Pimp My Stock: Bildbesprechungen von Stockfotos 37

Wie ange­kün­digt, möch­te ich den „Pimp My Stock!“-Stau etwas auf­lö­sen, des­halb kommt hier gleich die nächs­te Folge die bei mir schon im Juni 2013 eintrudelte.

Ich freue mich, nach den teil­wei­se lei­der sehr ver­bes­se­rungs­wür­di­gen Bildern in eini­gen letz­ten Folgen heu­te ein deut­lich höhe­res foto­gra­fi­sches Level prä­sen­tie­ren zu dürfen.

Sinan Muslu stellt sich am bes­ten selbst vor in sei­ner Mail:

Hey,

auf Grund eines „Pimp My Stock“ Eintrages habe ich mich ent­schie­den, auch mal mit­zu­ma­chen. Damit du nicht in alten Emails kra­men musst, stell ich mich sogar noch mal vor 😉

Ich bin 29 Jahre alt, habe Industrie- und Werbefotograf in einem Werbefotostudio gelernt, und bin seit 8 Jahren im Beruf. Nach der Ausbildung habe ich noch eine Ausbildung zum Mediengestalter dran gehan­gen, und seit drei Jahren arbei­te ich selbst­stän­dig als Fotograf in unse­rer eige­nen Werbeagentur.

Ich foto­gra­fie­re mit Canon und Hensel Technik, und mein ers­tes ver­kauf­tes Stockfoto ist glau­be ich aus dem Jahr 2003, als ich mich bei pho­to­ca­se ange­mel­det habe.

Interesse für die Stockfotografie besteht schon immer, und nun ist es end­lich so weit, dass ich auch was rei­ßen will. Nicht 100% des Umsatzes mit Stock ver­die­nen, aber wenn ich es schaf­fe, klei­ne ste­ti­ge zusätz­li­che Einkünfte damit zu gene­rie­ren, dann wäre ich zufrie­den. Denn der Rest ist und wird auch pri­mär die bezahl­ten Aufträge der Kunden bleiben.

Infos zu mir gibt es auch auf mei­nem Blog und mei­ner Tumblr-​Seite.

Fotos zur Meinungsbildung fin­dest du im Anhang. Querbeet. Sollten die unge­eig­net sein, dann gib kurz Bescheid, aber eigens für Stock pro­du­ziert sind bis­lang lei­der nur die Heidelbeeren, der Rest sind sons­ti­ge Arbeiten die mal zwi­schen­durch ent­stan­den sind…

Vielen Dank und vie­le Grüße,
Sinan“

Fangen wir an:

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Die jun­ge Frau im Winter ist ein tol­les Stockfoto. Das Portrait ist tech­nisch per­fekt umge­setzt und zusätz­lich ist als Konzept auch das Thema „Winter“ ent­hal­ten und farb­lich ist alles gut abge­stimmt. Kleine Verbesserungsvorschläge habe ich den­noch. Mir ist das Gesicht zu mit­tig ange­ord­net. Etwas wei­ter links wäre deut­lich mehr Platz für Textfreiraum vor­han­den. Wer ganz per­fek­tio­nis­tisch ist, wür­de vor allem rechts die ein­zel­nen abste­hen­den Haar retuschieren.

Noch ein Hinweis auf kaum sicht­ba­re Stolperstellen, die man ken­nen muss, weil man sie sonst garan­tiert über­sieht. Seht ihr die Metallknöpfe auf der lin­ken Seite der Jacke? Dort steht oft noch mal der Markenname des Herstellers drauf. Je nach­dem, ob die­ser les­bar ist, ist das ein Ablehnungsgrund bei Bildagenturen. Deshalb auf jeden Fall in der 100% Ansicht betrach­ten und gege­be­nen­falls kurz mit dem Wischfinger-​Werkzeug drüber.

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Agenturen sind mit guten Fotos von Wiesen und Landschaften gesät­tigt und da braucht es schon ein sehr per­fek­tes Bild, um damit über­haupt in die Agentur rein­zu­kom­men, geschwei­ge denn Verkäufe zu erzie­len. Hier ste­hen die Chancen tat­säch­lich sehr gut, denn durch den geschwun­ge­nen Verlauf der Wiese, die Wolken mit dem Zoomeffekt und der leich­ten Überstrahlung rechts erhält das Bild eine Dynamik, die Bewegung und Leben ins Bild bringt. Ich fin­de, das ist das ein sehr gutes Stockfoto und mir fal­len auch kei­ne Verbesserungsvorschläge ein.

caddy

Bei die­sem Foto eines Cadillacs muss sehr dar­auf geach­tet wer­den, ob Logos und Markennamen am Auto zu sehen sind. Ist das nicht der Fall, muss der Fotograf recher­chie­ren oder hof­fen, dass das Design selbst nicht (mehr) mar­ken­recht­lich geschützt ist, das kann ich kon­kret nicht einschätzen.

Wenn das geklärt ist, kön­nen wir uns dem Motiv zuwen­den. Technisch wie­der ein­wand­frei foto­gra­fiert, brau­che ich nur zur Komposition etwas zu sagen. In den meis­ten Kulturen ist die Leserichtung von links nach rechts, was sich auf de Betrachtung von Fotos aus­wirkt. Unsere Augen scan­nen ein Bild von links nach rechts, aber die Ausrichtung des Autos nach links zieht unse­re Augen immer wie­der zurück.

Probiert es aus: Spiegelt das Bild ver­ti­kal, dadurch wird die Betrachtung deut­lich har­mo­ni­scher. Noch bes­ser wäre es jedoch gewe­sen, den Wagen anders­rum zu par­ken, weil dann der Blick auto­ma­tisch auf die gro­ße graue Fläche gelenkt wor­den wäre, die einen per­fek­ten Textfreiraum abgibt. Auch unten am Bild hät­te man durch eine leich­te Anhebung der Perspektive das Unkraut aus dem Bild ver­ban­nen können.

Abgesehen von den Punkten ist das Foto trotz­dem ein gutes Stockfoto, weil es das Thema Luxus mit den Konzepten „Business“ und „Industrie“ verbindet.

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Bei die­sem Portrait wer­den die meis­ten Bildagenturen sofort bemän­geln, dass die Augen der Frau nicht scharf abge­bil­det sind. Dazu kommt, dass der enge Beschnitt die Beschneidungsmöglichkeiten für Grafiker ein­schränkt, was sich nach­tei­lig auf Verkäufe aus­wir­ken kann. Der Spruch „Werbeträger“ über der Brust lenkt einer­seits vom Gesicht ab und die deut­sche Sprache ist zugleich eine regio­na­le Beschränkung. Zwar suchen Designer ger­ne Shirts, auf die sie ihre Templates appli­zie­ren kön­nen, aber hier müss­ten sie zusätz­lich erst den vor­han­de­nen Text entfernen.

japanese cherry tree
Kirschblüten. Schön. Das ist ein Thema, an dem sich genug Hobbyfotografen – auch erfolg­reich – abge­ar­bei­tet haben sodass die bestehen­de Konkurrenz sehr groß ist. Außerdem ist der Himmel über­strahlt, was eini­gen Agenturen nicht gefal­len wird. Im Vergleich zu den ande­ren Bildern der Einsendung sind hier des­halb die Verkaufschancen des­halb ver­mut­lich am geringsten.

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Mann mit Pelz: Mir gefällt der skur­ri­le Stil, aber auch hier gilt, dass der Beschnitt am Kopf die Einsatzmöglichkeiten ein­schränkt. Die Wangen könn­ten leicht über­strahlt sein, dass könn­te man viel­leicht mit der RAW-​Datei ret­ten. Ansonsten: Cool. Charaktertypen abseits der 08/​15-​Modelgesichter wer­den von Bildagenturen hän­de­rin­gend gesucht.

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Leserinnen und Leser, die flei­ßig mei­nen Blog oder auch nur die „Pimp My Stock!“-Rubrik lesen, wer­den sicher sofort erken­nen, was ich an dem Foto mit dem Schinkenbrot bemän­geln wer­de? Genau, die Schrift und das Logo. Jeder halb­wegs kom­pe­ten­te Designer könn­te das Logo bei Bedarf selbst auf das Brettchen mon­tie­ren, aber umge­kehrt gibt es genug Leute, wel­che das Bild des­halb nicht kau­fen wer­den. Für einen Kundenauftrag wäre das Foto super, als Stockfoto soll­te es so uni­ver­sell wie mög­lich sein, des­halb ohne Logo und Text. Wenn wir uns das Logo (und den win­zi­gen Fussel unten rechts) weg­den­ken, wüss­te ich aber nichts, was ich noch zu bemän­geln hätte.

blueberries in a bowl on a tree stamp
Kommen wir zu den Fotos, die Sinan expli­zit für Bildagenturen gemacht hat. Das Foto der Heidelbeeren ist sehr gut aus Stockfoto geeig­net: Es ist redu­ziert auf das Wesentliche, hat viel Textfreiraum und der Baumstamm unter­stützt das „Natürliche“. Ich hät­te noch 2–3 Varianten mit ver­schie­de­nen Stoffservietten oder Unterlagen unter der Schale fotografiert.

blueberries in a bowl on a tree stamp
Bei den Heidelbeeren von oben nimmt der Baumstamm mei­nes Erachtens zu viel Raum ein. Hier bie­tet sich ein qua­dra­ti­sches Format an. Ansonsten: Top. Mir gefällt auch, dass der Hintergrund eben­falls einen dezen­ten Blauton hat.

Wenn wir uns die Fotos von Sinan im Vergleich zu eini­gen frü­he­ren Einsendungen anschau­en, wird deut­lich, dass eine gute Ausbildung und vor allem Praxiserfahrung auch in der Stockfotografie hel­fen können.

Ich bin mir sicher, dass Sinan es schafft, in Zukunft ein lukra­ti­ves Portfolio bei Bildagenturen aufzubauen.

Was sagt ihr? Teilt ihr mei­ne Einschätzung?

12 Gedanken zu „Pimp My Stock: Bildbesprechungen von Stockfotos 37“

  1. Die meis­ten Bilder gefal­len auch wegen ihrer vor­han­de­nen Schärfe. Hier wur­de bestimmt eine Canon Vollformat Kamera mit Canon L Objektiven ver­wen­det. Für die­sen Anschaffungspreis muss man aller­dings eine Menge an Bilder ver­kau­fen. Hinzu kommt auch noch, das der Stockfoto Bildermarkt immer wei­ter gesät­tigt wird. Immer mehr Fotografen wer­den immer weni­ger Geld bekommen.

  2. Soll die­se Anmerkung bezüg­lich Canon Kamera /​ Objektive Ironie sein? Ein von mir nicht ver­stan­de­ner „Insider“? Oder ein­fach eine dümm­li­che Bemerkung?

    Ansonsten, ja man sieht ein­fach, hier war ein Profi am Werk.

  3. Leider wer­den die meis­ten Bilder bei mir nur zur Hälfte dargestellt!!!???
    An was kann das liegen?
    Ansonsten, was ich sehen kann, sehr gut gemacht!
    Cadillac wie schon erwähnt, problematisch!

  4. die Bilder sind wirk­lich sehr gute Stockmotive. Das „Werbeträger“ T‑Shirt könn­te auch ein copy­right Problem erge­ben, denn irgend­wer hat die­se Schrift, die­se Schriftart und die­ses Shirtfarbe kom­bi­niert und verkauft.
    Ansonsten sind die Einwände von Robert zwecks der Komposition berech­tigt, aber so eng wür­de ich per­sön­lich das nicht sehen. Designer kön­nen es bes­ser beschnei­den wenn rund­her­um noch eini­ges ist. Natürlich sieht es mit anspre­chen­der Komposition gefäl­li­ger aus und macht für den einen oder ande­ren Käufer vll einen Unterschied.
    Bei den Personen wür­de ich die Köpfe auch nicht beschnei­den, aus genann­ten Gründen.
    Die Kirschblüten könn­ten dich­ter sein und die Zweige weg­re­tu­schiert, da die meis­ten Menschen sich einen blü­hen­den Kirschbaum so vor­stel­len. Auch wenn das nicht der Natur ent­spricht :)Ich glau­be aber auch, es han­delt sich um einen Mandelbaum…
    Unbearbeitet wür­de der Cadillac auch als Editorial durch­ge­hen und könn­te sogar Käufer finden.
    Insgesamt: gutes Material, da lohnt sich das Einsteigen in eine Stock-karriere 🙂

  5. @Kerstin: Ganz exakt ist es eine Japanische Blütenkirsche oder auch Zierkirsche! So eine habe ich näm­lich auch im Garten! 😉

    Ansonsten hast Du alles gesagt, Robert. Mir ist nicht ganz klar, was der Mann mit Pelz aus­sa­gen soll bzw. wer sowas kau­fen sollte…achja und der Cadillac scheint mei­ner Meinung nach zu kippen?!

  6. Eine der bes­ten Serien im Bereich „Bildbesprechungen“…

    Ich wür­de damit ein­fach mal „los­le­gen“… 😉

    @Robert

    Meist fin­de ich Deine Bemerkungen zutref­fend, bloß beim »
    „Bei den Heidelbeeren von oben nimmt der Baumstamm mei­nes Erachtens zu viel Raum ein…“

    Muss ich sagen, nee, das ist genau der Raum den man noch als „Textfreiraum/​Gestaltungsfreiraum“ nut­zen kann, oder eben nicht. Ansonsten bleibt genug Platz zum beschneiden.

  7. Die Bilder sind Stocktauglich, kei­ne Frage. Das gro­ße Fragezeichen ist, wie ent­wi­ckelt sich der Stockmarkt weiter.
    Derzeit muss man bereits sehr vie­le Bilder pro Jahr pro­du­zie­ren, um auf sinn­vol­le Zahlen zu kommen.
    Dahinter ist aber ein gro­ßer Wachstum Druck. Es sieht so aus, als ob sich die nöti­gen Uploads, um den Umsatz zu hal­ten, sich alle drei Jahre verdoppeln.
    Als Zweiteinkommen ist der Stockmarkt ris­kant. Zu vie­le Fragezeichen. Wenn man das aber ein­fach macht, um die Ausrüstung zu ergän­zen, ist das was anderes.
    So auf hop, oder drop, wür­de ich da nicht los starten.
    Einfach mit einer mitt­le­ren Produktionsmenge anfan­gen und sehen, was dabei her­aus kommt.
    Der Durchschnitt dürf­te so bei 40 bis 50 Bildern/​Monat lie­gen. Da soll­te man auf jeden Fall dar­über sein. Die Top Producer dürf­ten so bei 300 bis 500 Bildern im Monat sein.
    Wenn man davon aus­ge­hen kann, das man im Jahr bis um 30% die Produktion erhö­hen muss, um den Umsatz zu halten.
    Dann bes­ser am Anfang weni­ger pro­du­zie­ren und beob­ach­ten wie sich der Markt ent­wi­ckelt. wenn man sich Jährlich ein wenig steigert.

  8. @maxII: Der Wert mit 300–400 Bildern ist sicher ganz gut gewählt. 

    Die wirk­lich star­ken (Bildfabriken) machen etli­ches mehr: Syda hat im letz­ten Monat 5900 Bilder bei FT ein­ge­spielt, Africa 17.000 (!). Africa hat der­zeit 17% des gesam­ten Bildangebotes von FT oder anders gesagt 574.000 Bilder online. Africa ist aber auch ein gutes Beispiel dafür, dass Menge allei­ne es auch nicht macht. Sonst wür­den wir gar kei­ne ande­ren Bilder mehr sehen oder sel­ber etwas verkaufen.

  9. Hallo zusam­men,

    und dan­ke für die vie­len net­ten Worte!
    Wie genau der Ein- /​ Aufstieg aus­sieht steht noch in den Sternen, damit dass der Markt sich ja stän­dig stark ändert und schwankt habt ihr ja so ziem­lich den wich­tigs­ten Punkt ange­spro­chen. Ich beob­ach­te das mal wei­ter, ändern kön­nen wir es ja sowie­so nicht und daher bin ich auch ganz glück­lich dass ich als Haupteinnahme die Auftragsfotografie habe. max II hat es schön bezeich­net, „um die Ausrüstung zu ergän­zen“ wür­de es mir schon rei­chen. Hier und da ein paar hun­dert Euro für Zubehör & Co, das wäre schon ein erreich­tes Ziel.
    Wünsche allen eine schö­ne Woche!
    Gruß, Sinan

  10. Nach eini­gen Monaten der „Beobachtung“ die­ses Blogs und lesens gera­de die­ser Kommentare hier fin­de ich, dass die Aussage „Mit Stockfotografie Geld ver­die­nen“ für die aller­meis­ten Fotografen etwa die glei­che Relevanz hat wie „Mit Lotto Millionär werden“.
    Natürlich kann man mit Lotto Millionär wer­den;) ‑klar…
    Auch fehlt mir hier ein wenig ‑ich hat­te das schon mal in einem ande­ren Blog angeschoben- das Thema Kalkulation.
    Umsatz ist näm­lich nicht gleich Gewinn (Verdienst > ver­die­nen) und am Ende bleibt von der gan­zen „Stockerei“ nur ein Deckungsbeitrag zum Zubehör. Das kau­fe ich inzwi­schen beim Chinamann 😉 ( Yongnuo etc.). Die kön­nen das ganz gut und sind so bil­lig, dass –@Sinan–@max II die­ses Zubrot schein­bar in kei­ner Relation zum Aufwand steht.

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