In der Süddeutschen Zeitung wurde letzte Woche Mittwoch (11.03.2009) der Artikel „Das Schattenbuch“ der Schriftstellerin Katharina Hagena veröffentlicht, in dem sie überlegt, was sich für Autoren mit der Einführung von E‑Book-Lesegeräten verändern könnte.

Darin schreibt sie u.a.:
„E‑Books werden das Verlagswesen aufmischen, den Buchmarkt und damit irgendwann den Autor. […] Wenn Urheberrechte fransig und fadenscheinig werden, bietet das – allerdings grobmaschige – Internet die Möglichkeit, den Verlag ganz abzustreifen.
Es wird mehr Schriftsteller-Gewerkschaften geben, in denen versucht wird, Gebühren zum Herunterladen der Texte durch- und festzusetzen. Prominente Autoren werden mächtiger werden, weil sie unabhängig von ihren Verlagen agieren können. […] Andererseits werden es unbekannte Schriftsteller noch schwerer haben, bekannt zu werden. Oder bekommen sie in der Demokratie des Netzes endlich die Chance, entdeckt zu werden?
Ich möchte meine Bücher möglichst nicht im Alleingang veröffentlichen. Selbst nach einem größeren, aber jetzt nicht alles um sich herum plattwalzenden Erfolg ist man mindestens ein Jahr lang damit beschäftigt, den eigenen Ruhm zu verwalten. Das ist sehr schön, es erfüllt einen mit Dankbarkeit, vor allem aber kostet es Zeit.“
Ich finde ihre Ausführung sehr spannend, weil sich Parallelen zum Buchmarkt und der Entwicklung von Bildagenturen ziehen lassen.
Im Zeitalter der analogen Fotografie hatte jeder Stockfotograf eine enge, auch räumliche, Bindung an seine Bildagenturen. Da Negative und Dias postalisch verschickt wurden, war es oft zu teuer und zu risikoreich, diese wertvolle Fracht an Bildagenturen in Übersee zu liefern. Auch die Aufnahme in eine Bildagentur war schwieriger. Die Agenturen verlangten einen großen Vorrat an Stockfotos und ständig neue Lieferungen.
Durch das Internet demokratisierte sich die Branche. Erstmals erlaubten die Digitalfotos, dass Fotografen auch weit entfernte Bildagenturen erstens überhaupt erst kennen lernten und zweitens auch risikofrei beliefern konnten. Die „Abhängigkeit“ der Stockfotografen von ihren Bildagenturen wurde geringer. Diese Entwicklung vermutet auch Frau Hagena im ersten oben zitierten Absatz.
Die Kehrseite der Digitalisierung ist jedoch, dass die Markteintrittsschwelle für neue Fotografen sehr gering ist. „Mit eigenen Fotos Geld verdienen“ sind gängige Slogans von Ratgeberbüchern oder Zeitschriftenartikeln geworden. Selbst die ComputerBild schrieb vor wenigen Wochen darüber und bescherte den erwähnten Microstock-Agenturen neuen Fotografen-Zulauf. Dadurch ist der einzelne Fotograf für eine Bildagentur entbehrlich geworden. Wen, glaubst Du, würde eine Bildagentur lieber verlieren? Einen Fotografen oder einen Kunden? Bei mehreren zehntausend neuen Fotos pro Woche (!), die viele Bildagenturen erhalten, fällt diese Entscheidung leicht.
Die Frage der Autorin, ob unbekannte Schriftsteller es nun leichter oder schwerer hätten, wage ich zu beantworten: Sie haben es leichter. Aber der Preis dafür werden wahrscheinlich neue E‑Book-Verlage sein, gegen die die traditionellen Buchverlage wie kleine Fische aussehen werden. Es läge z.B. auf der Hand, dass der Online-Buchhändler Amazon künftig nicht nur gedruckte Bücher verkauft, sondern digitale E‑Books selbst anbietet ohne den Umweg über einen Verlag.
Über das Lamentieren der Autorin, dass eine Selbstvermarktung ihrer Bücher viel Zeit fressen würde, darüber können Fotografen in der Stockfotografie nur müde lächeln. Ist es doch längst Realität, dass die Verwaltung der Selbständigkeit den größten Teil der Arbeit einnimmt und Fotoshootings fast die Ausnahme sind.
Jetzt seid ihr wieder dran. Was sind Eure Vermutungen zur Entwicklung von Buch- und Bilderbranche?
