Lange habe ich gezögert, dieses Buch zu lesen, trotz hunderter euphorischer Rezensionen auf Amazon. Das Zögern hat sich gelohnt, denn nun gibt es das Buch„Hot Shoe Diaries“* (ISBN 978–3827328670) von Joe McNally auch in deutscher Sprache zu kaufen. Und ich muss sagen: Die anderen Rezensionen haben nicht übertrieben.
Joe McNally ist ein us-amerikanischer Fotojournalist, der unter anderem schon für die Zeitschriften National Geographic, Time Life und Sports Illustrated gearbeitet hat. Er ist dafür bekannt, fast nur mit kleinen Aufsteckblitzen zu fotografieren. Wenn einer nicht ausreicht, dann auch mit zwei, drei oder 47. Viele Fotografen haben erstaunlicherweise eine Abneigung gegen Blitze, vor allem gegen diese kleinen. Unkontrollierbar, schwache Leistung, uncooler Look, das sind die gängigen Vorurteile. Dabei entstehen diese nur bei falscher Handhabung und ungenügender Kenntnis dieser Wunderwerke.
Hier springt Joe McNally in die Bresche und zeigt in dem 300-Seiten-Buch beeindruckende Fotos und beschreibt detailliert, wie sie entstanden sind – die Idee, aber vor allem auch den Lichtaufbau. Das Ganze macht er in einem derart lockeren, humorvollen, aber immer fundierten Ton, des er als der unterhaltsamste Fotobuch-Autor der Welt gelten kann. Mehrmals habe ich laut auflachen und noch öfter schmunzeln müssen. Nicht gerade üblich bei meiner sonstigen Fotolektüre.
Lehrreich ist das Buch aber auch. So betont er wiederholt seinen Einsatz von Farbfiltern vor den Blitzen, die mehrfache Diffusion mittels Schirmen und Wänden und die Verbesserung der Lichtqualität durch zwei parallele Blitze. An sich alles einfache Weisheiten, die ich aber selbst bisher kaum eingesetzt habe. Aber wenn McNally es sogar schafft, ein ganzes Flugzeug nur mit diesen Mini-Blitzen gut zu beleuchten, muss ich mich mindestens mal an paar Farbfilterfolien trauen.
Joe ist langjähriger Nikon-Nutzer und so bleibt es nicht aus, dass er manchmal ganz detaillierte Einstellungen an den Nikon-Kameras und Blitzen erklärt, die das Blitzen noch einfacher und bequemer machen. Canon-User müssen hier etwas Abstriche hinnehmen. Wer aber durch das Studium der Kamera- und Blitz-Anleitung (immer eine empfehlenswerte Handlung) das theoretische Rüstzeug besitzt, kann die meisten seiner Tipps auch für die Canon-Ausrüstung umsetzen.
Das Wort „Diaries“ im Titel lässt erahnen, dass das Buch keine technische Anleitung für korrekte Blitzfotos ist, sondern eher aus dem „Bauch heraus“ geschrieben ist. Das macht es zum einen sehr vergnüglich, aber schmälert etwas den Erkenntnisgewinn, da ich mir zu mehr Fotos Skizzen zum Lichtaufbau gewünscht hätte. Es ist doch manchmal sehr verwirrend, wenn er versucht, einen Lichtaufbau mit mehreren Blitzen, Reflektoren und Auslösern im Fließtext zu beschreiben. Da sagt eine Skizze mehr als 1000 Worte.
Gewundert am Rande habe ich mich, dass er kein Wort über Batterien verliert, obwohl diese doch bei seinen Blitzen und den dazugehörigen Akku-Packs massenweise anfallen müssten. Da hätte ich mich auch einige Praxis-Tipps erhofft. Interessant ist auch, dass McNally etliche Verrenkungen in Kauf nimmt, um seine Blitze mit dem SU-800-Auslöser oder Kabeln zu zünden, statt seine PocketWizards zu benutzen, damit er die iTTL-Steuerung (bei Canon eTTL) verwenden kann.
Alles in allem ein sehr kurzweiliges Buch mit vielen Inspirationen und Tipps, was aber das Lesen der Blitz-Anleitung nicht erspart.
* Affiliate-Link, ihr habt keinen Nachteil, ich bekomme eine kleine Provision beim Kauf