Kurz hintereinander haben sowohl Shutterstock als auch Getty Images mit deren Tochter-Agentur iStock angekündigt, keine KI-Bilder mehr annehmen zu wollen.
Angesichts der steigenden Popularität von KI-Software zur Bild-Generierung wie Dall‑E 2, Stable Diffusion, Midjourney und Konsorten sowie der verbesserten Bildqualität dieser Tools gab es in den letzten Monaten einen starken Anstieg von KI-Bildern im Portfolio von Bildagenturen.
Nun haben zumindest die beiden großen Platzhirsche Shutterstock und Getty Images die Reißleine gezogen und angekündigt, keine KI-Bilder mehr annehmen zu wollen.
Als Grund werden in einer Email von Getty Images „unadressierte rechtliche Fragen mit Hinblick auf die zugrunde liegenden Bilder und Metadaten, die zum Training der KI genutzt worden sind“ angegeben.
Auch Shutterstock formuliert in einer Email an ausgewählte Kontributoren ähnliche Bedenken:
Hier werden „rechtliche Implikationen“ als Grund dafür genannt, dass etliche KI-Bilder der angeschriebenen Personen gelöscht wurden und es wird geschrieben, dass Shutterstock „keine maschinengenerierten Inhalte akzeptieren“ würde gemäß Sektion 13.d/f ihrer Nutzungsbedingungen.
Ich bin mir zwar nicht ganz sicher, ob sie da wirklich die richtigen Absätze rausgesucht haben, aber grundsätzlich steht es Shutterstock natürlich frei, solche Regeln aufzustellen, wenn sie der Meinung sind, dass sie hilfreich seien.
Zeitgleich experimentiert Shutterstock aber selbst schon mit künstlicher Intelligenz. So bietet deren neues Projekt „Predict“ Kunden die Möglichkeit, mittels KI erkennen zu können, welche Bilder für welche Zwecke am passendsten sein sollen. Shutterstock schreibt:
„Was performt besser?
Diese wiederkehrende Frage ist mit Predict viel einfacher zu beantworten. Die App nutzt KI, um die Stärken und Schwächen individueller Assets speziell für Ihre Anforderungen zu analysieren. Predict sagt Ihnen, WARUM ein empfohlener Inhalt voraussichtlich gut performt, damit Sie selbstbewusst kreativ werden können.“
Nach einer kostenlosen Testphase wollen sie sich diese Informationen natürlich bezahlen lassen.
Getty Images versucht ebenfalls seit Januar 2022, die Vorteile der KI für sich auf eine andere Weise zu nutzen. So veröffentlichte die Agentur einen neuen Modelvertrag, der jetzt unter anderem einen neuen Passus enthält, mit dem sich das Model bereit erklärt, dass die Bilder zum Trainieren von Künstlicher Intelligenz genutzt werden dürfen:
„Ich erkläre mich ferner damit einverstanden, dass der Inhalt mit anderen Bildern, Texten, Grafiken, Filmen, Audio- und audiovisuellen Werken kombiniert und zur Entwicklung und Verbesserung von maschinellen Lernalgorithmen, künstlicher Intelligenz und anderen Technologien bearbeitet und genutzt werden darf.“
Auch bei der deutschen Bildagentur Westend61 werden die KI-Bilder als hoch problematisch angesehen und aus rechtlichen Gründen sollten diese momentan nicht akzeptiert werden. Mehr Informationen dazu sollen folgen.
Einige Online-Kunst-Communities wie Newgrounds, Inkblot Art und Fur Affinity haben ebenfalls das Hochladen von KI-Werken untersagt oder eingeschränkt.
Währenddessen arbeitet die britische Gesetzgebung schon an Änderungen, um den neuen KI-Entwicklungen Rechnung zu tragen.
Diese Bildlöschungen folgen einige Wochen nach der Veröffentlichung eines Teils des KI-Trainings-Datensatzes mit rund 12 Mio. Bildern von den insgesamt über 2,3 Milliarden Trainingsbildern. Dieser Trainingsdatensatz der Organisation LAION wurde zum Beispiel für das Anlernen der KI von NightCafe, Midjourney und Stable Diffusion genutzt.
In der Veröffentlichung wurde unter anderem deutlich, dass zum Lernen auch große Bildbestände der Bildagenturen benutzt wurden. So waren von den ausgewerteten 12 Mio. Bildern mindestens 497.000 von 123rf, 171.000 von Adobe Stock/Fotolia, 117.000 von PhotoShelter, 35.000 von Dreamstime, 23.000 von iStock, 22.000 von Unsplash, 15.000 von Getty Images, 10.000 von VectorStock, 10.000 von Shutterstock und so weiter. Die Dunkelziffer dürfte hier weit höher sein, da viele dort gekaufte Bilder auf Kundenwebseiten nicht immer als von einer Agentur kommend erkennbar sind.
Ich bin unsicher, ob diese Entscheidung so klug ist. Denn solche Verbote könnten dazu führen, dass sich die KI-Szene andere „Ökosysteme“ aufbaut. So gibt es beispielsweise mit PromptBase schon eine Webseite, wo Anbieter auf einem Marktplatz „Prompts“ für KI-Systeme verkaufen können. Prompts sind die Texteingaben, die zur Bilderstellung (noch) nötig sind und die Anbieter garantieren mit ihren Prompts ähnliche Ergebnisse wie die, die sie im Marktplatz vorzeigen. Im Kern ist das schon eine Art neuer Bildagentur, bei der die Leute nicht die Bilder direkt kaufen, sondern die Option, sich sehr ähnliche Bilder selbst gratis generieren zu können.
Außerdem erhöhen solche Einschränkungen wie das Verbot von KI-Bildern in den bestehenden Bildagenturen nur die Wahrscheinlichkeit, dass ein neues Start-Up eine neue Bildagentur aufmacht, welche offensiv einfach nur noch KI-generiertes Material verkauft.
Mit der Webseite Lexica gibt es auch schon eine Art „Open Source“-Community für KI-Bilder, wo Nutzer sich mehrere Millionen mit Stable Diffusion erstellte Bilder anschauen, durchsuchen und sehen können, welche Prompts zur Erstellung genutzt wurden. Von der Möglichkeit, diese Bilder direkt zur Lizenzierung anzubieten, ist es dann nur noch ein kleiner Schritt.
Während die großen Bildagenturen einen Abwehrkampf gegen die KI-Bilder beginnen, fangen andere Start-Ups längst an, mittels KI aus Text-Prompts ganze Video-Sequenzen zu erstellen.
Was diese KI-Entwicklung für die (Stock-)Fotografen selbst bedeutet, werde ich hoffentlich bald in einem eigenen Artikel beleuchten.
Wie seht ihr das?
Bringen Verbote von KI-Bildern etwas?
Das interessante an KI dürfte sein dass sich die Kunden einzigartig Bilder erstellen können.
Ein erfolgreiches Stockfoto wird zigmal verkauft. Mit KI hätte der Kunde die Möglichkeit sein eigenes einzigartiges Bild zu schaffen.
KI wird glaube ich sehr interessant für Digitalkünstler welche dem Kunden im Auftrag ein einzigartiges Bild nach seiner Vorstellung basteln.
OK der Ansatz ein Stockfoto und davon eine Variation ist spannend. So oder so die Bilderflut wird heftig.
Stockfoto in der heutigen Variation wird nicht mehr lange existieren, da bin ich mir sicher.
Dass immer komplexere Technik und bessere Programme bei der Erstellung von Stockbildern eingesetzt werden, führt der Einsatz von KIs zur Berechnung kompletter Bilder nur fort. Die nunmehr erzeugten Bilder lassen Bilderwelten entstehen, die ohne den Einsatz von KIs in ihrer Qualität nicht erreichbar gewesen wären. Aber auch hier bringt Talentfreiheit der Anwender nicht unbedingt die besten Ergebnisse hervor.
Wenn (voraussichtlich) in einigen Jahren KIs auf Quantencomputer zugreifen können, wird es sicherlich noch einmal einen gewaltigen Sprung geben. Auch KI-generierte Filme mit umfangreichen Handlungen sind mit diesen Werkzeugen vielleicht nahezu perfekt von jedem erstellbar. Eine Weiterentwicklung zu heute nicht machbaren Produkten ist zumindest sehr wahrscheinlich.
Jede Agentur darf so auf die neuen Herausforderungen reagieren, wie sie es für richtig hält. Nur aufhalten kann diese Entwicklung niemand. Vielleicht ist es schlauer, sich darauf einzulassen und nach neuen Wegen zu suchen, diese Veränderungen in positiver Richtung zu nutzen. Ablehnung bedeutet hier wohl eher Rückschritt und Mittelfristig ein Verlust an Marktanteilen.