Willkommen in 2010! Vor ca. einem Jahr habe ich an dieser Stelle 10 Fotografen vorgestellt, deren Werke mich beeindruckt und inspiriert haben. In einem Jahr kann viel passieren und ich habe dank vieler Blogs, Zeitschriften und Kollegen andere Fotografen kennenlernen dürfen, deren Werke ich ebenfalls sehr schätze. Deswegen gibt es heute weitere 10 Fotografen – nicht nach Rangordnung sortiert -, deren Fotos ich einfach toll finde.
1. Philippe Halsman (Mode, Portraits)
Kennengelernt habe ich diesen Fotografen durch das Magazin Nr. 11/2009 der Süddeutschen Zeitung, in dem einige seiner seltenen Aktaufnahmen gezeigt wurden. Diese bestachen durch außergewöhnliche Posen und spannend gesetztes Licht. Einige der Bilder gibt es in diesem Bildband* zu sehen. Ansonsten ist der lettische Fotograf Mitte des 19. Jahrhunderts vor allem durch seine Portraits von Prominenten bekannt geworden, auch wenn eins seiner berühmtesten Motive ein Totenschädel ist, den er aus sieben nackten Frauenkörpern bildete. Das gezeigte Foto ist eine Zusammenarbeit mit Dalí und entstand 1948.

2. Adriana Navalesi (Selbstportraits)
Ich kann nichts dafür, dass es so wenige weibliche Fotografen gibt, deswegen bin ich umso stolzer, wenn es welche in diese Liste schaffen. Adriana Navalesi ist eine Fotografin, die mir durch meine Rezensententätigkeit beim Online-Fotografie-Magazin fokussiert.com das erste Mal auffiel. Sie macht vor allem Doppel-Selbstportraits, die mich erst etwas ekelten und abschreckten. Nachdem ich das hier gezeigte Bild bei fokussiert.com gesehen habe, änderte sich jedoch meine Meinung und ich begann ihr Konzept zu verstehen. Meine ausführliche Bildkritik könnt ihr hier lesen.

3. Nils Jorgensen (Street Photography)
Ich bin mir nicht sicher, wie ich diesen Fotografen entdeckt habe. Ich glaube, es war über Kwerfeldein. Nils Jorgensen macht auf den ersten Blick öde und langweilig wirkende Momentaufnahmen, meist in S/W, aber immer öfter auch in Farbe. Auf den zweiten Blick entdeckt man jedoch die Absurdität oder den hintergründigen Humor, der in den fotografierten Szenen steckt.

4. Eadweard Muybridge (Bewegungsstudien)
Diesen Fotografen mit dem seltsamen Namen kannte ich schon lange, wußte aber seinen Namen nicht. Schon mehrmals habe ich seine Werke in Fotografie-Lehrbüchern gesehen und zuletzt in einem Museum als Beispiel einer Bewegungsstudie über Pferde. Mit diesen Bewegungsbildern ist er auch berühmt geworden, denn er war der erste, der es 1877 schaffte, ein galoppierendes Pferd zu fotografieren. Auslöser war eine Debatte über die Frage, ob Pferde beim Galopp mit allen vier Beinen in der Luft schweben würden oder nicht. Er entwickelte eine Technik mit elektronischem Auslöser und schnell belichtenden Chemikalien, um das besagte Foto zu machen. Ein Jahr später ging er einen Schritt weiter. Er reihte viele Kameras hintereinander auf und ließ diese durch die Hufe eines laufenden Pferdes nacheinander auslösen. So konnte er erstmals den Bewegungsablauf dieser schnellen Tiere nachvollziehen. Die hier gezeigte Animation ist eine Stop-Motion-Version solcher Fotos.
Aber das ist noch nicht alles. Mit dieser Methode beeinflußte er Thomas Edison, der sich eine Bewegtbild-Kamera patentieren ließ und inspirierte auch die Maches des Kult-Films „The Matrix“ zu ihrer „Bullet Time“-Filmtechnik, bei der die Kamera um eine sich langsam bewegende Pistolenkugel herum zu fliegen scheint. Außerdem nahm er Eintritt, um einem zahlenden Publikum seine Bewegtbilder zu zeigen. Damit war er vielleicht der Erfinder von Stock-Footage. Ziemlich cool, nicht?

5. Jan von Holleben (Fantasie-Serien)
Dieser Typ läuft mir in letzter Zeit ständig über den Weg. Sei es großformatig in Fotozeitschriften oder lobhudelnd in Tageszeitschriften, überall sehe ich seine Fotos. Und er hat es verdient! Jan von Holleben fotografiert inszenierte Fantasie-Serien, gerne mit Kindern, in denen aus alltäglichen Dingen wie Haushaltsgegenständen, Kleidung oder Blumen und Pflanzen ganze Fantasiereiche nachgestellt werden. Da ihnen die Konstruktion immer noch anzusehen ist, wirkt es als wären die Kinder ohne Fernsehen und Internet über sich hinaus gewachsen.
Besonders schön finde ich die Serie „Dreams Of Flying“, aus der auch das gezeigte Bild ist, „Mystery Of Monsters“ und „Superheros“. Auch „I am The Strongest“ ist eine nette Hommage an die Kindheit und die Fotos daraus sind bei auch schon auf mindestens einer Canon-Werbung begegnet. Er ist einfach überall.

6. Ulrich Müller (Natur, Details)
Wer meinen Blog schon eine Weile liest, weiß, dass ich knallige, satte Farben liebe. In englisch würde ich sagen: „I’m a sucker for color!“ Schwarz-Weiß war nie mein Ding. Ulrich Müller scheint mir da wie ein Wesensverwandter, der gerne am Sättigungs-Regler dreht, aber es doch nie übertreibt. Schon einzeln sind seine Bilder ein Augenschmaus im wahrsten Sinne des Wortes, aber geballt als Flickr-Galerie ist das eine Farben-Orgie, die Rauschzustände auslösen kann. Wer sich die auf LSD anschaut, ist selbst schuld. Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie lange ich in seinen Fotos gestöbert habe, um ein Bild für diesen Artikel zu suchen. Ich konnte mich bei so viel Auswahl kaum entscheiden.

7. Lichtfaktor (Lichtmalerei)
Es ist eine Binsenweisheit: Fotografie heißt wörtlich übersetzt „Malen mit Licht“. Aber kaum einer nimmt das so wörtlich wie die Jungs von Lichtfaktor. Mit Taschenlampen, LED-Leuchten und allem anderen, was irgendwie leuchten kann, ziehen sie durch die Straßen und hinterlassen eine Lichtspur der Kreativität. Schon ihre Bilder sind sehr cool (vor paar Monaten hatten sie in Köln eine Ausstellung in der Fotopension), aber noch besser sind ihre Videos. Hier ein Werbevideo für eine Mobilfunk-Firma, das zeigt, was möglich ist:
TalkTalk Brighter from LICHTFAKTOR on Vimeo.
Mein All-Time-Favorit von Lichtfaktor ist jedoch der Kurzfilm „The Very Angry Caterpillar“, der nicht nur mit Licht gemalt wurde, sondern auch eine amüsante Geschichte erzählt. Beide Videos unbedingt als Vollbild anschauen:
Das Sehr Angry Caterpillar from LICHTFAKTOR on Vimeo.
8. Chema Madoz (Stillleben)
Da bin ich simpel gestrickt. Wenn es lustig ist, gefällt es mir. Der spanische Fotograf Chema Madoz scheint mit einem nie versiegenden Quell des Humors gesegnet zu sein. Wir reden hier aber nicht über platten Schenkelklopfer-Humor, sondern über subtilen Witz, der mich an den Dadaismus erinnert. Außerdem ist seine Ausleuchtung so schön und sanft, dass die meisten Fotos auch ohne den Witz als Bonus funktionieren würden.

9. Victoria V (Portraits)
Diesmal gebührt der Dank dem Fotoblog von Viktor Dite, durch den ich die zweite Fotografin in dieser Liste begrüßen darf. Victory V macht Portraits, die durch eine sehr filmhafte Bildsprache bestechen. Die Figuren wirken unnahbar, aber voller Emotionen, die Motive erzählen kleine Geschichten. Vor allem bei ihren Hochzeitsfotos ist die Liebe und der Spaß zum Greifen nahe.

10. Bernd Opitz (Portraits)
Paul Ripke hat mich durch einen Link in seinem Blog auf diesen Fotografen aufmerksam gemacht. Der Hamburger Fotograf ist auf jeden Fall sehr kommerziell ausgerichtet, was mich ja nicht stört, weil ich ebenfalls Werbefotos mache. An seine wilden, farbenfrohen Bilder komme ich aber noch nicht ran. Hätte ich eine Firma, die Fotografen buchen müsste, würde er weit oben auf meiner Liste stehen. Bei ihm kann man auch noch was über Styling und passende Requisiten lernen. Seine Fotos verkaufen Emotionen, lassen sie aber nicht gestellt oder billig aussehen. Der Traum jeden Marketing-Chefs.

So, jetzt seid ihr dran. Lamgsam müsstet ihr meinen Geschmack ja kennen. Gibt es weitere Fotografen, die mir oder den Lesern gefallen könnten? Dann diese bitte mit Begründung in den Kommentaren erwähnen.
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