Adobe Stock erklärt seinen Suchalgorithmus: Erste Lehren

Der Suchalgorithmus einer Bildagentur gehört zu den stärks­ten Betriebsgeheimnissen. Besonders pikant ist das, weil die­ser Algorithmus wesent­lich dar­über ent­schei­det, ob man als Fotograf mit die­ser Bildagentur viel Geld ver­dient oder nicht (YouTuber kön­nen da ein Lied von sin­gen).

Weil die­ser Suchalgorithmus so geheim ist, kann man nur Mutmaßungen dar­über anstel­len, wel­che Kriterien genau rele­vant sind, um bei einer Bildersuche weit oben zu erscheinen.

Manchmal geben die Entwickler jedoch selbst einen sel­te­nen Einblick in ihre Arbeit. So kürz­lich bei die­sem sehr span­nen­den Artikel von Fengbin Chen, Machine Learning Engineer bei Adobe.

In die­sem Artikel wer­den ers­tens eini­ge beob­ach­te­te Verhaltensweisen von Bildkäufern auf­ge­zählt. Dazu zäh­len zum Beispiel:

  • Kunden scrol­len sel­ten in den Suchergebnissen und schau­en sel­ten mehr als die ers­te Seite der Suchergebnisse an
  • Abo-​Kunden benut­zen häu­fig die glei­chen Suchbegriffe, jedoch mit ande­ren geplan­ten Endnutzungen im Hinterkopf, wes­halb die Topresulte nicht die glei­chen blei­ben sollten
  • Kunden laden Bilder oft run­ter, um die­se wei­ter­zu­ver­ar­bei­ten, vie­le suchen nach Inspirationen durch Stock-​Bilder, die sie für ihre fina­len Projekte bear­bei­ten können
  • Bilder auf der ers­ten Trefferposition haben mehr als zehn Mal zu vie­le Downloads wie Bilder auf der drei­zehn­ten Trefferposition.
  • Mehr als die Hälfte aller Downloads erzie­len Bilder im obe­ren Drittel der Suchergebnisse
  • Es gibt eine „Positionsbefangenheit“ (Position Bias), das heißt, Kunden kau­fen lie­ber Bilder aus den obe­ren Suchergebnissen als aus den unte­ren, unab­hän­gig von der Bildqualität und Relevanz.
  • Ein Kunde lädt eher das 100. Bild (das letz­te einer Seite) als das 95. Bild und wenn sie auf die zwei­te Seite gehen, eher eins aus den obe­ren Positionen der zwei­ten Seite als aus den unte­ren Positionen der ers­ten Seite.

Ebenfalls sehr span­nend ist der sel­te­ne Einblick, wie das Adobe Stock Team auf die oben genann­ten Verhaltensweisen reagiert. Damit geben sie einen nütz­li­chen Einblick in die Denkweise der „Hüter des Algorithmus“:

Das Team hat ein neu­es Ranking-​Feature hin­zu­ge­fügt mit dem Namen „unbi­a­sed DTR“. DTR steht für „Download-​through-​rate“. Die Idee dahin­ter ist, dass bis­her die Anzahl der Verkäufe ins Verhältnis zu den Views bei den Suchergebnissen gesetzt wur­de. Ein Bild, was genau­so oft ange­zeigt wur­de wie ein ande­res, aber häu­fi­ger gekauft wur­de, bekam in der Zukunft einen höhe­ren Platz. Das berück­sich­tig­te aber noch nicht den Fakt, dass die Kunden die obe­ren Bilder unab­hän­gig von der Bildqualität bevor­zug­ten, wes­halb sich die­se Topseller oben fest­setz­ten und kaum von neue­ren, even­tu­ell bes­se­ren Bildern ablö­sen ließen.

Beim „unbi­a­sed DTR“ wird das nun berück­sich­tigt, indem die Anzeigeposition mit ein­fließt in das Verhältnis. Zum Beispiel wird ein Bild auf dem Platz eins der Suchergebnisse als „ein View“ gezählt, wäh­rend ein Bild auf der 30. Position nur als „ein Fünftel View“ gezählt wird, weil die Neigung, das ers­te Bild zu kau­fen, fünf Mal höher ist als die, das 30. Bild zu kaufen.

Zusäzlich zu die­sem Faktor spie­len natür­lich noch vie­le ande­re Faktoren wie Alter des Bildes, Suchbegriffe, Portfoliogröße und so wei­ter eine Rolle.

Als Ergebnis wird im Artikel die­ses Vorher-​Nachher-​Beispiel gezeigt:

Vorher-​Nachher-​Vergleich des „unbi­a­sed DTR“-Ranking Features bei Adobe Stock

So sehr ich den Einblick in die Arbeitsweise des Such-​Teams zu schät­zen weiß, so sehr bin ich doch vom Ergebnis ent­täuscht. Es wird behaup­tet, das Nachher-​Ergebnis wür­de mehr Diversität und Variationen zei­gen. Ich bin da einer ande­ren Meinung.

Wie seht ihr das?

9 Gedanken zu „Adobe Stock erklärt seinen Suchalgorithmus: Erste Lehren“

  1. Das Nachher-​Bild zeigt doch weni­ger Diversität, unzäh­li­ge Typen vor Farbigem Hintergrund, ansons­ten Typen vor ande­rem Hintergund.
    Im Vorher-​Bild gibt es wenigs­tens noch etwas mehr „natür­li­che“ Szenen drau­ßen o.ä.

  2. Vielleicht wird auch bewußt ver­sucht, die User zur Interaktion mit Filtern zu bewe­gen – nach dem Motto: wenn du jetzt kei­ne Illustrationen siehst, suche doch bit­te geziel­ter.. ? Die Tatsache, dass es im Nachher-​Beispiel eini­ge Reihungen gibt, könn­te ich mir eigent­lich nur damit erklä­ren, dass Neue Bilder noch stär­ker gewich­tet wer­den als Ältere.. was die Contributors zu höhe­rer Produtkion/​Rate bewe­gen sollte.

    @Robert, die Frage wäre : gibt es in dei­nem Portfolio sog. Dauerseller, die in letz­ter Zeit spür­bar unter­ge­gan­gen sind?

  3. @Chris: viel­leicht ist ja Diversität auch ein­fach zeit­lich zu ver­ste­hen, also die Durchmischung ändert sich über das Jahr gese­hen häu­fi­ger – die ‚Dauerseller‘ ver­schwin­den zuguns­ten der Neulinge.

  4. Ich fin­de das ers­te Suchergebnis für mich als Käufer viel inter­es­san­ter als das zwei­te. In der unte­ren Liste sind sich vie­le Bilder so extrem ähn­lich vor allem im Bildaufbau, als sei­en sie aus einem Shooting. Das wäre für mich über­haupt kein gutes Ergebnis. Ich wür­de für so eine Liste gezielt nach „Headshot“ oder „Portrait“ suchen aber nicht all­ge­mein nach Hipster. 

    Die obe­re Liste bie­tet mir eine Vielfalt an Situationen und Ergebnissen inklu­si­ve Aufnahmen on Location.

    Also, mir wür­de als Käufer der neue Algorithmus nicht gefallen.

    Aber ich den­ke sie wer­den es schon anpas­sen je nach Kundenreaktion.

  5. @Knut: Diversität habe ich aus Kundensicht ver­stan­den, kann natür­lich auch die häu­fi­ge­re Durchmischung bedeu­ten. Aus Kundensicht ist eine Vielzahl an unter­schied­li­chen Bildern sicher hilf­reich. Aber mal sehen, wie sich das entwickelt…

  6. Als Fotograf bist du der Bildagentur sowie­so aus­ge­lie­fert und von den sich stän­dig ändern­den Algorithmen abhän­gig. Deswegen ist es sinn­voll, nicht nur mit einer Agentur zu arbei­ten, son­dern etwas zu streu­en. Wenn man sich jetzt noch Gedanken um das Bilder SEO machen soll wird man mit der Zeit geis­tes­krank. Relevant ver­schlag­wor­ten und häu­fig neu­en Content hoch­la­den, ist das ein­zi­ge was man als Fotograf machen kann. Wichtiger als das Bilder SEO ist es, sich über neue Trends zu informieren.

  7. Den View Algorithmus ist inter­es­sant. Lässt sich bestimmt sehr gut zum Nachteil der Konkurrenten manipulieren.

  8. Und ergän­zung: Schaut nicht die ein­zel­nen Bilder im Vergleich an, son­dern nur auf die Optik des Ergebnisses ansich. Dann sieht das danach Bild bes­ser aus. (also denkt euch das Ergebnis selbst wäre ein Bild). Finde die Ergebnisse vor­her zum ver­ar­bei­ten auch bes­ser, das zwei­te ist sehr glatt gebügelt.

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