Einige haben vielleicht schon die offzielle Ankündigung gelesen: Wenn es meine Zeit erlaubt, werde ich ab jetzt für das Fotografie-Magazin fokussiert.com ab und zu Bildkritiken schreiben. Bald gibt es dort außerdem eine dreiteilige Serie über meine Arbeit zu lesen.
Alle Beiträge von Robert Kneschke
Musikindustrie vs. Stockfotografie
Wer meinen Blog schon eine Weile liest, weiß, dass ich gerne die Stockfotografie-Branche mit anderen Wirtschaftsbereichen vergleiche.
So gab es hier schon Parallelen zur Pornobranche, zum Buchmarkt und der Musikindustrie zu lesen. Ich mache das gerne, weil ich glaube, dass durch diese Blicke über den Tellerrand Entwicklungen besser analysiert werden können. Manchmal bin ich aber ratlos.
Im Vergleich zum Buchmarkt zitierte ich eine Autorin, die sich beklagte, dass der Trend in ihrer Branche dahin gehe, dass die Schriftsteller nicht nur schreiben, sondern bald auch verlegen und verkaufen müssten.
Gestern stand in der Süddeutschen Zeitung ein Artikel über den Zustand der Musikindustrie, geschrieben vom Musiker John Mellencamp.
Darin lamentiert er:
„Jetzt heißt es, dass sich die Künstler doch selbst darum kümmern sollen, mit ihrer Musik Geld zu verdienen. Kann man im heutigen Geschäftsklima von einem Künstler wirklich verlangen, dass er seine Stücke komponiert, aufnimmt, aufführt, verlegt und auch noch seine eigene Karriere vermarktet? Ich finde es immer sehr amüsant, dass Leute, die in ihrem Leben noch keine Platte aufgenommen oder einen Song geschrieben haben, so viel besser wissen, was ein Künstler zu tun hat, als die Künstler selbst.“
Angesichts der Tatsache, dass Vollzeit-Stockfotografen schon längst nicht nur Fotografieren, sondern auch Produzieren, Retuschieren, Verschlagworten und ihre Bilder vertreiben müssen, frage ich mich: Sind Stockfotografen die Vorreiter des digitalen Präkariats? Oder verdiene ich nur noch nicht genug, um mir diesen Stab von Mitarbeitern leisten zu können, den Top-Stockfotografen beschäftigen und anscheinend auch viele Musiker und Autoren?
Was meint ihr?
Exklusivität – Probleme mit istockphoto und Alamy
Der Kampf um Fotografen wird von Bildagenturen mit harten Bandagen ausgetragen. Manchmal schießt da aber eine Agentur über das Ziel hinaus.
So geschehen in letzter Zeit bei istockphoto. Mir liegt der Fall eines us-amerikanischen Fotografen vor (Name ist mir bekannt), der sich vor sechs Monaten entschieden hat, exklusiver istock-Fotograf zu werden. Er hatte bei der Bildagentur Alamy RF-und RM-Fotos. Die RF-Fotos löschte er, um den Exklusivität-Bedingungen von istockphoto zu entsprechen. Einige RM-Fotos ließ er drin, da es bei istockphoto heißt, dass „Rights-managed files with other organizations“ nicht von der Exklusivität betroffen seien.
Die sechsmonatige Kündigungsfrist für Fotos bei Alamy verstrich und der Fotograf bewarb sich bei istockphoto. Seine Bewerbung als exklusiver Fotograf wurde jedoch mit der Begründung abgelehnt, dass noch Fotos bei Alamy zu finden seien. Der Fotograf wies darauf hin, dass diese RM-Fotos seien, keine RF-Fotos.
istockphoto antwortete:
„In the ‚RM‘ agreement signed with Alamy – they reserve the right to change the agreement to RF at any time with 45 days notice to you. As files are held on their site for a 6 month period, we unfortunately would not be able to approve your exclusivity application with files posted on Alamy.“
Das stimmt jedoch nicht. In Punkt 6.2 der Nutzungsbedingungen von Alamy steht, dass Fotolizenzen nur von RF zu RM oder von RM exklusiv zu RM verschoben werden können, aber nicht umgekehrt. Darauf wies der Fotograf auch hin, was istockphoto jedoch egal war.
Die Lösung des Problems: Der Fotograf erhielt von einem istock-Topseller den Hinweis, eine Email an den „Compliance and Enforcement Officer“ bei istockphoto zu schreiben. Dieser entschuldigte sich für die Verwirrung und gab zu, dass intern etwas Verwirrung über den Alamy-Vertrag herrscht. Seine Bewerbung wurde positiv entschieden.
Was ist Stockfotografie?
Stockfotografie bezeichnet – wie der Name schon anklingen lässt – das Fotografieren von Stöcken.
Damit ist dieser Fotografie-Stil ein Teil der Landschaftsfotografie, speziell der Baumfotografie. Stockfotografen sind auf Parties sehr beliebt, weil sie den sogenannten „Stockbesoffenen“ hilfreiche Stöcke zum Stützen reichen können.
Unterarten der Stockfotografie sind die
Nicht zu verwechseln ist die Stockfotografie jedoch mit der
- Fotografie von Stockings, einem Bereich der Fetischfotografie, in der es um Fotos mit Nylonstrümpfen geht
- Stocks-Fotografie, was die Fotografie von Fußfesseln, auch Fußblock oder Stock genannt, bezeichnet
Übrigens: Jemand ist „stockblind“, wenn er beim Spaziergang nur noch Ausschau nach Stöcken halten kann.
The Long Tail – Der lange Schwanz in der Stockfotografie
In der letzten Zeit wurde in Stockfotografie-Kreisen gerne über „the long tail“ gesprochen. Heute möchte ich dieses Phänomen etwas erklären, sowohl aus Kunden‑, als auch aus Fotografensicht.
Der „lange Schwanz“, wie der Begriff „the long tail“ wörtlich übersetzt werden kann, wurde 2004 in einem Wired-Artikel von Chris Anderson geprägt. Eine Kurzversion des Buches kann kostenlos hier heruntergeladen werden.
Im Buch beschreibt Anderson, wie durch das Internet viele Unternehmen Geld damit verdienen, dass sie ganz viele Nischenprodukte selten verkaufen, statt wenige beliebte Produkte ganz oft.
Ein gutes Beispiel ist Amazon im Vergleich zum klassischen Buchhändler an der Ecke. Der Buchladen hat nur begrenzten Platz, weil die Mieten in Einkaufsstraßen der Innenstadt teuer sind. Deshalb wird er vor allem die Bücher anbieten, die populär sind und sich oft verkaufen. Auch wenn man sich heute meist jedes Buch bestellen lassen kann, ist es bequemer, sich das Buch direkt von Amazon zum gleichen Preis nach Hause schicken zu lassen. In dem Artikel schreibt Anderson, dass die us-amerikanische Buchhandelskette „Barnes & Nobles“ nur 130.000 Titel anbietet. Ungefähr ein Viertel des Umsatzes des Internet-Buchhändlers Amazon entsteht jedoch durch Bücher, die nicht zu diesen Titeln gehören.
Dieses Prinzip lässt sich auch auf Musik und andere Medien anwenden. Womit wir bei den Fotos wären.
Einige Microstock-Blogs haben z.B. hier oder hier herausgearbeitet, dass es sich auch für Fotografen lohnen kann, jedes Foto anzubieten, was Verkaufchancen hat und sich nicht nur auf die Topseller zu konzentrieren. Das ist so lage sinnvoll, solange es keine Ausrede wird, keine super verkäuflichen Fotos mehr zu machen.
Am anderen Ende des Tischs ist bei den Bildkäufern das Prinzip ebenso gültig. Ganz viele Kunden haben wenig Geld für Fotolizenzen und wenige viel Geld. Die Microstock-Agenturen haben es ausgenutzt, dass die alten Bildagenturen sich nur auf die wenigen finanzstarken Kunden konzentriert haben und den anderen Menschen keine Möglichkeit gegeben haben, Fotos kaufen zu können. Mit billigen Fotos ab einem Euro kann sich jeder Fotos leisten. Der Haken ist nur, dass auch die reichen Kunden auf das Angebot zurückgreifen können und so Umsätze wegbrechen, die auch mit vielen kleinen Kunden kaum zu erzielen sind.
Ich möchte jedoch auf etwas anderes hinaus. Vor einer Woche wurde mir von sehe vielen Bildagenturen ein Foto abgelehnt, auf dem ein großer Haufen Pferdemist auf einer Staße liegt. Bei istockphoto gibt es von über vier Millionen Bildern nicht mal zehn Fotos, die diesem ähnlich sehen. Die Verkaufschancen sind gering, aber vor allem bei Microstock-Anbietern sollte sich die Erkenntnis durchgesetzt haben, dass „es die Masse macht“.
Viele Fotos werden mittlerweile abgelehnt mit dem Hinweis auf „geringe Verkaufschancen“ des Motivs. Das mag stimmen, doch bringen sich die Bildagenturen damit zusammengerechnet um einen großen Teil des Umsatzes, wenn die Kunden mit ausgefallenen Bildwünschen nicht fündig werden. Die Schwierigkeit ist nur, die regulären Suchergebnisse der „Mainstream-Kunden“ nicht mit unrelevanten Suchergebnissen zu belasten. Einige Bildagentuen argumentieren auch, dass selten gekaufte Fotos nur Speicherplatz wegnehmen und die Datenbank belasten. Auch richtig. Aber wer es schafft, diese Probleme elegant zu lösen, wird es auch in Zukunft im Bildermarkt schaffen, ganz oben mit dabei zu sein.