Martina aus München hat mich gefragt, ob auch auch einige ihrer Bilder in meiner Serie „Pimp My Stock!“ rezensieren könne. Klar kann ich. Wer ebenfalls Interesse hat, findet hier die Details zur Teilnahme.
Martina schrieb:
„Ich bin sehr interessiert an deiner Kritik!
Ich fotografiere seit vielen Jahren privat anlassbezogen und sporadisch, seit 1 Jahr jedoch intensiv. Ich möchte, dass meine Fotos in viele Richtungen Assoziationen wecken, Gefühle auslösen und zu Gedanken anregen können.
Um mir die Fotografie zu finanzieren, möchte ich Fotos für den Verkauf erstellen.
Ich habe mit einer Canon Eos 350D mit Zoom-Objektiv gearbeitet. Zur Zeit fotografiere ich mit meiner neuen „Immer-dabei-Kamera“, einer Olympus Pen PE‑3 und nutze zwei unterschiedliche Objektive, Zuiko 14–42 mm und Zuiko 42–150 mm sowie für Makro-Aufnahmen einen Makrokonverter. Meine Ausrüstung möchte ich weiter vervollständigen mit Makro-Objektiv, Lampen, Unterlagen usw. sowie einer Canon EOS 60D, ein gutes L‑Objektiv dafür habe ich auch schon.
Ich experimentiere gerade und versuche vor allem, technisch fit zu werden, erstelle die Fotos im RAW-Format mit manuellen Einstellungen. In der Bildbearbeitung nutze ich Lightroom.
Beruflich habe ich teilweise mit Bildmaterial zu tun, ich bin im Bereich e‑Learning beschäftigt.
Ich würde mich sehr freuen, wenn ich dir Fotos zur Besprechung zusenden kann und bin in diesem Fall megagespannt auf deine Kritik!
Viele Grüße aus München,
Martina“
Dann mal los.

Eine an sich gelungene Aufnahme einer Eiche. Ohne Schnörkel, unauffälliger Hintergrund. Was jedoch sofort negativ auffällt, ist die weiße Vignettierung, die hier mehr kaputt macht als verbessert, weil die Ecken, vor allem unten, deutlich sichtbar ins Weiße überstrahlen. Deshalb: Die Vignette einfach weglassen. Wenn sich die Möglichkeit ergibt, würde sich bei diesem Baum auch anbieten, ihn im Wechsel der Jahreszeiten zu fotografieren und daraus so eine Serie* zu machen.

Irgendwie erinnert mich dieses Bild einer Vogelmaske an den Stockfoto-Look Anfang der 1990er Jahre. Damals waren Farbtonungen und Vignettierungen durch das Aufkommen von Photoshop stark im Trend, heute hingegen wirkt diese Art der Bearbeitung leider etwas altbacken. Vom Motiv und der Komposition her ist das Bild jedoch gelungen und mit einigen passenden Konzept-Suchbegriffen interessieren sich vielleicht auch Käufer dafür. Die Maskenbänder links und rechts im Bildrand hätte ich jedoch entfernt oder beim Fotografieren hinter der Maske versteckt.

Zwei Schafe. Ein schlichtes Foto, was sicher nicht herausragend ist, aber technisch soweit in Ordnung ist, dass man es anbieten könnte. Retuschieren würde ich die Markierungen im Ohr, da es die friedliche Dorfidylle zerstört, auch wenn Schafe in der Realität so auseinander gehalten werden.

Dieses Foto von einem Mann in einem Bürogebäude ist wieder schlicht, aber genau deshalb hat es Chancen, ein Bestseller zu werden. Hinderlich wirken da nur wieder die Vignettierung sowie vermutlich die Tatsache, dass kein Model Release vorliegt, weshalb einige Bildagenturen das Foto wahrscheinlich ablehnen würden. Vielleicht einfach noch mal mit einem Model hinfahren und es – ohne Plastiktüte in der Hand – durch die Flure laufen, springen, hüpfen lassen?

Business-Meetings gehören mit zu den meistverkauften Stockfoto-Motiven. Trotzdem wird dieses Foto leider nie dazugehören. Das hat vier Gründe. Erstens wieder die unsägliche Vignettierung. Martina: Bitte benutze die Vignettierung in Zukunft nur noch, wenn Du Hochzeiten fotografierst und Dich das Brautpaar ausdrücklich darum bittet. Zweitens stört auch hier die Farbtonung, noch dazu in Sepia, was eher mit „altmodisch“ und „historisch“ assoziiert wird, bei einem Wirtschaftsbild nicht die beste Wahl. Drittens wirkt das Bild zu unaufgeräumt, wirre Kabel, Jacke über der Lehne und leere Gläser erzeugen eher den Eindruck „Puh, war das anstrengend“ statt „Yeah, jetzt geht’s endlich los“. Viertens, und das ist der entscheidende Punkt, strotzt das Bild vor erkennbaren Markennamen und Logos: Auf den Laptops, den Mäusen, Mauspads, den Wasserflaschen, dem Beamer, den Notizblöcken und so weiter. Das ist ein großes rechtliches Risiko, was eine Bildagentur höchstens bei einem RM-Foto eingehen würde – wenn die anderen drei Punkte nicht wären.

Bei diesem Foto eines Altars mit Kerzen gibt es wahrscheinlich ebenfalls rechtliche Risiken beim Verkauf, wenn die Kirche anhand des Kirchenfensters ihre Kirche erkennt und die Fotografin keine Eigentumsfreigabe nachweisen kann. Die vielen dunklen Bereiche im Bild stören mich ebenfalls und so würde ein quadratischer Beschnitt dem Foto sicher gut tun.

Nehmen wir bei diesem Foto einer Buddha-Statue mit Kerze der Einfachheit halber an, die Statue sei nicht designgeschützt. Dann wäre es ein gelungenes, harmonisches Foto was gut zu Themen wie „Wellness, Entspannung, Meditation und Religion“ passt. Die Knie am unteren Bildrand hätte ich jedoch ganz mit aufs Foto genommen.

Dieses Bild einer U‑Bahn-Station kann wie viele andere Bilder in dieser Serie rechtliche Risiken bergen, wenn es nicht als RM-Motiv angeboten wird. Darüber hinaus erinnert der Look durch Tonung und Kontraststeigerung ebenfalls wieder an die 1990er Jahre. Außerdem ist der Horizont schief, was bei diesem eher technischen Foto nicht gut wirkt.

Zum Abschluss dieses Foto von Regentropfen an einer Scheibe. Das Bild kann ich mir gut als Hintergrund vorstellen und es erfüllt in seiner Klarheit und Vielseitigkeit die Ansprüche an ein gelungenes Stockfoto.
Die heutige Folge von „Pimp My Stock!“ hat hoffentlich wieder deutlich gemacht, welche beiden Fehler Hobby-Fotografen leider zu oft machen: Der übertriebene Einsatz von Filter-Effekten verschlimmert statt verbessert ein Foto meist. Zweitens verbergen sich auch hinter scheinbar harmlosen Motiven rechtliche Fallstricke, die einem schnell zum Verhängnis werden können, wenn der Fotograf nicht genau hinschaut.
Was meint ihr? Würdet ihr meinem Urteil zustimmen oder seht ihr einige Bilder mit anderen Augen?

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