Der „Instant Pay Program“ Deal: Wirestock verscherbelt Bilder mit Einmalzahlung an Freepik

Seit weni­gen Monaten sind ver­mehrt Bilder von Wirestock bei Freepik zu sehen. Für alle, die nicht so tief in der Materie ste­cken, kurz zur Erklärung, was Wirestock und Freepik machen:

Wirestock ist eine Art „Upload-​Helfer“, wo Leute ihre Bilder hoch­la­den kön­nen, und die­se dort ver­schlag­wor­tet und zu ver­schie­de­nen Microstock-​Agenturen ver­teilt wer­den. Dafür nimmt die Plattform 15% Kommission auf den Fotografenanteil.

Freepik ist eine Seite, die kos­ten­lo­se Bilder „für den per­sön­li­chen und kom­mer­zi­el­len Gebrauch mit Namensnennung“ anbie­tet. Wer die Namensnennung umge­hen will, muss einen Premium-​Account für ca. 5–10 USD pro Monat buchen.

Seit eini­ger Zeit sind ver­mehrt Wirestock-​Bilder kos­ten­los bei Freepik zu fin­den, die natur­ge­mäß wegen Wirestocks Rolle als Distributionsplattform auch bei den zah­lungs­pflich­ti­gen Microstock-​Agenturen zu fin­den sind.

Screenshot vom 13.12.2020 um 19:30 Uhr

Aktuell sind ca. 25.000 Wirestock-​Bilder bei Freepik, wel­che ins­ge­samt ca. 2 Millionen Mal her­un­ter­ge­la­den wur­den. Das macht im Schnitt ca. 80 Downloads pro Bild (sie­he Screenshot oben).
Nachdem ich übri­gens knapp andert­halb Stunden am Sonntag, den 13.12.2020 an die­sem Artikel geschrie­ben habe, stiegt die Zahl der Wirestock-​Bilder bei Freepik um ca. 70 Bilder auf 25.070 Bilder und die Zahl der Downloads um 130.000 auf 2,13 Mio. Downloads. Das heißt also, dass auch an einem Sonntag im Schnitt jedes der Gratis-​Bilder ca. 3,5x pro Stunde her­un­ter­ge­la­den wird.

Screenshot vom 13.12.2020 um 20:52 Uhr

Doch wo kom­men die­se Bilder her? Wirestock wirbt auf deren Webseite nur damit, Bilder an sie­ben Bildagenturen zu lie­fern: Shutterstock, Adobe Stock, Depositphotos, Alamy, Dreamstime, 123RF und Pond5.

Die Antwort: Das „Instant Pay Program“.

Wirestock fragt seit eini­gen Wochen auto­ma­ti­siert Fotografen mit Mails wie die­ser an, ob sie ihre Fotos gegen eine gerin­ge Einmalzahlung fort­an ver­schen­ken wollen:

Dear _​_​_​_​_​_​_​_​_​_​_​_​_​_​,

We are hap­py to inform you that your port­fo­lio has been sel­ec­ted for the Instant Pay Program.

You have 12 pho­tos that have been lis­ted for more than 2 months and have not gene­ra­ted any ear­nings. We would like to impro­ve this and include the­se pho­tos in our Instant Pay Program. The pro­gram allows con­tri­bu­tors to recei­ve advan­ce pay­ments from our new part­ners – Freepik, as well as other Instant Pay part­ner marketplaces.

You will recei­ve a one-​time advan­ce pay­ment of $4–5/image from each agen­cy that sel­ects your images. This means that you can poten­ti­al­ly earn $40.8 (12*$3.40) and even more if mul­ti­ple agen­ci­es sel­ect your images. Please note that the images may be lis­ted for free down­load on the agen­ci­es that sel­ect them. Periodically, we will review your port­fo­lio and send more pho­tos with low sales for Instant Pay.

If you wish to opt out of the Instant Pay Program, plea­se email us by /​19 December 2020/.

Regards,
Wirestock Team“

(Hinweis: in ande­ren Emails sind 4 statt 2 Monate angegeben)

Der „Instant Pay Program“-Deal in Kurzform: Gegen die ein­ma­li­ge Zahlung von 4–5 USD pro Bild darf Wirestock das Bild ande­ren Bildagenturen anbie­ten, die dafür kei­ne Lizenzgebühren zah­len müs­sen und die Bilder auch gra­tis anbie­ten dür­fen. Namentlich genannt wird bis­her nur Freepik, in Aussicht wer­den aber auch ande­re Plattformen gestellt. Die Zahlung wird pro Agentur fäl­lig, wel­che das Bild akzeptiert.

Zur Auswahl stellt Wirestock die Bilder, wel­che min­des­tens zwei Monate online sind und bis­her noch kei­ne Verkäufe hat­ten. Außerdem müs­sen Fotografen sich aktiv dage­gen ent­schei­den, falls sie ihre Bilder nicht ver­schenkt sehen wollen.

Der „Instant Pay“-Deal in vol­ler Länge fin­det sich mit weni­ger Details, aber einer pikan­ten Fußnote in den Nutzungsbedingungen von Wirestock:

Instant Pay Program

Certain con­tent mar­ket­places pay an advan­ced fix rate per image rather than pay­ing per down­load (“Advanced Rate”). Wirestock refers to this as “Instant Pay” or the “Instant Pay Program.” Wirestock nego­tia­tes the Advanced Rate with each con­tent mar­ket­place that par­ti­ci­pa­tes in the Instant Pay Program. When you agree to upload your Content for Instant Pay, none of your rights chan­ge – you still own your Content and it is still dis­tri­bu­ted through the con­tent mar­ket­places. For each of your Content for which Wirestock recei­ves pay­ment from con­tent mar­ket­places that pay an Advanced Rate (the “Advanced Rate Payout”), you agree that Wirestock will pay you 85% of the Advanced Rate Payout, but will keep 15% of the Advanced Rate Payout.“

Das pikan­te Detail? Von den oben erwähn­ten 4–5 USD wer­den noch mal 15% abge­zo­gen, bevor das Geld beim Fotografen lan­det. Bleiben also ca. 3,60–4,25 USD. 

Die möglichen Folgen der Wirestock-Freepik-Allianz

Zuerst ein­mal: Wer sich als Stockfotograf auf so einen Deal ein­lässt, ist aus meh­re­ren Gründen blöd.

  1. Zwei Monate sind kei­ne Zeitspanne, in der sich eine rea­lis­ti­sche Einschätzung bil­den lässt, ob ein Bild ver­käuf­lich ist. Man den­ke nur an die sai­so­na­len Themenbilder zu Weihnachten, Ostern oder Halloween, wel­che sich erfah­rungs­ge­mäß nur weni­ge Wochen im Jahr verkaufen.
  2. Rechnen wir die oben ermit­tel­ten Downloadzahlen von Freepik um auf den erziel­ten Gesamterlös eines Bildes von 3,60–4,25 USD, wären das aktu­ell schon nur 4,5 bis 5,31 Cent pro Download. Je län­ger die Bilder online, des­to wei­ter wird die­ser fik­ti­ve Betrag sin­ken, weil der Erlös eine Einmalzahlung ist. Das ist noch deut­lich weni­ger als die bis­her schon gerin­gen Microstock-Honorare.
  3. Das Mißbrauchspotenzial ist sehr hoch, denn oft lan­den Bilder von den lega­len Gratis-​Plattformen schnell bei ille­ga­len Gratis-​Plattformen, wo sich selbst an die mini­ma­len EInschränkungen nie­mand hält. Und selbst die vor­han­de­nen Einschränkungen wer­den auf Gratis-​Plattformen weni­ger ernst genom­men, weil die Bilder ohne nament­li­che Registrierung für jeder­mann ver­füg­bar sind. Wer also Bilder mit Personen im Portfolio hat, soll­te beson­ders aufpassen.
  4. Die Gefahr ist groß, dass die Microstock-​Platzhirsche Adobe Stock und Shutterstock nicht lan­ge mit anse­hen wol­len, wie Freepik zig­tau­sen­de Bilder ver­schenkt, die sie ver­kau­fen wol­len. Für Fotografen steht also die reel­le Gefahr im Raum, bei den Bezahl-​Agenturen gesperrt zu wer­den, wenn man gleich­zei­tig kos­ten­lo­se Agenturen beliefert.
  5. Die 3–4 Euro pro Bild sind Beträge, die im lan­gen Leben eines Stockfotos in der Regel mehr­fach wie­der rein­kom­men. Ich hat­te schon Bilder, die jah­re­lang unver­kauft im digi­ta­len Regal von vie­len Bildagenturen lagen, bis plötz­lich ein zwei­stel­li­ger Verkauf reinkam.
  6. Die Rechenbeispiele in der Wirestock-​Email bezie­hen sich nur auf den Idealfall, dass Freepik alle der ange­bo­te­nen Bilder akzep­tiert. Aber ers­tens wird den Fotografen vor­ab gar nicht gesagt, um wel­che Bilder genau es sich han­delt und zwei­tens wird sich auch Freepik nur die Rosinen rauspicken.

Auch für Wirestock als Verteilungsplattform besteht das Risiko, dass ande­re Agenturen nicht mehr mit Bildern belie­fert wer­den wol­len, die in weni­gen Wochen woan­ders gra­tis zur Verfügung ste­hen. Sobald sich nur eine von den bei­den gro­ßen Microstock-​Agenturen wie Shutterstock oder Adobe Stock gegen die Zusammenarbeit sperrt, sieht die Zukunft für Wirestock mehr als düs­ter aus.

Auch für die Stockfotografie-​Branche ins­ge­samt wirkt es desta­bi­li­sie­rend, wenn iden­ti­sche Bilder sowohl kos­ten­los als auch gegen Bezahlung ange­bo­ten werden.

Meine kla­re Empfehlung des­halb an alle Wirestock-​Fotografen:
Macht unbe­dingt von der kur­zen Opt-​Out-​Frist (19.12.2020!) Gebrauch und wider­sprecht dem „Instant-Pay“-Programm, wenn ihr euch nicht lang­fris­tig von eurer Einkommensquelle abschnei­den wollt.

Was sagt ihr zu dem Deal?

18 Gedanken zu „Der „Instant Pay Program“ Deal: Wirestock verscherbelt Bilder mit Einmalzahlung an Freepik“

  1. Hallo Robert,
    dan­ke für die Ausführungen. Ich habe die Mail von Wirestock bereits am 17.11.2020 bekom­men, mit Opt-​Out-​Frist zum 24.11.2020. Leider habe ich die­se ver­passt. Ich wer­de aber ver­su­chen, das nachzuholen.

    Beste Grüße
    Martin

  2. Das geht gar nicht. Bin sel­ber nicht bei Wirestock, aber was mich ärgert, sid die­se „ver­steck­ten“ Mechanismen.… Der Fotograf muß wie­der mal aktiv wer­den, damit nichts zu sei­nem Nachteil geschieht.

  3. Irgendwie lus­tig – als sich die Marcostockfotografen über die­sen Microblock ärger­ten und durch­aus kri­tisch Stellung gegen Microstock nah­men, wur­de es mäch­tig bekämpft. Jetzt kom­men die Microstockfotografen in die sel­be Situation – ja schaut mal wie es sich anfühlt wenn irgend­wel­che Besserwisser ihr Arbeit ver­schen­ken – nicht toll – oder?

  4. Ich habe sofort nach der ers­ten Mail den Opt-​Out bean­tragt, das wur­de mir auch bestätigt.
    Jetzt kam aller­dings noch eine Instant-​Pay Mail und ich muss­te noch­mal den Opt-​Out bean­tra­gen, wur­de auch wie­der per Mail bestätigt.
    Ist nur die Frage, wie oft Wirestock jetzt noch fra­gen will und ob es als Zustimmung gilt, wenn ich dann eine drit­te Mail über­se­hen würde…

  5. es gibt nur eines: Wirestock nicht nut­zen. Dieses Geschäftsmodell ist für die Tonne und macht die Branche wei­ter kaputt.

  6. Jonathan: Vielleicht soll­test Du prä­ven­tiv schon mal allen zukünf­ti­gen „Instant Pay“-Nutzungen wider­spre­chen und Dir das auch per Email bestä­ti­gen lassen.

  7. Wirestock LLC – viel­leicht mal vor­her Informieren was das für ein Unternehmen ist und woher es kommt? Armenien ist für mich nicht unbe­dingt vertrauenswürdig.….und da ich genau weiß, jetzt hagelts wie­der Kritik, habe ich gegoo­glt, Mitarbeiter bei Linkedin kom­men auch vie­le aus Armenien.…muß man wirk­lich bei jedem Mist mitmachen???

  8. @Max: Die Herkunft sagt (heu­te) per se erst­mal nichts mehr aus. Globalisierung und Digitalisierung macht alles möglich.

    Ein Co-​Founder hat nach Linkedin-​Angaben Renderforest (auch in Armenien) mit­ge­grün­det und dann einen Exit gemacht.

    Denke Wirestock Seite soll extrem gepusht wer­den und dann ver­kauft werden.

  9. Hallo zusam­men.

    Ich benut­ze sel­ber Wirestock seit Januar um bin stock seit 12 jah­re beschaef­tigt. Ich kan nur sagen das Wirestock das bes­te ist was mich pas­sie­ren koenn­te in Stock. Ich pro­du­zie­re jezt 3 mahl soviel pho­tos und spa­re vie­le stun­den an Zeit. Die leu­te die da arbei­ten sind sehr hilfreich.

    Instant Pay fin­de ich eine super sache. Heutzutage ist man in eine zeit das man das bes­te mus machen. Ich habe zum bei­spiel durch instant pay mehr als 1300 dol­lar ver­dient. Das sind bil­der die mir in die letz­ten zehn jah­re vil­leicht 200 dol­lar gebracht haben. Was ist bes­ser.… 200 dol­lar oder 1300 dol­lar auf dem konto?

    Daneben ist es ja nicht so das man gezwun­gen ist um an das instant pay pro­gram teil zu neh­men. Man kan das auch ableh­nen we man echt bil­der hat wo man weiss das die viel ein­brin­gen. Wirestock ist sehr trans­pa­rent und infor­mie­ren immer wenn was neu­es komt.

    Ich sel­ber wie gesagt nutz­te das instant pay pro­gramm. Ich wur­de tau­sen­de dol­lars auf dem tisch las­sen ohne die­ses pro­gramm. Wir leben ja nicht 1000 jah­re son­dern kurz. Und wenn man echt meis­ter­stue­ke hat dan kan mann instant pay ableh­nen oder die bil­der anders als stock verkaufen.

  10. Wenn Wirestock 15% komis­si­ons­ge­bühr vom Fotografenanteil abzieht, die­ser jedoch schon ohne­hin sehr gering ist, blei­ben nahe­zu ein paar Eurocent für den Fotografen.

  11. Danke für die inter­es­san­ten Artikel! Eins kann ich mir aber nicht ver­knei­fen: Wenn wir von Vertrauenswürdigkeit reden, war­um goo­gelt ihr dann immer noch? Habt ihr euch mal ein Seminar-​Video gege­ben von Ex-​Google-​Mitarbeitern oder mal einen Firmeninhaber gefragt, wie er in Google gefun­den wird? Google ist so irre reich gewor­den, weil sie als obers­te Suchergebnisse immer wel­che zei­gen, die dafür bezahlt haben, zu erschei­nen, frü­her sogar noch unauf­fäl­li­ger gekenn­zeich­net als heu­te. Erst wenn man eine Weile bezahlt hat, hat man auch die Chance in den natür­li­chen Suchergebnissen dar­un­ter weit oben zu erschei­nen, weil vie­le Leute geklickt haben und weil man mit Suchbegriffen kos­ten­pflich­tig expe­ri­men­tiert hat (SEA und SEO). Wenn die Leute nun Sprachassistenten benut­zen oder klei­ne Bildschirme kommt es noch eher nur auf das aller­ers­te Suchergebnis an. Google- und Facebook-​Dienste sind für mich der Inbegriff von Nicht-​Vertrauenswürdigkeit. Und Microsoft folgt dicht­auf, dar­um habe ich mich von Facebook und Linkedin abge­mel­det, und Whatsapp kommt gar nicht erst in die Tüte – da wur­den die Regeln ja gera­de wie­der ver­schlim­mert. Und ja, es geht ohne vie­le die­ser Dienste.

  12. Wenn man erst spä­ter ein­ge­stie­gen ist – wor­an erkennt man, ob man bei Instant-​Pay dabei ist? Ich sehe den Begriff nir­gends, nicht in der Einnahmen-​Übersicht, und erst recht kei­ne Opt-​Out-​Möglichkeit auf der Website. Danke!

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