Honorarprobleme bei Hamburger Bildagentur?

Solche Geschichten höre selbst ich nicht alle Tage.

Der Fotograf Andreas P. (vol­ler Name bekannt), sei­nes Zeichens haupt­be­ruf­lich Bildjournalist, ver­folgt regel­mä­ßig mei­nen Blog. Nach mei­nem Bericht über Browser-​Plugins zum Finden der eige­nen Bilder pro­bier­te er die­se aus und bekam vie­le Treffer ange­zeigt. Was ihn wun­der­te: Einige davon wur­den anschei­nend von einer tsche­chi­schen Bildagentur namens Profimedia an Bildnutzer ver­kauft. Das Kuriose dar­an: Der Fotograf hat kei­ne Geschäftsbeziehung mit die­ser Agentur.

Nach etwas Recherche fand der Fotograf her­aus, dass die­se Bilder von der deut­schen Agentur Face To Face kom­men, mit der Andreas P. einen Autorenvertrag abge­schlos­sen hat­te, um ca. 200 sei­ner Fotos zu ver­trei­ben. In sei­nem Vertrag stand jedoch nir­gends, dass eine Sub-​Lizenzierung erlaubt sei. Dem deut­schen Urheberrechtsgesetz nach (§35 UrhG) kann jedoch auch der Inhaber von aus­schließ­li­chen Nutzungsrechten „wei­te­re Nutzungsrechte nur mit Zustimmung des Urhebers ein­räu­men“.

Der Fotograf bat um eine Erklärung und eine Überweisung des ihm zuste­hen­den Honorars. Immerhin lie­gen die Fälle teil­wei­se schon über drei Jahre zurück.

Eines der betref­fen­den Fotos, was seit 2008 genutzt wird.

Der Geschäftsführer von Face To Face erklär­te dar­auf­hin dem ver­dutz­ten Fotografen, dass die Agentur für die Bildnutzung von der Partneragentur 0,58 Euro erhal­ten habe, was beim ver­ein­bar­ten Honorarsplit von 50:50 einem Fotografenanteil von 29 Cent beträgt (Nachweis liegt vor). Ja, rich­tig gele­sen: 29 Cent! Wohlgemerkt, es geht hier nicht Abo-​Modelle einer Microstock-​Agentur, son­dern um ein RF-​Bild bei einer ange­se­he­nen Macrostock-​Agentur. Mindestens fünf Bilder waren betrof­fen, was zu einer Summe von 1,45 Euro führt.

Und es kommt noch bes­ser: Der Betrag wur­de nicht über­wie­sen, da die Bankgebühren den Betrag wie­der auf­fres­sen wür­den (Nachweis liegt eben­falls vor).

Auf jeden Fall – ich for­mu­lie­re es mal vor­sich­tig – sehr unor­tho­dox ist auch die Methode, den Fotografen über die erziel­ten Erlöse ers­tens nicht zu infor­mie­ren und die­se zwei­tens nicht nach dem Verkauf mit ihm zur Auszahlung zu brin­gen, obwohl ver­trag­lich eine monat­li­che Auszahlung ver­ein­bart ist (Nachweis liegt vor).

Der Fotograf hat ca. 200 Bilder bei der Agentur online und bei der ers­ten Stichprobe 12 Nutzungen von 10 Bildern gefun­den, für die er bis heu­te kein Honorar über­wie­sen bekom­men­hat. Ob wei­te­re Bilder betrof­fen sind, weiß er nicht. Raum für wil­de Spekulationen ist daher vorhanden.

Unklar ist wei­ter­hin auch, wie bei einer Macrostock-​Bildagentur Honorare im Cent-​Bereich anfal­len konn­ten. Darauf hat der Fotograf noch kei­ne Antwort erhalten.

Als ich den Geschäftsführer der Agentur um eine Stellungnahme bat, ver­bot die­ser mir, ihn zu zitie­ren oder nament­lich zu nen­nen, andern­falls müs­se er den Rechtsweg wählen.

Insgesamt zeich­nen sich die­se Vorfälle durch ein Geschäftsgebaren aus, was mehr als geeig­net ist, das Vertrauen von Fotografen in eine Agentur nach­hal­tig zu zer­stö­ren. Wer weiß schon, wie vie­le Bilder da drau­ßen kur­sie­ren, die zwar ver­kauft und vom Bildkäufer ordent­lich bezahlt wur­den, aber im undurch­sich­ti­gen Netz der Partneragenturen und Vertriebskanäle ver­si­ckert sind, sodaß die Fotografen kein Honorar dafür sehen?

Erst weni­ge Monate ist es her, dass Fotografen dank der neu­en Bildersuche von Google Images sys­te­ma­ti­scher nach der Verwendung von ihren Fotos fahn­den kön­nen. Die Anzahl der Abmahnungen ist dadurch deut­lich gestie­gen, das mer­ke ich bei mir selbst und auch von eini­gen Bildagenturen habe ich das gehört. Wie sieht es wohl bei den Büchern aus, die der Fotograf nicht so ein­fach durch­su­chen las­sen kann? Transparenz ist hier end­lich mal nötig.

Wie seht ihr das? Was für Erfahrungen habt ihr mit Euren Honorarabrechnungen gemacht?

Update 13.12.2011: Die Bildagentur Face To Face wies den Fotografen jetzt auf einen „Royalty Free Zusatzvertrag“ hin, in dem steht, dass die Distribution über Partneragenturen erlaubt sei und Auszahlungen erst gesam­melt ab einer Summe von 100 Euro aus­ge­zahlt würden.

12 Gedanken zu „Honorarprobleme bei Hamburger Bildagentur?“

  1. Microstock hat den Weg für ein sol­ches Verhalten der Macro Bildagenturen geeb­net, da kämpft jede nur noch ums Überleben, auch ande­re reno­mier­te RM Macroagenturen ver­kau­fen inzwi­schen die Bilder für einen sol­chen Kurs, das ist momen­tan die Marktendenz.

    Aber gegen eine deut­sche Agentur die uner­laubt Bilder wei­ter­gib hat man als Fotograf ja eine sehr gute Handhabe (Abmahnung, Schadenersatz, etc..)

    Dabke für die Transparenz in die­sem Artikel – es soll­te öfter so offen gespro­chen werden.

  2. ich ver­kau­fe zwi­schen 50 und 100 Bilder pro Tag und fin­de rela­tiv weni­ge Bilder über die Google suche, wenn man das als Masstab nimmt, müss­te sei­ne „Dunkelziffer“ bei 12 Gefundenen Bildern ja extrem hoch sein.
    Ich selbst hat­te erst ein­mal eine nicht lizen­zier­te Nutzung mei­ner Bilder in grös­se­rem Stil. Aber kann den Nutzer eher schlecht kon­tak­tie­ren, da ich nicht sicher sein kann ob nicht aus ver­se­hen eine Bildagentur dies nicht kor­rekt abge­rech­net hat.
    Aber die Handhabe die­ser Bildagentur ist schon extrem Unverschämt.

  3. Bei die­sen gan­zen Hin- und Hertauschereien wun­dert es mich nicht, das so etwas pas­siert. Selbst die RM Agenturen haben doch längst kei­nen Überblick mehr, wer gera­de wel­ches Bildmaterial ver­treibt. Wie unter die­sen Umständen je eine Exklusivität gewähr­leis­tet wer­den könn­te, ist mir ein Rätsel. Bei mir haben sich inzwi­schen auch eini­ge Fotos ange­sam­melt, wo ich noch auf die Abrechnung war­te. Teilweise lie­ßen sich die Vertriebswege rekon­stru­ie­ren, aber halt nicht immer.

    Dieses Problem liegt mei­ner Meinung nach an einem gene­rel­len „Fehler im System“. Alle ver­su­chen sich mit mög­lichst vie­le Partner zu ret­ten und damit auch das eige­ne unter­neh­me­ri­sche Risiko etwas an die Partner „wei­ter­zu­rei­chen“, ohne das eine wirk­li­che Identifizierung von Bildmaterial und Vertriebswegen mög­lich ist.

  4. Vor 4 Jahren habe ich mein Portfloio bei einer Makroagentur gelöscht. Bei der Agentur sind die Bilder weg. Irgendwelche Partneragenturen haben schein­bar ein Problem mit dem Löschen.
    Fast jedes Quartal bekom­me ich Verkaufsbenachrichtigungen, recht gute Verkäufe sogar. Auf Anfrage beim Innhaber der Agentur bekamm ich vor einem hal­ben Jahr die Antwort, die Bilder müß­ten bei den Partneragenturen nun aus der Datenbank sein. Seither habe ich schon wie­der Verkaufbenachrichtigungen um ins­ge­sammt 800 Euro bekommen.
    Eigentlich habe ich das Portfolio aus dem Verkauf genom­men, da ein paar rechtlich
    pro­ble­ma­ti­sche Bilder dabei waren.Eine Einzellöschung war nicht mög­lich. Trotz RM woll­te ich auf der siche­ren Seite sein und habe mein Portfolio gekün­digt. Seither mache ich mit mei­nen gelösch­ten Bildern jedes Quartal wei­ter Umsatz.Ich glau­be die Agenturen haben selbst kei­ne Kontrolle mehr, was bei den Partneragenturen passiert.

  5. Das mit den ver­wen­de­ten Bildern in Büchern wird sich dann über­prü­fen las­sen, wenn Google alle Werke digi­ta­li­siert & indi­ziert. Für Autoren natür­lich schlecht, wegen der Eigentumsrechte am Text, für Bildproduzenten aber ein kla­rer Vorteil. 

    Grundsätzlich emp­fin­de ich die Intransparenz bei der Lizenzierung auch als gro­ßes Problem. Ich kann ja nicht alle Bücher in der Bibliothek nach mei­nen Werken durch­fors­ten. Ebenfalls pro­ble­ma­tisch ist das bei Zeitschriften. Nicht jeder hat Zugang und Muße die Lesezirkel zu durchblättern.

  6. Wenn ich das lese wie auch ande­re Beiträge u.v.a. vor dem Hintergrund ande­rer Meldungen von bestreik­tem Nahverkehr und ähn­li­chem, fra­ge ich mich ob es denn eigentlich
    kei­ne Interessengemeinschaft, Lobbyverband o.ä gibt, die sich für die­se Themen einsetzen?

  7. @Ulrich: Intressenverbände gibt es, z.B. der BVPA in dem die Bildagenturen ver­tre­ten sind (Macro), die haben auch ein Standardwerk zur Honorierung von Fotos
    eta­bliert – die MFM Honorarrichtlinien, die auch die Gerichte bei Urheberrechtsstreitigkeiten als Honorarbemessungsgrundlage her­an­zie­hen (NOCH!!!).

    Auch gibt es Fotografenverbände, wie z.B. Freelens, ver­tre­ten haupt­säch­lich Fotografen aus dem Bereich Bildjournalismus und sind auch Mitglied im BVPA.
    Andere ver­bän­de der Fotografen sind u.a. der BFF (Photodesigner) oder der AWI (hand­werk­li­che Fotografen)

    Aber in den letz­ten Jahren hat sich der Bildermarkt grund­le­gend geän­dert, inzwi­schen darf sich jeder Fotograf nen­nen (Gewerbeschein ist aus­rei­chend), außerdem
    haben vie­le Amateure die ihre Bilder über aus­län­di­sche Bildagenturen im Microstockbereich ver­mark­ten, die gewach­se­nen Strukturen ausgehöhlt. 

    Wie unter­schied­lich die Meinungen und Ziele der ein­zel­nen Bildlieferanten der Bildagenturen sind, kann man gut in Blogs wie die­sem erken­nen, oft ste­hen die wirt­schaft­li­chen Interssen nicht
    im Vordergrund, man­che Suchen nur nach Möglichkeiten die gelun­ge­nen Urlaubsbilder (zweit) zu ver­wer­ten, ande­re arbei­ten zur Finanzierung ihres Hobbys in den Microstockmarkt hin­ein, drit­te glauben
    mit der Vermarktung im Microstock (die Macros nehmen/​nahmen kei­ne Fotoamateure mit weni­gen Bildern) sich so eine Existenz auf­zu­bau­en (was ich für fatal und unrea­lis­tisch hal­te, spä­tes­tens wenn
    für die Fotografen die bis­her nur Macro machen die Märkte weg­bre­chen und die­se in Microstock gehen ist es für die ambi­tio­nier­tes­ten Amateure das Aus), es gibt sogar einen Profi, Fotografenmeister
    mit Namen Heinz, der in die­sem Blog sag­te, er sei nur im Microstock um die Kollegen zu ärgern…

    Aus den vor­ge­nann­ten Gründen wird es schwie­rig eine schlag­kräf­ti­ge Interessengemeinschaft der Stockfotografen zu eta­blie­ren – und so kön­nen die Bildagenturen auch wei­ter­hin die Fotografen
    ausbeuten.…

    Alternativ bleibt noch die eige­ne Bildagentur (die habe ich für mich), hier erzielt man 100% Ertrag, und die Redaktionen wis­sen war­um sie wo kau­fen – aber wie schwer es ist an das nöti­ge Know How zu
    kom­men hat Robert Kneschke ja mit sei­ner eig­nen Bildagentur gese­hen – oder wie läuft es da(in Zahlen € dann bitte).…

  8. @Ulrich, es gibt sowas in der Art, zum Beispiel den BVPA, der jedoch eher die Agenturseite ver­tritt sowie in den USA die SAA und ASMP. In Deutschland gibt es noch den BFF oder Freelens. Aber eine wirk­li­che „Schlagkraft“ für die Belange der Fotografen haben die alle nur begrenzt.

  9. Das ist wohl der Preis der Freiheit. Das ihr bei­de Verbände auf­zählt, die v.a. Agenturen ver­tre­ten … Aber viel­leicht den­ke ich hier zu tra­ti­tio­nell gewerkschaftlich.

  10. Lächerlich, den Namen des Geschäftsführers von face to face bekommt man ruck­zuck über eine Suchmaschine raus. Was soll so ein Verbot? Das ist kein Geheimwiesen … äh ‑wis­sen. Muahaha.
    Nun, das hier riecht nach Schadensersatz, denn die Bilder hät­te der Fotograf auch für mehr Geld an die Tschechen ver­kau­fen können.
    Jedenfalls soll­te er die Geschäftsbeziehungen zu face to face abbre­chen. Jede seriö­se Agentur ach­tet die Rechte ihrer Zulieferer. So ein faux­pas kann schnell das Ansehen und damit Partner und letzt­end­lich Kunden kosten. 

    Ein Einzelfall ist das aber nicht.
    Bei der Suche nach Aufträgen bin ich neu­lich auf eine „Fotoagentur“ mit Sitz in Spanien gesto­ßen, die hohe Honorare für VIP-​Fotos ver­spricht. Man soll sie ein­fach ein­schi­cken. Diese „Agentur“ wirbt auf der lai­en­haft erstell­ten Website in ihrer Galerie mit lau­ter bekann­ten Fotos, die alle von nam­haf­ten Agenturen stam­men, inklu­si­ve Getty Images. Alles geklaut.
    Also Obacht, bevor man mit jeman­dem schein­bar einen Vertrag eingeht!

  11. Schwer, schwer. Natürlich klingt das nach einem ärger­li­chen Vorfall. Auch ich habe die Erfahrung aus ver­schie­de­nen Bereichen, dass hin­ter einer hand­voll Treffern bei Stichproben der Fehler wohl Methode hat.
    Anderseits ging es ja wohl um 200 Fotos – kei­ne Ahnung, wel­ches Verkaufspotential die hat­ten. Du hast jetzt 1,45 Euro gesi­cher­te Meinungsdifferenz erwähnt – las­sen wir das aber mal die Spitze eines Eisbergs sein und rech­nen will­kür­lich mal mit 100 unter­schla­ge­nen Euro.
    Schon eine Fahrt zu einem Anwalt, ein Gespräch, eine Heimfahrt etc. und ein ähn­li­cher Geld-​/​Zeitwert ist auch ver­pufft. Meine Handwerker kom­men für eine Anfahrt jeden­falls immer auf sol­che Summen. Wenn es bei den 1,45 Euro bleibt, ist der Schaden wie ein­mal eine zu teu­re Dönerbude besucht (3,50 statt 2,00 Euro …). Das kommt vor.
    Kurzum: Das Prinzip an sich ist ärger­lich. Gerade weil im Stockbereich das Einkommen ja nun­mal Cent-​weise zusam­men­kle­ckert, ist Unsauberkeit hier eigent­lich schon wie­der Pferdediebstahl. Klar.
    Hier lohnt sich aber wohl kei­ne Maßnahme. Außer für uns alle: Finger weg. Die Agenturen müs­sen hier 110%ig für Transparenz sor­gen. Auf sol­che Anfragen mit Drohgebärden zu beant­wor­ten spricht für sich („Herr Trittin – das ist jus­ti­zia­bel“ ver­such­te auch Herr von Guttenberg)!
    Darum sei abschlie­ßend unbe­dingt auch gesagt: dan­ke für die Warnung, dan­ke für sol­che Berichte.

  12. Tja, daha­ben ich auch mei­ne Erfahrungen gemacht, seit Monaten kein Zugang zu mei­nem Account, mir wird kein Passwort genannt. Centbeträge sum­mie­ren sich auch, Praxis ist da nach wie vor.… Das wird nicht aus­ge­zahlt, da es ja kaum erwäh­nens­wer­te Minibeiträge sind. Wie sieht es eigent­lich aus mit den Fotos, wenn ich auf einer Löschung mei­ner Fotos bestehe?

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