Es vergeht anscheinend kaum ein Quartal, ohne dass eine Bildagentur auf die Idee kommt, die Fotografenhonorare zu kürzen. Diesmal ist EyeEm an der Reihe.
Gestern verschickten sie Emails an ihre Fotografen und posteten das hier in der „EyeEm Market Worldwide“-Facebookgruppe:
„Hi everyone, this is Matthias from the EyeEm team! We wanted to let you know that we just informed our users that we will be updating our Terms of Service for Photographers in February 2021 and introduce a new payout structure designed to reward our top-selling photographers.
We recognize this change means a reduction in the license revenue share for some of our photographers and we hope that you can understand why we have had to reluctantly, make these changes. Our team has put years of hard work into building EyeEm to become a financially sustainable organization that will serve our community for the long term. However, despite our efforts and some tough decisions, we are not there yet.
To make the switch to the new payout structure as smooth as possible, our team is working hard to make sure every community member is well informed and can find out which payout level and license revenue share they will receive for images sold after February 1st, 2021.
We have started by emailing those of you that have sold an image license on our platform in the previous 12 months and have updated FAQs to explain the new payout structure → https://eyeem.zendesk.com/…/115000520145-Managing-Your…
Please reach out to terms@eyeem.com if you have any question specific to your account and we will make sure to answer as soon as possible.
Please also bear with us if we cannot answer every of your comments in this group directly.“
Bisher zahlte EyeEm 50% der Einnahmen, welche sie selbst oder von Partneragenturen erzielten. Ab dem 1.2.2021 gibt dann folgendes System:
Es gibt dann vier Auszahlungsstufen, die nach Umsatz gestaffelt sind.
Wer bis zu 299 USD Umsatz in den letzten 12 Monaten mit seinen Bildern erzielt, erhält dann nur 25% statt der 50% Umsatzbeteiligung.
Wer es schafft, mehr als 7.000 USD Umsatz in diesem Zeitraum zu generieren, erhält mit 55% dann etwas mehr als bisher.
Der Umsatz bezieht sich auf den Verkaufspreis der Bilder bzw. auf den Anteil, den EyeEm von der Partneragentur erhält.
Der Anteil an den Lizenzeinnahmen kann sich ändern. Die Auszahlungsstufe wird 1x im Quartal neu berechnet. Wer eine höhere Auszahlungsstufe erreicht hat, verbleibt in dieser mindestens für die nächsten 12 Monate und kann erst nach einem Jahr in eine niedrigere Auszahlungsstufe versetzt werden.
Die Begründung für die Kürzung
Der EyeEm-Mitarbeiter Matthias Schäfer schrieb in der oben verlinkten Facebook-Gruppe, dass die Honorarkürzungen erfolgen müssen, damit EyeEm endlich „finanziell nachhaltig“ werde:
Das ist angesichts der jahrelangen wissentlichen Subventionierung der Bilderverkäufe sowie des fehlenden Gehaltsverzichts der EyeEm-Mitarbeiter blanker Hohn.
Was bedeuten diese Änderungen in der Praxis?
Immer mehr Bildagenturen wechseln auf diese flexiblen Auszahlungssysteme, die sich im Detail jedoch etwas unterscheiden.
Angefangen hat damit vor ca. 10 Jahren iStock, es folgten unter anderem 123rf, Photocase, Shutterstock und so weiter.
Für die Agenturen hat das System mehrere Vorteile:
- Sie verdienen unter dem Strich mehr Geld.
- Innerhalb der Fotografen wird das Geld aber auch etwas umverteilt weg von den Hobby-Fotografen, die wenige und weniger verkäufliche Bilder liefern hin zu den Profi-Fotografen, welche für einen Großteil vom Umsatz verantwortlich sind. Das hat den Vorteil, dass die wenigen Profi-Fotografen teilweise gar nicht von den Honorarkürzungen betroffen sind und sich seltener an Protesten gegen die Bildagenturen beteiligen, während sich die von den Kürzungen betroffenen Fotografen mehr über die anderen Fotografen als über die Bildagentur aufregen. Das ist im Grunde eine Spielart der Jahrhunderte alten „Teile und Herrsche“-Taktik.
- Bei so einem flexiblen System lassen sich (für den Fotografen nachteilige) Änderungen leichter und unauffälliger einführen, weil dann nicht mehr die Prozentpunkte reduziert werden müssen, sondern einfach die Zielvorgaben erhöht werden. So zum Beispiel bei 123rf oder iStock geschehen.
Besonders ärgerlich ist die Änderung der Vergütungsstruktur für die Fotografen, welche vor einem halben Jahr ihre EyeEm-Portfolios bei Getty Images gelöscht bekamen.
Exit-Strategie des EyeEm-CEO?
Wie schon beim kürzlichen Wirestock-Deal mit Freepik liegt die Vermutung nahe, dass hier die Bilanzen für eine Übernahme oder einen Verkauf des Start-Ups aufgehübscht werden sollen.
Erst im Oktober 2020 wurde Simon Cox als neuer EyeEm-CEO ernannt. Simon Cox war 2001 bis 2004 CEO der Bildagentur image.net, welche 2004 für 14 Mio. Euro an Getty Images verkauft wurde. Bei LinkedIn rühmt er sich damit, dass der Verkauf den Investoren das zweifache an Gewinn einbrachte:
Danach arbeitete er knapp zwei Jahre bei Getty Images, bevor er CEO der Video-Firma Peach (damals noch Group IMD) wurde, die in seiner Amtszeit ebenfalls verkauft wurde (Simon Cox bei LinkedIn: „Successful take private and secondary PE sale (3x mom).“).
Mit seinen Kontakten zu Getty Images steht hier vielleicht die Hoffnung im Raum, dass die Geldgeber erneut mit einer hohen Rendite rechnen können. Bezahlt von den Fotografenkommissionen…
Es wird nicht besser, könnte man sagen. Mein Portfolio bei Istock und Shutterstock habe ich bereits gelöscht. Bin nur mehr bei AdobeStock aktiv. Den Plan ein zweites Standbein zu schaffen habe ich bereits vor einiger Zeit aufgegeben.
Derzeit sehe ich das ganz entspannt als so eine Art „Edelamateur“. Ich kann mehr Aufwand als die Profis investieren da ich nicht auf die Effizienz achten muss. Zu Eyeem – bei denen habe ich nie was hochgeladen da ich von Anfang an die Vermutung hatte dass man da ein Startup entwickelt mit dem Hintergedanken es zu Verkaufen. Auf Kosten der Fotografen. Den irgendwie muss man die Statistik ja schönen um einen guten Preis zu bekommen.
Ok,
Das sind ganz interessante Hintergrundgedanken.
Ich wurde eh schon stutzig das gerade Simon Cox neuer CEO bei EyeEm wurde.
Obwohl ich schon seit der Gründung von EyeEm dabei bin denke ich so langsam über einen Wechsel nach.
Vielen Dank!
Spannend. Denke auch das Eyeem aufgehübscht werden soll für die Brautschau. Mit dem Wechsel zu Cox war mir ebenfalls aufgefallen – passt zeitlich sehr gut mit dieser Veränderung zusammen.
Weiß jemand wie groß aktuell das Portfolio von Eyeem ist?
Grundsätzlich ist einen Chef zu haben der tatsächlich die Stockindustrie sehr gut kennt sicherlich ein sehr großer Fortschritt.
Ich hatte zwar immer den Eindruck das eyeem extrem engagierte und hart arbeitende Mitarbeiter hat aber die Industrie in der sie Geld verdienen wollen irgendwie gar nicht so richtig kennen.
Alleine schon der Uploadprozess wird von Simon Cox sicher auf einen professionellen Standard gehoben werden und vielleicht optimiert er auch das Interface für die Kunden, damit die Suche und der Einkauf viel unkomplizierter werden.
Auch eine gute Statistik oder Anschluss an Stockperformer würde den Fotografen erlauben viel besser für die Kunden zu produzieren.
Immer vorausgesetzt, Eyeem soll überhaupt eine eigene, starke Agentur werden.
Es kann natürlich durchaus sein, das er Eyeem tatsächlich nur auf eine Art Gettyeintrittsportal à la 500px reduzieren soll.
Das reduziert natürlich stark die Kosten, nur überlässt man eben Getty den Aufbau der Kundenkontakte und ist völlig abhängig.
Und dann könnte Eyeem tatsächlich auch gleich verkauft werden.
Gibt es irgendwo ein Interview mit dem neuen Chef wo er eine inspirierende Rede hält /Blog Artikel schreibt was seine Vision oder die Vision der Eigentümer für eyeem ist??
500px war ja auch mal stark gestartet, hatte eine nette Community und auch hochwertige Macrosales und ist jetzt unter ferner liefen und die meisten sales sind im micro und nanostock Bereich über Getty.
Eyeem wird natürlich weiterhin Millionen Dateien bekommen, selbst wenn sie nur 5% zahlen würden.
Aber für diejenigen die in die Produktion investieren – jetzt gibt es quasi 4 Variablen zu beachten:
– Erstinspektion von eyeem,
- Zweitinspektion durch getty,
- dann die ewige Wartezeit ob es überhaupt zu getty gebracht wird und ob die ganze Serie rübergeht oder nur Teile
- und dann hat man eine eventuell jedes Jahr neu aufgestellte rate card die man im Umsatz erfüllen soll, obwohl man extrem wenig Einfluss hat.
Und die sales könne zu 90% im micro oder sogar nanostock Bereich liegen, auch wenn sicher immer mal wieder was höheres dabei ist.
Ist also sehr schwer einzuschätzen wieviel eine Serie einbringen wird.
Das ist schon ziemlich viel an Variablen.
Viele Leute machen stock nur in Teilzeit und beliefern auch am liebsten nur eine einzige Agentur.
Auf der anderen Seite wird eyeem durch seine 30 Millionen (?) Mitglieder massenhaft content jede Woche bekommen, es spielt im Prinzip also keine Rolle was wir denken. Das ist bei anderen Agenturen anders, die haben viel weniger Fotografen.
Mal schauen ob der neue Chef sich irgendwo strategisch äußert. Wenn er es nicht tut, sagt uns das auch was.