Rechtssicherheit bewirbt, wird der Nachteil von Smarterpix erst bei der Bildsuche deutlich: Bildsucher bekommen einen Mix von kostenlosen und kostenpflichten Bildern angezeigt. Das „P“ oben rechts bei jedem Bild zeigt an, dass für diesen Download das kostenpflichtige Abo notwendig ist. Wer also bequem gratis Bilder suchen will, findet diese auf anderen Webseiten schneller, zumal bei spezielleren Suchbegriffen schnell gar keine Bilder ohne das „P“ auffindbar sind.
Ob weitere kostenlose Bilder wirklich geeignet sind, um den Vormarsch kostenloser Bilder aufzuhalten, wage ich weiterhin zu bezweifeln. Bessere Vorschläge habe ich spontan leider auch nicht.
Ihr vielleicht?