In der aktuellen Folge von „Pimp My Stock!“ werden wir viele Tierbilder sehen. Nicolas schrieb mir vor einigen Wochen folgendes:
„Hallo Robert,
ich heiße Nicolas und habe vor etwa einem halben Jahr das Angebot bekommen, meine Bilder in einem Gebäude der VHS auszustellen. In diesem Rahmen wurde mir freigestellt mit Preis auszustellen und die Bilder zum Verkauf freizugeben. Seitdem beschäftige ich mich mit der Vermarktung von Fotografien und habe erst kürzlich eine Webseite erstellt (https://goldbach-wildlife.de).
Natürlich habe ich mich auch mit dem Verkauf der Bilder als Stockfotos beschäftigt und bin bei meinen Recherchen schnell über deine Webseite gestolpert und habe hier viele Informationen und Denkanreize gefunden. Ich bin mir allerdings unsicher, ob sich meine Bilder für den Verkauf als Stockfotos eignen, da ich mich sehr auf die Tierfotografie fokussiere. Daher würde ich mich sehr freuen, wenn du meine Bilder hinsichtlich der Vermarktung bewertest.
Eigentlich komme ich aus dem Bereich der bewegten Bilder und habe mit dem Filmen von Tieren begonnen. Im Frühjahr 2018 habe ich mir dann eine Fujifilm X‑T2 mit einem Teleobjektiv zugelegt und mit der Fotografie begonnen. Da mir die Wildtierfotografie sehr viel Spaß macht, habe ich das auch immer weiter ausgebaut und lange Zeit lagen die Bilder nur auf der Festplatte, was ich nun langsam ändern möchte. Neben der Tierfotografie versuche ich mich auch immer wieder an Landschaften, aber das wird wohl nie mein Hauptgebiet werden. Erst kürzlich habe ich mir ein Makroobjektiv zugelegt und experimentiere mit diesem nun immer mehr herum.
Mich würde für die Zukunft interessieren wie vermarktungsfähig meine Bilder sind und dazu deine professionelle Einschätzung hören. Bislang biete ich meine Bilder nur über meine noch sehr junge Webseite an. Am meisten freue ich mich allerdings weiter in die Natur zu gehen, um Tiere beobachten und fotografieren zu können – man lernt bei nahezu jedeBegegnung was Neues.
Ich würde mich sehr freuen, wenn du dir meine Bilder mal anschaust.
Beste Grüße
Nicolas GoldbachNoch einige Hintergrundinformationen zu den Bildern, die ich im Anhang mitschicke [Diese habe ich hier entfernt und als Bildbeschreibung direkt unter die jeweiligen Bilder verschoben; Anmerkung R.K.]“
Bevor wir einen Blick auf seine Tier- und Naturbilder werfen, einige Worte zu beliebten Tiermotiven vorab.
Weltweit gibt es ca. 50 Mio. Tierarten, davon über 6.000 verschiedene Säugetier-Arten. Von dieser großen Auswahl machen jedoch zwei Arten mit sehr großem Abstand das Rennen: Hund und Katze. Das liegt daran, dass Hunde und Katzen die weltweit beliebtesten Haustiere sind, sich viele Menschen also damit identifizieren können oder bereit sind, für Produkte, die mit diesen Tieren werben oder für diese Tiere verkauft werden, Geld auszugeben.
Alle anderen Tiere haben es deutlich schwerer, bei den generischen Microstock-Agenturen auf anständige Verkaufszahlen zu kommen. Der (Oster)Hase hat noch ganz gute Chancen oder niedliche Kücken (ebenfalls wegen Ostern), davon abgesehen nur noch Pferde und Kühe wegen der Verbreitung als Nutztiere und dann noch einige sehr fotogene und eher seltene Tiere wie der Buckelwal, Elefanten, Eisvögel oder Löwen.
Unter diesem Gesichtspunkt betrachtet empfiehlt sich für die Tierbilder von Nicolas eher eine Spezialagentur für Tierfotos, welche diese auch wissenschaftlich korrekt benennen kann und nicht für wenige Cent im Abo anbietet. Aber nun zu seinen Bildern:

An dieser Basstölpel-Aufnahme ist nichts auszusetzen, besonders gefällt mir der Beinahe-Komplementärkontrast zwischen den orangefarbenen Köpfen und dem dunkelblauen Hintergrund. Auch die sichtbare Federnpflege, die stockkonzepttauglich auch als „Zuneigung“ interpretiert werden könnte, mag der Verkäuflichkeit förderlich sein. Für Bildagenturen wäre etwas mehr Textfreiraum hilfreich gewesen.

Diese norwegische Schneelandschaft erfüllt viele Kriterien eines guten Stockfotos: Universell nutzbar, Textfreiraum, klarer Aufbau. Ich könnte mir eine noch kontrastreichere und stärker gesättigte Version im Panoramaformat ebenfalls vorstellen.

Der neugierige Blick der jungen Gams ist die Zutat, welche dieses Foto gelungen macht. Auch hier könnte mehr Mut bei der Sättigung nicht schaden und die beiden Gräser rechts vom Tier würde ich retuschieren, um mehr Textfreiraum zu bekommen.

Erkennt ihr das Problem auf dem Bild der Eidechse? Wer auf den abgeschnittenen Schwanz oben getippt hat, liegt richtig. Sowas sollte vermieden werden, aber da die Eidechse weder ikonisch ist noch korrekt benannt werden kann, sind die Verkaufschancen eher gering, auch wenn das Bild bis auf den Schwanz gut gelungen ist.

Das gähnende Flusspferd mit dem beeindruckenden Maul gefällt mir sehr gut. Etwas mehr Raum um das Hauptmotiv könnte auch hier nicht schaden, weniger Tiefenschärfe würde das unruhige Wasser besser weichzeichnen und dadurch weniger Ablenkung verursachen. Im Kontext von Microstock-Agenturen würde ich diesem Motiv zusammen mit der Winterlandschaft am meisten Chancen einräumen.

Gegen den bei Microstock-Agenturen allgegenwärtigen grünen Laubfrosch mit den roten Augen ist dieser Grasfrosch schon etwas öde, zumal die linke Bildhäfte das Bild sehr unruhig macht. Wenn es die Bildauflösung hergibt, würde dieser mutige und starke Beschnitt das Foto deutlich stock-tauglicher machen:


Äh, ja. Schilf in Retro-Farben. Ich kann mir gut vorstellen, dass Boutique-Agenturen wie Stocksy oder Photocase ihre Freude an dem Bild hätten, aber viele Verkaufschancen sehe ich leider trotzdem nicht, dazu ist die Nachfrage nach Schilf zu gering.

Bei diesem Bild erkennt man schnell, dass es ein Zebra sein soll. Den arttypischen Schwarz-Weiß-Kontrast hätte ich bei der Bildbearbeitung stärker rausgearbeitet, hier hat das Weiß eine deutlich gelb-orangene Färbung.
Generell sind die Fotos technisch gut, aber es ist eine gewisse Beliebigkeit zu spüren. Wenn die Fotos nur das Nebenprodukt einer schönen Zeit draußen in Nähe der Tiere sind, ist das vollkommen okay.
Wenn es aber ums Geld verdienen geht, einige mögliche Vorschläge: Konkret Tiere so fotografieren, dass sie als Ausgangsmaterial für Foto-Montagen dienen können, wie diese Beispiele hier*.
Oder sich gleich auf Hunde, Katzen und Osterhasen spezialisieren. Kein Scherz.
Wer ebenfalls an einer kostenlosen Rezension seiner Bilder interessiert ist, findet hier alle Informationen zur Teilnahme.
Wer von den Leserinnen und Lesern nun ebenfalls Lust auf Tierfotos bekommen hat, findet in diesen Bestsellern zur Tierfotografie etliche nützliche Tipps und Anregungen:
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