In der Serie „Pimp My Stock!“ rezensiere ich Fotos und lege den Schwerpunkt auf die Frage, ob sich ein Foto gut verkaufen lassen würde. Zum 14. Mal habe ich jetzt eine Anfrage eines Fotografen erhalten, ob ich mir seine Bilder ansehen könne:
„Hallo Robert,
ich habe mit grossem Interesse deine Website besucht und bin über die Microstock-Themen via Google dort „gelandet“. Freut mich, daß es nicht nur „Friede-Freude-Eierkuchen“ ‑Blogs gibt, sondern auch Leute die klar und deutlich sagen, was ihnen gefällt oder eben missfällt.
Nachdem ich deine Stockbesprechungen gelesen habe und mir aufgefallen ist, daß es bisher nur sehr wenige Landschaftsbilder gibt, möchte ich die Gelegenheit nutzen und mich vorstellen.
Ich bin der Michael, 42 Jahre alt und komme aus Kirchheim-Teck. Digital fotografiere ich seit 2 Jahren wieder, wobei 1984 schon drei selbst entwickelte S/W Bilder in der „Schwäbischen Zeitung“ von mir erschienen sind.
In 2010 habe ich mir den ebenfalls Motorradreisenden www.possi.de und ganz ausdrücklich auch David Noton als Vorbilder genommen und einiges an Landschaftsbildern gemacht. Ein paar Bilder habe ich hier geparkt. Nun frage ich mich: wären diese Bilder überhaupt Stocktauglich ? Die Anforderungen der Agenturen sind ja z.T. mit „We like Nature, but…“ recht klar an der Landschaftsfotografie vorbei definiert.
Danke & Gruß,
Michael P.“
Schauen wir uns an, ob seine Naturfotos „stocktauglich“ sind.
Eine Nachtaufnahme einer stark beleuchteten Stadt. Das Foto wird sich vermutlich gut verkaufen, wenn der Schwerpunkt bei der Verschlagwortung nicht auf den Tourismus gelegt wird (also Name der Stadt und des Landes etc.), sondern auf die Themen Energieverbrauch, Urbanität, Megacities und Lichtsmog. Wichtig ist auch, dass das Foto gut entrauscht wird, das ist in der kleinen Ansicht nicht zu erkennen, aber vor allem bei solchen dunklen Bildern immer sehr kritisch.
Ich weiß nicht, welcher Berg das ist. Was ich aber auf jeden Fall sehe, ist, dass die Tonwerte noch nicht optimal sind. Hier können die Tiefen und die Höhen besser angepasst werden, um ein kontrastreicheres Bild zu bekommen. Außerdem würde ich unten den Schatten retuschieren oder abschneiden. Aber auch dann hat das Bild nicht viele Verkaufschancen, wenn der Berg keine ausgewiesene Tourismus-Attraktion ist.
Auch das ist ein Foto, von dem ich leider sagen muss: Es wird sich nicht so gut verkaufen. Warum? Das Foto dieses Gebäudes ist für ein Werbefoto zu nüchtern, da stören auch die Stromleitungen und die Straßenlaterne und die Schatten links im Bild. Für ein Reportagefoto passiert auf dem Foto zu wenig und es hat zu wenig „Nachrichtencharakter“. Als Erinnerungsfoto eines Urlaubs ist es gut, als Stockfoto leider nicht.
Ähnliches gilt leider für dieses Bild. Die Kontraste sind diesmal besser, aber das Foto ist ehrlich gesagt ziemlich eintönig.
Eine Winterlandschaft. Schon besser. Wenn es kalt ist, gehen weniger Fotografen für die Tür und der blaue Himmel oben lässt viel Platz für Text. Aber der Verkaufshit wird auch das Bild nicht werden, denn die meisten Käufer suchen bei Winterfotos entweder schneebedeckte Bäume oder massive Berggipfel.
Bei dieser Landschaft ist war die Bildaufteilung interessant und es entsteht eine schöne Tiefenwirkung durch die vielen Bäume, aber farblich ist das Bild trotz der vielen Farben im Vergleich zu den „typischen“ Landschaftsfotos immer noch zu matt und fad. Hier würde sicher etwas Spielerei mit Farbverläufen in Photoshop helfen, um das Foto verkäuflicher zu gestalten.
Auch hier gilt: Ein schönes Urlaubsfoto von einem tollen Panorama. Für einen Bestseller stört jedoch der Bereich unten rechts, der idealerweise schon bei der Aufnahme hätte vermieden werden sollen. Ein Beschnitt würde hier leider zuviel des Waldes links entfernen, der gut aussieht. Eine Zwickmühle.
Wege verkaufen sich meist erstaunlich gut, aber auch hier sind mir die Farben zu flau und der Himmel am Horizont zu verwaschen. Außerdem hat die Straße auf der linken Seite ein häßliches Schlagloch. Das könnte retuschiert werden. Und nur Mut: Mal etwas in Photoshop den Sättigungsregler hochreißen.
Farben und Sättigung passen bei diesem Foto sehr gut. Der Name des Schiffes könnte zu rechtlichen Problemen führen, deswegen sollte er retuschiert werden. Ansonsten aber eins der Fotos, was aus dieser Serie (nach der Nachtaufnahme) die meisten Verkaufschancen hat.
Ingesamt sind die Fotos der Serie oft zu sehr mit dem Blick eines Touristen fotografiert worden und nicht mit dem eines Designers. Es zählt oft nicht die „große Ansicht“ und naturgetreue Wiedergabe, sondern die Betonung von idyllischen Details oder die idealisierte Version der unberührten Natur. Wem dieser Gedanke zu kommerziell ist, der kann zwar schöne Fotos machen, muss aber damit rechnen, dass er sie nur schwer verkaufen kann.
Was sagt ihr? Welche Tipps würdet ihr dem Fotografen geben?
Wer von mir auch kostenlos Tipps haben will, ob seine Fotos “stocktauglich” sind, kann gerne ebenfalls mitmachen.
Und so läuft’s:
– Schickt mir eine kurze Mail, in der ihr Euch vorstellt, z. B. wie lange ihr Fotos macht, mit welcher Ausrüstung, ob und wo ihr schon Fotos verkauft und was ihr in Zukunft in der Stockfotografie-Branche vorhabt.
– Wenn ich ausreichend Zeit habe für Bildbesprechungen, bitte ich Euch, mir 5–10 Bilder in kleiner Auflösung (ca. 600×800 Pixel) zu schicken.
– Diese werde ich dann in einem Blogbeitrag wie diesem veröffentlichen (auf Wunsch auch anonym) und meine Kommentare abgeben aus Business-Sicht. Also eher nicht, ob eine Blume schön ist oder nicht, sondern wie verkäuflich das Foto sein könnte oder wie es verkäuflicher gemacht werden könnte.
– Mit Wartezeit von einigen Wochen bis zur Veröffentlichung ist leider zu rechnen.
ich teile deine auffassung in der tendenz bestes foto – ungeeignetes foto. allerdings dürften vielleicht nur 2 fotos überhaupt annahmechancen haben: die landschaft mit der straße und das boot. der rest hat KEINE chance. das erst bild ist leider völlig untauglich, auch nicht bei guter verschlagwortung. der einreicher muss sich in erster linie um bessere bildgestaltung aber auch bildauswahl bemühen.das klingt hart, aber ansonsten wird er nur enttäuscht vom agenturfotografenleben.
Das die Fotos schlecht wären kann man nicht sagen. Sie passen einfach nicht den quietschebunten kaufmichhappy Einheitsbrei der Agenturen.