Vor paar Monaten entdeckte ich im Newsstream meines Facebook-Accounts paar wirklich coole Fotos. Im Grunde sehr simpel: Bunte Tröpfchen, die ins Wasser fallen. An sich nichts Neues. Aber: Der Fotograf Daniel Nimmervoll perfektionierte diese Art der Fotos immer weiter, bis aus den einfachen Tropfenfotos plötzlich komplexe Wassergebilde wurden. Deshalb habe ich ihn gefragt, ob er uns verraten möchte, wie er gelernt hat, solche genialen Bilder zu machen:
Deshalb heute Vorhang auf für den Gastartikel von Daniel Nimmervoll:
______ab hier schreibt Daniel____
Mein Name ist Daniel Nimmervoll, ich bin aus Österreich und fotografiere nun seit drei Jahren. Ich würde mich als ambitionierter Hobbyfotograf bezeichnen. Seit zwei Jahren versuche ich mich auch in der Stockfotografie. Bisher begeisterte mich die Makro-Fotografie, vor allem Insekten haben es mir angetan. Doch seit neuestem bin ich einer neuen „Sucht“ verfallen.
Im Dezember 2010 stieß ich zufällig auf diesen Thread im DSLR-Forum und habe mir dabei prompt den Tropfenvirus eingefangen. Dieser Thread ist für mich besonders, weil sich hier alle gegenseitig weiterhelfen. [Anmerkung R. Kneschke: Der Thread ist wirklich sehr lesenwert und ein Paradebeispiel für das Lernen von Fototechniken im Internet] Fast alle geben ihre Erfahrungen preis und teilen sie mit anderen. Das möchte ich heute auch. Wie mache ich meine Tropfenfotos?

Mein Aufbau
Angefangen habe ich mit einem normalen Infusionsset. Da ist aber das Timing recht schwierig. Deshalb habe ich mir den Stopshot von Cognisys zugelegt. Damit lässt sich jeder Tropfen perfekt auf Millisekunden genau einstellen. Ein Magnetventil öffnet sich z. B. für 50 ms (Damit wird der 1. Tropfen erzeugt. Ist die Zeit kürzer, wird er kleiner), ist dann für z. B. 90 ms geschlossen und öffnet sich dann nochmal für z. B. 44 ms für den 2. Tropfen. Das lässt sich mit dem Controller einstellen. Wenn der 2. Tropfen nun die Lichtschranke passiert hat, löst z.B. nach 120 ms die Kamera aus.
Damit kann man sich wesentlich besser auf die Formen und das Licht inkl. der Farben konzentrieren.
Für die Beleuchtung ist es wichtig, dass man Blitze verwendet, die eine sehr kurze Abbrenndauer haben, um die schnellen Bewegungen einzufrieren. Ich verwende dazu den Canon 580 EX II* und weiters hab ich mir zwei gebrauchte Canon 540 EZ gekauft. Hier ist es wichtig, die Leistung auf 1/32 oder 1/64 bzw. 1/128 zu drosseln. Dadurch erreicht man die Abbrennzeiten von <1/10000 sek. Die Kamera stelle ich dabei auf ISO 200 und verwende die Blende 16, um genügend Schärfentiefe zu bekommen.
Die Wanne besteht aus Plexiglas und sollte möglichst flach sein (z.B. so eine*). Optimaler Wasserstand ist 1,5 bis 2,5 cm. Meine Wanne ist 85 cm lang. Je länger die Wanne ist, umso flacher kann man die Tropfen fotografieren ohne den Rand hinten bzw. vorne zu sehen. Die Wanne könnte also auch noch länger sein. Um das Licht weicher zu machen, steht vor den hinteren Blitzen eine matte Plexiglasscheibe. Hier muss man etwas experimentieren, um ein schönes Licht zu bekommen. Bereits kleinste Veränderungen können eine große Auswirkung haben. Zum Beispiel wie schräg die Plexiglasscheibe steht, wie weit die Blitze entfernt stehen oder welche Brennweite bei den Blitzen eingestellt ist.
Auf dem Bild ist mein Canon Speedlight 580 EX II* mit einem selbstgebauten Snoot zu sehen. Die Blitze werden über Funk (RF-602 von YongNuo*) ausgelöst. Um Farbe ins Spiel zu bekommen verwende ich das Lee Musterheft. Diese Filterfolien haben die perfekte Größe für die Blitze.
Damit die Tropfenfotos nicht flau, sondern schön knackig werden, ist es wichtig, dass das meiste Licht von hinten kommt. Der vordere Blitz soll nur den „Fuß“ vom Tropfen etwas aufhellen und somit habe ich mir einen Snoot gebastelt. Einfach schwarze Strohhalme abgeschnitten und in einem zurecht geformten Karton hinein geklebt.
Um die Oberflächenspannung des Wassers zu verringern, gebe ich 1–2 Tropfen Klarspüler in die Wanne. Beim Tropfwasser kann man viel experimentieren. Sehr gute Erfahrungen habe ich mit Guarkernmehl* gemacht. Für einen Liter reicht hier schon ein Teelöffel. Dieses koche ich kurz auf und wird dann zwei Mal mit einem Kaffeefilter filtriert. Das erste Mal, wenn’s noch heiß ist und das zweite Mal, wenn das Wasser dann Zimmertemperatur hat. Einige haben auch mit Zuckerwasser recht gute Erfahrungen gemacht. Probiert habe ich auch schon Glycerin, jedoch war ich mit den Ergebnissen nicht so zufrieden. Was auch immer gut aussieht, ist Milch, vor allem, weil es die Farben des Blitzlichtes sehr gut absorbiert. Je nach Geschmack kann man auch Lebensmittelfarbe* rein geben. Mache ich öfters beim Guarkernmehl. Der Kreativität sind also keine Grenzen gesetzt.
Mit diesem Aufbau erhält man dann unter anderem solche Fotos:
Eines meiner ersten Foto mit dem Stopshot, hier mit normalem kalten Leitungswasser.
Für solch ein Foto braucht man 3 Tropfen. Der 3. ist quasi vor wenigen Millisekunden eingeschlagen. Hier habe ich Milch verwendet, die grün angeblitzt worden ist. Übrigens, das Foto schaffte es im Fotowettbewerb 29 der ColorFoto auf Platz 2.
Im Tropfenwasser hatte ich hier Guarkernmehl mit roter Lebensmittelfarbe.
Eine Handvoll Leute im DSLR Forum haben herausgefunden, das man unter bestimmten Umständen auch sehr hohe Tropfen erzeugen kann. Dadurch, dass wir solche Fotos vorher noch nirgendwo anders in dieser Form gesehen haben, halten sich bisher alle zurück, das Geheimnis preiszugeben. Nur soviel: Mit viel Geduld und Übung kann jeder dahinter kommen. Die Tropfen steigen dabei auf über 20 cm Höhe und dadurch ergeben sich wiederum ganz andere Möglichkeiten in der Form und der Bildgestaltung.
Ich hab das Foto „Dildo“ genannt 😉 Ich hatte hier Glycerin verwendet und den Blitz nur auf den oberen Bereich mit dem Snoot und einer roten Folie gerichtet.
Ob sich sowas auch verkaufen lässt? Ich hätte es bei der Bildagentur Stockfood versucht. Die haben bisher jedoch wenig Interesse gezeigt. Bei Fotolia bekomme ist eine Ablehnung nach der anderen. Bisher haben es nur wenige Fotos geschafft, angenommen zu werden. Ich denke, dass diese Bildagenturen solche Fotos nicht gebrauchen können. Sind wohl zu viel Kunst.
Deshalb habe ich es bei WhiteWall versucht und siehe da, hier wurden sogar schon einige in den Kunstmarkt aufgenommen. Auch bei Flickr findet ihr meine Tropfen-Galerie mit den besten Ergebnissen.
Vielleicht noch kurz für alle Stopshot-Interessenten. Ich habe mich vor allem auch deshalb dafür entschieden, weil man damit auch Ballistik-Shootings machen kann. Habe mir dafür schon mal den Cross Beam Sensor mitbestellt. Für den Fall, dass ich mal platzende Luftballons oder dergleichen im spannendsten Moment fotografieren will, hab ich mir damals auch noch das Mikrofon mitbestellt, welches die Kamera durch Geräusche auslösen kann.
Ich hoffe das euch meine Fotos gefallen. Aktuelle werdet ihr auch immer auf meiner Webseite www.nimmervoll.org finden. [Update:] Außerdem gibt es von mir jetzt das Buch „Highspeed Fotografie“* mit viel mehr Tipps zum Thema.
Falls ihr noch Fragen habt, könnt ihr diese gerne in den Kommentaren stellen, ich versuche sie dann zu beantworten.
Update 23.7.2011: Auf Wunsch des Fotografen wurden einige Bilder ausgetauscht oder entfernt.
* Affiliate-Link