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Rezension: BVPA Der Bildermarkt – Handbuch der Bildagenturen 2011

BVPA? Ist das sowas wie JPG oder PSD? Nicht ganz.

Das Kürzel steht für „Bundesverband der Pressbild-​Agenturen und Bildarchive“ und ist ein deut­scher Interessenverband und eine Lobbyorganisation für Bildagenturen. Er wur­de 1970 gegrün­det und zählt mitt­ler­wei­le über 70 Mitglieder. Dazu gehö­ren Agenturen wie Action Press, Getty Images, DDP, F1 Online, Keystone, Look, Laif, Mauritius Images und vie­le mehr.

Verschiedene Arbeitskreise beschäf­ti­gen sich mit tech­ni­schen oder recht­li­chen Aspekten der Stockfotografie und Bildarchivierung. Am wich­tigs­ten ist wohl die „Mittelstandsgemeinschaft Foto-​Marketing“ (MFM), wel­che jähr­lich durch Umfragen unter ihren Mitgliedern her­aus­fin­det, wie sich die Honorarlage für Fotos ent­wi­ckelt und dar­auf basie­rend eine Bildhonorar-Übersicht erstellt.

Jedes Jahr gibt der BVPA auch sei­ne Publikation „Der Bildermarkt“ her­aus. Untertitel ist „Handbuch der Bildagenturen“ und beschreibt den Inhalt ganz treffend.


Das Buch ist drei­ge­teilt. Im ers­ten Teil fin­den sich vie­le kur­ze Artikel, wel­che für die Praxis der Bildagenturen rele­vant sind. Dieser Teil ist in die Rubriken wie „Arbeitstechnik“, „Recht“, „Honorare und Kosten“ und „Publizistische Leitlinien“ geglie­dert. Der zwei­te Teil erlaubt auf ca. 100 Seiten jedem Mitglied die Selbstdarstellung, es fin­den sich also alle 70 Agenturen und Archive mit Kontaktdaten, Themenschwerpunkt und teil­wei­se Beispielbildern wie­der. Der letz­te Teil ist den Service-​Informationen vor­be­hal­ten, also Adressen von Sachverständigen, Gutachtern, Verbänden und Vereinen, die für den Bildermarkt rele­vant sind.

Was jetzt schon etwas tro­cken klingt, liest sich lei­der auch so. Die Artikel sind inhalt­lich soli­de, so aktu­ell, wie es einem Druckwerk gegen­über dem Internet gelin­gen kann und decken vie­le aktu­el­le Trends ab. So wird bei­spiels­wei­se die Weiterentwicklung des IPTC-​Standards nach­voll­zo­gen, es gibt Gedanken zur Langzeitarchivierung von Bilddaten, aktu­el­le Urteile zum Urheberrecht, Persönlichkeitsrecht und ande­ren für Fotografen und Agenturen rele­van­ten Themenbereichen, Tätigkeitsbeschreibungen für die Arbeit in einer Bildagentur und so weiter.

Obwohl das Buch also rand­voll mit Informationen gefüllt ist, die genau auf mei­ne Arbeit zuge­schnit­ten sind, hin­ter­lässt die Lektüre bei mir kei­nen blei­ben­den Eindruck. Ständig hat­te ich beim Lesen das Gefühl „kenn ich schon, weiß ich doch, habe ich neu­lich im Internet aktu­el­ler gele­sen“. Es wirkt, als sei das Buch eher für jeman­den kon­zi­piert, der neu als Fotograf anfan­gen oder eine neue Bildagentur grün­den will und dafür den Bildermarkt ver­ste­hen will. Ich kann mir nicht vor­stel­len, dass die gan­zen Mitglieder des BVPA die Informationen im Buch nicht schon ken­nen wür­den. Immerhin haben sie das Buch ja gemein­sam geschrieben.

Am auf­schluss­reichs­ten waren für mich zwei Artkel. Zum einen „Das Videobusiness im Wandel der Jahre“, in dem Ann-​Catherine Keßler von der Agentur Bulls Press nach­zeich­net, wie sich der Umgang mit und Verkauf von Videos seit 2007 bis heu­te ent­wi­ckelt hat. Auch die meis­ten Artikel über die „IPTC-​Felder“ waren hilf­reich und lesens­wert, weil sie zei­gen, wie die Interessenverbände den Metadaten-​Standard stän­dig wei­ter­ent­wi­ckeln und ver­bes­sern. Oder könnt ihr aus dem Stehgreif den Unterschied zwi­schen „IPTC Core“ und „IPTC Extension“ erklären?

Etwas irri­tie­rend war für mich auch, dass das Thema „Microstock“ auf den gesam­ten 328 Seiten fast nicht vor­kommt. Zum einen liegt es nahe, weil kei­ne deut­sche Microstock-​Agentur im BVPA Mitglied ist. Andererseits bin ich mir sicher, dass die gro­ßen Microstock-​Agenturen wie Shutterstock oder Fotolia für einen gro­ßen Preisdruck bei den tra­di­tio­nel­len Bildagenturen sor­gen wer­den. Wie die­se damit umge­hen, hät­te mich schon inter­es­siert. Zum Beispiel bie­ten immer mehr Macrostock-​Agenturen auch Abonnement-Modelle an, auch wenn die­se oft nicht an die gro­ße Glocke gehängt wer­den. Welche Erfahrungen haben die Agenturen damit gemacht? War das die rich­ti­ge Entscheidung? Sowas hät­te ich in dem Buch erwartet.

Das Handbuch kos­tet 33 Euro und kann hier über die Webseite des BVPA bestellt wer­den. Dazu gibt es die 120 Seiten star­ke Broschüre „Bildhonorare 2011“, wel­che die markt­üb­li­chen Vergütungen für Bildrechte auf­lis­tet, auch wenn hier eben­falls gilt, dass das ein­deu­tig Macrostock-​Preise sind. Die Broschüre ist das, was umgangs­sprach­lich oft als „MFM-​Liste“ bekannt isr und Gerichten ger­ne als Grundlage für Honorarentscheidungen bei Foto-​Streitigkeiten dient. Einzeln ist die Broschüre nicht erhält­lich, wer nur die Bildhonorare braucht, kann des­halb die MFM-​Broschüre als App für das iPhone für stol­ze 14,50 Euro kaufen.

Rezension: „Eins zu hundert“ von Achim Dunker

Der Titel ist kryp­tisch. Genau wie beim Buch „Die chi­ne­si­sche Sonne scheint immer von unten“ des glei­chen Autors, wel­ches ich hier im Blog in den höchs­ten Tönen gelobt habe. Deshalb lag es nahe, zu schau­en, ob auch das aktu­el­le Buch „Eins zu hun­dert“* des Filmemachers Achim Dunker auf dem glei­chen Niveau liegt.

Der Untertitel erklärt wie­der genau­er, wor­um es geht: „Die Möglichkeiten der Kameragestaltung“. Damit knüpft das Buch naht­los an „die chi­ne­si­sche Sonne“ an, wel­che die Gestaltung mit Licht und Schatten im Film erklärt.

Im Detail wer­den ver­schie­de­ne Einstellungsgrößen (Totale, Halbnah, Großaufnahme, etc.), Bildformate, Seitenverhältnisse und ihre Wirkungen erläu­tert, die Unterschiede zwi­schen Kamerafahrt und Zoom und – ganz span­nend – doch noch etwas Lichttheorie. Wie lässt sich das Licht in der Malerei von Rembrandt, Vermeer oder Caravaggio oder simp­les Kerzenlicht am bes­ten fil­men umsetzen?

Das Ganze ist in einer kla­ren, ver­ständ­li­chen Sprache geschrie­ben, deren Erklärungen jedoch merk­lich immer in der Praxis ver­an­kert sind. Abgerundet wird das Buch durch vie­le Interviews mit Kameramännern oder Beleuchtern, die zum Beispiel für Produktionen wie „Harry Potter 5“ oder „Slumdog Millionaire“ ver­ant­wort­lich waren.

Warum lese ich als Fotograf jetzt wie­der ein Buch über das Filmen? Wiederholt hieß es hier und an ande­ren Stellen, dass Videos immer mehr Fotos ver­drän­gen wer­den und Fotografen sich dar­auf ein­stel­len müs­sen. Es gibt zwar vie­le Bücher, die sich spe­zi­ell mit den Filmfunktionen der DSLR-​Kameras beschäf­ti­gen, oft sind die­se jedoch von Fotografen im Stile einer aus­führ­li­che­ren Bedienungsanleitung geschrie­ben: Auf die tech­ni­schen Aspekte beschränkt und ohne die Erfahrungen, die man nur durch jah­re­lan­ge Arbeit mit Filmteams gewin­nen kann.

Genau die­se Aspekte beherr­schen die Bücher von Dunker. Es gibt wenig Erklärungen über Kameratypen, Objektive, Tasten und Schalter, son­dern vie­le Hinweise, wie die vor­han­de­ne Technik krea­tiv ein­ge­setzt wer­den kann. Zum Beispiel banal klin­gen­de Dinge, die mir noch nicht so bewusst waren: Wie die Tipps zum Schnitt, dass sich ver­schie­de­ne Großaufnahmen sehr leicht hin­ter­ein­an­der mon­tie­ren las­sen, das bei meh­re­ren Totalen hin­ter­ein­an­der jedoch schwie­rig ist. Oder dass bei Personenaufnahmen beim Wechsel von einer weit­wink­li­gen Ansicht in eine Großaufnahme die Kamera ca. 10–15 Grad seit­lich ver­scho­ben wer­den soll­te, weil das Bild für den Zuschauer dann plas­ti­scher wirkt.

Auch eini­ge inter­es­san­te Anekdoten fin­den Platz: Während Stockfotografen dem Sprichwort „Ein Bild sagt mehr als tau­send Worte“ eher zustim­men wür­den, lie­fert Duncker die gegen­tei­li­ge These, weil der Tonfilm den Stummfilm kom­plett aus­ster­ben ließ. Oder wuss­tet ihr, dass das Genie Leonardo da Vinci auch schon die Kante zwi­schen Licht und Schatten (in der Fotografie auch als Lichtdynamik-​Kante bezeich­net) beschrie­ben hat?

Mir wur­de übri­gens schon vor­ge­wor­fen, ich hät­te die Lektionen sei­nes ers­ten Buches in mei­nen aktu­el­len Fotos nicht beher­zigt. Genau genom­men ist das kein Wunder, denn allein die vie­len als Beispiele erwähn­ten Filme, die Duncker in sei­nen Büchern nennt (und von denen die meis­ten wirk­lich Klassiker sind, die man mit ana­ly­ti­schem Auge gese­hen haben soll­te), wür­den Wochen im hei­mi­schen Sessel in Anspruch nehmen.

Für Leute, die mit ihrer Kamera (egal ob DSLR, Camcorder oder Handy) mehr als nur Schnappschüsse fil­men wol­len, kann ich auch das Buch „eins zu hun­dert“ bedin­gungs­los empfehlen.


* Affiliate-​Link

Rezension: „In Pursuit Of The Sublime“ von 1x.com

Bisher habe ich nur sehr sel­ten Fotobücher im Blog rezen­siert. Genau genom­men nur ein Mal, die Werbefotos des Luerzer Archivs. Heute stel­le ich ein Buch vor, was unge­fähr genau das Gegenteil ist: „In Pursuit Of The Sublime“ von 1x.com.
www.1x.com ist eine Online-Fotocommunity, ver­gleich­bar mit Flickr oder der Fotocommunity, mit dem Unterschied, dass alle gezeig­ten Fotos vor­her wie bei Bildagenturen durch eine Bildredaktion müs­sen, die nur einen Bruchteil der ein­ge­reich­ten Fotos annimmt. Das kann man eli­tär nen­nen oder auch bequem, weil die Besucher nur die schö­nen Fotos zu sehen bekom­men. Dieses Prinzp haben die Macher jetzt auf die Spitze getrie­ben und von 205 der betei­lig­ten Fotografen das jeweils bes­te Foto aus­ge­sucht und im Fotobuch „In Pursuit Of The Sublime“ zusammengestellt.

Der Titel läßt sich mit „Das Streben nach Großartigkeit“ über­set­zen. Zu sehen sind 205 Fotos, off­set­ge­druckt auf hoch­wer­ti­gem 170g-​Papier, ca. DinA4 groß und 1,2 Kilo schwer, fünf­fach faden­ge­bun­den mit Hardcover-​Umschlag und einem Stoffbändchen als inte­grier­tem Lesezeichen. Das Ganze hat sei­nen Preis: Satte 75 Euro kos­tet das Buch und reicht damit an die gro­ßen Coffeetable-​Bücher des teNeues Verlag her­an. Aber es kann auch locker mithalten.

Coffeetable-​Bücher sind meist gro­ße, hoch­wer­tig gedruck­te Bücher, meist Bildbände, die – wie der Name andeu­tet – auf dem Kaffeetisch im Wohnzimmer lie­gen, damit Besucher ohne Beschäftigung dar­in rum­blät­tern und sich die Zeit ver­trei­ben kön­nen. Bei den Fotobüchern ein­zel­ner Fotografen herrscht logi­scher­wei­se meist ent­we­der ein foto­gra­fi­scher Stil oder ein bestimm­tes Motiv/​Thema vor.

Im Fotobuch „The Pursuit Of The Sublime“ wech­selt sich das stän­dig ab: Grob las­sen sich die Bilder in die Kategorieren Tiere, Architektur, Portrait, Landschaften, Street, Düsteres und Schwarz/​Weiß ein­tei­len, wobei dar­auf geach­tet wur­de, dass die bei­den Bilder einer Doppelseite gut har­mo­nie­ren. Das gelingt erstaun­lich gut und bringt eine zusätz­li­che Betrachtungsebene mit ins Spiel: Neben der direk­ten Betrachtung den Vergleich.

Während das ers­te rezen­sier­te Fotobuch aus­schließ­lich kom­mer­zi­ell ori­en­tier­te Fotografie zeig­te, zeigt die­ses Fotobuch nur künst­le­ri­sche Fotos, auch von – guten – Amateuren. Das führt dazu, dass die Motive, auch wenn sie tech­nisch per­fek­tio­nisch abge­lich­tet wur­den – teil­wei­se bekannt sind: Der unver­meid­li­che Sonnenuntergang, die Kanäle von Venedig, New York von oben, Langzeitbelichtung von Wellen, abblät­tern­de Farbe an Wänden und so weiter.

Das muss man mögen. Mit die­ser Motivauswahl ist es aber ein idea­les Geschenk für Fotografieeinsteiger, für Hochzeiten oder ästhe­tisch inter­es­sier­te Menschen, die noch kei­nen Zugang zur Fotografie gefun­den haben. Damit man bei die­sem Preis nicht die Katze im Sack kau­fen muss, kann man sich hier ca. 50 der 205 Fotos vor­ab online anschauen.


Was sagt ihr zu den Fotos?

Pimp My Stock! Bildbesprechungen von Stockfotos 11

Vorhang auf, will­kom­men bei der Folge 11 von „Pimp My Stock!“, es geht wei­ter mit mei­ner Bildkritik an Stockfotos.

Diesmal möch­te Ralf Fröhlich eini­ge Kommentare zu sei­nen Bildern. Lassen wir ihn erst mal in sei­nen eige­nen Worten vorstellen:

Ich foto­gra­fie­re schon seit vie­len Jahren, bin aber erst seit rund 2,5 Jahren wie­der „geschäft­lich“ dabei.
PantherMedia, Fotolia, Polylooks sind eini­ge Agenturen, in denen ich ver­tre­ten bin, wobei mei­ne Verkäufe (bis­her rund 780 Stück in 2,5 Jahren) über­wie­gend bei PM und Fotolia laufen.
Mein Augenmerk liegt in der Reportage- Reisefotografie. Vor allem Indien ( Nagaland/​Assam), aber auch Namibia, Südafrika und Nepal haben es mir angetan.
Indien berei­se ich seit mehr als 15 Jahren regel­mä­ßig und seit ca 10 Jahren neh­me ich unter dem Begriff:  „Fotoexpeditionen und Abenteuerreisen“ klei­ne Reisegruppen mit max. 8 Personen mit.
Wie oben erwähnt liegt mir beson­ders das Nagaland am Herzen – ich war einer der ers­ten, die im Jahre 2000 das Land nach der Öffnung berei­sen konn­ten – und, wie auf mei­ner Webseite zu sehen, habe ich dort auch schon eini­ges in Bewegung brin­gen kön­nen. Für mich ein ganz beson­de­res Land, mit einer beson­de­ren Geschichte, Tradition und Kultur…“

Hier sind sei­ne Fotos:


Das Motiv besitzt eine star­ke Symbolik, die schüch­ter­ne Hand, wel­che sich vor­sich­tig der ande­ren nähert, kann Nähe, Vertrauen, Liebe und Sicherheit, aber auch Angst, Unsicherheit und Risiko ver­sinn­bild­li­chen. Aus der Microstock-​Perspektive, wo Bilder mög­lichst uni­ver­sell nutz­bar sein soll­ten, stört vor allem der Zopf und die Stammeskleidung. Das wie­der­um kann aber bei spe­zia­li­sier­ten Reportageagenturen wie laif oder Okapia ein Vorteil sein, doch dazu spä­ter mehr.


Ein Foto mit einem ein­deu­ti­gen Motiv: Paar an einer Kochstelle. Leider etwas hart belich­tet (sie­he an der Feder rechts oben), aber was ich bei die­ser Größe erken­nen kann, tech­nisch trotz­dem brauch­bar. Nur bei den genann­ten drei Microstock-​Agenturen wie­der kom­plett das fal­sche Motiv, da es weni­ge Verwendungszwecke für das Foto gibt. Die jedoch, die es gibt, sind bereit, für eine authen­ti­sche Szene deut­lich mehr als nur eine Handvoll Euro zu bezahlen.


Dieses Foto des alten Mannes aus Nagaland lebt von dem zer­furch­ten Gesicht. Hier ist die rich­ti­ge Verschlagwortung wich­tig, wel­che das Alter betont, um Verkäufe zu erzie­len. Das Kind auf dem Rücken fin­de ich nicht ganz gelun­gen. Entweder rich­tig mit auf das Bild, um das Thema „Generationen“ und „Kinderpflege“ zu beto­nen, oder mal kurz abset­zen, damit die Betrachter sich auf den Kopf des Senioren kon­zen­trie­ren kön­nen. Oder ide­al: Beide Varianten fotografieren.


Ein jun­ger Mann bei der Jagd. Technisch gäbe es eini­ge Vorschläge zu machen, wie die Person mit Tasche und Kopfschmuck durch die Wahl eines ande­ren Hintergrundes bes­ser davon abzu­he­ben, doch da es ein Reportagefoto ist, las­se ich das. Auch die­ses Motiv ist gelun­gen, da es eine Handlung, in die­sem Fall die Nahrungsbeschaffung, sehr gut und typisch zeigt. Wie bei bis­her allen Fotos wäre eine dar­auf spe­zia­li­sier­te Agentur jedoch die bes­se­re Wahl.


Ralf hat für die­ses Foto einer alten Familie – wie für alle ande­ren Fotos auch – einen Modelvertrag und des­we­gen hät­te das Foto in Agenturen sehr gute Chancen. Der Helligkeitsunterschied zwi­schen dem son­ni­gen und dem schat­ti­gen Teil hät­ten jedoch ent­we­der mit einem Aufhellblitz oder nach­träg­lich mit Photoshop redu­ziert wer­den kön­nen. Auch das Bildformat wirkt etwas komisch. Im klas­si­schen 2:3‑Format hät­ten Grafiker links mehr Platz für Textfreiraum, auch wenn ich mir das Foto weni­ger für Werbezwecke, son­dern eher in Reiseführern und Schulbüchern vor­stel­len kann.


Diese bun­ten Krabbelkäfer wür­den hier sicher vie­le Leute auf Tische und Stühle jagen, in Indien spie­len Kinder damit. Wie immer bei Fotos mit Tieren mein Rat: Wer den latei­ni­schen Namen der abge­bil­de­ten Tiere kennt, ver­dop­pelt den Wert des Fotos. Wenn das Bild nicht doku­men­ta­risch genutzt wer­den soll, wür­de ich das Gesicht auf dem Pullover retuschieren.


Dieses Foto wird sich lei­der in Microstock-​Agenturen nicht gut ver­kau­fen und auch als Macrostock wird es schwie­rig. Warum? Wenn die­se Meeresenge nicht sehr berühmt ist, ist das Foto zu unspek­ta­ku­lär, das Wetter zu die­sig, das Boot zu klein oder zu groß (je nach­dem, ob der Kunde unbe­rühr­te Natur oder Abenteuerreisen illus­trie­ren will) und so weiter.


Die Komposition des Bildes ist gelun­gen, aber die Familie im Vordergrund hät­te auch hier einen Aufhellblitz ver­tra­gen kön­nen. Wenn das Foto gleich­zei­tig 1–2 Blenden unter­be­lich­tet wür­de, gäbe es auf dem Foto auch kein Problem mit der Glanzstelle am Fernsehturm und der Himmel hät­te ein schö­nes tief­sat­tes Blau. So ist es nur bedingt lukra­tiv. Ebenfalls hilf­rei­cher wäre es gewe­sen, wenn statt zwei Mädchen der Vater mit auf dem Bild gewe­sen wäre. Falls die Personen zur Familie des Fotografen gehö­ren, hät­ten lie­ber die älte­re Tochter und der Vater kurz die Rollen tau­schen sollen.


Das ist noch ein Foto, was sich nicht gut ver­kau­fen wird. Schon in die­ser Größe ist das Bildrauschen im Himmel zu erken­nen, die Farben sind zu flau und das Bild durch die vie­len klei­nen Schiffe zu unru­hig, der Busch im Vordergrund stö­rend. Leider nicht mehr als ein Foto für das Urlaubsfotoalbum.


Ralf, wenn Du auch von allen Personen auf die­sem Foto einen Modellvertrag hast, wird das Foto bei Microstock-​Agenturen ein Renner. Garantiert. Menschengruppen sind wegen des Aufwands immer sel­ten und von oben auch schwie­ri­ger als von vor­ne. Bei der Kleidung soll­te noch geschaut wer­den, ob in der 100%-Ansicht noch Markennamen oder Logos erkenn­bar sind. Kandidaten wären da die Männer im wei­ßen und blau­en Shirt.

Bei den Indienfotos habe ich mich etwas zurück­ge­hal­ten, des­we­gen will ich zu allen gebün­delt etwas sagen wollte:
Auch ohne die Fotos zu sehen hät­te ich sofort nach dem Vorstellungstext ssa­gen kön­nen, dass die Fotos in eine Spezialagentur gehö­ren. Zum einen ist das Nagaland durch die Grenze zu Myanmar (Militärdiktatur) schwer erreich­bar und auch das Land selbst ist durch Unabhängigkeitsbestrebungen zumin­dest poli­tisch unsi­che­rer. Das limi­tiert die Zahl der Touristen, was dazu führt, das Reiseveranstalter etc. aus der Region weni­ger Fotos brau­chen. Andererseits gibt es trotz­dem ein Bildbedarf für geo­gra­fi­sche Regionen und da das Angebot in die­sem Bereich sehr sel­ten ist, ver­kau­fen sich die Fotos mit sach­lich kor­rek­ter Verschlagwortung zwar sel­ten, dafür aber zu deut­lich höhe­ren Preisen. Deshalb emp­feh­le ich, die­se Bilder nicht mehr über Microstock-​Agenturen zu ver­kau­fen und sie statt­des­sen Macrostock-​Agenturen mit einem Schwerpunkt auf „Reisefotografie“ anzubieten.

Wenn Du unter­wegs bist und für Microstock-​Agenturen Fotos machen willst, kon­zen­trie­re Dich auf die klas­si­schen Touristenziele und typi­sche Länderimpressionen wie sie in vie­len Reisekatalogen zum Anpreisen genutzt wer­den. Ein Beispiel wäre ein Portrait der jun­gen Frau vom Kochfoto vor einer son­ni­gen grü­nen Landschaft.

Was sagt ihr zu den Fotos? Und teilt ihr mei­ne Einschätzung oder wür­det ihr ande­re Tipps geben?

Wer von mir auch kos­ten­lo­se Tipps haben will, ob sei­ne Fotos “stock­taug­lich” sind, kann ger­ne eben­falls mitmachen.

Und so läuft’s:
– Schickt mir eine kur­ze Mail, in der ihr Euch vor­stellt, z. B. wie lan­ge ihr Fotos macht, mit wel­cher Ausrüstung, ob und wo ihr schon Fotos ver­kauft und was ihr in Zukunft in der Stockfotografie-​Branche vorhabt.
– Wenn ich aus­rei­chend Zeit habe für Bildbesprechungen, bit­te ich Euch, mir 5–10 (!) Bilder in klei­ner Auflösung (ca. 600×800 Pixel) zu schicken.
– Diese wer­de ich dann in einem Blogbeitrag wie die­sem ver­öf­fent­li­chen (auf Wunsch auch anonym) und mei­ne Kommentare abge­ben aus Business-​Sicht. Also eher nicht, ob eine Blume schön ist oder nicht, son­dern wie ver­käuf­lich das Foto sein könn­te oder wie es ver­käuf­li­cher gemacht wer­den könnte.

Kritisch, ehr­lich, subjektiv.

Rezension: „Wie man ein großartiger Fotograf wird“ von Dr. Martina Mettner

Das Buch ist pro­vo­kant. Das fängt beim Titel „Wie man ein groß­ar­ti­ger Fotograf wird“* an, geht beim gewöh­nungs­be­dürf­ti­gen pink­far­be­nen Cover wei­ter und hört innen nicht auf. Die Kundenrezensionen bei Amazon.de sind zwei­ge­teilt und lan­ge war ich des­halb geneigt, die Finger vom Buch zu lassen.

Aber Ralf vom Blog schwarzbuntes.de hat mir dann ange­bo­ten, es gegen ein ande­res Buch ein­zu­tau­schen und so lan­de­te das Buch doch auf mei­nem Schreibtisch.

Jetzt ver­ste­he ich auch, war­um das Buch manch­mal so nega­ti­ve Kritiken pro­vo­ziert und war­um ich die­se nicht tei­len muss. Mir gefällt das Buch. Ich habe beim Lesen oft schmun­zeln müs­sen, weil Frau Mettner kon­se­quent eine foto­gra­fi­sche Mission pre­digt – und vor allem Hobby-​Fotografen, wel­che ohne nach­zu­den­ken drauf los knip­sen, ger­ne voll­mun­dig abwatscht.

Typische Sätze sind zum Beispiel:

Langweilige Fotos wie die­se macht man, wenn man spa­zie­ren geht und ziel­los foto­gra­fiert, was einem halb­wegs attrak­tiv erscheint“ (S. 33).

Besonders apart ist es, wenn sich Amateure in ver­schie­de­nen Disziplinen bewei­sen müs­sen, also die Akt- wie die Architekturfotografie beherr­schen, die Makrofotografie mit der glei­chen Emphase betrei­ben wie das Porträt, und natür­lich alle tech­ni­schen Finessen wie Blitzen, Langzeit- und Doppelbelichtungen drauf haben. Das ist der foto­gra­fi­sche Zehnkampf!“ (S. 28)

Eine sich hart­nä­ckig hal­ten­de Unart ist, Menschen unbe­merkt oder aus der Rede her­aus zu foto­gra­fie­ren. So lan­ge sie kei­nen vol­len Mund haben, geht es, aber schön ist es sel­ten. Es gibt wahr­schein­lich immer noch Magazine, die auf die­se Weise Interviewstrecken illus­trie­ren, aber wenn sie kein Interview bebil­dern müs­sen, gibt es kei­nen Grund für sol­che Überraschungsangriffe. Das wirkt wie pseudo-​rasender Reporter.“ (S. 69)

Kurz: Ihre Sprache ist harsch, aber ihre Kritik trifft. Genau das schmerzt wahr­schein­lich die Angesprochenen, wel­che dann belei­digt klin­gen­de Kritiken schrei­ben. Vor allem das sieb­te Kapitel „Welche Richtungen das Fotohobby neh­men kann“ teilt so vie­le Seitenhiebe in alle Richtungen aus, dass es für Hobbyfotografen schwer fällt, sich ehr­lich in eine der Kategorien ein­zu­ord­nen, die Kritik anzu­er­ken­nen und sich dann zu ver­bes­sern. Dabei lohnt es sich, denn die Tipps und Hinweise von Dr. Martina Mettner haben Hand und Fuß.

Im Grunde lässt sich das Buch so zusam­men­fas­sen: Wenn Du ein groß­ar­ti­ger Fotograf wer­den willst, musst Du in Serien und Projekten den­ken. Professionelle Fotografen wis­sen das meist und des­halb ist das Buch vor allem für Amateurfotografen zu emp­feh­len, wel­che jetzt zwar schon die Technik beherr­schen, aber noch nicht wis­sen, was sie foto­gra­fie­ren sollen.

Ich gebe zu, dass mir die Ästhetik der meis­ten abge­bil­de­ten Fotos nicht zusagt. Trotzdem weiß ich, dass die Bilder, als Teil einer über­ge­ord­ne­ten Serie, mehr Chancen haben, in einer Ausstellung gezeigt zu wer­den als mei­ne Hochglanz-​Werbefotos. Wer ähn­li­che Chancen haben will, der lese das Buch.


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