Na, habt ihr es bemerkt? Statt wie sonst heißt es diesmal nicht „im Theater fotografieren“, sondern „fürs Theater“.
Eine Teilnehmerin unseres Fotokurses, Julia Waldorf, hatte die Ehre, mit der Theatergruppe Köln ein Stück in der Kölner Comedia inszenieren zu dürfen. Sie fragte mich, ob ich nicht die Fotos für die Webseite und das Programmheft machen könne und ja, ich konnte.
Als Stück wählte Julia das Jugenddrama „Die Legende vom armen Heinrich*“ nach Tankred Dorst. Das Stück basiert auf einer mittelhochdeutschen Versnovelle des 12. Jahrhundert und wurde zusammen mit Ursula Ehler vom Dramatiker Tankred Dorst 1992 geschrieben. In der Geschichte geht es – vereinfacht gesagt – um ein Mädchen, welches sich für einen totkranken Jungen opfern will. Die mittelalterliche Handlung wurde dabei den modernen Gegebenheiten angepasst.

Für mich war es spannend, weil es eine Mischung aus Stockfotografie und Theaterfotografie war: Die Fotos waren als Werbung für das Stück gedacht und mussten entsprechend plakativ sein, aber auch die Charakteure gut darstellen. Im Gegensatz zu den Fotos bei Generalproben oder während Theateraufführungen konnte ich hier die Darsteller Aktionen wiederholen lassen und auch meinen Blitz einsetzen. Wobei das oben gezeigte Foto eins der wenigen ist, welche ich ganz ohne Blitz gemacht habe.

Die Darsteller durften vorher selbst überlegen, welche Motive am besten ihrer Rolle entsprechen würden und das führte dazu, dass wir ein sehr breites Spektrum an Bildern erhielten. Von „witzig-verspielt“ über „romantisch“ bis hin zu „düster“.

Fotografiert habe ich mit der Canon 5D Mark II, als Objektiv kam mein 24–105mm f4 zum Einsatz, geblitzt habe ich mit einer Lastolite Ezybox 38x38cm*, teilweise wurde etwas mit weißen Laken oder Papier aufgehellt. Variiert habe ich vor allem den Abstand der Models vom Hintergrund, den Abstand und die Höhe der Softbox zu den Models und die Mischung von Tageslicht und Blitzlicht.

Beim Foto des Mannes mit Blumen kam zum Beispiel deutlich mehr Tageslicht zum Einsatz als bei der Frau mit dem Fächer, was fast nur mit Blitzlicht belichtet wurde. Ihr seht, dass auch mit einer minimalistischen Ausstattung sehr verschiedene Looks entstehen können.

Beim Bild mit der Kapuze habe ich beispielsweise auch nur Blitzblicht benutzt und am Reflex in den Augen und dem Schattenwurf erkennt ihr, dass die Softbox direkt unter der Kamera auf das Kinn gerichtet war. So bekommt das Foto einen gruseligen Look, der auch gewünscht war, weil die Frau auf dem Foto einen Geist oder sowas ähnliches spielt. Spannend war hier für mich auch zu sehen, was Schminke ausmachen kann. Die Frau war sehr jung, aber bekam viele dunkle Stellen ins Gesicht geschminkt, die auf dem Foto wie Falten aussehen. Beachtet vor allem die Wangen und die Stirn.

Ich mag den Hydrant im Vordergrund. Wo die Softbox steht, erratet ihr sicher selbst.

Dieses Foto ist eins meiner Favoriten, weil es mit sehr wenigen Requisiten trotzdem sehr glaubhaft wirkt (okay, das Haarnetz fehlt) und eine Geschichte erzählt. Ich habe mich bemüht, viel von der Decke des Proberaums auf das Bild zu bekommen, weil es eine gute Möglichkeit war, auch ohne korrektes Bett den medizinischen Flair eines Krankenhauses zu erzielen. Weil die Softbox hier rechts von oben kommt, habe ich die wichtige Handschuh-Hand links etwas mit einem LED-Licht (dem Litepanels Micro Kit*) aufgehellt.
Dazu noch ein spannender Hinweis. Das kleine LED-Licht nehme ich oft und gerne unterwegs mit, weil es eine gute und praktische Möglichkeit ist, zusätzlich zum vorhandenen Blitzaufbau schnell zusätzlich ein Akzentlicht zum Aufhellen kleiner Stellen zu setzen, für die es sich nicht lohnen würde, ein komplettes zusätzliches entfesseltes Blitzset einzurichten. Für mehr reicht die Lichtstärke auch nicht, aber es gibt auch eine doppelt so helle Version namens Litepanels MicroPro*. Gut zu sehen ist der Einsatz beim nächsten Foto mit dem Messer:

Erkennt ihr, was das kleine LED-Licht bewirkt? Zum Vergleich mal roh aus der Kamera das vorige Foto ohne das zweite Akzentlicht:

Das zusätzliche Licht fällt stark links von oben auf die Messerspitze, die ansonsten fast komplett im Dunkeln verschwinden würde. Kleines Licht, große Wirkung. Zwei weitere Vorteile des LED-Lichts im Vergleich zu einem zweiten Blitz: LED verbraucht weniger Batterien und weil es Dauerlicht ist, ist es viel einfacher, den Effekt des Lichts schon vor dem Fotografieren zu sehen und korrigieren zu können.
Ironie der Geschichte ist übrigens, dass ich als Fotograf das fertige Stück gar nicht zu sehen bekommen habe. Es gab insgesamt sechs Aufführungen in Köln und ich war leider an allen Terminen in Berlin.
Mehr Fotos von mir gibt es auf der Webseite des Stücks.
Welches Foto gefällt Euch am besten und warum?

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