Wow! 50 Folgen schon meiner Serie „Pimp My Stock!“ Das hätte ich nicht erwartet, als ich sie vor knapp neun Jahren ins Leben gerufen habe. (Was, neun Jahre ist das schon her?)
Was ist „Pimp My Stock“?
Vor zehn Jahren habe ich mich auf einigen Fotocommunitys rumgetrieben, die alle ein ähnliches Schema hatten: Fotos wurden entweder mit „Toll, wow, großartig“ kommentiert oder gar nicht. Falls mal ernsthafte Vorschläge zur Verbesserung kamen, wurden diese vom Fotografen meist abgebügelt mit „Das soll so, ist Absicht!“.
Selbst wer als Fotograf wirklich wissen wollte, welchen kommerziellen Wert seine Aufnahmen haben, bekam in diesen Fotocommunitys selten Hilfe, weil viele der Leser Hobbyfotografen waren, die wenig Erfahrung mit dem Bilderverkauf hatten.
So kam mir die Idee zu „Pimp My Stock!“. Leser können mir hier ihre Fotos schicken, welche ich öffentlich mit Blick auf ihre Verkaufschancen beurteile und Tipps gebe, wie sie sich eventuell verbessern lassen. Hier geht es nicht um Lob, sondern um nützliche Kritik, welche die Annahmechancen bei Bildagenturen verbessern soll. Da ich seit mittlerweile 12 Jahren nichts anderes mache als Bilder über Agenturen zu verkaufen, gibt es bei mir Tipps aus der Praxis.
Wer ebenfalls kostenlos mitmachen will, findet hier alle notwendigen Informationen.
Wie der Zufall so spielt, gibt es passend zum Jubiläum ein besonderes Schmankerl.
Stefan hat mir seine Fotos geschickt, die auf den ersten Blick alle sehr stocktauglich aussehen. Aber lassen wir ihn vorher zu Wort kommen:
„Hallo Robert,
ich heiße Stefan und bin gelernter Fotograf. Mitte 2015 habe ich beschlossen, ein bisschen Stockfotografie zu machen und habe dann erst mal nebenbei 6 Shootings dafür gemacht. Mitte 2016 habe ich beschlossen das Ganze noch stärker zu betreiben. Also habe ich noch mehr Stockfoto-Shootings gemacht. Mittlerweile habe ich ein Portfolio von ca. 1200 Fotos bei Shutterstock und Fotolia.
Von einigen Bildserien habe ich bisher allerdings fast keine Verkäufe, obwohl ich mir von den Motiven mehr erhofft hatte. Die Bildserien, von denen ich dir je 1–2 Beispielfotos schicke, bestehen meist aus ca. 50 Fotos, haben aber über mehrere Monate insgesamt unter 10 Downloads. Vor allem von den Downloadzahlen bei der Serie mit der Weihnachtsfamilie, den Sportfotos und den 4 Mädels bin ich enttäuscht.
Vielleicht kannst du entdecken, was ich falsch gemacht habe? Liegt es am Motiv? Haben diese ein zu unspezifisches Thema? Oder liegts am Bildaufbau? Oder vielleicht an der Verschlagwortung (die Schlagworte findest du in den Metadaten der Fotos)?
Oder hab ich irgendwas ganz anderes vermasselt?Ich fände es super, wenn du dich dem Thema in deiner Pimp My Stock Reihe widmen könntest. Dass du Stock-Einsteigern so den Einstieg erleichterst, find ich toll 🙂
Liebe Grüße
Stefan“
Schauen wir uns mal die Bilder von Stefan an.
Vorab:
Alle Bilder von Stefan sind auf den ersten Blick gut verkäuflich. Es sind People-Lifestyle-Bilder, also genau das, was Bildagenturen am meisten verkaufen, ein Thema oder Konzept ist immer leicht erkennbar und die Umsetzung ist technisch sauber. Dennoch haben die Bilder alle kaum Verkäufe. Da müssen wir uns mal genau anschauen, was der Grund sein könnte.

Die Titel lasse ich mal drin, weil sie auch ein Merkmal sein könnten, was eine Rolle spielt. Aber auch hier scheint auf den ersten Blick sauber gearbeitet worden zu sein. Einziger Vorschlag von mir wäre, „christmas gift“ (32 Mio. Treffer bei Google) statt „christmas present“ (nur 19 Mio. Treffer) zu verwenden, weil es gebräuchlicher ist.
Zum Motiv:
Lachende Familie packt Weihnachtsgeschenke aus? Sollte laut meiner Keyword-Analyse weggehen wie warme Semmeln. Die Tücken liegen wie immer im Detail: Zuerst die Eltern: Der Mann schaut starr ins Leere anstatt sich am Glück seiner Kinder zu erfreuen, die Mutter ist etwas zu sehr hinter der Tochter versteckt. Die Spitze vom Weihnachtsbaum ist abgeschnitten und durch die ganzen dunklen Blau- und Schwarztöne der Kleidung verschwimmt die Familie im Thumbnail zu einem dunklen Haufen.
Viel störender ist jedoch die fehlende Weihnachtsatmosphäre beim Licht. Die Beleuchtung wirkt relativ kühl und wie in einem Möbelhaus, nicht die festliche Heiligabendstimmung, mit der Firmen im Romantiktopf rühren wollen.
Ich habe mal in einer Minute die Farben etwas wärmer gemacht, eine Vignette drübergelegt und einen Lens Flare, dann bekommt das Bild schon eine ganz andere Stimmung:
Als Keywords enthält das Bild diese 14 Begriffe:
„christmas; family; gifts; laugh; children; happy; christmas tree; advent; home; celebrate; unpack; holiday; boy; girl“.
Auffällig ist, dass Englisch verwendet wurde. Meiner Erfahrung nach lohnt es sich weiterhin, für Fotolia in deutscher Sprache zu verschlagworten und für Shutterstock dann ins Englische zu übersetzen. Die 14 Begriffe sind alle sehr akkurat und zutreffend, wobei ich mehr gewählt hätte. Es fehlen noch Begriffe wie „people, celebration, present, mother, decoration, happiness, daughter, smiling, woman, surprise, fun, xmas, childhood, together, father, love, joy, son, giving“. Damit wären wir bei 33 Begriffen, was eine super Menge ist für solche Bilder.

Auch beim zweiten Bild der Serie sind meine Kritikpunkte ähnlich. Der Mann schaut eher zu als mitzuhelfen, sein weißes Hemd lässt ihn mit der Kleidung des Jungen verschwimmen, die Mutter verdeckt den Weihnachtsbaum, beide Kinder schauen etwas zu ernst und die braune Dose vorne im Bild lenkt etwas ab. Dazu kommt wieder der kühle Lichtaufbau.
Zu den 15 Keywords „bake; christmas cookies; decorate; family; children; christmas; gifts; happy; christmas tree; advent; home; celebrate; holiday; boy; girl“ würde ich diese 16 Begriffe ergänzen: „cookie, food, cooking, kitchen, baking, homemade, people, preparation, woman, decoration, together, winter, season, child, childhood, gingerbread“.
group selfieAuch dieses Gruppenfoto zum Thema „Selfie“ wirkt oberflächlich super. Viele attraktive Leute, modernes Thema, technisch gut umgesetzt. Aber wieder die Details: Die Haare der brünetten Frau liegen etwas ungeordnet, die Hot Pants sind vor allem dem prüden us-amerikanischen Markt vermutlich schon etwas zu kurz, der vollständige tätowierte Arm der Frau links mag konservativere Kunden abschrecken, die Oberteile hätten statt den „Unfarben“ schwarz und weiß etwas abwechslungsreicher sein können und so weiter. Das Licht ist auch wieder etwas „stimmungslos“ und kühl.
Der Titel ist super knapp, schon ein „girl group smartphone selfie“ würde das Bild doppelt so auffindbar machen. Als Keywords werden wieder 14 Wörter verwendet:
„selfie; group; women; girls; summer; city; friends; happy; fun; lifestyle; urban; friendship; beautiful; young“.
Ich hätte noch Begriffe wie „people, taking, photo, vacation, happiness, smartphone, self, portrait, teenager, phone, camera, technology, together, mobile, travel, picture, tourism, tourists, students“, also auch wieder 19 Wörter mehr.

Bei diesem Bild gilt zum Thema Hotpants und Oberteile das Gleiche wie beim letzten Motiv. Außerdem hätte hier eine geringere Schärfentiefe die Gruppe besser vom etwas unruhigen Hintergrund getrennt.
Es wurden diesmal 15 Keywords verwendet: „shopping; sale; women; city; girls; summer; friends; group; happy; fun; lifestyle; urban; friendship; beautiful; young“.
Mir fehlen da noch zum Beispiel noch 15 Begriffe wie „people, fashion, retail, happiness, customer, shopaholic, bags, outdoors, holding, clothing, buy, shopper, street, center, consumerism“.

Was ist euch (hoffentlich) sofort bei der Betrachtung aufgefallen? Die Jogger oder das Haus? Oder beides? Der Punkt ist: Es ist unklar, ob es ein Architekturfoto oder ein Sportbild sein soll. Weniger Schärfentiefe hätte auch hier das Problem leicht gelöst.
Als Suchbegriffe wurden diesmal schon 18 Wörter bemüht: „stretch; legs; running; sport; city; fitness; health; training; jogging; workout; lifestyle; athlete; exercise; people; sportswear; sportsman; sportswoman; couple“.
Da fehlt mir noch mindestens „runner, woman, man, healthy, urban, athletic, jogger, fit, active, street, outdoors, sporty, exercising, activity, road“, also 15 Keywords.

Glückliches Pärchen im Park: Mir fällt auf, dass die Haltung der beiden Personen nicht so eindeutig erkennbar ist. Trägt er sie huckepack, steht sie hinter ihm, springt sie hoch? Das kann von der Komposition besser gelöst werden. Außerdem würde dem Bild etwas mehr Photoshop gut tun.
Wieder ein superkurzes Beispiel von mir: Ein Blauverlauf im Modus „Multiplizieren“ und ein Flare im Modus „Negativ multiplizieren“, schon hat das Bild eine viel sommerlichere Stimmung.
Als Keywords kamen diese 15 Wörter zum Einsatz: „couple; sky; park; love; copy space; summer; lifestyle; relationship; happy; young; outdoors; romance; date; boyfriend; girlfriend“.
Ich ergänze diese 14 Begriffe: „woman, man, people, together, nature, smiling, happiness, romantic, fun, leisure, joy, autumn, vacation, outdoor“.

Auch dieses Bild funktioniert grundsätzlich. Die dunklen, nicht sehr einladend wirkenden Ladenzeilen unten rechts wirken jedoch etwas abschreckend. Unklar ist auch, ob die Frau „Business“ sein soll oder „Freizeit“. Bei Business wäre die Tasche zu leger, bei Freizeit das Outfit zu streng.
Diesmal kamen diese 24 Kewords zum Einsatz: „businesswoman; city; business; woman; mobile phone; downtown; skirt; smile; portrait; phone; young; street; happy; outdoor; job; laugh; faccade; buildings; beautiful; blond; clerk; casual; blouse; employee“.
Diese lassen erahnen, dass das Thema eher „Business“ sein soll. Zuviel sind auf jeden Fall die Wörter „faccade und buildings“. Wer nach Häusern oder einer Fassade sucht, wird andere Bilder im Kopf haben, die er sucht. Ähnliches gilt für „skirt“.
Ich würde noch diese 12 Keywords ergänzen: „mobile, urban, smartphone, communication, technology, modern, outdoors, call, cell phone, talking, travel“.

Im Thumbnail würden wir hier ein Portrait einer lächelnden jungen Frau erkennen. In der größeren Ansicht sind jedoch das Lippenpiercing, der Nasenring und die Tunnel in den Ohren erkennbar. Auch die graue Haarfarbe bei der jungen Frau irritiert. Insgesamt sind das zusammen mit der Vintagebrille alles Details, die Hipness und Coolness darstellen sollen. Der Hintergrund vermittelt dies jedoch überhaupt nicht. Ein Freisteller vor weiß wäre hier sicher die bessere Wahl gewesen.
Auch die Keywords spiegeln das leider nicht wieder: „glasses; woman; female; people; portrait; girl; trendy; short; hair; young; short hairstyle; gray; person; happy; beautiful; pretty; face“.

Gleiches Modell, gleiches Problem. Die Piercings sind für etliche Kunden einfach zu extrem, als viertes kommt das Zungenpiercing noch hinzu. Das dunkle Gebäude im Hintergrund wirkt auch eher wie ein langweiliger Bürokomplex als wie ein aufregendes Shoppingzentrum. Bei den Keywords gelten die gleichen Tipps wie beim Shoppingbild oben.

Viele meiner obigen Kritikpunkte wurden hier schon beherzigt. Der Hintergrund ist unschärfer, Lichtlecks bringen Atmosphäre ins Bild und die Haare liegen besser. Mit 43 Wörtern wurde hier auch nicht an den Keywords gespart. Sicher könnte man hier und da über die Notwendigkeit eines der Begriffe diskutieren oder 2–3 weitere ersetzen, aber insgesamt ist auch die Verschlagwortung gelungen.
Insofern ist das ein sehr gelungenes Stockfoto. Wenn sich die Käufer da jetzt nicht wie wild drauf stürzen, bleiben leider trotzdem noch mehrere mögliche Ursachen: Hohe Konkurrenz bei den Business-Themen oder das Ranking bei den Bildagenturen.
Erkenntnis zum Schluss
Ich hatte in der Folge 37 von „Pimp My Stock!“ schon mal einen gelernten Fotograf dabei und wie auch Stefan dieses Mal wird deutlich, dass die Leute danach wirklich gut fotografieren können. Eine Ausbildung in diesem Bereich bringt also etwas.
Die Beispiele zeigen allerdings auch, dass damit nicht automatisch „Stockfotografie-Tauglichkeit“ gegeben ist, dann die goldenen Regeln der Stockfotografie werden angehenden Fotografen nicht immer mitgegeben. (Kurzer Werbeblock: Dafür können sie in meinem Buch „Stockfotografie“* nachgelesen werden.)
Damit wir uns nicht falsch verstehen:
Hätte Stefan seine Bilder vor 10 bis 5 Jahren eingereicht, wären sie allesamt Bestseller geworden. Garantiert. Bei der heutigen Konkurrenz haben selbst so hochwertige Bilder wie die von Stefan es deutlich schwerer, sich einen Platz in den Verkaufsrängen zu erkämpfen. Deshalb muss jedes noch so kleine Detail sitzen. Dazu gehören leider auch die Keywords, die vielen Fotografen schwer fallen. Aber es hilft nichts. Wer hier schludert, verschenkt kostbares Potential.
Wie schätzt ihr Stefans Bilder ein?
War ich zu hart? Hättet ihr andere Tipps gegeben?
* Affiliate
hallo,
ein interessanter beitrag in deiner reihe, erstmal wieder vielen dank für deine mühe, die du dir mit dem blog gibst.
grundsätzlich muss ich dir recht geben, technisch sind das hier die besten bilder, die ich in der reihe gesehen hab. auch wenn ich nicht so auf blitzen steh, ist die lichtsetzung ganz ausgewogen.die models sind gut , vielleicht bei dem businessbild nicht passend, aber insgesamt gut.
da ich aus dem „makrostock“ komme, treffen manche meiner möglichen gründe die ich nennen werde, vielleicht hier nicht zu, da fehlt mir die erfahrung.
was ich sofort dachte als ich die bilder sah, war dass sie nicht authentisch wirken. das sind gestellte stockbilder mit zusammengecasteten modellen. ich glaub auch nicht, dass das im mikrobereich kein thema ist. auch hier werden die agenturen oder designer oder wer auch immer nach authentischen bildern suchen. da hilft dann auch kein künstlicher flare ;-).der übrigends immer gleich aussieht.
meine hilfestellung für den noch nicht erfolgreichen(ich denke aber das wird schon) fotografen wäre beim nächsten bummel durch die stadt darauf zu achten wie die generation 18+ in der gruppe selfies macht , wie sieht das aus? wie sind die jungs und mädels gekleidet (haben die wirklich alles so hüte auf und hotpants an???)etc. wie verhalten sie sich beim shoppen…so sollten die fotos dann aussehen. natürlich können stockfotos idealisieren aber schon im gedanken an die millionen selfiebilder die so aussehen würd ich was anderes machen.
(warum ist der himmel immer blau , wieso regnet es nicht?)
ich würde davon abkommen bilder nachzufotografieren, nur weil ich sehe dass diese gut plaziert sind bzw. von den erfolgreichen fotografen bilder nachzustellen. ich denke es reicht einfach nicht mehr 2 erwachsende 2 kinder eine tanne und drei geschenke in einen raum zu legen und zu behaupten das wär weihnnachten.solche bilder sind durch.
man muss davon abkommen zu glauben, dass sich bilder automatisch verkaufen, nur weil sie technisch ok sind. vielmehr sollte man sich fragen wie sie atmosphärisch und inhaltlich wirken, ob sie originell sind , frisch und authentisch.
in diesem sinne viel erfolg weiterhin und einfach nur durchhalten!
Hallo Robert,
vielen lieben Dank für die ausführliche Besprechung meiner Fotos 🙂
Da waren doch einige Tipps dabei, die ich demnächst beherzigen werde – mehr Keywords, Hauptmotiv besser herausarbeiten, noch mehr auf Details und Stimmung achten. Manchmal ist man selbst blind für Fehler in den eigenen Bilder – da hilft es echt sehr, wenn jemand anders noch mal drüber schaut 🙂
Viele Grüße
Stefan
Hallo Robert,
kannst du genauer beschreiben wie du bei dem Bild „happy couple in park with copy space at sky“ den Blauverlauf und Lensflare erzeugt hast?
Viele Grüße
Marcus
@Marcus, bitte sehr:
https://www.alltageinesfotoproduzenten.de/2017/05/18/tutorial-blauen-himmel-erzeugen-in-photoshop/
Allgemein, sollten Peoble Bilder immer gut verkaufbar sein.