Es ist schon fast vier Jahre her, seit ich das letzte Mal die Quartalszahlen der börsennotierten Bildagentur Shutterstock hier im Blog veröffentlicht und kommentiert habe.
Daher ist es an der Zeit, erneut einen Blick auf die Zahlen zu Downloads, Umsatz, Gewinn und so weiter zu werden und aus Anbieterperspektive zu schauen, was wir vielleicht aus diesen Zahlen entnehmen können.
Schauen wir uns zuerst die bezahlten Downloads an:
Die bezahlten Downloads erreichten im ersten Quartal 2024 bei 35 Mio.
Zum Vergleich: Den höchsten Wert erzielte Shutterstock im vierten Quartal 2019 mit 47,7 Mio Pay-Downloads. Das ist ein Rückgang um mehr als ein Viertel (genauer: 26,62 %).
Die größte Absenkung der Download-Zahlen gab es vom ersten zum zweiten Quartal 2023, mit ca. 4,2 Mio. Downloads weniger.
Wie ihr in der nächsten Grafik sehen könnt, ist der Rückgang beim Download-Umsatz nicht so gravierend. Dieser lag im ersten Quartal 2024 bei knapp 174 Mio. Das ist ein Rückgang von ca. 10,1% im Vergleich zum besten Wert mit 193,5 Mio. im zweiten Quartal 2022.
Das mag unter anderem an dem veränderten Vergütungsmodell für die Anbieter liegen, welches Shutterstock im Mai 2020 eingeführt hatte. Damit erhalten Anbieter eine prozentuale Beteiligung basierend auf ihren Verkaufszahlen pro Jahr. Sind diese niedrig, muss Shutterstock den Fotograf*innen weniger Prozente zahlen.
Das mag den Anstieg des Download-Umsatzes ab dem 3. Quartal 2020 erklären und auch die Tatsache, dass der Download-Umsatz langsamer zurück geht als die Downloads selbst. Denn je weniger Downloads insgesamt, desto weniger Prozente schüttet Shutterstock an die Anbieter aus und behält mehr für sich.
Das Portfolio von Shutterstock wächst jedoch trotzdem ungebremst weiter. Vom zweiten Quartal 2022 bis zum ersten Quartal 2024 hat sich das Portfolio mehr als verdoppelt von 441 Mio. Dateien auf 888 Mio. Dateien.
Die Videos im Portfolio haben daran nur einen geringen Anteil. Zwar gab es im vierten Quartal 2022 einen sprunghaften Anstieg von 27 auf 45 Mio. Videos, der vermutlich durch die Übernahme der Videoagentur Pond5 im Mai 2022 zustande kam, ansonsten aber verläuft die Zunahme sehr linear und gleichmäßig.
Ganz anders hingegen sieht das bei den Bildern aus:
Nach der Änderung der oben erwähnten Honorarstruktur halbierte sich die Zunahme der Bilder fast von ca. 20 Mio. Bildern pro Quartal auf 10 Mio. neuer Bilder. Erst im vierten Quartal 2022 gab es einen kometenhaften Anstieg mit plötzlich 176 Mio. neuen Bildern, von denen vermutlich ein großer Teil KI-generiert war. Aber auch hier könnte die Übernahme von Pond5 einen Teil dazu beigetragen haben.
Im darauf folgenden Quartal verbot Shutterstock das Hochladen von KI-generierten Bildern und die Anzahl neuer Bilder sank mit 15 Mio. neuen Bildern fast wieder auf „Normalniveau“.
Aber schon im zweiten Quartal 2023 lag der Anteil neuer Bilder wieder bei 119 Mio. und ich bezweifle stark, dass die Übernahme von GIPHY im Mai 2023 hier einen relevanten Anteil hatte. Vermutlich haben nur genug Anbieter Mittel und Wege gefunden, ihre KI-Bilder auch ohne Kennzeichnung durch die Bildredaktion zu schleusen. Aber das ist natürlich nur eine Spekulation. Auffällig ist der Anstieg allemal.
Ebenfalls auffällig, aber besser erklärbar ist der stetige Anstieg des Umsatzes pro Download (Revenue per Download, RPD). Shutterstock hat es geschafft, den Umsatz pro verkauftem Bild (oder Video) von ca. 2 USD pro Verkauf im zweiten Quartal 2011 auf fast 5 USD im letzten Quartal zu steigern.
Klar erkennbar ist, dass der Trend ab der Änderung der Honorarstruktur im zweiten Quartal 2020 nach einigen Jahren der Stagnation deutlich ansteigt. Oder anders formuliert: Die geänderte Vergütungsstruktur ging eindeutig zu Lasten der Fotograf*innen und Shutterstock profitierte davon.
Diese Grafik ist leider etwas desillusionierend für die Bildlieferanten von Shutterstock. Da die Gesamtmenge des Portfolios deutlich schneller wächst als die Downloadzahlen, ist es naheliegend, dass die Verkäufe – und damit auch der Umsatz – pro Bild drastisch sinken. Konnte jemand vor zehn Jahren im Schnitt noch knapp 2 USD pro Bild im Portfolio verdienen pro Quartal, ist dieser Wert zuletzt auf 0,20 USD gesunken. Das ist nur Zehntel davon.
Dazu passt, dass „Contributoren“ von Shutterstock in diesem langfristigen Finanzplan 2027 nur einmal Erwähnung finden, und zwar als „Community zur Bereitstellung maßgeschneiderter Daten-Trainingssätze“ (Seite 5).
Die absolut gesunkenen Umsätze durch Medienverkäufe sind für Shutterstock aber gar nicht so schlimm, weil sie in den letzten drei Jahren verstärkt auch Umsätze aus anderen Bereichen haben mit der ominösen Bezeichnung „Data, Distribution and Services“. Darunter fallen zum Beispiel die Lizenzierung von KI-Trainingsdaten oder andere Dienstleistungen, meist Bereiche, in denen Shutterstock Anbietern noch weniger abgeben muss.
Der Umsatz aus dem reinen Bildlizenzierungsgeschäft ist in den letzten vier Jahren von 99,32% (2020) auf 82,08% (2024 TTM) gesunken.
Bei dieser Grafik bin ich mir ehrlich gesagt nicht ganz sicher, ob ich richtig gerechnet habe. Ich habe die Werte aus der „2024 First Quarter Financial Information“-Excel-Tabelle von Shutterstock genommen. Die orangenen Balken sind die Zahlen aus der Zeile 223 „Content Revenues“ und die grünen Balken aus der Zeile 179 „Contributor royalties payable“. Damit sollte sich, meiner naiven Ansicht nach, erkennen lassen, wie viel Prozent der Bildverkaufsumsätze an die Anbieter ausgezahlt werden. Das Ergebnis wäre die blaue Linie, die aber ernüchternderweise von 4 auf 9% gestiegen wäre. Das kommt mir immer noch viel zu wenig vor.
Vielleicht könnt ihr die Zahlen selbst nachprüfen. Habe ich einen Denkfehler oder liegt der durchschnittliche Fotografenanteil beim Bildverkauf tatsächlich nur bei 4–9%?
Wer selbst in den Quartalszahlen von Shutterstock stöbern möchte, wo sich auch noch viele andere Informationen verstecken, findet die Übersicht der gesammelten Berichte hier auf der Investor-Seite von Shutterstock.
Kürzlich hat Shutterstock übrigens Envato übernommen, ich bin gespannt, wie sich das auf die zukünftigen Zahlen auswirken wird.
Was sagt ihr zu der Entwicklung?