Mittlerweile habe ich etliche Testvideos gemacht und auch – mehr oder weniger erfolgreich – bei den Bildagenturen eingestellt.
Dabei habe ich gemerkt, dass beim Filmen einige Dinge von elementarer Bedeutung sind, die beim Fotografieren total unerheblich sind. Deshalb hier einige grundlegende Tipps für den Einstieg in die DSLR-Filmerei.

1. Das Stativ ist Dein Freund!
Ja, ich weiß: Es ist schwer, sperrig und unhandlich! Trotzdem. Ohne Stativ werden Dir nur in den seltensten Fällen ruhige Bilder gelingen. Es gibt verschiedene Varianten. Als Standard nutze ich das Manfrotto-Stativ MA 190XPROB Pro*. Das ist relativ leicht (1,8 Kilo), mit 5 Kilo belastbar (also gerade ausreichend für die 5D Mark II und ein schweres Objektiv), ziemlich hoch ausziehbar und die Mittelsäule kann gekippt werden, um Aufnahmen von oben direkt nach unten zu machen (Vogelperspektive). Zuerst hatte ich den Fehler gemacht, einen normalen Kugelkopf zu nehmen, aber damit gibt es bei Kameraschwenks (Panning) und Kamerakipps (Tilting) beim Anfahren und Abbremsen immer einen Ruck. Deshalb habe ich mir als Stativkopf zusätzlich den Mini Fluid Videoneiger 700RC2 von Manfrotto* gekauft. Die Aufnahmen werden damit viel ruhiger, aber die Bedienung der Schnellwechselplatte finde ich noch nicht optimal. Sehr wacklig, bevor sie umständlich festgeschraubt wird.
Die zweite Möglichkeit, wenn ich keinen Platz für Stativ plus Kopf habe, ist mein Einbeinstativ 685B*. Das ist zwar auch nicht das leichteste oder kürzeste, aber dafür ist es eins der wenigen, welches sich mit einer Hand in der Höhe verstellen lässt, ohne die andere Hand von der Kamera zu nehmen. So vermeide ich wenigstens Wackler nach oben und unten und gut schwenken lässt es sich auch.
Andere Möglichkeiten zur Stabilisierung des Bildes sind Steadicams, Dollys oder Schulterhalterungen.
2. Halte Deinen Sensor sauber!
Ein kleiner Fleck auf dem Kamerasensor? Kein Problem bei einem Foto. Ein Klick mit Photoshop und weg ist er. Bei Flecken auf Video geht das nicht so einfach und ich musste schon einige Videos in den Papierkorb befördern, weil sie unübersehbare Flecken zeigten. Deshalb vor ausgedehnten Filmaufnahmen vorher sowohl den Sensor als auch die Objektive reinigen.
3. Bringe Bewegung ins Bild!
Bewegungen in einem Foto darzustellen, ist eine Kunst für sich. Für Videos sind sie eine Notwendigkeit. Ansonsten blieben nur 24 identische Fotos pro Sekunde übrig. Es gibt verschiedene Möglichkeiten:
Entweder bewegt sich das Motiv, zum Beispiel ein Mensch geht, dreht sich, springt, rennt, fällt. Oder das Motiv wird bewegt, wie Blumen, die sich im Wind wiegen, Bälle, die angestoßen oder Flüssigkeiten, die in Gefäße gefüllt werden.
Alternativ kann sich auch die Kamera um ein statisches Motiv bewegen. Das erfordert vor allem bei DSLR-Kameras durch das manuelle Scharfstellen viel Übung und Genauigkeit. Hier können entweder Movie-Slider, die oben genannten Dollys oder andere Dinge mit Rädern oder Rollen benutzt werden. Die Königsdisziplin ist das Bewegen der Kamera, um sich bewegende Objektive zu filmen.
4. Mach den Ton an!
Bei vielen Footage-Clips für Videoagenturen reichen Aufnahmen ohne Originalton. Der Kunde legt sich oft sowieso Musik oder Ambience-Geräusche drunter. Deshalb würde es sich anbieten, gleich an der Kamera den Ton abzuschalten. Trotzdem rate ich dazu, das bleiben zu lassen. Nachdem ich viele Videos direkt in der Kamera ohne Ton aufgenommen habe, hatte ich den 60. Geburtstag meiner Oma fotografiert. Ihr alter Mädchenchor – jetzt ebenfalls rüstige Damen – hatte ein Überraschungsständchen geplant und meine Oma sang mit Tränen in den Augen gerührt mit. Es entstand ein sehr bewegender Video-Mitschnitt – nur leider ohne Ton.
Außerdem gibt es immer mal wieder Motive, bei denen die Videos sich mit Ton besser verkaufen, seien es gurgelnde Gebirgsbäche oder Vogelgezwitscher auf einer Sommerwiese. In der Regel muss das Video sowieso konvertiert werden, dann kann der Ton immer ohne viel Aufwand noch entfernt.
Manchmal eignet sich der Ton auch für Kommentare aus dem Off, die beim Schneiden des Films o.ä. helfen. Ich habe zum Beispiel bei meinem Dauerlichttest für Videoaufnahmen die Tonspur genutzt, um zu kommentieren, welchen Lichtaufbau ich gerade außerhalb des sichtbaren Bildes nutze.
5. Denke wie ein Kameramann!
Ich habe das Glück, dass ein guter Freund von mir professioneller Videojournalist ist, mit dem ich auch schon zusammen Videos realisiert habe. Dadurch lernte ich eine Denkweise kennen, die Fotografen meist noch nicht verinnerlicht haben.
Um beim Schneiden flexibler zu sein, soll es zum Beispiel am Anfang und Ende einer Szene immer einige Sekunden Ruhe geben, in denen sich das Motiv noch nicht bzw. nicht mehr bewegt. Wenn das nicht möglich ist, wird zum Beispiel eine ruhige Stelle wie der Fußboden oder die Wand gefilmt, damit von dort zur Bewegung geschwenkt werden kann. Fünf Sekunden Vorlauf und Nachlauf sollten reichen.
Außerdem gibt es einige Regeln, die in Fotografiebüchern nicht auftauchen, aber Allgemeinwissen bei Kameraleuten sind. Zum Beispiel gilt es, einen Achsensprung zu vermeiden.
6. Mach’s manuell, Baby!
Das betrifft sowohl Belichtung als auch Fokussierung. Bei einer automatischen Belichtung entstehen Helligkeitsschwankungen, wenn der Bildausschnitt bei Schwenks verändert wird, die sehr amateurhaft wirken. Der Autofokus bei digitalen Spiegelreflexkameras mit Videofunktion ist noch sehr langsam und während einer Aufnahme praktisch nicht zu gebrauchen. Das kann sich noch ändern, bisher ist die manuelle Einstellung jedoch das Maß der Dinge. Für eine genauere Fokussierung kann eine Displaylupe helfen, zum Beispiel von Hoodman*.
7. Kenne die richtigen Einstellungen!
Genau wie für das Fotografieren gibt es auch beim Filmen Einstellungen an der Kamera, die vorteilhafter sind. Dazu gehört zum Beispiel eine Reduzierung des Kontrasts.
Da ich selbst mit der Canon 5D Mark II arbeite, beschränken sich die Kameraeinstellungen auf das Modell. Im Prinzip gilt es aber für alle Video-DSLRs. Am einfachsten ist es, zum Beispiel bei Canon als Bildstil „Neutral“ zu wählen, wo Schärfe, Kontrast und Sättigung unverändert bleiben. Bei schwierigen, kontrastreichen Lichtverhältnissen wie Nachtaufnahmen oder Gegenlicht hilft auch der „Traumflieger Picture-Style für Video“. Als Anzeigemodus für das Live-Bild empfehle ich das Netzgitter 1, welches das Bild in drei gleich große horizontale und vertikale Bereiche teilt. das hilft ungemein bei der Bildgestaltung.
Für Canon 5D Mark II-Nutzer selbstverständlich sollte das Firmware-Update auf 2.0.7 sein, welches im Vergleich zur Firmware 1.1.0 mehr Auswahl bei der Bildrate und dem Ton bietet und nun auch ein Histogramm für Videos anzeigt etc. Mehr Auswahl heißt jetzt aber auch mehr Entscheidungen zu treffen. Eine Bildrate von 24 Bildern/Sekunde (fps) wird bei Kinofilmen genutzt, 25 fps hat das PAL-System (u.a. im europäischen Fernsehen) und 30 fps hat das us-amerikanische NTSC-System. Auch für Zeitlupen-Aufnahmen sind 30 fps zu empfehlen, da dem Schnittprogramm dann mehr Ausgangsmaterial zur Verfügung steht, um Zwischenbilder zu berechnen. Wer beim Filmen jedoch auf Dateigröße oder Mindestlaufzeit des Videos achten muss, sollte lieber weniger Bilder pro Sekunde wählen.
Ganz Mutige können sogar – auf eigenes Risiko – den Firmware-Hack „Magic Lantern“ benutzen, den einige Filmemacher entwickelt haben. Damit sind beispielsweise faszinierende Dinge wie ein Live-Histogramm und Schnittmarken während der Aufnahme oder Focus Pulling möglich.
8. Freunde Dich wieder mit Filtern an!
Geht es um das Fotografieren, rate ich heute nur noch zu zirkularen Polarisationsfiltern*. Der Rest wurde durch RAW und Photoshop ersetzt. Aber beim Filmen werden Filter noch gebraucht, da die Möglichkeiten zur Nachbearbeitung, vor allem verlustfrei, deutlich geringer sind. Neben dem Polfilter zur Reduzierung von Spiegelungen helfen Graufilter* bei hellem Licht, die Schärfentiefe zu verringern. Graue Farbverlauffilter eignen sich, um den Kontrast zwischen hellem Himmel und dunkler Landschaft bei Außenaufnahmen auszugleichen. Da bei Videoaufnahmen oft die internen Antialiasing-Filter der Kameras umgangen werden, helfen auch in solchen Fällen externe Filter.
9. Spiele mit der Unschärfe!
Je kleiner der Sensor, desto eher ist ein Bild oder Video von vorne bis hinten scharf. Dadurch wirkt es jedoch auch flach. Die teuren Kameras mit großen Sensoren können sehr geringe Tiefenschärfe erzeugen, was die Tiefenwirkung im Bild verstärkt. Beide Faktoren, Wirkung und Preis, führen dazu, den Look mit wenig Tiefenschärfe für edel und professionell zu halten. Nutze das zu Deinem Gunsten! Manchmal reicht es, vor dem Motiv einen unscharfen Gegenstand zu haben oder eben dorthin zu stellen, um Tiefe zu simulieren.
Statt sich mit der Kamera zu bewegen, um auf andere Objekte scharf zu stellen, kann auch die Fokussierung am Objektiv verstellt werden. Dadurch wirkt der Übergang sehr weich. Diese Methode ist jedoch an den Video-DSLRs sehr kompliziert, weshalb Hersteller-Firmen schnell teures Zubehör (Stichwort „Follow Focus“) entwickelt haben.
10. Denke in Serien!
Für einen Stockfotografen sollte es selbstverständlich sein, von einem Motiv mehrere Varianten zu fotografieren, um dem Bildkäufer Auswahl zu bieten. Ähnliches gilt für Stock-Footage, auch wenn ich zugebe, das bisher vernachlässigt zu haben. Auch bewegte Bilder können aus verschiedenen Richtungen, als Close-Up oder Weitwinkel-Ansicht gefilmt werden. Nur vertikale Aufnahmen sollten unterlassen werden. Zumindest bis sich Fernseher standardmäßig um 90° drehen lassen…
Was sind Eure Erfahrungen? Was habt ihr bei Euren ersten Videos gelernt? Wo liegen die größten Schwierigkeiten?

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