Wenn ich mein Geschäftsmodell beschreibe, sage ich oft, dass ich in der Nische einer Nische arbeite. Denn Microstock-Fotografie ist tatsächlich nur ein Teil der Stockfotografie, die wiederum auch nur ein kleiner Teil der Fotografie ist, sei es allgemein oder nur der professionellen Fotografie.
Darum ist es wichtig, die Augen offen zu halten, um zu sehen, was um einen herum geschieht.

Entwickeln sich womöglich neue Geschäftsfelder, die zwar einen Bezug zur Stockfotografie haben, aber dennoch neue Elemente mit sich bringen?
In der letzten Zeit kamen einige neue Agenturen auf den Markt, die genau das versuchen. Agenturen, die zwar nüchtern betrachtet „auch nur Bilder verkaufen“, aber das dem Kunden durch einen besonderen Ansatz oder Service schmackhaft machen.
Einige möchte ich heute vorstellen.
Placeit
Über die Agentur Placeit bin ich via Paul Melcher gestoßen. Placeit bietet kostenlose Mock-Ups an. Ein Mock-Up ist ursprünglich nur das deutsche Wort für „Attrappe“ oder „Prototyp“, in der Designbranche wird es jedoch etwas anders verwendet.
Hier bezeichnet ein Mock-Up eine Art Platz-Halter innerhalb eines Bildes, womit die Designer selbst ihre Entwürfe präsentieren können. Ähnlich wie Textfreiraum, aber nicht ganz, weil der Textfreiraum auf Elementen wie einem Smartphone-Display, einem Monitor, einem weißen T‑Shirt oder einer Kaffeetasse liegt.
Einfache „Mock-Ups“ gibt es zuhauf bei den Microstock-Agenturen, aber „richtige“ Mock-Ups arbeiten gerne mit Smart-Objekten, durch die der Kunde seinen Entwurf per „Copy & Paste“ ohne Designkenntnisse komplett mit Tiefenunschärfe, perspektivischer Verzerrung und vielem mehr einfügen kann.
Placeit hat sich auf solche Mock-Ups spezialisiert und das Einfügen auf eine neue Ebene gehoben. Die Kunden können zum Beispiel einfach die URL ihrer Webseite eingeben und das Ergebnis wird im Mock-Up-Foto (oder ‑Video) angezeigt und kann runtergeladen werden.
Sie können auch Videos ihrer Apps aufnehmen und an den richtigen Stellen erscheint eine Hand, welche die richtigen Touch-Gesten auf dem Smartphone im Video ausführt.
Kleine Größen dürfen kostenlos verwendet werden, gezahlt werden muss nur für die großen Auflösungen, welche naturgemäß für die Werbekunden am nützlichsten sind.
Come Alive Images
Eine andere Firma ist Come Alive Images. Sie wollen Bilder zum Leben bringen, das Mittel dazu sind animierte GIFs, auch Cinemagramme genannt. Das ist im Grunde eine Mischung aus Standbild und Video, welche durch die winzigen Bewegungen oft einen „aha“-Effekt auslöst. Über 700 GIFs gibt es schon, die „rights managed“ über Glasshouse Images lizenziert werden können.
Als Risiko sehe ich hier vor allem den Abnutzungseffekt, wenn zu viele Leute animierte GIFs benutzten, vor allem jetzt, wo Facebook dieses Format ebenfalls unterstützt.
Flixel
Ähnliche Inhalte produziert auch die Firma Flixel, über die ich Bildbeschaffer-Blog gestolpert bin. Die animierten GIFs von Flixel sind noch etwas aufwändiger als von Come Alive Images. Shutterstock hat sich die exklusiven Vertriebsrechte gesichert.
Canva
Auf Canva wurde ich durch Lee Torrens aufmerksam, dem Blogger bei microstockdiaries.com. Canva ist eine Art Online-Editor, wo Leute vom Poster über Visitenkarten über Facebook-Header und vieles mehr online gestalten können.
Der Schwerpunkt wird dabei auf Einfachheit gelegt. Der Nutzer muss keine Ahnung haben, um ein optisch ansprechendes Design zu kreieren und kann aus vielen Templates wählen, die er nach seinen Anforderungen abwandeln kann.
Da kommen die Stockfotos ins Spiel. Wer eine Grafik für sein Design braucht, kann wie bei einer Bildagentur nach passenden Motiven suchen und diese per Drag & Drop in sein Layout ziehen. Einige Motive sind kostenlos, der Rest kostet 1 Dollar, von dem der Fotograf (oder Illustrator) 35% erhält. Details könnt ihr entweder hier bei Lee oder in den FAQ von Canva lesen.
Im Gegensatz zu „traditionellen“ Bildagenturen schafft es Canva, durch Service und eine Dienstleistung (hier Grafikdesign) die Nachfrage nach den Bildern selbst zu erzeugen. Der Bilderverkauf ist hier nur ein kleiner, wenn auch wichtiger, Teil des Geschäfts.
Ähnliches beginnt jetzt auch Adobe, indem das Material der Bildagentur Fotolia als „Adobe Stock“ direkt in die Adobe-Produktfamilie integriert wird. Dort sollen die Bilder und bald auch Videos quasi nebenbei den Kunden genau dort präsentiert werden, wo er sie auch braucht.
Welche Innovationen kennt ihr bei weiteren Bildagenturen?