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Was macht die Künstlersozialkasse (nicht nur) für Fotografen?

Die Organisation, zu der ich neben der zuletzt behan­del­ten VG Bild-​Kunst oft Fragen erhal­te, ist die Künstlersozialkasse.

Steuerberater bei Finanzberatung im Büro mit Akten am Schreibtisch

Die Künstlersozialkasse (KSK) ist eine Pflichtversicherung für selbst­stän­di­ge Künstler und Publizisten, zum Beispiel Bildjournalisten, Fotografen, Schauspieler und mehr. Sie deckt die gesetz­li­che Krankenversicherung, Rentenversicherung und sozia­le Pflegeversicherung ab. Unter Umständen ist auch eine Befreiung von der gesetz­li­chen Kranken- und Pflegeversicherung mög­lich, um sich selbst pri­vat zu versichern.

Wer kann Mitglied in der Künstlersozialkasse werden?

Die Mitgliedschaft setzt eine erwerbs­mä­ßi­ge Ausübung einer selb­stän­di­gen künst­le­ri­schen oder publi­zis­ti­schen Tätigkeit voraus.

Erwerbstätig bedeu­tet für die Künstlersozialkasse, dass die Tätigkeit nicht nur als Hobby oder aus Liebhaberei aus­ge­übt wird, son­dern auf eine ernst­haf­te Beteiligung am Wirtschaftsleben und auf die Erzielung von Arbeitseinkommen aus­ge­rich­tet ist. Die Tätigkeit muss von vorn­her­ein auf Dauer ange­legt sein. Eine Urlaubsvertretung reicht bei­spiels­wei­se nicht aus.

Eine Tätigkeit als Fotograf kann sowohl künst­le­risch als auch hand­werk­lich aus­ge­übt werden.

Als hand­werk­lich stuft die Künstlersozialkasse die Erstellung von Fotos zum Privatgebrauch ein, zum Beispiel Porträt‑, Hochzeits‑, Familien‑, Schwangeren‑, Kinder- oder Aktfotografie zur pri­va­ten Verwendung durch die Kunden. Wer nur davon lebt, kann kein Mitglied der Künstlersozialkasse werden.

Als künst­le­ri­sche oder publi­zis­ti­sche Tätigkeit gel­ten bei der Künstlersozialkasse die Pressefotografie, die Werbefotografie sowie die Fotografie für Verlagspublikationen (Postkarten, Bildbände und so wei­ter).  Gleiches gilt auch, wenn Fotografie auf Kunstausstellungen als bil­den­de Kunst prä­sen­tiert wird oder für Stockfotografen, da die­se kei­nen Auftraggeber haben und bei ihren Fotos frei ent­schei­den können.

Ein Gewerbeanmeldung oder eine GbR ist eben­so wenig Voraussetzung, wie sie ein Ausschlussgrund für die Künstlersozialkasse ist.

Selbständige Künstler, die als star­ke Arbeitgeber fun­gie­ren, weil sie zum Beispiel mehr als einen Mitarbeiter haben, gel­ten nicht als schutz­be­dürf­tig und wer­den nicht in der KSK versichert.

Auf der Webseite der Künstlersozialkasse gibt es ein aus­führ­li­ches Anmeldeformular mit Fragebogen, mit wel­chem die KSK den Beitritt prüft. Das erfor­der­li­che Einkommen kann unter ande­rem durch Rechnungen oder Steuererklärungen nach­ge­wie­sen wer­den, die künst­le­ri­sche Tätigkeit bei­spiels­wei­se durch Ausstellungen, Veröffentlichungen, Urkunden, Preisen oder Stipendien.

Was macht die Künstlersozialkasse?

Die Künstlersozialkasse über­nimmt gewis­ser­ma­ßen den „Arbeitergeberanteil“ an der Kranken- Renten- und sozia­len Pflegeversicherung, wel­chen sie bei Firmen kas­siert, die Künstler beschäf­ti­gen, z.B. Werbeagenturen, Galerien, Zeitschriftenverlage und so weiter.

Dadurch zah­len selb­stän­di­ge Künstler nur die Hälfte der Beiträge im Vergleich zu ande­ren Selbständigen und sind damit ähn­lich güns­tig gestellt wie Angestellte.

Zwar wird die Krankenversicherung güns­ti­ger, aber gleich­zei­tig bin ich gezwun­gen, deren Renten- und Pflegeversicherung eben­falls zu neh­men. Da die­se kaum aus­rei­chen wird, habe ich noch zusätz­lich eine pri­va­te Rentenversicherung abgeschlossen.

Die eigent­li­chen Leistungen wie zum Beispiel Krankengeld, Rente oder ähn­li­ches wer­den von der jewei­li­gen Krankenkasse bezie­hungs­wei­se dem Rentenversicherungsträger erbracht.

Wie viel kostet die Mitgliedschaft in der Künstlersozialkasse?

Die Beiträge der KSK bemes­sen sich nach dem Einkommen und ande­ren Faktoren wie Kindern etc. Bei einem Jahreseinkommen von ca. 10.000 Euro wür­den zum Beispiel unge­fähr 150 Euro im Monat fällig.

Wenn jemand neben der KSK-​pflichtigen Tätigkeit noch einer ande­ren sozi­al­ver­si­che­rungs­pflich­ti­gen Tätigkeit nach­geht, wie bei­spiels­wei­se ein Angestellter, dann ent­schei­det in der Regel, wel­che Tätigkeit durch­schnitt­lich mehr Einkommen erzielt dar­über, wo der Versicherungspflicht nach­ge­kom­men wer­den muss. Das ist jedoch kom­plex und von eini­gen Faktoren abhän­gig, die einem die Künstlersozialkasse und die Krankenversicherungen ger­ne genau­er erklären.

Einmal jähr­lich im Herbst bit­tet die Künstlersozialkasse um eine Schätzung des zu erwar­ten­den Einkommens im nächs­ten Jahr, um die Beiträge dar­an anzu­pas­sen. Sollte sich im Laufe des Jahres abzeich­nen, dass die tat­säch­li­chen Einnahmen von der Schätzung stark abwei­chen, kann eine Korrektur ein­ge­reicht werden.

Welche Erfahrungen habt ihr mit der KSK gemacht?

Frag den Fotograf: BG ETEM Pflichtversicherung vermeiden

Wieder hat­te ich eine Mail im Postfach, die bestimmt auch eini­ge von Euch Leserinnen und Lesern inter­es­sie­ren wird:

Hallo Robert!

Seit eini­ger Zeit lese ich nun schon begeis­tert dei­ne Artikel auf alltageinesfotoproduzenten.de.
Da hast du wirk­lich eine inter­es­san­te Seite in Leben geru­fen. Viele nütz­li­che Informationen, Anregungen, etc..
Dafür erst mal vie­len Dank!

Ich hät­te da aller­dings eine Frage zum Thema Berufsgenossenschaft:

Die BG ETEM ist ja lei­der eine Pflichtversicherung. Aber gibt es viel­leicht eine Möglichkeit, die­se Mitgliedschaft zu umgehen?

Der Grund, war­um ich das fra­ge, ist fol­gen­der: Ich arbei­te bereits seit eini­gen Jahren als frei­be­ruf­li­cher Dozent im sozia­len Bereich. Seit eini­ger Zeit über­le­ge ich jedoch, auf Stockfotografie umzusatteln.

Leider ver­dient man als Dozent aber nicht unbe­dingt die Welt; um ehr­lich zu sein wird es seit eini­ger Zeit immer schwe­rer, neue Verträge zu bekom­men und einen ver­nünf­ti­gen Lohn aus­zu­han­deln. Das Geld sitzt also nicht mehr so locker wie früher.
Die Kosten für die BG (nach Auskunft der BG etwa 295 Euro jähr­lich) wür­de ich zumin­dest im ers­ten Jahr lie­ber in den Ausbau der Tätigkeit investieren.

Mir ist klar, dass ich in der Zeit prak­tisch nicht ver­si­chert wäre, was natür­lich klar von Nachteil ist.
Auf der ande­ren Seite sind 300 Euro zur Zeit eine Menge Geld für mich. Sollte sich nach einem hal­ben Jahr her­aus­stel­len, dass das mit der Stockfotografie nicht funk­tio­niert, hät­te ich 150 Euro zum Fenster raus­ge­wor­fen, da ich nicht glau­be, dass die BG mir die Differenz zurück­zah­len würde.

Nun habe ich in eini­gen Foren gele­sen, dass man mit der Anmeldung bei der BG ein­fach war­ten könn­te, bis die­se sich bei einem mel­det. Angeblich wür­de es dabei nicht zu Nachzahlungen kom­men. Das kann ich mir zwar irgend­wie nicht vor­stel­len, aber viel­leicht könn­test du mir dazu etwas Genaueres sagen.

Ich glau­be jemand der das haupt­be­ruf­lich macht, kann einem da ver­läss­li­che­re Informationen geben als die Mitglieder in Fotoforen.

Ich wür­de mich sehr freu­en, wenn du mir dazu etwas sagen könntest.

Vielen Dank im Voraus, Kai“

Wer Fotograf ist und von der BG ETEM noch nichts gehört hat, soll­te sich hier schnell infor­mie­ren.

BG ETEM ist die Abkürzung für „Berufsgenossenschaft Energie Textil Elektro Medienerzeugnisse“. Letzteres umfasst auch Fotografen. Das heißt, jeder Fotograf ist ver­pflich­tet, in deren Branchenverwaltung „Druck und Papiererzeugnisse“ Mitglied zu sein, selbst wenn er nur digi­tal arbei­tet. Diese Pflichtversicherung gilt für alle Fotografen, egal, ob sie als fes­te Freie, freie Freie, Pauschalisten oder als frei­schaf­fen­de Künstler arbeiten.

Der Vorteil der Mitgliedschaft liegt auf der Hand:

In der Mitgliedschaft ist eine gesetz­li­che Unfallversicherung ent­hal­ten, wel­che Arbeitsunfälle, Berufskrankheiten, Wegeunfälle und Verkehrsunfälle auf dem Weg zu einem Kunden ent­schä­digt. Die Unfälle müs­sen im Zusammenhang mit der beruf­li­chen Tätigkeit stehen.

Auch wer selbst eine pri­va­te Unfallversicherung hat, ist von der Pflichtversicherung nicht ausgenommen.

Der Nachteil ist aber eben­so klar:

Die Mitgliedschaft kos­tet Geld, auch wenn die gesetz­li­che Unfallversicherung deut­lich güns­ti­ger als eine pri­va­te ist. Die Beiträge hän­gen vom Einkommen ab und fan­gen bei ca. 200 Euro pro Jahr an.

Es gibt jedoch eine Möglichkeit für Fotografen, sich von der Versicherungspflicht zu befrei­en. Diese wird in der Satzung der BG ETEM in §46 Abschnitt 2 erklärt:

Nach Absatz 1 ver­si­cher­te Unternehmer und Unternehmerinnen, die selbst nicht mehr als 100 Arbeitstage (8 Stunden = 1 Arbeitstag) jähr­lich im Unternehmen arbei­ten, wer­den auf schrift­li­chen Antrag von der Versicherungspflicht befreit.“

Wer also weni­ger als 100 Arbeitstage im Jahr als Fotograf tätig ist, kann einen form­lo­sen Antrag bei der BG ETEM ein­rei­chen, der ihn von der Beitragszahlung befreit. Damit ent­fällt jedoch auch der Versicherungsschutz.

Welche Erfahrungen habt ihr mit der Berufsgenossenschaft gemacht?