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Rezension: „Die chinesische Sonne scheint immer von unten“ von Achim Dunker

Was, ist das hier jetzt ein Blog für asia­ti­sche Lebensart gewor­den? Mir ging es beim Lesen des Titels „Die chi­ne­si­sche Sonne scheint immer von unten“* genau­so.

Der Autor Achim Dunker schrieb mir über Xing und mein­te, das Buch sei viel­leicht hilf­reich für mich. „Warum soll­te mich so ein eso­te­ri­scher New-​Age-​Titel inter­es­sie­ren?“ dach­te ich mir und starr­te auf das Cover, was mich mit dem Sonnenuntergang an reli­giö­se Broschüren von Freikirchen erin­ner­te. Aber der Untertitel „Licht- und Schattengestaltung im Film“ und der Zusatz „5., über­ar­bei­te­te Auflage“ mach­te mich neu­gie­rig und ich beschloss, das Buch zu lesen.

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Ich bereue es nicht und möch­te es emp­feh­len. Das Buch ist eine Art Standardwerk für die Filmbeleuchtung. Wer als (Stock)Fotograf mit dem Gedanken spielt, auch Videoaufnahmen zu machen und nicht weiß, wo er licht­tech­nisch anfan­gen soll zu ler­nen, wird mit die­sem Buch rich­tig lie­gen. Das Buch beginnt mit einem Theorieteil, dar­über, wie unse­re Augen Licht wahr­neh­men, wie Licht und Schatten für Stimmung und Konturen im Bild sor­gen und so wei­ter. Für Fotografen span­nend, aber für vie­le nichts Neues.

Dann jedoch geht es Schlag auf Schlag. Im Kapitel „Die Scheinwerfer“ wer­den 19 ver­schie­de­ne Lampenarten vor­ge­stellt, die im Film zur Beleuchtung genutzt wer­den, mit­samt ihren Vor- und Nachteilen und einer Abbildung. Genau das ist einer der Punkte, die ich in vie­len „So machen sie gute Videos“-Büchern ver­misst habe. Und sowas Spaciges wie ein Ballon-​Licht kann­te ich auch noch nicht.

Im Kapitel „Lichtsetzen in der Praxis“ erklärt der Autor die Funktionen ver­schie­de­ner Lichtquellen wie Hauptlicht, Aufhelllicht, Spitzlicht und Hintergrundlicht. Das ist zwar für Fotografen auch nicht neu, aber so nach­voll­zieh­bar beschrie­ben, dass es selbst einem Anfänger gleich gelin­gen soll­te, eine anspre­chen­de Portraitausleuchtung zu erzeugen.

Dem folgt ein Kapitel über Hilfsmittel wie Lichtformer, Farbfolien, Diffusoren und Reflektoren. Viel Bildmaterial wird hier von der Firma California Sunbounce gestellt, ist aber inso­fern nicht ver­wun­der­lich, da die­se sich auf pas­si­ve Beleuchtung spe­zia­li­siert hat, was im Film noch viel hilf­rei­cher als bei der Fotografie ist.

Die fol­gen­den Kapitel beschäf­ti­gen sich mit pro­ble­ma­ti­schen Fällen wie der Farbtemperatur, Mischlicht, Aufnahmen in Innenräumen, Nachtaufnahmen, Außenaufnahmen und so wei­ter. Für mich neu und erkennt­nis­reich war auch die Formel auf Seite 87, mit der berech­net wer­den kann, wie viel Leistung die elek­tri­schen Sicherungen ver­kraf­ten, ohne durch­zu­bren­nen. Ein Punkt, über den ich mir bis­her kaum Gedanken gemacht habe, der aber bei der Arbeit mit meh­re­ren 500-​Watt-​Scheinwerfern schnell rele­vant wird.

Den Abschluss bil­den vier aus­führ­li­che Interviews mit Kameramännern und einem Oberbeleuchter, die sich nicht mit Smalltalk auf­hal­ten, son­dern detail­liert prak­ti­sche Lichtprobleme dis­ku­tie­ren und eben­falls lehr­reich sind.

Ich will nicht ver­heh­len, dass das Buch sich pri­mär an Leute rich­tet, die rich­ti­ge, lan­ge Filme dre­hen wol­len. Wer als Stockfotograf kur­ze 30-​Sekunden-​Clips fil­men möch­te, wird oft mit einem Bruchteil der beschrie­be­nen Technik aus­kom­men. Aber es scha­det nicht, zu wis­sen, wie das Ganze grö­ßer auf­ge­zo­gen wer­den könn­te. Und allein für die Wahl der rich­ti­gen Lampe und Lichtsetzung auch bei einer Lichtquelle ist das Buch hilf­rei­cher als alle ande­ren gewe­sen, die ich gele­sen habe.

Hier hat­te ich am Ende echt das Gefühl: „Wow, ich habe viel gelernt!

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Rezension: „HD-​Filmen mit der Spiegelreflex“ von Helmut Kraus

Kaum eine neue Kamera kommt heu­te ohne ene Filmfunktion aus. Auch immer mehr Bildagenturen ver­kau­fen mitt­ler­wei­le nicht nur Fotos, son­dern auch Videos. Da erscheint es logisch, wenn Fotografen den Umgang mit dem Medium „Film“ ler­nen wollen.

Eins der Bücher, das dabei hel­fen soll, ist „HD-​Filmen mit der Spiegelreflex“* (ISBN 978–3898646369) von Helmut Kraus. Im Klappentext wird der Autor als Leiter eines Designbüros und Autor von Fachbüchern genannt, ohne dass ich her­aus­fin­den konn­te, wie viel Praxiserfahrung er hat. Vielleicht wirkt des­halb das Buch etwas ober­fläch­lich. Alles wird kurz ange­ris­sen, wie Film- und Dateiformate, Speichermedien, Sensortypen, die Ausrüstung, mög­li­ches Zubehör und so wei­ter. Der Teil „Aufnahmepraxis“ umfasst jedoch nur knapp 50 Seiten, von denen min­des­tens ein Drittel für Fotografen nichts Neues bie­ten, da sie Altbekanntes wie den Zusammenhang von Blende und Tiefenschärfe, die Auswirkung von Objektiv und Brennweite auf den Bildausschnitt etc. wiederholen.

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Mitnehmen konn­te ich aus dem Buch immer­hin eini­ge Details. So weiß ich jetzt, wor­an ich Variofokalobjektive erken­ne, was ein wich­ti­ges Kriterium für das Fokussieren beim Filmen ohne Autofokus ist. Interessant am Rande fand ich die Bemerkung, dass erst Oskar Barnacks der Fotografie zum Durchbruch als Massenmedium ver­half, indem er auf die Idee kam, den „ver­hält­nis­mä­ßig preis­wer­ten 35-​mm-​Kinofilm für Fotoapparate zu ver­wen­den“. Gut fand ich auch die im Vergleich zum Rest detail­lier­ten Beschreibungen von mög­li­chen Fehlerquellen beim Filmen, wie den Rolling-​Shutter-, den Blooming- und den Moiré-​Effekt oder Blendenflecken, Smearing und Flackern. Hilfreich ist auch der Hinweis, dass Filmaufnahmen mit einer DSLR auf Stativ immer klei­ne­re Dateigrößen erzeu­gen als das Freihand-​Filmen. Das liegt an der Komprimierung der Film-​Codecs, die bei iden­ti­sche­ren Bildern effek­ti­ver arbei­ten kann.

Gefehlt haben mir hin­ge­gen für mei­ne geplan­te Filmpraxis ele­men­ta­re Dinge. Der Bereich Beleuchtung wird nur sehr grob auf einer Seite abge­han­delt. Da hät­te ich mir mehr Informationen über die Wirkungsweisen und Vor- und Nachteile ver­schie­de­ner Beleuchtungsmittel wie Flächenleuchte, Weichstrahler, PAR oder LED-​Lampen gewünscht. Glücklicherweise lese ich dazu par­al­lel ein aus­führ­li­che­res Buch, wel­ches ich hier auch bald rezen­sie­ren wer­de. Da ich im Fotobereich viel mit Freistellern arbei­te, hät­te ich mir eben­falls mehr Hinweise gewünscht, wie mit­tels der Bluescreen-​Technik (bzw. heu­te häu­fi­ger der Greenscreen-​Variante) ein Motiv vom Hintergrund iso­liert wer­den kann.

Insgesamt ist das Buch nur für wirk­li­che Anfänger hilf­reich. Wer schon eine Weile foto­gra­fiert, wird die meis­ten der ange­schnit­te­nen Inhalte schon kennen.

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Rezension: The Photographer’s Guide To Making Money von Karen Dórame

Ein Leitfaden zum Geld ver­die­nen für Fotografen? Das ist ein groß­spu­ri­ger Titel, des­we­gen wird er im Untertitel genau­er: „150 Ideas for Cutting Costs and Boosting Profits“. Diese Ideen sind von der Fotografin Karen Dórame auf ca. 110 Seiten zusam­men­ge­fasst, des­we­gen pas­sen 2–3 Tipps auf eine Seite. Da vie­le Tipps davon han­deln, wie ent­we­der im Studio oder bei der Ausrüstung Geld gespart wer­den kann und vor allem wie Auftragsfotografen oder Portraitstudios ihren Kunden mehr ver­kau­fen kön­nen oder sich güns­ti­ger ver­mark­ten kön­nen, ist das Buch „The Photographer’s Guide To Making Money“* (ISBN 978–1584282570) vor allem an pro­fes­sio­nel­le Fotografen gerich­tet, die mit die­ser Arbeit ihr Geld verdienen.

Cover: Photographers Guide to Making Money

Diese Zielgruppe jedoch wird über einen gro­ßen Teil der Tipps und Ideen höchs­tens schmun­zeln kön­nen, so banal, nahe­lie­gend oder selbst­ver­ständ­lich sind eini­ge. Beispiel? Tipp Nr. 5: „Entwickle Deinen eige­nen Stil!“ oder Tipp Nr. 52: „Suche Sonderangebote bei teu­ren Geräten wie Scannern, Druckern und so wei­ter.“ oder Tipp Nr. 23: „Lass Dich im Laden bera­ten, bevor Du Zubehör kaufst.“ Ich mei­ne, wer sol­che Hinweise nötig hat, soll­te sich lie­ber eine Festanstellung suchen als sich selb­stän­dig zu machen. Auch die vie­len Beispielbilder, die als Zeichen der Kreativität mit Photoshop ver­frem­det wur­den, wir­ken viel­leicht noch in einer texa­ni­schen Kleinstadt ori­gi­nell, sehen für mich aber aus wie „zuviel an den Reglern gedreht“.

Trotzdem sind eini­ge Tipps erstaun­lich sinn­voll und hilf­reich, zum Beispiel Tipp Nr. 109, eine lan­ge Liste von Sätzen oder Phrasen, die der Fotograf nut­zen kann, um Kinder, Jugendliche, Paare, Senioren und ande­re zum Lachen zu brin­gen oder ande­re foto­ge­ne Ausdrücke auf die Gesichter der Models zu zau­bern. Oder Tipp Nr. 140, dass sich schrei­en­de Babys gut durch vibrie­ren­de Kissen beru­hi­gen las­sen. Auch Tipps Nr. 19 und Nr. 38 kann man sich nicht oft genug in Erinnerung rufen: „Kaufen ist nicht das Gleiche wie ler­nen“ und „Ausrüstung ist nicht die wich­tigs­te Investition eines Fotografen“.

Da das Buch in eng­lisch gehal­ten ist und eini­ge der Tipps sich natur­ge­mäß an einen us-​amerikanischen Leserkreis rich­ten, kann ich kei­ne all­ge­mei­ne Empfehlung aus­spre­chen. Wer jedoch das Gefühl hat, sein Fotografie-​Business ist zu ein­ge­fah­ren und daher neue Wege aus­pro­bie­ren möch­te, fin­det sicher eini­ge Inspirationen, die ihm hel­fen können.

Übrigens: Wer sich selbst oder ande­re Fotografen zu Weihnachten beschen­ken will, fin­det hier eine klei­ne Auswahl von mir emp­foh­le­ner Bücher, Objektive und mehr.


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Rezension: „Erwischt! Der Promi-​Jäger von Hollywood packt aus“ von Hans Paul

Wenn Leute hören, dass jemand ein Fotograf ist, den­ken sie zuerst an Papparazi. Das kommt ver­mut­lich davon, dass im Schatten der gan­zen Stars und Sternchen auch die uner­müd­lich fla­ckern­den Blitzlichter der Fotografenmeute zu sehen sind und eher erfolg­rei­che „Abschüsse“ eines Paparazzo die Titelseiten der Boulevardblätter schmü­cken als – sagen wir – ein Stockfoto.

Einer der­je­ni­gen, die heim­lich in Hollywood auf der Lauer lie­gen, um die Gier nach neu­en und mög­lichst exklu­si­ven Bildern der Prominenten zu befrie­di­gen, ist der deut­sche Fotograf Hans Paul. In sei­nem Buch „Erwischt“* (ISBN 978–3936994742) schreibt er, wie sei­ne Arbeitstage aus­se­hen, um die belieb­ten Fotos zu bekom­men, die meh­re­re zehn­tau­send Euro wert sein können.

Cover "Erwischt" von Hans Paul

Ich muss zuge­ben, dass ich beim Lesen des Buchs stän­dig ein mul­mi­ges Gefühl im Magen hat­te. Es fängt damit an, wie Hans Paul ein Erlebnis gleich zu Beginn sei­ner Laufbahn begann, damals noch kein Paparazzo, son­dern als „Enthüllungsjournalist“. Er foto­gra­fier­te – ver­mut­lich unbe­merkt – ein sech­zehn­jäh­ri­ges Mädchen, was auf den Strich ging und ver­kauf­te die Geschichte. Später las er im Kölner Express, dass sich das Mädchen umge­bracht hat­te. Sein Kommentar:

Ich sah das Foto in der Zeitung. Ich kann­te sie. Es war genau das Foto, das ich den Zeitungen ver­kauft hat­te. Zum ers­ten Mal mach­te ich mir Gedanken dar­über, was ich mit mei­nen Reportagen so anrich­ten konn­te. Sie könn­te noch leben. Dieser Schock ver­folgt mich bis heute.“

Etwas spä­ter ver­such­te er, der Neuen Revue eine Enthüllungsgeschichte von lei­den­den Hunden im Tierheim zu ver­kau­fen. Dabei ver­such­te die Zeitung, ihn selbst rein­zu­le­gen und eine Geschichte so zu bie­gen, dass kaum etwas Wahres dran bleibt, sie aber viel inter­es­san­ter wird. Konsequenzen schei­nen bei­de Erlebnisse nicht gehabt zu haben, denn sie hiel­ten Hans Paul nicht davon ab, das heim­li­che Ablichten von Personen, auch wenn sie es nicht wol­len, zu sei­nem Lebensunterhalt zu machen.

Bis hier­hin war ich ob sei­ner Gedankenlosigkeit eher irri­tiert. Auf Seite 39 wur­de ich das ers­te Mal wütend. Hans Paul arbei­tet mitt­ler­wei­le als Papparazo und soll­te Fotos von Liane „Lee“ Wiegelmann machen, die Gründungsmitglied der Band Tic Tac Toe war, weil ihr Mann sich auf­ge­hängt hat­te. Er misch­te sich unter die trau­ern­den Fans und ging so vor:

Lees Freunde nah­men mich mit zu sich nach hau­se und gaben mir bereit­wil­lig alle Fotos, auf denen der Verstorbene und Lee zu sehen waren. Noch konn­ten sie nicht ahnen, dass die Bilder sat­te Honorare wert waren. Bis zum Mittag hat­te ich reich­lich Material ein­ge­sam­melt. Inzwischen war eine gro­ße Schar von Reportern ein­ge­trof­fen. Sie klin­gel­ten bei Lees Verwandten und boten Geld für Interviews und Fotos. ‚Schrecklich‘, dach­te ich, ‚die Medienvertreter mer­ken nicht, dass die­se Menschen noch unter Schock ste­hen und wol­len sie schon inter­view­en‘. Noch tate sie mir leid, als sie dann aber hör­ten, dass die Journalisten hohe Geldsummen für die Interviews und Fotos boten, kamen sie auf­ge­regt zu mir und for­der­ten ziem­lich ener­gisch ihr Material zurück. Ich erklär­te ihnen, dass die Fotos schon in den Redaktionen seien.“

Diese Masche fin­de ich dann doch unver­schämt. Ecklig wird es, als er eini­ge Seiten spä­ter erzählt, wie er sie­ben Müllsäcke klaut, die vor dem Haus von Michael Schumacher ste­hen, sie auf einem Autobahnparkplatz durch­wühlt und mit den Fotos vom Inhalt Geld ver­dient. Dann beschließt er, nach Hollywood zu zie­hen, weil dort die inter­na­tio­na­len Stars woh­nen, deren Fotos welt­weit ver­käuf­lich sind, nicht nur in Deutschland.

Hans Paul hat Recht, wenn er schreibt, dass sich vie­le Prominente Fotos wün­schen, weil sie im Gespräch blei­ben müs­sen, um gut zu ver­die­nen. Auf der ande­ren Seite lis­tet Paul jedoch vie­le Beispiele auf, bei denen er heim­lich foto­gra­fie­ren muss, weil er genau weiß, dass die Person kei­ne Fotos duldet.Was ist das für ein Job, wo man stän­dig mit Leuten „arbei­tet“, die nicht koope­rie­ren wol­len? Und wenn der Ehemann der Schauspielerin Courtney Cox, David Arquette, die Paparazzi anschreit: „Ihr rui­niert mein Leben“, ist sein lapi­da­rer Kommentar nur: „Kannten wir schon alles“.

Ebenfalls irri­tie­rend fand ich den Umgang des Fotografen mit den Bildagenturen. Anstatt die­se direkt mit Laptop und WLAN zu belie­fern, trifft er sich mit Agenten, denen er sei­ne Speicherkarten gibt, damit die­se die wie­der­um an Agenturen ver­mit­teln. Oft klingt es so, als kön­ne er nur hof­fen, dass gute Summen dabei her­aus­sprin­gen. Aber wenn bezahlt wird, dann wer­de ich glatt nei­disch. Vier- bis fünf­stel­li­ge Summen sind für eine Fotoserie drin, bzw. waren es, bevor jeder Passant mit sei­nem Handy foto­gra­fie­ren konnte.

Ein wei­te­rer Punkt der Verwunderung ist die Sorglosigkeit, mit der ohne jede Erlaubnis foto­gra­fiert wird. Zwar schreibt er ab und zu, dass irgend­wo Hausrecht herr­sche und er des­halb nicht foto­gra­fie­ren dür­fe oder bei eini­gen Prominenten wegen anwe­sen­der Kinder auf den „Abschuss“ (wie er es nennt) ver­zich­tet, aber meis­tens wird ein­fach die Kamera auf die Promis gehal­ten, abge­drückt, was der Kameramotor her­gibt und die Ergebnisse ohne Gewissensbisse ver­kauft. Kein Wort zum Beispiel zu den Caroline-​Urteilen, die vor allem die Paparazzi-​Fotos ein­schrän­ken sol­len. Aber ich gebe zu: Etwas Neid ist auch dabei, wo ich als Stockfotograf für jedes noch so win­zi­ge Logo ent­we­der eine Erlaubnis brau­che oder Photoshop bemü­hen muss.

Das Buch ist in vie­le win­zi­ge Episoden auf­ge­teilt, die ca. eine hal­be bis gan­ze Seite lang und oft mit den dazu­ge­hö­ri­gem Foto gar­niert sind. Ab der Hälfte des Buches über­kam mich Langeweile, weil sich das Schema der Geschichten ähnelt: „Bekam einen Tipp von X, dass sich Promi Y an Ort Z auf­hält, ich rase los, mache auf Art Q Fotos, trot­ze dabei Problem V und verdiente €“.

Inhaltlich eig­net sich das Buch mehr für Boulevard-​Junkies, denn foto­gra­fisch gibt es höchs­tens zu lesen, ob er nun sein 300er, 400er oder 500er-​Objektiv benutzt oder ob er Gegenlicht hat oder nicht. Auch schreibt er häu­fig von sei­nen klei­nen Mini-​Kameras, die als Radio oder ähn­li­ches getarnt sind. Davon hät­te ich ger­ne Fotos gese­hen. Unterm Strich habe ich durch das Buch trotz der offen­sicht­li­chen Mängel einen bes­se­ren Einblick in die Arbeits- und vor allem Denkweise eines Papparazo bekom­men. Wer wis­sen will, wie Paparrazi ticken, kann es lesen, wer selbst einer wer­den will, wird kaum Tipps im Buch finden.

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Rezension: „500 Poses for Photographing Women“ von Michelle Perkins

Der Artikel „12 Tipps für Model-​Posen“ ist einer der belieb­tes­ten in mei­nem Blog. Er ist auch ein Beweis, dass es genug kos­ten­lo­se PDFs im Internet mit unzäh­li­gen Posen für Models gibt.

Was unter­schei­det gedruck­te Model-​Bücher davon? Als Beispiel neh­me ich das Buch „500 Poses for Photographing Women“* von Michelle Perkins (ISBN 978–1584282495).

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Auf ca. 120 durch­ge­hend far­bi­gen Seiten gibt es 500 Fotos von 16 ver­schie­de­nen Fotografen von – zumeist jun­gen und schö­nen – Frauen. Die Fotos sind grob sor­tiert nach der Art der Posen: Kopf-​und-​Schulter-​Portraits, Oberkörper-​Portraits, Dreiviertelansichten und Ganzkörperansichten. Die letz­ten bei­den Varianten wer­den noch mal unter­teilt in Posen zum Sitzen, Liegen und Stehen. Am Ende des Buches gibt es noch zwei (eng­lisch­spra­chi­ge) Seiten mit grund­le­gen­den Posing-​Tipps, die jedoch meist selbst­ver­ständ­lich sind und des­halb ver­nach­läs­sigt wer­den kön­nen. Beispiel: „Hände las­sen sich ein­fa­cher posi­tio­nie­ren, wenn sie etwas zu tun haben, zum Beispiel eine Requisite hal­ten oder auf einer Lehne lehnen.“

Der größ­te Unterschied zu den PDF-​Sammlungen ist die Bildqualität. Wir reden hier nicht von Skizzen oder einem ein­zi­gen Model in glei­cher Kleidung vor wei­ßem Hintergrund. Die Fotos sind mit vie­len Models in ver­schie­de­nen Locations auf­ge­nom­men wor­den. Vom Swimming Pool, Wald, Burg, Feld, Studio, Wohnzimmer, Bar oder Schrottplatz, die Abwechslung ist gege­ben. Auch Haarfarbe, Frisur und Kleidung wech­seln sehr häu­fig. Neben den Anregungen für Posen, wel­che das Model ein­neh­men soll, bekommt der Fotograf durch das Buch auch wei­te­re Inspirationen für Setting, Lichtaufbau, Make-​Up und so weiter.

Viele der Fotos im Buch sind soge­nann­te „Senior Portraits“, eine Fotografie-​Richtung, bei der sich Schüler im letz­ten Schuljahr („Senior“-Klassenstufe) pro­fes­sio­nell foto­gra­fie­ren las­sen, um eine Erinnerung an die­sen Lebensabschnitt zu haben. Eins die­ser Fotos kommt dann in das Jahrbuch, ver­gleich­bar mit den deut­schen Abi-​Büchern. Auf die­sen Fotos wol­len sich die jun­gen Frauen von ihrer schöns­ten Seite zei­gen, des­we­gen ist der Stil oft kit­schig bis gna­den­los makel­los retuschiert.

Die Posen sind vari­ie­ren zum Teil nur mini­mal, mal ist der Kopf etwas mehr gedreht, mal ist ein Arm mehr ange­win­kelt. Unter dem Strich gibt es viel­leicht 200 Basis-​Posen mit je 2–3 Varianten. Diese Posen selbst unter­schei­den sich nicht von den im obi­gen Link erwähn­ten kos­ten­lo­sen PDFs. Aber Fotografen sind oft visu­el­le Menschen und ich muss zuge­ben, dass ich es ange­neh­mer fin­de, durch Seiten mit pro­fes­sio­nel­len Fotos zu blät­tern als mich durch aus­ge­druck­te Blätter mit Schwarz/​weiß-​Skizzen zu wüh­len. Und Hand aufs Herz: Wer das Buch sei­nen Models zeigt, schin­det mehr Eindruck als mit einer geta­cker­ten Lose-​Blatt-​Sammlung. Ob einem das ca. 25 Euro wert ist, muss jeder selbst entscheiden.

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